Pfälzer Volksblatt
ringende Fälle in Berlin und Wie!baden, wo Posten
auf belebten Straßen von der Schußwaffe Gebrauch
gemacht hatten.
Die geltenden Bestimmungen über diesen Gebrauch
stammen vom 20. März 1837, sind also 60 Jahre
alt. Damals war dar Laden und Abschießen de»
Gewehres noch eine ziemlich umständliche Maw'pula-
tion, durch die der Flüchtling oder Excedent selbst
schon in etwa gewarnt wurde und Zeit zur Besinnung
erhielt. Jetzt ist Laden und Schießen eins. Damals
hatte die Kugel eine verhältnißmäßig geringe Durch-
schlagskraft, gefährdete also Unbetheiligte nicht so sehr.
Jetzt kann eine einzige Kugel namenloses Unheil an-
richten. ES wäre also schon dieser veränderten Ver-
hältnisse halber Zeit, die Bestimmungen zu revidiren.
Der damalige BundeSrathSvertreter und jetzige Kriegs-
minister, v. Goßler, erklärte aber, die alten Bestimm-
ungen hätten sich bewährt. Thatsächlich ist denn auch
auf die Resolution gar nicht- geschehen, wie wir eS
in militärischen Dingen ja gewohnt sind.
Man hat damals gesagt, eS würde nicht eher
besser werden, als bis ein Mal ein Prinz oder sonst eine
hohe Persönlichkeit von einem Wachtposten erschossen
würde. So scheint eS in der That zu sein. Auch
nach dem Danziger Fall wird schwerlich etwa- ge-
ändert, so laut auch jetzt wieder die öffentliche Mei-
nung eS verlangen mag. Niemand will, daß ein
Militärposten sich von Rauflustigen, Betrunkenen usw.
alles gefallen lassen solle, wie gewöhnlich eingewandt
wird, wenn man fordert, daß das Militär nicht un-
nöthig mit scharfer Munition versehen werden und
von ihr Gebrauch machen solle. Der Soldat gehört
auch zum Volke und soll gegen muthwillige Angriffe
geschützt werden. Aber daß er sich schützen könne,
ohne gleich zu schießen, wie er nicht nöthig hat, einen
Arrestanten durch Tödtung an der Flucht zu hindern,
das ist eine Ansicht, von der dar Volk sich nicht
abbringen lassen wird, zumal wenn man ihm gar
keine Gegengründe anführen kann. Wer leichtfertig
sein Schicksal heraufbeschwört, indem er einen Posten
aogreift oder ihm zu entfliehen sucht, wiewohl er weiß,
daß er sein Leben gefährdet und der Soldat schießen
muß, von dem kann man ja allenfalls sagen, er sei
selbst schuld und habe eS so gewollt. Aber die
Unbetheiligten werden doch wohl noch ein Recht auf
Sicherung de- Lebens haben. Wie viele Opfer hätte
die alte Jnstructwn in Danzig nicht fordern können,
wenn dar Unglück gewaltet oder ein minder beson-
nener Soldat geschossen hätte!
dem 1. August begann ein
zweimonatlicher Bezug
, (August uud September)
das täglich erscheinende
"Vfälzer Volksblatt."
La ^Estrllunge» »thmeu alle Postanstolten und
vdbriesiräger, sowie unsere Expedition Zwingerstraße
' ' entgegen.
Vermischtes.
Der Einbruch in die Herz-Jesu-Kirchezu
Oranienburg. Pfarrer Panske theilt über das in der
Nacht rum Montag verübte Verbrechen folgendes mit.
Noch um 11V« Uhr Nachts war durch den Küster Herrn
Orthmann die Kirche und Umgebung controlirt worden,
etwas später ist dann in raffinirtester und dreistester Weise
der Einbruch geschehen. Bitter und schmerzlich ist, daß die
nichtswürdigen Buben das Allerheiligste mitgenommen ha-
ben, und daß, obwohl die Umgebung mit Einschluß der
Nachbargärten wiederholt abgesucht worden ist, sich keine
Spur fand. Unrichtig ist, daß die wcrthvollsten Geräthe
— ausgenommen ein einfaches Ciborium — gestohlen
Worten seien, unrichtig ferner, daß solche unverschlossen
dagestanden. Alle werthvollern Sachen befanden sich, wie
stets, i« Gewahrsam des Pfarrer» und de» Küster», M ji
Und, wie wunderbar sind Gottes Fügungen! An dem-
selben Tage, fast zu derselben Stunde, starben beide Brüder.
Zu gleicher Zeit waren fie inS Leben getreten, zu gleicher
Zeit verließen sie dasselbe. Beide waren auSgesöhnt mit
Gott und auf den Tod vorbereitet.
Der Baron von LostrangeS ist zu Oligny gestorben,
nachdem er seine Senovefa mit einem Neffen des Herrn
von Laperiere, einem jungen Manne von hohem Namen,
der zu großen Hoffnungen berechtigte, vermählt hatte.
Julian, der ehemalige Kammerdiener des Baron, hat
sich auf eine etwas zweideutige Weise im Dienste seiner
verschiedenen Herrn bereichert und sehr.anständig" davon
gelebt, ohne je Gewissensbisse betreff des armen Dachdeckers,
den seine Aussagen ins Elend gebracht hatten, zu empfinden.
Seitdem Coupart das letzte Mal aus dem Zuchthause
entlassen worden ist, wo er unter Ander« den schweren
Diebstahl bei Herrn Valentin von Beaumont gebüßt bat,
verkaufte er später „Sicherheitsketten" und machte die Be-
kanntschaft des .Ritters" Dalby. der eine geheime Lotterie
betreibt. Von unserrn Richard aber ist aus der Welt nichts
übrig geblieben, als sein Name, der im Zuchthausregister
steht-
Da» Schießen der Mililärpoßen.
Dar zig hat ein Patrouillenführer einen jung »
Mp« ?? von 19 Jahren, den er arretirt hatte, am
Tage auf belebter Straße erschossen. Der junge
Kri, sich mit einem Genoffen und zwei
Wohnzimmern auf dcm Werstgraben herum, führte
tietk Eumpan eine ärgerliche Scene auf, ge-
ein»» trüber mit Arbeitern in Streit, stach dabei
Patr 'huen in den Arm, wurde deshalb der
?e übergeben und von dieser mit den beiden
slvd Ammern abgeführt. Bor der Hauptwache eut-
dn, Der Patrouillensührer verfolgte ihn, rief
ß»,^ül Halt, und als der Mensch nicht still -
i«n "Hoß er ihn. Die Kugel ging dertt Berfolg-
iiiul, ch den Kopf, durchschlug weiter eine AnschlagS-
h^,u»d drang schließlich in die Mauer des Zeug-
sH,'" ein. Es wird berichtet, daß der Soldat sich
tz enhig, umsichtig und bedächtig benommen und z.
h^Wst das angelegte Gewehr wieder abgenvmmen
Lin' "" er zwischen dem Flüchtling und sich einen
^iMten bemerkte.
die i?" Soldat hat nach der Instruktion gehandelt,
M vorschrribt, sich dir Waffe zu bedienen, wenn
s»^ . Verhütung der Flucht eines Verhafteten er-
ist. Er hat diese Vorschrift mit Besonnen-
Gleichwohl fragt man sich: Mußte eS
eS nöthig, einen Menschen, dessen die
l,Mr schon deshalb leicht wieder habhaft werden
dern.-' ^>1 seine Person sich durch die beiden mit
^-Mieten Frauenzimmer sestfiellen ließ, turch den
die der vorläufigen Flucht zu hindern? Steht
tko^adesstrafe in angemessenem Verhältnisse zu dem
Ebenem Vergehen? Es ist uns unmöglich, diese
14 ^ > .
Schuld und Sühnr.
(Schluß)
ist jy großen Zügen da» Leben des Troppisten.
Me» ^ottn doch das Leben derjenigen kennen lernen, bei
di»ke H'lden unserer Geschichte, Richard und Valentin
Frieden gefunden haben.
wem von uns könnte eS schaden, einmal wieder
UeiM. aran erinnert worden zu sein, daß es noch andere
biki^En sibt, die mehr Gewalt brauchen als wir, um das
""reich an sich zu reißen?
dcn manigfachen Stürmen seines Lebens hatte
tzein L,'" lcr Trappe eine süße, tröstliche Ruhe gefunden.
«Iz i, «lvube, der einen Augenblick gewankt hatte, war fester
'in r°j«?nd der feste Glaube im Herzen der Menschen ist
^.Diamant, dessen lebhafter Glanz wie ein himm-
rucht gleichsam mS zukünftige Leben hineinleuchtet,
ki» Kerstin dagegen war nach la Trappe gekommen wie
M o^rrcher an eine letzte Zufluchtsstätte. Anfangs noch
Mst s". Dinge», die er in der Welt zurückgelafsen
'Me er mechanisch den stammen Hebungen, er ar-
?"ete, aber er verwünschte ost den Juden Andreas,
Mt Anderen betrachteten, oder auch, während sie
Äex M'kst». In la Trappe spricht alles die Seele an,
- ^aientm hatte eine kalte, unempfindliche Seele.
'kiÄ " aber das stille Glück, dessen sich Alle um ihn
M tvam Ziehen hatte, begann er sich darnach zu sehnen
«°"»e ji,/,:.lvenigstenS versuche», ob er nicht auch derselben
7» tz°>7"lhaftig werden. Er suchte mit Gewalt die schlich-
ex g."en lo» zu werden, die seinen Geist noch erfüll-
.sic uw" «it Eifer und Andacht zu beten, er arbei-
lkbeu!; ^bet, aber sein Herz war zu lasterhaft, al» daß
Akisep, Mer Glaube darin Hütte Platz finden können, er
Me immer und seine Gebete stiegen au» de»
E'üg bis aus die Lippen herab, sein Herz blieb dabei
Frage ander- als mit Nein zu beantworten. Noch
mehr als die Person des Getödteten kommen Vie
friedlichen Bürger in Frage, die sich zur Zeit des
Vorfalles in ter Nähe des Schauplatzes befanden.
Nicht einer, sondern eine ganze Reihe von ihnen
hätten bei dieser Gelegenheit erschossen oder schwer
verwundet werden können. Trotz aller Vorsicht dcS
Schießenden konnte dieser doch nicht wissen, welchen
Weg die Kugel nehmen und wen sie treffen würde.
Wer hinter der Anschlagsäule oder am Zeughause ge-
standen hätte, wäre ebenfalls durchbohrt worden.
Die Leute in der Nähe haben sich im ersten
Schreck betastet, ob sie nicht getroffen seien; nur
Zufall ist eS im Grunde, wen» kein weitere- Unglück
geschah-
Wir vermöge» durchaus nicht eivzusehen, welches
militärische Interesse gebiete, i» dieser Weise das
Leben der Bürger zu gefährden. Daß der Soldat
eine Waffe hat, ist doch noch kein Grund, daß er sie
bei jeder Gelegenheit, wo sie ihm nützen könnte, nun
auch gebrauche, unbekümmert um die Folgen. Die
Polizei schießt auch nicht so am Hellen Tage in den
belebtesten Straßen herum, hat sogar meist nicht ei«
Mal eine Schußwaffe. Und doch hat sie viel mehr
Verhaftete zu transportiren, als Las Militär und wird
doch damit fertig. WaS die Polizei kann, sollte doch
das Militär auch können. Um dem Soldaten DiS»
ciplin, „Schneidigleit", Autorität und Selbstgefühl
beizubringen, Hot man doch ausreichend andere Mittel;
man braucht ihn zu dem Ende nicht auf der Straße
herumfchießen zu lassen.
Der Danziger Full steht ja nicht vereinzelt da.
Sehr oft ist in den letzten Jahren von Wachtposten
auf der Straße geschossen oder sonst von der Woffe
Gebrauch gemacht worden, für die ein Nicht-Militär
kein Verständniß hat. Man hat dann wohl gehört, daß
der betreffende Soldat ausgezeichnet wurde — wir
erinnern an den Gefreiten Lück —, aber die Be-
schwerden des Publikums gegen die gefährliche Schie-
ßrrei haben keine Berücksichtigung gefunden. Am
15. Februar 1892 nahm der Reichstag auf ein-
stimmigen Antrag der Budget-Commission eine Reso-
lution an, „eine den veränderten Verhältnissen ent-
sprechende Revision der Bestimmungen über den Ge-
brauch der Schießwoffen seitens der Militärposten"
herbeizusühren. Im Zusammenhänge damit stand eine
weitere Resolution, wonach auf eine thunlichste Ein-
schränkung der Militä' posten, insbesondere in verkehr-
reichen Gegenden, hingewukt werden solle. Die
Resolutionen waren veranlaßt durch zwei Aufsehen
Eines Tage» stimmte Valentin in der Kirche, wo die
Ordenslcute in zwei Reihen einander gegenüberftanden,
um abwechselnd die Psalmen zu fingen, den 37. Psalm
an.
Er war inzwischen Bruder Andreas geworden und
rief nun seufzend:
Herr I strafe mich richt in Deinem Grimm und züchtige
mich nicht in Deinem Zorn! Ihm gegenüber stand Richard,
der Bruder Ambrosius hieß, und antwortete: denn Deine
Pfeile stecken in mir und Du hast über mich stark gemacht
Deine Hand.
Beide erhoben ihre Augen xen Himmel, Bruder Am-
brosius, um Gott seine überstandenen Leiden aufzuopfern,
und Bruder Andreas, um lebendigen Glauben zu bitten —
und die beiden Brüder erkannten sich wieder. —
Doch der Psalm wurde festgesetzt, Richard war den
ganzen Tag über besonders glücklich, denn er dachte, sein
Bruder müsse, nachdem er an diesen Ort gekommen, dasselbe
Glück genießen, wie er; — Valentin aber war nur zerstreut
und nachdenkend.
Als die Nacht gekommen war, und alle Ordenslcute
schliefen, fühlte sich Richard Plötzlich am Arme berührt;
er erwachte und richtete sich auf, da sah er einen Ordens-
mann vor sich auf den Knieen liegen und hörte ihn mit
schwacher Stimme flüstern:
„O mein Bruder! Verzeihung!"
Richard legte einen Finger an dcn Mund, um ihn an
das unverletzliche Stillschweigen zu erinnern, zu dem sie
verpflichtet seien.
Doch Valentin wiederholte:
„Richard, mein Bruder, verzeihe mir und segne mich!"
Richard breitete die Hände aus über seinen noch immer
knieenden Bruder und dieser erhob sich. Schon schickte er
sich an, sein hartes Lager wieder auszusuchen, als Richard
ihn am Arm zurückhielt, und von plötzlicher Rührung über-
wältigt, ihn an sich zog und umarmte, und beide weinten
»och, sich fest umschlungen haltend, als die Blocke zum
Chore läutete. Da eilten sie auseinander.
Nicht lange nachher wurde Valentin und bald darauf
Richard krank.
/ täglich mit Ausnahme der Sonn- u. - — Inserate die 1-spaltige Petitzeile oder deren' Raum
Crqon für Malirßeff, Freiheit L Liecht.
kr.H, monatlich Sv H mit Trägerlohn, durch " * Rabattbewilligung.
Bost berogen Viertels. 1.60 franco._ , _Expedition: Zwingerftraße 7._
k m.
Verantwortlicher Redakteur:
Joseph Huber in Heidelberg.
Melders, WM de« 3. AiW IM.
Druck, Verlag u. Expedition
Gebr. Huber in Heidelberg,
Zwingerftraße 7.
i.r
ringende Fälle in Berlin und Wie!baden, wo Posten
auf belebten Straßen von der Schußwaffe Gebrauch
gemacht hatten.
Die geltenden Bestimmungen über diesen Gebrauch
stammen vom 20. März 1837, sind also 60 Jahre
alt. Damals war dar Laden und Abschießen de»
Gewehres noch eine ziemlich umständliche Maw'pula-
tion, durch die der Flüchtling oder Excedent selbst
schon in etwa gewarnt wurde und Zeit zur Besinnung
erhielt. Jetzt ist Laden und Schießen eins. Damals
hatte die Kugel eine verhältnißmäßig geringe Durch-
schlagskraft, gefährdete also Unbetheiligte nicht so sehr.
Jetzt kann eine einzige Kugel namenloses Unheil an-
richten. ES wäre also schon dieser veränderten Ver-
hältnisse halber Zeit, die Bestimmungen zu revidiren.
Der damalige BundeSrathSvertreter und jetzige Kriegs-
minister, v. Goßler, erklärte aber, die alten Bestimm-
ungen hätten sich bewährt. Thatsächlich ist denn auch
auf die Resolution gar nicht- geschehen, wie wir eS
in militärischen Dingen ja gewohnt sind.
Man hat damals gesagt, eS würde nicht eher
besser werden, als bis ein Mal ein Prinz oder sonst eine
hohe Persönlichkeit von einem Wachtposten erschossen
würde. So scheint eS in der That zu sein. Auch
nach dem Danziger Fall wird schwerlich etwa- ge-
ändert, so laut auch jetzt wieder die öffentliche Mei-
nung eS verlangen mag. Niemand will, daß ein
Militärposten sich von Rauflustigen, Betrunkenen usw.
alles gefallen lassen solle, wie gewöhnlich eingewandt
wird, wenn man fordert, daß das Militär nicht un-
nöthig mit scharfer Munition versehen werden und
von ihr Gebrauch machen solle. Der Soldat gehört
auch zum Volke und soll gegen muthwillige Angriffe
geschützt werden. Aber daß er sich schützen könne,
ohne gleich zu schießen, wie er nicht nöthig hat, einen
Arrestanten durch Tödtung an der Flucht zu hindern,
das ist eine Ansicht, von der dar Volk sich nicht
abbringen lassen wird, zumal wenn man ihm gar
keine Gegengründe anführen kann. Wer leichtfertig
sein Schicksal heraufbeschwört, indem er einen Posten
aogreift oder ihm zu entfliehen sucht, wiewohl er weiß,
daß er sein Leben gefährdet und der Soldat schießen
muß, von dem kann man ja allenfalls sagen, er sei
selbst schuld und habe eS so gewollt. Aber die
Unbetheiligten werden doch wohl noch ein Recht auf
Sicherung de- Lebens haben. Wie viele Opfer hätte
die alte Jnstructwn in Danzig nicht fordern können,
wenn dar Unglück gewaltet oder ein minder beson-
nener Soldat geschossen hätte!
dem 1. August begann ein
zweimonatlicher Bezug
, (August uud September)
das täglich erscheinende
"Vfälzer Volksblatt."
La ^Estrllunge» »thmeu alle Postanstolten und
vdbriesiräger, sowie unsere Expedition Zwingerstraße
' ' entgegen.
Vermischtes.
Der Einbruch in die Herz-Jesu-Kirchezu
Oranienburg. Pfarrer Panske theilt über das in der
Nacht rum Montag verübte Verbrechen folgendes mit.
Noch um 11V« Uhr Nachts war durch den Küster Herrn
Orthmann die Kirche und Umgebung controlirt worden,
etwas später ist dann in raffinirtester und dreistester Weise
der Einbruch geschehen. Bitter und schmerzlich ist, daß die
nichtswürdigen Buben das Allerheiligste mitgenommen ha-
ben, und daß, obwohl die Umgebung mit Einschluß der
Nachbargärten wiederholt abgesucht worden ist, sich keine
Spur fand. Unrichtig ist, daß die wcrthvollsten Geräthe
— ausgenommen ein einfaches Ciborium — gestohlen
Worten seien, unrichtig ferner, daß solche unverschlossen
dagestanden. Alle werthvollern Sachen befanden sich, wie
stets, i« Gewahrsam des Pfarrer» und de» Küster», M ji
Und, wie wunderbar sind Gottes Fügungen! An dem-
selben Tage, fast zu derselben Stunde, starben beide Brüder.
Zu gleicher Zeit waren fie inS Leben getreten, zu gleicher
Zeit verließen sie dasselbe. Beide waren auSgesöhnt mit
Gott und auf den Tod vorbereitet.
Der Baron von LostrangeS ist zu Oligny gestorben,
nachdem er seine Senovefa mit einem Neffen des Herrn
von Laperiere, einem jungen Manne von hohem Namen,
der zu großen Hoffnungen berechtigte, vermählt hatte.
Julian, der ehemalige Kammerdiener des Baron, hat
sich auf eine etwas zweideutige Weise im Dienste seiner
verschiedenen Herrn bereichert und sehr.anständig" davon
gelebt, ohne je Gewissensbisse betreff des armen Dachdeckers,
den seine Aussagen ins Elend gebracht hatten, zu empfinden.
Seitdem Coupart das letzte Mal aus dem Zuchthause
entlassen worden ist, wo er unter Ander« den schweren
Diebstahl bei Herrn Valentin von Beaumont gebüßt bat,
verkaufte er später „Sicherheitsketten" und machte die Be-
kanntschaft des .Ritters" Dalby. der eine geheime Lotterie
betreibt. Von unserrn Richard aber ist aus der Welt nichts
übrig geblieben, als sein Name, der im Zuchthausregister
steht-
Da» Schießen der Mililärpoßen.
Dar zig hat ein Patrouillenführer einen jung »
Mp« ?? von 19 Jahren, den er arretirt hatte, am
Tage auf belebter Straße erschossen. Der junge
Kri, sich mit einem Genoffen und zwei
Wohnzimmern auf dcm Werstgraben herum, führte
tietk Eumpan eine ärgerliche Scene auf, ge-
ein»» trüber mit Arbeitern in Streit, stach dabei
Patr 'huen in den Arm, wurde deshalb der
?e übergeben und von dieser mit den beiden
slvd Ammern abgeführt. Bor der Hauptwache eut-
dn, Der Patrouillensührer verfolgte ihn, rief
ß»,^ül Halt, und als der Mensch nicht still -
i«n "Hoß er ihn. Die Kugel ging dertt Berfolg-
iiiul, ch den Kopf, durchschlug weiter eine AnschlagS-
h^,u»d drang schließlich in die Mauer des Zeug-
sH,'" ein. Es wird berichtet, daß der Soldat sich
tz enhig, umsichtig und bedächtig benommen und z.
h^Wst das angelegte Gewehr wieder abgenvmmen
Lin' "" er zwischen dem Flüchtling und sich einen
^iMten bemerkte.
die i?" Soldat hat nach der Instruktion gehandelt,
M vorschrribt, sich dir Waffe zu bedienen, wenn
s»^ . Verhütung der Flucht eines Verhafteten er-
ist. Er hat diese Vorschrift mit Besonnen-
Gleichwohl fragt man sich: Mußte eS
eS nöthig, einen Menschen, dessen die
l,Mr schon deshalb leicht wieder habhaft werden
dern.-' ^>1 seine Person sich durch die beiden mit
^-Mieten Frauenzimmer sestfiellen ließ, turch den
die der vorläufigen Flucht zu hindern? Steht
tko^adesstrafe in angemessenem Verhältnisse zu dem
Ebenem Vergehen? Es ist uns unmöglich, diese
14 ^ > .
Schuld und Sühnr.
(Schluß)
ist jy großen Zügen da» Leben des Troppisten.
Me» ^ottn doch das Leben derjenigen kennen lernen, bei
di»ke H'lden unserer Geschichte, Richard und Valentin
Frieden gefunden haben.
wem von uns könnte eS schaden, einmal wieder
UeiM. aran erinnert worden zu sein, daß es noch andere
biki^En sibt, die mehr Gewalt brauchen als wir, um das
""reich an sich zu reißen?
dcn manigfachen Stürmen seines Lebens hatte
tzein L,'" lcr Trappe eine süße, tröstliche Ruhe gefunden.
«Iz i, «lvube, der einen Augenblick gewankt hatte, war fester
'in r°j«?nd der feste Glaube im Herzen der Menschen ist
^.Diamant, dessen lebhafter Glanz wie ein himm-
rucht gleichsam mS zukünftige Leben hineinleuchtet,
ki» Kerstin dagegen war nach la Trappe gekommen wie
M o^rrcher an eine letzte Zufluchtsstätte. Anfangs noch
Mst s". Dinge», die er in der Welt zurückgelafsen
'Me er mechanisch den stammen Hebungen, er ar-
?"ete, aber er verwünschte ost den Juden Andreas,
Mt Anderen betrachteten, oder auch, während sie
Äex M'kst». In la Trappe spricht alles die Seele an,
- ^aientm hatte eine kalte, unempfindliche Seele.
'kiÄ " aber das stille Glück, dessen sich Alle um ihn
M tvam Ziehen hatte, begann er sich darnach zu sehnen
«°"»e ji,/,:.lvenigstenS versuche», ob er nicht auch derselben
7» tz°>7"lhaftig werden. Er suchte mit Gewalt die schlich-
ex g."en lo» zu werden, die seinen Geist noch erfüll-
.sic uw" «it Eifer und Andacht zu beten, er arbei-
lkbeu!; ^bet, aber sein Herz war zu lasterhaft, al» daß
Akisep, Mer Glaube darin Hütte Platz finden können, er
Me immer und seine Gebete stiegen au» de»
E'üg bis aus die Lippen herab, sein Herz blieb dabei
Frage ander- als mit Nein zu beantworten. Noch
mehr als die Person des Getödteten kommen Vie
friedlichen Bürger in Frage, die sich zur Zeit des
Vorfalles in ter Nähe des Schauplatzes befanden.
Nicht einer, sondern eine ganze Reihe von ihnen
hätten bei dieser Gelegenheit erschossen oder schwer
verwundet werden können. Trotz aller Vorsicht dcS
Schießenden konnte dieser doch nicht wissen, welchen
Weg die Kugel nehmen und wen sie treffen würde.
Wer hinter der Anschlagsäule oder am Zeughause ge-
standen hätte, wäre ebenfalls durchbohrt worden.
Die Leute in der Nähe haben sich im ersten
Schreck betastet, ob sie nicht getroffen seien; nur
Zufall ist eS im Grunde, wen» kein weitere- Unglück
geschah-
Wir vermöge» durchaus nicht eivzusehen, welches
militärische Interesse gebiete, i» dieser Weise das
Leben der Bürger zu gefährden. Daß der Soldat
eine Waffe hat, ist doch noch kein Grund, daß er sie
bei jeder Gelegenheit, wo sie ihm nützen könnte, nun
auch gebrauche, unbekümmert um die Folgen. Die
Polizei schießt auch nicht so am Hellen Tage in den
belebtesten Straßen herum, hat sogar meist nicht ei«
Mal eine Schußwaffe. Und doch hat sie viel mehr
Verhaftete zu transportiren, als Las Militär und wird
doch damit fertig. WaS die Polizei kann, sollte doch
das Militär auch können. Um dem Soldaten DiS»
ciplin, „Schneidigleit", Autorität und Selbstgefühl
beizubringen, Hot man doch ausreichend andere Mittel;
man braucht ihn zu dem Ende nicht auf der Straße
herumfchießen zu lassen.
Der Danziger Full steht ja nicht vereinzelt da.
Sehr oft ist in den letzten Jahren von Wachtposten
auf der Straße geschossen oder sonst von der Woffe
Gebrauch gemacht worden, für die ein Nicht-Militär
kein Verständniß hat. Man hat dann wohl gehört, daß
der betreffende Soldat ausgezeichnet wurde — wir
erinnern an den Gefreiten Lück —, aber die Be-
schwerden des Publikums gegen die gefährliche Schie-
ßrrei haben keine Berücksichtigung gefunden. Am
15. Februar 1892 nahm der Reichstag auf ein-
stimmigen Antrag der Budget-Commission eine Reso-
lution an, „eine den veränderten Verhältnissen ent-
sprechende Revision der Bestimmungen über den Ge-
brauch der Schießwoffen seitens der Militärposten"
herbeizusühren. Im Zusammenhänge damit stand eine
weitere Resolution, wonach auf eine thunlichste Ein-
schränkung der Militä' posten, insbesondere in verkehr-
reichen Gegenden, hingewukt werden solle. Die
Resolutionen waren veranlaßt durch zwei Aufsehen
Eines Tage» stimmte Valentin in der Kirche, wo die
Ordenslcute in zwei Reihen einander gegenüberftanden,
um abwechselnd die Psalmen zu fingen, den 37. Psalm
an.
Er war inzwischen Bruder Andreas geworden und
rief nun seufzend:
Herr I strafe mich richt in Deinem Grimm und züchtige
mich nicht in Deinem Zorn! Ihm gegenüber stand Richard,
der Bruder Ambrosius hieß, und antwortete: denn Deine
Pfeile stecken in mir und Du hast über mich stark gemacht
Deine Hand.
Beide erhoben ihre Augen xen Himmel, Bruder Am-
brosius, um Gott seine überstandenen Leiden aufzuopfern,
und Bruder Andreas, um lebendigen Glauben zu bitten —
und die beiden Brüder erkannten sich wieder. —
Doch der Psalm wurde festgesetzt, Richard war den
ganzen Tag über besonders glücklich, denn er dachte, sein
Bruder müsse, nachdem er an diesen Ort gekommen, dasselbe
Glück genießen, wie er; — Valentin aber war nur zerstreut
und nachdenkend.
Als die Nacht gekommen war, und alle Ordenslcute
schliefen, fühlte sich Richard Plötzlich am Arme berührt;
er erwachte und richtete sich auf, da sah er einen Ordens-
mann vor sich auf den Knieen liegen und hörte ihn mit
schwacher Stimme flüstern:
„O mein Bruder! Verzeihung!"
Richard legte einen Finger an dcn Mund, um ihn an
das unverletzliche Stillschweigen zu erinnern, zu dem sie
verpflichtet seien.
Doch Valentin wiederholte:
„Richard, mein Bruder, verzeihe mir und segne mich!"
Richard breitete die Hände aus über seinen noch immer
knieenden Bruder und dieser erhob sich. Schon schickte er
sich an, sein hartes Lager wieder auszusuchen, als Richard
ihn am Arm zurückhielt, und von plötzlicher Rührung über-
wältigt, ihn an sich zog und umarmte, und beide weinten
»och, sich fest umschlungen haltend, als die Blocke zum
Chore läutete. Da eilten sie auseinander.
Nicht lange nachher wurde Valentin und bald darauf
Richard krank.
/ täglich mit Ausnahme der Sonn- u. - — Inserate die 1-spaltige Petitzeile oder deren' Raum
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Verantwortlicher Redakteur:
Joseph Huber in Heidelberg.
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