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Pfälzer Volksblatt: Organ für Wahrheit, Freiheit & Recht — 1.1897

DOI Heft:
Juli 1897
DOI Artikel:
Nr. 163
DOI Artikel:
Nr. 164
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https://doi.org/10.11588/diglit.42846#0673

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Mlzer Volksblatt

WMlg, FreiiU den 23. W1897.

Verantwortlicher Redakteur-:
Joseph Huber in Heidelberg.

Druck, Verlag u. Expedition
Gebr. Huber in Herdelberg,
Lwingerftraße 7.

isgnch Mjt Ausnahme der Sonn- u. Inserate die 1-spaltige Petitzeile oder deren'Raum
^nter^al^ bDltlM Prw^Mzägen^ow^^^^ für Jahres-Anzeigen bedeutende
Abera monatlich KV mit Trägerlvhn, durch » l ' ^ Rabattbewrlligung.^,
bezogen Viertels. 160 franco Expedition: Zwing^r^r^ße^

Einladung
44. Gknmlmsanliulung der Kalh olikra DklltsGMs.

7

Deutsche Katholiken!
» Das ganze katholische Deutschland begeht Heuer in dankbarer Erinnerung daS 300jährige Jubi-
seligen Petrus CanisiuS und rüstet sich, an seinem Grabe das hehre Vermächtriß des
i pietätvoll zu feiern.
s>iz z Niederbayerns schöner Herzogsstadt, im altehrwürdigen Landshut, wirkte dieser große Schüler
i»l« Ignatius durch seine Predigten mit außerordentlichem Erfolge. Gerade aus diesem Grunde ist rS
?»lnahme deS diiSjührigen deutschen Katholikentages berufen. Unter dem Zeichen deS zweiten Apostels
Zutsch rri werden wir rn diesem Jahre tagen.
yj, Mit gnädigster Zustimmung der beiden Oberhirten, deS hochwürdigsten Herrn Erzbischofs An to-
don München-Freising und deS hochwürdigsten Herr» Bischofs Ignatius von Regensburg, im
sy ""nehmen mit Seiner Durchlaucht Fürst Karl von Löwenstern, dem Kommissär der Genrralver-
K.^nrigen, und unter regster Mitwirkung aller Kreise der Bi völkerung hat daS unterzeichnete KomitL die
E» Altung zur 44. General-Versammlung der Katholiken Deutschlands übernommen, welche mit Gottes
Ztz "E «Up unter dem besonderen Schutze der Patrons Bavariae und der Stadtpatrone in der Zeit vom
' An-nst bi» 2. September VS. IS. in Landshut B erathung Pflegen wird,
Laut werden dort die herrlichen Monumente einer großen Vergangenheit zu Ihnen sprechen.
Ri»* v"" ferne ruft St. Martin'- kühner Bau, deS Bayernlandes höchfltragrnde Worte, festliches
blvmeu entgegen und einladend winken die Zinnen der Trausnitz, dieser hochberühmten Wittels-
^"vkstr.
Eoin Aufrichtigsten Bürgergruß entbietet Ihnen die altehrwürdige Dreihelmcnstadt, allbewährt durch
wische Treue und biedere Gastlichkeit.
Wa So mögen denn die Katholiken aus ollen deutschen Gaueu sich recht zahlreich in unserer Mitte
^.^knschaaren, um, entsprechend der weisen Intention deS gemeinsamen Vaters der Christenheit, mitzu-
an der Regenerierung der menschlichen Gesellschaft und dem großen
Esther katholischen Einheit!
LaudShnt, den 2. Juli 1897.
kö Lokal-Komitv zur Vorbereitung der 44. Generalversammlung der
Katholiken Deutschlands.

Deutsches Reich.
* Berlin, 21. Juli. Die Bäckerinnung „Ger-
mania" will gleich der „Concordia" eine Mehlbörse
einrichten, die zweimal wöchentlich stattfiaden u. Preis-
notirungen veröffentlichen soll.
* Regentburg, 21. Juli. Der Reichstags u.
Landtagsabgeordnete Lehner-Erbendorf (Centrum) ist
heute Vormittag gestorben.
* Homburg v. d. H-, 21. Juli. Während deS
Kaisermanövers werden in der Zeit vom 3.
bis 5. September außer dem Kaiser Wilhelm noch m
Homburg wohnen: die Könige von Italien, von
Sachsen und von Württemberg, die Großh-rzoge von
Baden, von Sachsen und Hessen, der Fürst von
Hohrnzollern, die Prinzen Albrecht und Heinrich von
Preußen, vier bayrische Prinzen, der Prinz Bernhard
von Sachsen-Weimar, außerdem eine große Anzahl
fremdländischer Offiziere. Sodann werden noch hier
untergebracht: daS Kriegs Ministerium, der Große
Generalstab der Armee, die Generalstäbe des 11. und
16. Armeecorps nut der Radfahrer-Abtbeilung u. die
Stabswache; ferner der Stab der 83 Jnfanteriebri«
gade, eine Kompagnie der 11. Jägerbataillons. Die Fest-
halle deS mittelrheinischen Kreisturnfestes wird zu
Stallungen für den kaiserlichen Hofmarstall eingerichtet.

Ausland.
* Paris, 21. Juli. Cornelius Herz erklärte
einem Korrespondenten des „Figaro" gegenüber, er
sei nach wie vor entschlossen, der Panamakommisfion
die versprochenen Enthüllungen zu machen. Wen» er
daS Datum der Zusammenkunft berauSgeschoben habe,
so sei daS geschehen, weil er erst die Originale seiner
Dokumente aus Amerika, wo sie sich in sicherem Ge-
wahrsam befänden, kommen lassen wolle. Die Blätter
sind einstimmig der Meinung, daß Cornelius Herz die
Panamakommission unerhört gefoppt habe.
* Konstantinopel, 21. Juli. Die Botsch as-
ter richteten gestern eine neue, im schärfsten Tone
abgefaßte Note an die Pforte, iu welcher dieselbe noch-
mals auf daS Bedenkliche ihres Verhaltens hiagewie-
sen wird, indem sie mit vollster Absicht und trotz ihrer
wiederholt abgegebenen Zusicherungen die Verhand-
lungen in die Länge zieht. Zugleich wird die Pforte
darauf aufmerksam gemacht, daß die Türkei sich allein
alle hieraus ergebenden schweren Folgen werde zu-
schreiben müssen. Die Botschafter fordern alsdann
kategorisch eine entscheidende Antwort. In der Be-

Schuld und Sühne.
Hohl Äe.Stimme erhob sich, um zu äußern, er könne auch
Mann lern. Er begab sich in Promenaden,
" E öffentliche Plätze und suchte denen, die
Ue jU'^reiflich zu machen, die menschliche Gesellschaft
A»e Ruine entgegen Und er wolle sie auf diesem
z.j?Waltcu; man lachte ibn aus und die Kinder war-
Adi >b und Steinen nach ihm. Er hielt sich so über-
^er Wahrheit seiner Schrist, daß er vor den
ÄH« - Herden herlief, um ihnen Stellen daraus vor-
Wer,,'^or wurde arretirt als Vagabund und Unruhe-
N-A^ber lür einige Tage in das Gefängniß ge-
E,»» A?*d fing an, — an Gott zu zweifeln.
Monate war er in Paris, als er sich dem Herrn
dril le Vvrstcllte. Er hatte dessen Namen nennen hören
M »>. "»es leutseligen, guten Mannes, und da er es sich
gemacht haben würde, wenn er nicht Alles
'M HEe, um sich Gehör zu verschaffen, so war er zu
Letzt aber, als er, auch dort abgewiesen, sich
L hh» „s. auf drm Straßenpflaster befand, und zwar um
Mir»., bs 'n einer kalten Dezemdernacht, ohne Zu-
M fik^ "Ld ohne Brod, — da hörte er auf zu hoffen,
1 Glaube in seinem Herze« an zu Wanken. Jetzt
M shpl der Zweifel wie ein giftige- Insekt und raubte
tzojt '"neu süßen Täuschungen zugleich sein Vertrauen
.^iibkr steinernen Bank dem gräflichen Palafte ge-
!?Mri»n nd, schickte Richard sich eben an, die Nacht hier
Der Schnee fing an herniederrufallen, anfangs
,, 5 Sflberstaub, aber bald in großen Flocken.
Fenstern des Palastes erscheinen Lichter, sie
WH?» av^buen sich und lassen auf ein großes Fest
K Dre Geladenen kommen an, die Wagen kreuzen
M burchbraust herrliche Musik die duftenden Räume,
AH--L lachen, die Kronleuchter glänzen und draußen
M j .' Schnee dichter, der Wind heult und Richard —
h»Se "n Fenster geöffnet, ein feiner Herr und eine
treten auf de» Balkon hinaus.

„Man erstickt ja im Saale," sagte sie, „es ist nicht
mehr auszuhalten, ich will wenigstens etwa» frische Abend-
lust schöpfen"
„Laß uns wieder hineingehen, theure Genovefa, der
Schnee ist eiskalt."
„Ja, wir wollen wieder hineingehen, — aber sieh doch
einmal, Valentin, was ist das da für eine schwarze Masse,
die sich dort auf der weißen Mauer abbildet?'
Valentin schauderte, kenn, als erden NamenGenovefa
hörte, hatte Richard sich erhoben und Valentin hatte in
dem Schattenbilds, das sich auf der weißen Wand ab-
zeichnete, eine Form und Umrisse erkannt, die genau dem
Schatten gleichen, der ihn zu Amiens im Augenblicke sei-
ner verbrecherischen That so erschreckt und sich seitdem sei-
nem Geiste unauslöschlich eingeprägt hatte. Es schauderte
ihn, aber dennoch hatte er Muth genug, um zu sagen:
„Ei, meine Liebe, daS ist ohne Zweifel ein Betrunkener."
„Bewahre Gott! sieh doch, wie gerade er geht; er
kommt näher, hier unter den Balkon, es ist Wohl ein armer
Mensch ohne Obdach, wrr müssen ihm etwas Geld hinab-
werfen. Und estigft nahm sie einige Silberftücke aus ihrer
weißen Börse von Flor urd warf sie unserm Dichter zu,
mit den Worten:
„Hier guter Mann, beten Sie etwas für mich I"
Auch Valentin warf sein Almosen hinab, dann traten
beide in den Saal zurück, er sehr nachdenkend, sie dagegen
ganz heiter.
Richard war bei ihrem Anblicke ganz außer sich ge-
rathen, tausend wirre Gedanken stürmten auf ihn ein. Er
glaubte zu träumen und fragte sich jetzt, ob er nicht wirk-
lich verrückt sei, wie er sich so oft hatte schimpfen hören.
Nachdem er sich von der ganzen schrecklichen Wirklich-
keit überzeugt hatte, raffte er das Almosen des jungen Mäd-
chens aus und berührte es ehrerbietig mit seinen Lippen.
Wenige Minuten später vernahm er die kräftigen Stimmen
der Lakaien, welche einige von den Wage», die auf der
Straße warteten, laut anriefen:
„Der Wagen der Frau Baronin v. Olbscim-
„Der Wagen deS Herrn Marquis v. Setti.
„Der Wagen des Herrn BarouS v. Loftrange».

(Fortsetzung solgt.)

„Der Wagen des Herrn Valentin v. Beaumont."
„Mein Bruder kommt," sagte sich Richard, „er wird
hier nahe an mir vorübergrhen, ich muß ihn sprechen. O,
er wird mir gewiß Hilfe und Obdach nicht weigern!'
Als Valentin kam, lief er auf ihn zu:
„Ich bin Richard," flüsterte er rasch und aufgeregt,
„ich brn dein Bruder, dein für dich verurtheilter und ge-
brandmarkter Bruder, ich bin kalt und habe Hunger!"
Valentin wurde erschüttert, aber in demselben Augen-
blicke stiegen Herr v. Lostranges und seine schöne Tochter
die Treppe hinab. Er würde ganz besonders bloss,
gewesen sein, wenn man ihn mit einem Bettler hätte s

_ . . . _ _ _ plau-
dern, oder ihm gar die Hand drücken sehen, er stieß deshalb
seinen Brüden zurück und rief ihm laut zu:
„Ich habe Euch schon etwas gegeben, Mann."
Und als Richard sich noch nicht wollte abweisen lasten,
schlug er ihm leicht auf den Arm mit seinem Handschuh,
als wolle er seiner Zudringlichkeit ausweichen.
Dieser leichte Schlag mit einem Handschuh war ge-
waltiger als die Brandmarkung, als füuf Jahre Galeeren-
strafe und als fieben Jahre des Martyriums, er traf das
Band, welches Richard noch an Valentin knüpfte und zer-
riß es — für immer!
Unterdessen waren auch die andern Wagen vorgefahren,
alle Gäste hatten sich verabschiedet, das Thor des Palais
war geschloffen, und alles war wieder dunkel und still ge-
worden. Richard suchte die steinerne Baak wieder auf, er
war kaum noch seiner Lage bewußt, er traute seinen Augen,
seinen Ohren, seinem Dasein überhaupt nicht mehr. Wenige
Minuten hatte er da gesessen, als ein Mann sich ihm näherte
mit den Worten:
„He da, Kamerad, hast du vor, diese Nacht hier liegen
^bleiben,w oaß man Dich morgen früh hier erfroren
Beim Tone dieser Stimme erhob Richard das Haupt.
„Wer snd Ihr?" fragte er.
„Und wer bist Du? Ich glaube. Deine Stimme zu
kenrren."
 
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