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Pfälzer Volksblatt: Organ für Wahrheit, Freiheit & Recht — 1.1897

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Juni 1897
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Nr. 137
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https://doi.org/10.11588/diglit.42846#0565

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Wlzer Volksblatt

1. Mg.

KeMklg, SmtU dm M. Iml 1897.

54

Jedenfalls ging dieselbe Nachricht auch
Sie aber wohl deshalb nicht erreichen, well

(Schluß folgt.)

Nachdruck
verboten.

Ium Abonnement auf
das III. Quartal
^en wir ergebens! ein. Das Pfälzer Volksblatt
W auf dem Boden des CentrumS stehend, ist mit
Erfolg bestrebt, die politischen Fragen mit Ruhe und
Garheit in frischer volkSthüwlicher Form zu behandeln,
^«Interessen aller Stünde gerecht zu werden, nament-
aber die berechtigten Forderungen deS Bauern-,
Handwerker- und Arbeiterstandes hervorzuheben und
Vertheidigen.
Grundsatz der redaktionellen Leitung des Pfälzer
volksblatt ist kurze, knappe, aber alles Wesentliche
dingende Berichterstattung auf allen Gebieten, wo-
^lch eine Reichhaltigkeit des Inhalt-S erzielt wird,
kie sie in keinem anderen Blatte gleichen Umfangs zu
!>»den ist.
In den nächsten Monaten stehen dieLandtags-
fahlen bevor. Im Monat August findet inLands-
hllt die deutsche Katholiken-Versamm-
l«ng statt. Das Pfälzer Volksblatt wird über
die Verhandlungen des Katholikentages schnell und
^«gehend berichten.
Für Unterhaltung und Belehrung sorgen zahlreiche
Feuilletons und das sonntögliche 8seitige Unterhaltungs-
blatt der „So nn t a g s b o te". Mit aller Sorgfalt
fird aus dem Pfälzer Volksblatt Jedwedes fern-
gehalten, was das jugendlicheGemüth verletzen
iönnte. Deshalb eignet sich das Pfälzer Volksblatt
Sanz besonders zur täglichen Familienlektüre.
Inserate finden in Folge des großen Leser-
Keifer des Pfälzer Volksblatt größtmöglichste Ber-
dreitung.
Probenummern stehen Jedermann in jeder
S'wünschten Anzahl zur Verfügung.
Redaktion «. Verlag deS
„Mälzer Mlk»öla1t".

Inserate die I-fpaltige Petitzeile oder deren Raum
GW« für Mvlirlmt, FMÄ L Liklsit.
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Druck, Verlag u. Expedition
Gebr. Huber in Herdelberg,
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ch-int täglich mit Ausnahme der Sonn- u.
ertaae. NbonnementSprei» mit dem wvchent-
w Unterhaltungsblatt „Der Sonntagsbote" für
delberg monatlich SV H mit Trägcrlohn, durch
die Post bezogen viertelj. Ft 1.60 franco.

ung neuer Stellen kaum gedachc werden. Der
Staatsbehörde kann das nicht unbekannt sein, weil in
jedem Jahre dieser Grund bei den Anträgen auf
Unabkömmlichkeitserklärung für den Fall einer Mo-
bilmachung und auf Verleihung deS landesherrlichen
Tischtitels vorgebracht werden dürfte. Schon diese
Erwägung hätte zu einem willfährigen Bescheide für
eine Stadt veranlassen müssen, die seit vielen Jahren
im Reichstage durch einen Sozialdemokraten vertreten
ist und des moralischen Einflusses wie der durch
Nebenarbeit ungestörten Wirksamkeit selbstloser Or-
drnspriester in besonderm Maße bedürftig ist. Im
ganzen Maingau besteht keine Niederlassung von Or-
denspriestern. Wo bleibt da das Wohlwollen für die
katholischen Staatsbürger?
Hawaii u. die Ver. Staaten von Amerika.
* Washington, 18. Juni. Der Vertrag zwi-
schen den Vereinigten Staaten und Hawaii
uebst der Botschaft deS Präsidenten Mc. Kinley wurde
gestern Abend dem Senat vorgelegt. Die Inseln
sind in Wirklichkeit bedingungslos an die Vereinigten
Staaten übergegangen, und es bleibt den letzteren über-
lassen, die Verwaltung n rch ihrer eigenen Weise ein-
zurichten. Eine Kommission, bestehend aus 3 Ver-
tretern der Vereinigten Staaten und 2 Vertretern Ha-
waiis, vom Präsidenten ernannt und vom Senat be»
stätigt, wird den Modus der Regierung bestimmen.
Die Botschaft Mc Kinleys weist zunächst darauf
hin, wie die Vereinigten Staaten und Hawaii
von Jahr zu Jahr enger mit einander verwuchsen, u.
führt sodann aus, daß es sich nicht um eine wirkliche
Annexion handle, sondern um eine Weiterführung der
bestehenden Verbindung unter festerem Zusammenschluß
zwischen Völkern, eng verknüpft durch Bande des
Blutes und der Freundschaft. Zur Zeit des lleber-
einkommens wegen SamoaS hatten England u. Deutsch-
land beabsichtigt, auch Hawaii in die Gruppe einzu-
schließen, die unter Protektorat gestellt wurde. Die
Vereinigten Staaten jedoch widersetzten sich dieser Ab-
sicht, da ihrer Ansicht nach bereits eine Verbindung
zwischen ihnen und Hawaii bestände, die das letztere
unter den besonderen Schutz der Vereinigten Staaten
stellte, die nicht zugeben werden, daß ein anderes Land
sich in die Annexion einmische, denn indem sie die In-
seln zu einem Theil der Vereinigten Staaten machten,
handelten sie in Uebereinstimmung mit ihrer längst
feststehenden Politik.
Man hat das Vorgehen des japanesischen Gesandten
nicht als einen formellen Protest aufgefaßt, sondern
denken, was Sie hierher führt. Graf Tiefenbach" — er
deutete auf Jenen, der, Anna's Hand in der seinen, Alles
in ihrem Anblick zu vergessen schien, — der in der Nähe
von Schloß Ebersburg ansässig ist, hat mir eben Nach-
richt von dort gebracht. Wenn Sie mit in den Garten fol-
gen wollen, bin ich bereit, Ihnen alle nöthigen Aufklär-
ungen zu geben.
Der Commisfar nickte beistimmend, und beide Männer
traten in den Garten hinaus.
„Ich bin gekommen, nach einem Perlen-Halsband
Nachforschungen anzustellen," erklärte der Commisfar, als
sie ins Freie getreten waren.
„Ich weiß, ich weiß," unterbrach ihn der Hofcath! „Ich
kann Ihne« aber sagen, daß Ihre Mühe vergebens ist.
Die Perlen haben sich gefunden; sie find in Ebersburg."
„Gefunden? O, Herr Hofcath, versuchen Sie nicht
mich zu täuschen!"
„Wenn es Ihnen schwer fällt, dies zu glauben, so kann
ich Ihnen ja gestehen, daß in einem Anfall von Klepto-
manie — hören Sie, von Kleptomanie — Herr v. Neu-
dingen die Perlen an sich genommen hatte. Seine Tochter
übergab mir dieselben, und ich schickte sie an die Gräfin
Hollerbrunn. Diese erfuhr dadurch von der Anwesenheit
des Fräuleins in Prennberg und sandte die Botschaft über
die wiedergefundenen Perlen sofort an den Grafen Tiefen-
bach. Nebenbei bemerkt: er ist der Verlobte des Fräuleins.
Jedenfalls ging dieselbe Nachricht auch an Sie, konnte
Sie aber wohl deshalb nicht erreichen, weil Sie incognito
sich auf Irrfahrten begeben hatten," schloß schmunzelnd der
alte Herr.

Niederlassung der Capuciner in
Frankfurt a. M.
Ei« zu Anfang d. I. an die Minister des Innern
und der geistlichen usw. Angelegenheiten gerichtetes
Gesuch um Genehmigung einer Niederlassung
der Capuciner dahier istabschlägig beschie-
den worden. Hier besteht gewiß ein Bedürfniß zur
Vermlhcung der SeelsorgSkcäfie; denn obwohl seit
Anfang des Jahrhunderts die Zahl der Katholiken
sich von 6000 auf 72 000 vermehrt hat, ist die Zahl
der Geistlichen fast dieselbe geblieben. Ja dem alten
Frankfurt, welches etwa 57 000 Katholiken zählt, sind
jetzt wie vor 80 Jahren nur 14 SeelsorgSgeistliche
angestellt: sechs am Dom, je drei an der L ebfrauen-
und an der St. Bernhards-Kirche und zwei in Sach-
senhausen. Neben diesen wirken zwei Priester in dem
eingemeindeten Bornheim (mit etwa 10 000 Katholiken),
zwei in dem ebenfalls eingemeindeten Bockenheim
(7000). — Im Ganzm für mehr als 70 000 Katho-
liken nur 18. Zu Anfang des Jahrhunderts wirkten
hier noch zahlreiche ehrwürdige Klostergeistliche aus
den aufgehobenen Klöstern der Dominikaner, Carme-
liter und Capuciner und viele Peusionaire der aufge-
hobenen Stifter zu St. Bartholmäus, Liebfrauen und
St. Bernhard. Heute kommen etwa 4000 Seelen auf
einen Geistlichen, und dabei sind die Geistlichen durch
die besonder» Verhältnisse unserer Großstadt mit
ihrem immer mehr simultan werdenden Schulwesen,
dem numerischen und sozialen Uebergewicht der über
außerordentlich reiche Mittel verfügenden Protestanten,
die rege sozialistische Agitation u. s. ungewöhnlich stark
in Anspruch genommen. Man erwartete darum all-
gemein, daß das Gesuch um Zulassung der Capuciner,
die hier einst lange segensreich gewirkt hatten, will-
fährigen Bescheid finden würde. Um so allgemeiner
ist jetzt die Enttäuschung und Erbitterung. Merk-
würdig soll auch die Begründung des Bescheides sein.
Derselbe soll das Bedürfniß einer Vermehrung der
SeclscrgSgeistlichen nicht bestreiten, dagegen darauf
aufmerksam machen, daß die hiesige katholische Ge-
meinde in der Lage sei, durch Erhebung einer Kirchen-
steuer die Mittel zur Vermehrung der Weltgeistlichen
zu beschaffen. Kirchensteuer ist nun aber hier niemals
erhoben worden, und ihre Einführung würde darum
bedenklich sein. Im Bisthum Limburg, welches für
etwa 360 000 Seelen rund 260 Priester hat, kommen
auf einen Priester im Durchschnitt 1300 Seelen.
Seit Jahrzehnten kann eine ganze Reihe von Bene-
ficien und Kaplaneien nicht besetzt und an die Gründ-
„Mem Fräulein!" sagte er, und in seiner Stimme lag
der unverkennbare Ausdruck einer Achtung, die er bis jetzt
ihr nicht bewiesen hatte. „Verzeihen Sie, daß ich in diesem
Augenblicke mich bei Ihnen zeige. Ich bin soeben erst mit
dem Postwagen angekommen, durch Berichte meiner Agen-
ten berufen — ich ahnte nichts vom Tode Ihres Vaters.
Erlauben Sie mir, daß ich jetzt noch ein paar Fragen an
Sie richte . . ."
Welches die Fragen waren, welche Herr Berg an Anna
richten wollte, sollte sie niemals erfahren. Die Tbüre war
aufgegangen, und in derselben waren zwei Männcrgestalten
erschienen, Hofrath Roß und Graf Robert Tiefenbach.
Während der Lofrath an der Thüre stehen blieb, ging der
Graf auf Anna zu.
„Anna, nun komm' zu mir I" sagte er und streckte ihr
beide Hände entgegen.
Und sie? Sie wußte, er war gekommen, sie zu holen;
er achtete ihre Schwach für nichts und hielt sie für Werth,
sein Weib zu werden, dem Urtheil der Welt zum Trotz.
Gott aber hatte es so xefügt, daß sie die Seine werden
konnte, ohne Schande über den geliebten Mann zu bringen.
Freudig, ohne Bedenken, durfte sie nun die treue Hand er-
greifen, die sich ihr darbot.j
Mit leuchtenden Auge», einen rosigen Schein des Glückes
auf den Lippen, stand sie da. Der Commissar fragte sich
verwundert, ob das wohl dasselbe Mädchen sei, das vor
wenigen Augenblicken bleich und vergrämt vor ihm ge-
standen hatte.
Eine Hand legte sich auf seinen Arm. Er drehte sich
hastig um: „Mein Name ist Roß, Hofrath Roß," sagte
derjenige, der ihn berührt hatte. „Ich bin der Hauswirth
der Freiin v. Neudingen. Darf ich nach Ihrem Namen
fragen?"
„Berg! Polizei-Commifsar Berg I" entgegnete dieser
mit einer Verbeugung.
„Ah so!" sprach der Hofrath. „Dann kann ich mir

Leidvoll und freudvoll.
Novelle von L. v. Neid egg.
. Unbeweglich blieb er vor ihr stehen. Unter dem Ein-
druck seines Blickes war sie aber unruhig geworden. Sie
mckte bin und her; dann schlug sie langsam die Augen auf
Und erfchrack, als sie Jemand vor sich stehen sah. Sie rich-
tete sich auf, faßte den Fremden scharf ins Auge und fuhr
M der Hand über die Stirne, als wolle sie ihre Gedanken
mrnmeln, wann und wo sie ihn gesehen.
Der Beamte, ein solcher war es, hatte die Regung des
Mitleids überwunden, die ihn beschlichen hatte, er näherte
«ch Anna und verbeugte sich flüchtig vor ihr.
. „Sollten Sie mich wirklich nicht mehr kennen. Fräulein
«rashofs?" fragte er. „Ich bin der Polizei-Kommissar
Berg, In Eversburg haben wir uns zuletzt gesehen. Sie
Mitten damals gerate den Besuch Ihres Vaters erhalten,
«uch jetzt ist er wieder bei Ihnen, wie ich erfahren habe.
Man sagt, er sei krank; das wird ihn jedoch nicht bindern,
Mich bei sich zu sehen. Bitte, führen Sie mich zu ihm."
. Schweigend ging Anna zum Nebenzimmer, öffnete die
Wäre und wies auf das leere Bett. „Gott hat ihn Ihren
Nachforschungen entrückt," sagte sie leise, schloß die Thüre
Meder und stand mit gesenkten Äugen und gefalteten Hän-
Oen vor dem Commisfar.
„ Herr Berg war sehr betroffen; so war der Dieb ihm
Uo entkommen! Aber es blieb ja noch die Tochter. In
«bersburg hatte er fest an ihre Schuld geglaubt und hatte
M seine Ansicht gegen Gräfin HoUerbrunn verfochten —
Zer fiel cS ihm aber nicht leicht, an derselben festzuhalten.
>r sah sich nochmals um in dem ärmlichen Zimmer; er
Mte aus die mädchenhafte Gestalt vor sich mit dem kum-
mervollen Ausdrucke in den schönen Zügen, aus welchen
kde Spur von Unruhe und Unsicherheit, die in EberSburg
M so sehr aufgefallen waren, gewichen war. Da stieg ein
mser Zweifel an seiner eigenen Unfehlbarkeit in ihm auf.

I Verantwortlicher Redakteur
40t. Joseph Huber in Heidelbe.rg.
 
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