IN
.Ellen im Sterben!" wiederholte William und sank
schreckensbleich auf einen Stuhl; er wagte nicht, die harte
Rede Walters zu erwidern: er kannte seine Schuld. Wal-
ter empfand eine gewisse Gcruelhuung, daß der Elende
doch noch nicht ganz unempfindlich sei gegenüber dem Un-
heil, das er so frivol angerichtet, und er fuhr rann etwas
wilder fort: „Hier, William, ist der Brief Mines Groß-
vaters, welcher diese Meldung enthält; bringe ihn unge-
säumt Jessie Graham, da Ellen sie noch einmal zu sehen
wünscht und iage ihr, daß meine Großmutter und ich sie
morgen zum Frühzuge am Bahnkofe erwarten. Du aber
wirst Ellen am zweckmäßigsten mit Deinem Anblick ver-
schonen und ihre gequälte, sich nach Ruhe sehnende Seele
nicht mehr mit Deinem Anblick stören-"
Mechanisch gehorchte William; er konnte den Blick
Walters nicht ertragen und eilte hinaus- Nicht bloß die
Nachricht von dem Sterben Ellens hatte ihn so sehr er-
griffen, denn diese kam ihm ja nicht mehr allzu unerwar-
tet, sondern fast mehr noch der Umstand, daß Walter von
seiner Schurkerei wußte. Sollten im letzten Augenblicke doch
noch alle seine Pläne vereitelt werden, für welche seine
Schlechtigkeit so viele Opfer gebracht, für welche er alle
ferne besseren Neigungen gewaltsam unterdrückt hatte?
Noch einmal zögerte William einen Augenblick, Sein besseres
Selbst mahnte ihn, das schändliche Spiel, das er trieb,
aufzugeben, das junge Mädchcn, das er so grausam ge-
täuscht, zu trösten und der Welt zu zeigen, wie theuer str
ihm sei. Aber die Furcht vor seinen Gläubigern ließ ihn
nicht dazu kommen; er murmelte: „ich kann nicht, ich kann
nicht," und mit diesem Entschlüsse hatte er sein Schicksal
besiegelt. „Nein, ich kann nicht gehen, und noch weniger
darf Jessie geben. Alles, alles wäre verloren, wenn sie
aus dem Munde der Sterbenden vernähme, was ich mit
allen Mitteln zu verheimlichen gesucht habe. Ich habe die
ersten Schritte gethan, ich muß die folgenden thun, ein
Zurück giebts nicht. Entweder gewonnen, oder Alles ver-
loren !" Er schob den Brief in die Tasche, entschlossen,
denselben Jessie nicht zu überbringen- Für den Fall, daß
spätere Erklärungen nöthig sein würden, war er um eine
Ausrede nicht verlegen. In Folge seines Verhaltens war-
sprechen wird."
Eine in sich widerspruchsvolle Meldung geht der
Franks. Ztg. auS London, 12. Febr. 97, zu. Dort
bestreite man entschieden, daß England bei den Wirren
auf Kreta seine Hand im Spiele oder das Vorgehen
der griechischen Regierung angerathen habe. Lord
Salisbury habe GnecheMand sogar warnen lassen.
Die Action Griechenlands gehe lediglich von dem
Könige aus, der sich hierbei in Uebereinstimmung mit
der Nation befinde. Nachdem die Reformen gescheitert
seien, habe man neue Metzeleien befürchtet, falls die
Pforte abermals türkische Truppen nach Kreta senden
würde. Dies zu verhindern, sei Griechenland seinen
Stammesbrüdern schuldig, zumal keine andere Macht
dies thue. Griechenland sei zu den größten Opfern
entschlossen. Von einem Protest der Mächte sei vffi-
ciell nichts bekannt. Wenn Griechenland seinen Stam-
mesbrüdern eingestandenermaßen etwas schuldig ist,
dann warnt man doch nicht vor Bezahlung dieser Schuld.
Die Berliner Post bringt eine gewundene Dar-
legung der Stellungnahme Deutschlands in dieser
Angelegenheit. Daß Blatt sagt, nachdem die deutsche
Regierung selbst mit dazu beigetragen habe, die Tür-
kei zum Zurückziehen der Truppen aus Kreta zu ver-
anlassen, könne sie unmöglich Griechenland unterstützen,
salls dieses sich über die von Truppen entblößte In-
sel in selbstischer Absicht stürzen wolle. ES dürfe viel-
mehr der Auffassung der Dinge an maßgebender
Stelle bei uns entsprechen, daß die angegriffene Tür-
kei ein gutes Recht habe, ihre Truppen die thessalische
Grenze überschreiten zu lassen. Ein gemeinsames Vor-
gehen der Großmächte und ein Blutvergießen zwischen
Griechen und Türken scheine unvermeidlich; wohl aber
müsse man die Hoffnurg hegen, — und nach Lage der
Dinge sei zu glauben, daß man sie hegen könne, —
daß'es gelingen möchte, den Kamps auf die beiden
Nachbarstaaten zu beschränken. Dahin ihren ganzen
Einfluß geltend zu machen, müsse unter den gegen-
wärtigen Verhältnissen als die vornehmste Aufgabe
der deutschen Politik angesehen werden.
Dazu ist zu bemerken, daß Griechenland von
Deutschland auch gar keine Unterstützung erwartet,
sondern nur Fortsetzung seiner bisherigen Zurückhal-
tung. Daß Deutsch!and aus dieser heraustreten werde,
davon sagt die Post nichts. Deutschland wird eben
alles ruhig geschehen lassen: daß Griechenland sich
über Kreta stürzt und daß die Türkei gegen Griechen-
land zieht, daß also ein Krieg zwischen beiden Mäch-
lassen werden.
Erringt dabei Griechenland einen Brocken, nun
so wird der eben als weiter abgebröckelt angesehen,
der Türkei wird man freilich keinen Gebietsgewinn
gönnen.
Ueber Rußlands Haltung ist man noch immer im
Unklaren. Wie schon oben bemerkt, ist von einem
Protest der Mächte in Athen nichts bekannt. Wäre
Rußland gesonnen, Griechenland einen Stecken in die
Speichen zu werfen, so würde schon etwas Offizielles
verlauten. Die geheimnißvolle Haltung Rußlands
kommt auch jenem Staatsmanns unheimlich vor, der
sich in der N. Fr. Presse vernehmen läßt. „Die
Diplomatie", sagt er, „muß jetzt lchchen und zunächst
Kreta vom Cowplex der orientalischen Fragen ab-
sondern. Niemand weiß, nicht ein Mal die russischen
Diplomaten, von den europäischen Mächten, in wel-
chem Geiste sich Zar Nicolaus zu seinem Onkel, dem
König Georg, während ihres Zusammenseins in Kopen-
hagen geäußert, ob der Zar den Hellenen-König in
seinen Aspirationen auf Kreta bestärkt, oder das na-
tionale Verlangen der Hellenen auf bessere Zeiten ver-
tröstet habe. In Wien wurde dem Könige bedeutet,
Griechenland solle sich gedulden und still verhalten.
Vielleicht ernte eS so einstmals in ruhigern Zeiten die
Frucht, die heute noch nicht reif sei. Die Diplomaten
hoffen, es werde ihnen noch gelingen, den kretensischen
Brand zu lösche» u. Europa den Friedenzu erhalten. Zwi-
schen den Mächten des Dreibundes besteht auch hinsichtlich
des orientalischen Problems das beste Einvernehmen.
Mehr allerdings als Deutschland siadOesterreich Ungarn
und Italien an den Vorgängen im Orient int;ressirt.
In Wien kennt man genau die Intentionen Italiens,
und in Rom genau das Programm Oesterreichs."
Ja — aber dasjenige Rußlands? Vielleicht kennt
man das in Berlin und läßt darum die Völker hinten
weit ruhig aufeinander schlagen.
Auf das
, "Pfälzer Bolksblatt"
schon für den Monat
«b» - Wärz
, "um werden. Bestellungen nimmt jede Postaustalt
'e unsere Expedition in Heidelberg, Zwivgerstraße 7,
^gegen.
- .Probermmmern werden auf Wunsch gerne Porto
jedermann zugesavdt.
zy Stolz und Ließe. -°Ln."
Dem Amerikanischen nacherzählt.
bffv!?? Thal Holle cr den Rath seines Vaters einmal
üfir si Mrs. Belbnqer um hundert Dollar gebeten;
die er Wie ihm geantwortet, ein junger, gesunder Mann
er arbeiten, und da er das nicht thue, so habe
di- «in Recht, ein solch' kostspieliges Leben zu führen'
.thue.
ltzal^wkilen hotte er auch von Walter Geld geliehen,
hkij, Waren die Wechsel feines Baters ausgcblieben. bald
^chtk ° Wine Börse vergessen, — aber an eine Rückzahlung
leg niemals. Seine pekuniären Verlegenheiten wuch-
«eni^.^a zu Tag, seine gesellschaftliche Ehre stand auf
>hin le. Darum warb er um Jessie, und — falls sie
erinis^Mkn sollte — uw Charlotte. Jefsie's Bemerkung
?Sen zu seinem Schrecken, das er in letzter Zeit
D-Tl-lotte un ausmerksam gewesen sei, und er beschloß,
er leu^Vurte nachzuholen. Hotte er das Herz Ellens, die
in derlei waftlick liebte, gebrochen, um nun doch das Spiel
ubschii « c"? Wie einen Verbrecher trieb es ihn auf der
, U.sWn Bahn weiter, unaufhaltsam'
sanf> <>is ^m Geschäftsbureau, wohin Walter sich begeben,
ff iMs/Mkn Brief Großvaters, der ihm mittheilte,
»vchsich sehr beeilen, wenn er seine Cousine Ellen
Wer den Lebenden finden wollte.
N^W"'e Ellen spricht immerfort von Jessie und
N schrieb Mr. Marshall, „und vielleicht
in „ Großmutter mit Dir lommen. Sie schien das
»u haben."
.^°r entschlossen, in der Flühe des andern
ff. tv>/" *lfikn. Sein eigenes Leid vergessend, überlegte
H bei benachrichtigen lönne, als William Plötz-
" Win emtrat.
Junge," rief derselbe, „was fehlt Dir?
wünscht trübselig darein."
. >«aute rhn mit einem fast verächtlichen Blicke an.
^lt i- ff- das Opfer Deiner Schurkerei, lieot im Stec-
^ttilend ' Walter dem Elenden zu, jedes Wort scharf
Her kriegerische Auszug der Hellenen
? , zunächst das amtlich eingestandene Ziel, die et
sff'Ze Landung türkischer Truppen auf Kreta zu hin-
Daß die grfichischen Z>ele aber noch weiter
8eu, ergibt sich schon auS dem geplanten Bombarde-
Kand'a'S. Griechenland hat nicht Unrecht, wenn
dtm schwächlick-uneivigen Verhalten der
ihw - üegevüber der Türkei schließt, daß die Mächte
dicht allzu sehr grollen würden, wenn es mittels
Prvzisses eine vollendete Thatsacke schüfe, in-
W "" d'* Proclamation der griechischen Christen
Kreta anknüpfend die Angliederung dieser Insel
/ führte. Die Engländer sind ganz für einen sol-
« Schritt, wenigstens soweit die allgemeine Stim-
in Bcfiacht kommt; die Regierung selbst rückt
KIdoch Nicht mit ihrcn Karten heraus, aber man
y doch jhie Gesinnung so gut zu kennen, daß
Ihsj h'^kr dem AuSbroch des griechischen Krregsge-
evgljschx Ermuihigung sieht.
yv "Wir glauben nicht," erklärt das Daily Chronicle
d,,"' -daß Frankreich und Rußland cs wagen wer-
tz ' ffüd wir sind sicher, daß England es nicht un-
Md» " wird, sich einer kräftigen Action Griechen-
ya .Ku widkrfitzen. Sicher wird jeder Engländer
iai ''WM gesunden Sinne einer Proclamation der
Uchen Regierurg, daß Kreta nicht länger als
^eis n Ottomanischen Reiches anzusehen sei,
seit ^rwen. Wenn die unterworfenen Racen so-
s? °u einem Dutzend Stellen des türkischen Reiches
jLunzünden würden, dann könnten die Mächte
schs '"er Action gezwungen werden. Bis so etwas ge-
i>kr c!' k"rd nichts gethan Werder. DaS heilige Recht
^"Usurrcction (?) war nie mehr absolut, als in
Deutsches Reich.
* Berlin, 15. Febr. Bezüglich der Hundertjahr-
Feier Wilhelm's 1. in Berlin geht der Nat.-Ztg. eine
Nachricht zu, welche dieselbe alle Veranlassung hat,
für durchaus zutreffend zu halten. Auf die Enthüll-
ungsfeier des Denkmals Kaiser Wilhelm's 1. am 22.
März wird am 23. der große Festzug folgen. Nun
soll an die zuständige staatliche Behörde offiziell das
Ersuchen ger-chtet worden sein, das Denkmal sowoh^
teten am folgenden Morgen Walter und seine Großmutter
ungeduldig, aber vergebens auf Jesfie. Die Zeit verstrich
und sie mußten ohne die Ermattete abreisen, — freilich
mit schwerem Herzen, da sie wußten, wie bitter die Ent-
täuschung für Ellen sein werde, ihre liebste und theuerste
Freundin nicht be» sich zu sehen.
Die erste Frage des leidenden Mädchens war, als
Walter und seine Großmutter in die Krankenstube einge-
treten : „Wo ist Jesfie, sie ist doch mitgekommen?" und
es lag auf ihrem bleichen Antlitz ein solches Verlangen
ausgedrücki, daß es die Umstehenden zu Thränen rührte.
Walter erzählte kurz, wie es sich gugetragen. Er habe
William — bei Nennung dieses Namens überflog die
Kranke eine leichte Röthe — den Brief des Großvaters
zur Besorgung an Jesfie gegeben, dies: aber vergeblich
heute Morgen am Bahnhofe erwartet.
„William wird den Bries gewiß besorgt haben," flü-
sterte die Kranke. „Warum zögert Jessie dann noch, da sie
doch wüß, wie sehr ich nach ihr verlange?" Sie wandte
ihr Gesicht gegen die Wand und weinte bitterlich über die
scheinbare Gleichgültigkeit ihrer Freundin, für welche sie
ein so großes Opfer gebracht.
„Walter," sagte Mrs. Bellenger, indem sie ihn bei
Seite zog, „es ist doch immerhin ein Mißoerständniß mög-
lich, und Jesfie weiß vielleicht gar nicht, wie es steht- Wie
wäre es, wenn Du ihrem Vater telegraphirtest?"
Sofort befolgte Walter diesen Rath, und an Abend
als Jessie träumerisch in ihrem Zimmer saß und darüber
grübelte, wie Walter sich geändert habe, erhielt sie das
Telegramm. Mit fieberhafter Ungeduld erwartete sie den.
Morgen, und der Fcühzug schon brachte sie nach Deerwood,
wo sie von Ellen mit Jubel und Entzücken begrüßt wurde.
„O Jessie, wie freue ich mich, daß Du bei mir bist
und mir den Trost gewährst. Dich noch einmal za sehen;
ich erwartete Dich gestern schon mit Walter."
j(Aortsehung folgt).
CMN jur Mgßrlmt, Fmlmi L KM.
Adelberg monatlich SO H mit Trägerlohn, durch » ?
Vl6 Anst 1 KN svniit'n
- 38.
Verantwortlicher Redakteur:
Joseph Huber in Heidelberg.
HriMerg, Mmch, dmfi7. Mm 1897.
Druck, Verlag u. Expedition
Gebr. Husberin Heidelberg,
Zwiugerstraßr 7.
1. IchT
! der Türkei von heute, und wir hoffen, daß sich die ten ausbricht. Der ganze diplomatische Witz soll sich
.Ellen im Sterben!" wiederholte William und sank
schreckensbleich auf einen Stuhl; er wagte nicht, die harte
Rede Walters zu erwidern: er kannte seine Schuld. Wal-
ter empfand eine gewisse Gcruelhuung, daß der Elende
doch noch nicht ganz unempfindlich sei gegenüber dem Un-
heil, das er so frivol angerichtet, und er fuhr rann etwas
wilder fort: „Hier, William, ist der Brief Mines Groß-
vaters, welcher diese Meldung enthält; bringe ihn unge-
säumt Jessie Graham, da Ellen sie noch einmal zu sehen
wünscht und iage ihr, daß meine Großmutter und ich sie
morgen zum Frühzuge am Bahnkofe erwarten. Du aber
wirst Ellen am zweckmäßigsten mit Deinem Anblick ver-
schonen und ihre gequälte, sich nach Ruhe sehnende Seele
nicht mehr mit Deinem Anblick stören-"
Mechanisch gehorchte William; er konnte den Blick
Walters nicht ertragen und eilte hinaus- Nicht bloß die
Nachricht von dem Sterben Ellens hatte ihn so sehr er-
griffen, denn diese kam ihm ja nicht mehr allzu unerwar-
tet, sondern fast mehr noch der Umstand, daß Walter von
seiner Schurkerei wußte. Sollten im letzten Augenblicke doch
noch alle seine Pläne vereitelt werden, für welche seine
Schlechtigkeit so viele Opfer gebracht, für welche er alle
ferne besseren Neigungen gewaltsam unterdrückt hatte?
Noch einmal zögerte William einen Augenblick, Sein besseres
Selbst mahnte ihn, das schändliche Spiel, das er trieb,
aufzugeben, das junge Mädchcn, das er so grausam ge-
täuscht, zu trösten und der Welt zu zeigen, wie theuer str
ihm sei. Aber die Furcht vor seinen Gläubigern ließ ihn
nicht dazu kommen; er murmelte: „ich kann nicht, ich kann
nicht," und mit diesem Entschlüsse hatte er sein Schicksal
besiegelt. „Nein, ich kann nicht gehen, und noch weniger
darf Jessie geben. Alles, alles wäre verloren, wenn sie
aus dem Munde der Sterbenden vernähme, was ich mit
allen Mitteln zu verheimlichen gesucht habe. Ich habe die
ersten Schritte gethan, ich muß die folgenden thun, ein
Zurück giebts nicht. Entweder gewonnen, oder Alles ver-
loren !" Er schob den Brief in die Tasche, entschlossen,
denselben Jessie nicht zu überbringen- Für den Fall, daß
spätere Erklärungen nöthig sein würden, war er um eine
Ausrede nicht verlegen. In Folge seines Verhaltens war-
sprechen wird."
Eine in sich widerspruchsvolle Meldung geht der
Franks. Ztg. auS London, 12. Febr. 97, zu. Dort
bestreite man entschieden, daß England bei den Wirren
auf Kreta seine Hand im Spiele oder das Vorgehen
der griechischen Regierung angerathen habe. Lord
Salisbury habe GnecheMand sogar warnen lassen.
Die Action Griechenlands gehe lediglich von dem
Könige aus, der sich hierbei in Uebereinstimmung mit
der Nation befinde. Nachdem die Reformen gescheitert
seien, habe man neue Metzeleien befürchtet, falls die
Pforte abermals türkische Truppen nach Kreta senden
würde. Dies zu verhindern, sei Griechenland seinen
Stammesbrüdern schuldig, zumal keine andere Macht
dies thue. Griechenland sei zu den größten Opfern
entschlossen. Von einem Protest der Mächte sei vffi-
ciell nichts bekannt. Wenn Griechenland seinen Stam-
mesbrüdern eingestandenermaßen etwas schuldig ist,
dann warnt man doch nicht vor Bezahlung dieser Schuld.
Die Berliner Post bringt eine gewundene Dar-
legung der Stellungnahme Deutschlands in dieser
Angelegenheit. Daß Blatt sagt, nachdem die deutsche
Regierung selbst mit dazu beigetragen habe, die Tür-
kei zum Zurückziehen der Truppen aus Kreta zu ver-
anlassen, könne sie unmöglich Griechenland unterstützen,
salls dieses sich über die von Truppen entblößte In-
sel in selbstischer Absicht stürzen wolle. ES dürfe viel-
mehr der Auffassung der Dinge an maßgebender
Stelle bei uns entsprechen, daß die angegriffene Tür-
kei ein gutes Recht habe, ihre Truppen die thessalische
Grenze überschreiten zu lassen. Ein gemeinsames Vor-
gehen der Großmächte und ein Blutvergießen zwischen
Griechen und Türken scheine unvermeidlich; wohl aber
müsse man die Hoffnurg hegen, — und nach Lage der
Dinge sei zu glauben, daß man sie hegen könne, —
daß'es gelingen möchte, den Kamps auf die beiden
Nachbarstaaten zu beschränken. Dahin ihren ganzen
Einfluß geltend zu machen, müsse unter den gegen-
wärtigen Verhältnissen als die vornehmste Aufgabe
der deutschen Politik angesehen werden.
Dazu ist zu bemerken, daß Griechenland von
Deutschland auch gar keine Unterstützung erwartet,
sondern nur Fortsetzung seiner bisherigen Zurückhal-
tung. Daß Deutsch!and aus dieser heraustreten werde,
davon sagt die Post nichts. Deutschland wird eben
alles ruhig geschehen lassen: daß Griechenland sich
über Kreta stürzt und daß die Türkei gegen Griechen-
land zieht, daß also ein Krieg zwischen beiden Mäch-
lassen werden.
Erringt dabei Griechenland einen Brocken, nun
so wird der eben als weiter abgebröckelt angesehen,
der Türkei wird man freilich keinen Gebietsgewinn
gönnen.
Ueber Rußlands Haltung ist man noch immer im
Unklaren. Wie schon oben bemerkt, ist von einem
Protest der Mächte in Athen nichts bekannt. Wäre
Rußland gesonnen, Griechenland einen Stecken in die
Speichen zu werfen, so würde schon etwas Offizielles
verlauten. Die geheimnißvolle Haltung Rußlands
kommt auch jenem Staatsmanns unheimlich vor, der
sich in der N. Fr. Presse vernehmen läßt. „Die
Diplomatie", sagt er, „muß jetzt lchchen und zunächst
Kreta vom Cowplex der orientalischen Fragen ab-
sondern. Niemand weiß, nicht ein Mal die russischen
Diplomaten, von den europäischen Mächten, in wel-
chem Geiste sich Zar Nicolaus zu seinem Onkel, dem
König Georg, während ihres Zusammenseins in Kopen-
hagen geäußert, ob der Zar den Hellenen-König in
seinen Aspirationen auf Kreta bestärkt, oder das na-
tionale Verlangen der Hellenen auf bessere Zeiten ver-
tröstet habe. In Wien wurde dem Könige bedeutet,
Griechenland solle sich gedulden und still verhalten.
Vielleicht ernte eS so einstmals in ruhigern Zeiten die
Frucht, die heute noch nicht reif sei. Die Diplomaten
hoffen, es werde ihnen noch gelingen, den kretensischen
Brand zu lösche» u. Europa den Friedenzu erhalten. Zwi-
schen den Mächten des Dreibundes besteht auch hinsichtlich
des orientalischen Problems das beste Einvernehmen.
Mehr allerdings als Deutschland siadOesterreich Ungarn
und Italien an den Vorgängen im Orient int;ressirt.
In Wien kennt man genau die Intentionen Italiens,
und in Rom genau das Programm Oesterreichs."
Ja — aber dasjenige Rußlands? Vielleicht kennt
man das in Berlin und läßt darum die Völker hinten
weit ruhig aufeinander schlagen.
Auf das
, "Pfälzer Bolksblatt"
schon für den Monat
«b» - Wärz
, "um werden. Bestellungen nimmt jede Postaustalt
'e unsere Expedition in Heidelberg, Zwivgerstraße 7,
^gegen.
- .Probermmmern werden auf Wunsch gerne Porto
jedermann zugesavdt.
zy Stolz und Ließe. -°Ln."
Dem Amerikanischen nacherzählt.
bffv!?? Thal Holle cr den Rath seines Vaters einmal
üfir si Mrs. Belbnqer um hundert Dollar gebeten;
die er Wie ihm geantwortet, ein junger, gesunder Mann
er arbeiten, und da er das nicht thue, so habe
di- «in Recht, ein solch' kostspieliges Leben zu führen'
.thue.
ltzal^wkilen hotte er auch von Walter Geld geliehen,
hkij, Waren die Wechsel feines Baters ausgcblieben. bald
^chtk ° Wine Börse vergessen, — aber an eine Rückzahlung
leg niemals. Seine pekuniären Verlegenheiten wuch-
«eni^.^a zu Tag, seine gesellschaftliche Ehre stand auf
>hin le. Darum warb er um Jessie, und — falls sie
erinis^Mkn sollte — uw Charlotte. Jefsie's Bemerkung
?Sen zu seinem Schrecken, das er in letzter Zeit
D-Tl-lotte un ausmerksam gewesen sei, und er beschloß,
er leu^Vurte nachzuholen. Hotte er das Herz Ellens, die
in derlei waftlick liebte, gebrochen, um nun doch das Spiel
ubschii « c"? Wie einen Verbrecher trieb es ihn auf der
, U.sWn Bahn weiter, unaufhaltsam'
sanf> <>is ^m Geschäftsbureau, wohin Walter sich begeben,
ff iMs/Mkn Brief Großvaters, der ihm mittheilte,
»vchsich sehr beeilen, wenn er seine Cousine Ellen
Wer den Lebenden finden wollte.
N^W"'e Ellen spricht immerfort von Jessie und
N schrieb Mr. Marshall, „und vielleicht
in „ Großmutter mit Dir lommen. Sie schien das
»u haben."
.^°r entschlossen, in der Flühe des andern
ff. tv>/" *lfikn. Sein eigenes Leid vergessend, überlegte
H bei benachrichtigen lönne, als William Plötz-
" Win emtrat.
Junge," rief derselbe, „was fehlt Dir?
wünscht trübselig darein."
. >«aute rhn mit einem fast verächtlichen Blicke an.
^lt i- ff- das Opfer Deiner Schurkerei, lieot im Stec-
^ttilend ' Walter dem Elenden zu, jedes Wort scharf
Her kriegerische Auszug der Hellenen
? , zunächst das amtlich eingestandene Ziel, die et
sff'Ze Landung türkischer Truppen auf Kreta zu hin-
Daß die grfichischen Z>ele aber noch weiter
8eu, ergibt sich schon auS dem geplanten Bombarde-
Kand'a'S. Griechenland hat nicht Unrecht, wenn
dtm schwächlick-uneivigen Verhalten der
ihw - üegevüber der Türkei schließt, daß die Mächte
dicht allzu sehr grollen würden, wenn es mittels
Prvzisses eine vollendete Thatsacke schüfe, in-
W "" d'* Proclamation der griechischen Christen
Kreta anknüpfend die Angliederung dieser Insel
/ führte. Die Engländer sind ganz für einen sol-
« Schritt, wenigstens soweit die allgemeine Stim-
in Bcfiacht kommt; die Regierung selbst rückt
KIdoch Nicht mit ihrcn Karten heraus, aber man
y doch jhie Gesinnung so gut zu kennen, daß
Ihsj h'^kr dem AuSbroch des griechischen Krregsge-
evgljschx Ermuihigung sieht.
yv "Wir glauben nicht," erklärt das Daily Chronicle
d,,"' -daß Frankreich und Rußland cs wagen wer-
tz ' ffüd wir sind sicher, daß England es nicht un-
Md» " wird, sich einer kräftigen Action Griechen-
ya .Ku widkrfitzen. Sicher wird jeder Engländer
iai ''WM gesunden Sinne einer Proclamation der
Uchen Regierurg, daß Kreta nicht länger als
^eis n Ottomanischen Reiches anzusehen sei,
seit ^rwen. Wenn die unterworfenen Racen so-
s? °u einem Dutzend Stellen des türkischen Reiches
jLunzünden würden, dann könnten die Mächte
schs '"er Action gezwungen werden. Bis so etwas ge-
i>kr c!' k"rd nichts gethan Werder. DaS heilige Recht
^"Usurrcction (?) war nie mehr absolut, als in
Deutsches Reich.
* Berlin, 15. Febr. Bezüglich der Hundertjahr-
Feier Wilhelm's 1. in Berlin geht der Nat.-Ztg. eine
Nachricht zu, welche dieselbe alle Veranlassung hat,
für durchaus zutreffend zu halten. Auf die Enthüll-
ungsfeier des Denkmals Kaiser Wilhelm's 1. am 22.
März wird am 23. der große Festzug folgen. Nun
soll an die zuständige staatliche Behörde offiziell das
Ersuchen ger-chtet worden sein, das Denkmal sowoh^
teten am folgenden Morgen Walter und seine Großmutter
ungeduldig, aber vergebens auf Jesfie. Die Zeit verstrich
und sie mußten ohne die Ermattete abreisen, — freilich
mit schwerem Herzen, da sie wußten, wie bitter die Ent-
täuschung für Ellen sein werde, ihre liebste und theuerste
Freundin nicht be» sich zu sehen.
Die erste Frage des leidenden Mädchens war, als
Walter und seine Großmutter in die Krankenstube einge-
treten : „Wo ist Jesfie, sie ist doch mitgekommen?" und
es lag auf ihrem bleichen Antlitz ein solches Verlangen
ausgedrücki, daß es die Umstehenden zu Thränen rührte.
Walter erzählte kurz, wie es sich gugetragen. Er habe
William — bei Nennung dieses Namens überflog die
Kranke eine leichte Röthe — den Brief des Großvaters
zur Besorgung an Jesfie gegeben, dies: aber vergeblich
heute Morgen am Bahnhofe erwartet.
„William wird den Bries gewiß besorgt haben," flü-
sterte die Kranke. „Warum zögert Jessie dann noch, da sie
doch wüß, wie sehr ich nach ihr verlange?" Sie wandte
ihr Gesicht gegen die Wand und weinte bitterlich über die
scheinbare Gleichgültigkeit ihrer Freundin, für welche sie
ein so großes Opfer gebracht.
„Walter," sagte Mrs. Bellenger, indem sie ihn bei
Seite zog, „es ist doch immerhin ein Mißoerständniß mög-
lich, und Jesfie weiß vielleicht gar nicht, wie es steht- Wie
wäre es, wenn Du ihrem Vater telegraphirtest?"
Sofort befolgte Walter diesen Rath, und an Abend
als Jessie träumerisch in ihrem Zimmer saß und darüber
grübelte, wie Walter sich geändert habe, erhielt sie das
Telegramm. Mit fieberhafter Ungeduld erwartete sie den.
Morgen, und der Fcühzug schon brachte sie nach Deerwood,
wo sie von Ellen mit Jubel und Entzücken begrüßt wurde.
„O Jessie, wie freue ich mich, daß Du bei mir bist
und mir den Trost gewährst. Dich noch einmal za sehen;
ich erwartete Dich gestern schon mit Walter."
j(Aortsehung folgt).
CMN jur Mgßrlmt, Fmlmi L KM.
Adelberg monatlich SO H mit Trägerlohn, durch » ?
Vl6 Anst 1 KN svniit'n
- 38.
Verantwortlicher Redakteur:
Joseph Huber in Heidelberg.
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Gebr. Husberin Heidelberg,
Zwiugerstraßr 7.
1. IchT
! der Türkei von heute, und wir hoffen, daß sich die ten ausbricht. Der ganze diplomatische Witz soll sich