Melbas, Kuntz, be« 24. Imm IM.
Verantwortlicher Redakteur:
Joseph Huber in Heidelberg.
Walter senkte den Blick und entgegnete etwas verlegen:
„Jawohl! Es kam die Rede auf meinen armen Vater;
William Bellenger hatte denselben bei Jessie Verleumder
und da habe ich ihn vertheidigt, was des Sohnes Pflicht
ist!"
Der Alte stöhnte, wie er immer that, wenn von seinem
Sohne die Rede war; dann aber bemerkte er: „Ich freue
mich, daß es nichts Schlimmeres war, daß Du das Ver-
trauen, welches Mr- Graham in uns setzte, nicht dadurch
betrügst, daß Du seiner Tochter den Kopf verdrehst."
Walter war bleich geworden: doch antwortete er nicht
und sein Großvater fuhr fort: „Ich bm alt, Walter, aber
ich habe die Tage meiner Jugend nicht vergisst». Darum
kann ich es sehr wohl begreifen, wenn Du an Jessie Gra-
ham Dein Herz verlierst. Golt segne sie! Sie verdient die
Liebe des edelsten Mannes, und in meinem eigenen Herzen
besitzt sie mit Ellen den besten Platz. Aber für Dich ist sie
nicht geboren, Walter. Ich kenne Mr. Graham bisser, als
Du ihn kennst. Er ist edtt und gut; aber ebenso stolz ist
er, und die Tochter eines Millionärs wird niemals Dich
heirathen, den Sohn eines armen-"
„Halt ein!" rief Walter, indem er die Hand seines
Großvaters ergriff. „Ich weiß ja Alles. Ich weiß, daß ich
arm bin, weiß, was dis Welt von meinem Vaier denkt,
und ich will lieber mein ganzes Leben lang leiden uno
dulden, als zugcben, daß Jessie Graham je unsere Scha- de
theile. Aber wäre mein Vater unschuldig, ich würde nickt
ruhen und rasten, bis ich mir einen Namen erworben
hätte, den selbst Jessie Graham nicht verachten dürste;
denn ich lieb- sie, Großvater, — liebe sie mehr als mein
Leben."
Walter hatte im erregtesten Tons gesprochen, daun trat
er ans Fenster und starrte schweigend in die Nacht hinaus.
Aber der alte Mann schüttelte traurig das Haupt und
sogte leise: „Da ist keine Hoffnung für Dich, mein Kind,
keine Hoffnung für Dich!'
Walter drückte dem alten Mann die Hand und bot
ihm ein „Gute Nacht!" Dann ging er auf sein Zimmer;
er mußte allein sein. Das war der zweite Sturm, der in
wenigen Tagen über die junge Liebe hinwegsauste. ES war
Druck, Verlag u. Expedition:
Gebr. Huber in Heidelberg,
Zwingerftraße 7.
man nicht die Forderungen für unsere Armee gefährden
Stadtverordneter Heimburger konstatirte die erfreu-
lich- Uebereinstimmung all-r Redner in der Beurtheil-
ung des Entwurfs. Daraus gehe hervor, daß man
in der Stellungnahme zum Teßtz sich nicht durch
engherzigen PurtikulariSmuS oder Militärfeindlichkeit
leiten lasse. ES sei versucht worden bei Beurtheilung
dieser Angelegenheit patriotische Gefühle an Stille der
kühlen VerstandeSerwägung zu setzen. Er meine, man
könne Beides miteinander verbinden. Man solle sich
in dieser Angelegenheit vereinigen zu einer Ablehnung
des Gesetzentwurfs und dies der Regierung mittheilen.
Er halte keinen neuen Entwurf für nöthig, da eS
genüge, wenn Sie Behörde sich überzeuge, daß für
gew sie Stellen vorzugsweise Militäranwärter berück-
sichtigt würden. Bezüglich des Patriotismus wolle er
noch bemerken, daß wir die Freiheit der Gemeinden,
diese echt deutsche Einrichtung erhalten wollen, und
dazu müsse uns gerade unser Patriotismus treiben.
Es sprachen noch in kurzen Bemerkungen die Her-
ren Gsell Pfo zheim, Gauthier-Bruchsal, DreeSbach-
Mannheim, Blattner-Konstanz und Habrrmehl Pforz-
heim, worauf die an die Regierung geplante Petition
mit folgendem von Oberbürgermeister Wilck-nS-Heidel-
berg beantragten Schlußsatz:
„Wir bitten das Ministerium, mit allem Nach-
druck dahin zu wirken, daß dieser Vorlage die Ge-
nehmigung versagt w-rde. Sollte aber ein neuer
Entwurf ausgembeitet werden, so ist derselbe so
zellig bekannt zu machen, daß die Gemeinden amtlich
gehört werden können,"
einstimmig angenommen wurde.
Hierauf wurde beschlossen, als Vorort für den
nächsten Städteiag Baden zu bestimmen, und sodann
der diesmalige Srädtetaz durch Herrn Schnetzler für
beendet erklärt.
terung deS städtischen Dienstes. Zu den größten Be-
denken gegen den Entwurf gebe aber der E ufluß
Ar.laß, der den Aufsichtsbehörden den Gemeinden
gegenüber eingeräumt werde. Er sei also der Mein-
ung, daß der Entwurf, wie er jetzt vorliege, für unS
cowplett unbrauchbar sei, und verlange, daß, wenn
neue diesbezügliche Bestimmungen geschaffen würden,
den Einzelstaaten weiter Spielraum gewährt werde,
und daß, wenn ein neuer Entwurf ausgearbeitet sei,
darübkr die Gemeinden gehört würden, aber nicht ver-
traulich, sondern vor der großen Ocffrntlichkeit. (All
gemeine Zustimmung.)
Staütverordnetenvorstand Fulda-Mannheim. Das
Bolksgefühl bäumte sich dagegen auf, daß der Militär-
geist überall Einzug haltet insbesondere der Unter
offizierSgeist. Er bestreite überhaupt die Verfassungs-
mäßigkeit des Entwurfs, da es sich bei demselben um
keine Militärangelegenheit handle. Deßhalb müsse
man auf einem ablehnendem Standpunkt stehen und
sich gegen die Anwendung des Gesetzes verwahren.
Commerzstor-rth Schneider-Karlsruhe hob hervor,
daß jeder Patriot eS wünsche und wünschen müsse,
dem deutschen Heere einen gute» Unteroffizstrstand er-
halten zu sehen. Alle paar Jahre sei es nöthig, daß
wir unsere Militärmacht vermehren, da wir rings
von Feinden umgeben seien. Und dazu sei auch ein
tüchtiger Untsioffizierstand nothwendig. ES sei daher
eine Pflicht auch dafür zu sorgen, daß die Unteroffi-
ziere für ihre späteren Verhältnisse ein Unterkommen
hätten. Gewisse Stellen im Gemeindedieust müsse
man deshalb für sie eimäumen und dazu halte er die
Diener- und Schreiberstellen für geeignet.
Obttbürgerm. Winterer Freiburg: Vor allem wolle
er der wiederholt aufgetauchten Ansicht entgegentreten,
daß die ablehnende Stellung diesem Entwurf gegen-
über ihre Sp tze gegen das Militär- oder den Unter-
off zierstand richte. Es handelt sich vielmehr darum,
die Selbstständigkeit der Gemeinden zu retten. Der
Reichstag habe wahrscheinlich nicht geahnt, was in
dem Bundesrathser.twurf hinzukommen werde. Er fei
der Meinung, daß der BuudeSrath sein Verordnungs-
recht überschritten habe. DaS habe der Reichstag
durch die Annahme des Gesetzes nicht gewollt, auch
nicht de» Zwang, der die Selbstständigkeit der Ge-
meinden erschüttere. Der Auffassung Schneiders, daß
man für die Armee Alles thun müsse, trete er bei.
Durch eine solche Vorlage werde man aber eine andere
Stimmung erzeugen, als die, welche geeignet sei, die
Wünsche für das Heer zu erfüllen. Deßhalb müsse
dieses Gesetz aus der Welt geschafft werden, wolle
IWMMIINIIM'-EMIN ..«WIMM ..> »MMWWEWa-WMWWW,
ein harter Kampf, den Walter zu kämpfen hatte; auf der
eiven Seite stand die aufkeimenve Liebe eines jungen stür-
mischen Herzens, warmes, wonniges Empfinden, das ihr
glücklich durchschauerte — und auf der anderen Seile die
kalte Pflichterfüllung der Ehre und des Gewissens. Sein
Großvater hatte Recht, Jcssie's Andeutungen von heute
Vormittag hatten ihn ja schon daran gemahnt; ja nicht
blos sein Gewissen, nein, auch seine Liebe zu Jessie cebot
ihm, z- entsagen- Durfte er ihr ungetrübtcs Glück mit
seinem Geschick verketten; durste er ihrea fleckenlosen Na-
men trüben mit der Schmach, welche nach der Meinung
der Welt auf seinem Namen lastete? Da waren lie Ge-
danken, welche sich in dem Kopfe des jungen Mannes
umherwälztcn. Jndeß war er gewohnt, und von dieser
Gewohnheit hatte er auch iu seiner Studienzeit nicht ab-
gelassen, in entscheidenden Augenblicken, in Momenten
schwerer Prüfung Goit um seinen Beistand aizvflehen. Er
kniete vor seinem Bette nieder und betete lange und reiche
Thränen rannen dabtt über seine Wangen- Aber als er
ausstand, war sein Grsichtsausvruck ruhig, sein Entschluß
war gefaßt-
Am anderen Morgen fand Jessie, daß ihr jung r
Freund bleich und angegriffen aussehe; er meinte, das
seien wohl die Nachwehen der angestrengten Studien der
letzten Monate. Dann machte er Jessie Mitteilung von
dem Schritte, welchen er heute noch zu thun veabsichttge.
Er wolle an ihren Vater, Mr. Graham schreiben, daß er
das Anerbieten, ihn rn sein Geschäft aufzunehmen, dankbar
annehme, daß er aber dankend und bestimmt es ablehnen
müsse, Aufnahme in die Familie Mr. Grahams zu finde».
Und diese Ablehnung wollte er motiviren mit dem Hinweis
auf sein trauriges Familiengesch'ck- Unter Viesen Unständen
gebiete es ihm Pflicht und Ehre, den untadelhaiten Ruf
der Grahams nicht mit diesem Geschick in Verbindung zu
bringen, glerchzeitig aber auch sei es für ihn selbst erträg-
licher, Gesellschaftskreise zu meiden, in welchen man über
seins Herkunft die Nase rümpfen durfte-
J-sfie kämpfte mit ihrer ganzen Beredsamkeit gegen
die Ausführung dieses Planes, indem sie insbesondere be-
tonte, daß die gestern von ihr erwähnten Möglichkeiten
Deutsches Reich.
* Berlin, 22. Jan. Der „ReichSanzeiger" mel-
dtt:; Dem 2. Bataillon des 1. westphäl. Infanterie-
Regiments Nr. 13 und dem I. Bataillon deS 3.
thüringischen Infanterie-Regiments Nr. 71 werden am
27. Januar neue Fahnen verliehen, deren Nagelung
und Weihe am 27. Jauuar im kgl. Schlosse stattfin-
det. Abordnungen der beiden Regimenter sind zu der
Feier befohlen.
* Stratzburg, 22. Jan. Der kaiserliche Statt-
halter, Fürst zu Hohenlohe-Langenburg gab gestern
Abend in dem ihm vom Kaiser eigenst zur Verfügung
^ir Anstellung von Milttäcanwarlern im
Gemeindrdienst.
Auf dem bad. Slädtetag in Karlsruhe wurde dieser
Gegenstand einer längeren Diskussion unterzogen.
Referent war Oberbürgermeister Schnetzler. Derselbe
eine eingehende Darstellung, die Stellungnahme
bayrischen und württembergischen Gemeinden zu
Ar vorliegenden Frage, die bekanntlich eine ablehnende
A Redner wies darauf hin, daß verschiedene preu-
b'sche Städte um gutachtliche Aeußerungen gebeten
wordea seien. Es lägen Mittheilungen aus 93 Städten
Mit dieser alten preußischen E nrichtung, die
Mn für ganz Deutschland Gütung finden soll, seien
"o Städte zufrieden, 18 hätten an ihx gewisse; aber
Klägliche Mißstände zu verzeichnen, 5 bezeichneten sie
W unerträglich; bei 5 Städten sei di« Antwort un-
Aus ein gen Schreiben gehe hervor, daß einige
«täd'e gezwungen gewesen seien, gegen ihren Willen
Auliiiiranwärtkr anzustellen. Die Frage sii nun die,
Elchen Standpunkt solle man einnehmen? Solle
AchtS geschehen oder solle man zu den Bestimmungen,
A'e sie d-r BundeSrath Vorschläge, Stellung nehmen?
," halte das letztere für geboten. Er sei dec Mein-
es, daß keine Hoffnung vorhanden sei, eine Aufheb
dieses Gesetzes herbeizuführen. ES müßte also
Asiir gesorgt werden, daß die Bestimmungen so ge-
Met würden, daß sie für uns acccptal seien. Das
Men aber die Ausführungsbestimmungen des Bundes-
Ms nicht. Der Entwurf, fo wie er gestaltet sei,
ssl für uns unbrauchbar, weil der Boden, auf den er
^ stütze, bei uns nicht vorhanden sei. Das Gesetz
Walte aber auch einen unerträglichen Zwang, und
^>ge Bestimmungen bedeuteten sogar eine Verschlech-
Das
„Pfälzer Bolksblatt"
Eann schon jetzt für die zwei Monate
Jebrrrav rrnö März
"bonnirt werden. Bestellungen nimmt jede Postaustalt
Wie ursere Expedition in Heidelberg, Zwingerstraße 7,
Wegen.
, Probenummer» werden auf Wunsch gerne Porto-
ei Jedermann zugesandt.
Stolz und Liebe. BL
Dem Amerikanischen nacherzählt.
d, -Arme, unglückliche Frcu uud Mutter! Wie furchtbar
Schicksal, welches Gott Dir auferlegte!" seufzte
is>>!,- und ergr ff Walter's Hand, zog chn zu dem ge-
j^uckten Grabhügel und sie knieten nieder, um dort
,» -Walter!" sagte Jessie sich erhebend, „jetzt verstehe ich
i„'warum Du ost traurig und niedergedrückt bist, die Er-
an ein solches Geschick ist trübe. Aber erhebe
js/w; Deine brave Mutter wohnt über den Sternen uud
lk». n guter Engel; so schweres Leid mit Ergebung se-
nken, läßt Gott nicht unbelohnt."
danke Dir für Deine Trostcsworte; ich fühle,
»in» R-ckt hast. Aber mein armer, armer Vater! Wo
U« er umherirrcn, einsam uud trostlos. O, wenn ich die
" wenigst, ns überzeugen könnte, daß er unschuldig ist,
dl,»? 'w die Schwach von seinem Namen tilgen könnte!
"er außer Tante Debby glauben Alle an seine Schul».
»Von dieser Stunde an darfst Du zwei Personen
welche außer Dir von der Unschuld Deines Vaters
find; auch ich glaube an seine Unschuld. Es hat
iS»»« ""us wohlgkthan, daß Du mir Deine Lebcnsgr-
8 b erzählt hast. William Bellenger wird kein Miß-
w.ehr zwischen Dir und mir säen können," sagte
« me mn Wärme, und Walter drückte ihr mit stummem
^"e Heide Hände.
duk^tMler weile hatten sie das Farn Haus erreicht, vor
deN Thür Mr. Marshall rauchend sas und in Nach-
bersunken, vor sich hinschaute. Tante Debby saß
und als sie nun die B iden erblickte, rief sie
kWsen Doktor neckend zu: „Ei, Walter, wo find denn
Zolltest'/» welche Du von der Weide heimwärts treiben
Aw jungen Leute errötheten.
«y- W spät am Abend außer Mr. Marshall und Walter
sich bereits zur Ruhe begeben Hutten,
der Alte semem Enkel scharf ins Auge: „Walter,
warst heute lange mit Jessie draußen!"
Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- n.
Kkrertage. AbonnrwentSpreis mit dem wöchent-
Men Unterhaltungsblatt „Der Sonntaasbote" für
Heidelberg monatlich bv H mit Trägerlohn, durch
die Post bezogen Viertels. 1.60 franco.
_ Inserate die 1-spaltige Petitzeile oder deren Raum
Organ für Waßrlmi, Freffmt L KM.
" l Rabattbewilligung.
Expedition: Zwingerstratze 7.
Verantwortlicher Redakteur:
Joseph Huber in Heidelberg.
Walter senkte den Blick und entgegnete etwas verlegen:
„Jawohl! Es kam die Rede auf meinen armen Vater;
William Bellenger hatte denselben bei Jessie Verleumder
und da habe ich ihn vertheidigt, was des Sohnes Pflicht
ist!"
Der Alte stöhnte, wie er immer that, wenn von seinem
Sohne die Rede war; dann aber bemerkte er: „Ich freue
mich, daß es nichts Schlimmeres war, daß Du das Ver-
trauen, welches Mr- Graham in uns setzte, nicht dadurch
betrügst, daß Du seiner Tochter den Kopf verdrehst."
Walter war bleich geworden: doch antwortete er nicht
und sein Großvater fuhr fort: „Ich bm alt, Walter, aber
ich habe die Tage meiner Jugend nicht vergisst». Darum
kann ich es sehr wohl begreifen, wenn Du an Jessie Gra-
ham Dein Herz verlierst. Golt segne sie! Sie verdient die
Liebe des edelsten Mannes, und in meinem eigenen Herzen
besitzt sie mit Ellen den besten Platz. Aber für Dich ist sie
nicht geboren, Walter. Ich kenne Mr. Graham bisser, als
Du ihn kennst. Er ist edtt und gut; aber ebenso stolz ist
er, und die Tochter eines Millionärs wird niemals Dich
heirathen, den Sohn eines armen-"
„Halt ein!" rief Walter, indem er die Hand seines
Großvaters ergriff. „Ich weiß ja Alles. Ich weiß, daß ich
arm bin, weiß, was dis Welt von meinem Vaier denkt,
und ich will lieber mein ganzes Leben lang leiden uno
dulden, als zugcben, daß Jessie Graham je unsere Scha- de
theile. Aber wäre mein Vater unschuldig, ich würde nickt
ruhen und rasten, bis ich mir einen Namen erworben
hätte, den selbst Jessie Graham nicht verachten dürste;
denn ich lieb- sie, Großvater, — liebe sie mehr als mein
Leben."
Walter hatte im erregtesten Tons gesprochen, daun trat
er ans Fenster und starrte schweigend in die Nacht hinaus.
Aber der alte Mann schüttelte traurig das Haupt und
sogte leise: „Da ist keine Hoffnung für Dich, mein Kind,
keine Hoffnung für Dich!'
Walter drückte dem alten Mann die Hand und bot
ihm ein „Gute Nacht!" Dann ging er auf sein Zimmer;
er mußte allein sein. Das war der zweite Sturm, der in
wenigen Tagen über die junge Liebe hinwegsauste. ES war
Druck, Verlag u. Expedition:
Gebr. Huber in Heidelberg,
Zwingerftraße 7.
man nicht die Forderungen für unsere Armee gefährden
Stadtverordneter Heimburger konstatirte die erfreu-
lich- Uebereinstimmung all-r Redner in der Beurtheil-
ung des Entwurfs. Daraus gehe hervor, daß man
in der Stellungnahme zum Teßtz sich nicht durch
engherzigen PurtikulariSmuS oder Militärfeindlichkeit
leiten lasse. ES sei versucht worden bei Beurtheilung
dieser Angelegenheit patriotische Gefühle an Stille der
kühlen VerstandeSerwägung zu setzen. Er meine, man
könne Beides miteinander verbinden. Man solle sich
in dieser Angelegenheit vereinigen zu einer Ablehnung
des Gesetzentwurfs und dies der Regierung mittheilen.
Er halte keinen neuen Entwurf für nöthig, da eS
genüge, wenn Sie Behörde sich überzeuge, daß für
gew sie Stellen vorzugsweise Militäranwärter berück-
sichtigt würden. Bezüglich des Patriotismus wolle er
noch bemerken, daß wir die Freiheit der Gemeinden,
diese echt deutsche Einrichtung erhalten wollen, und
dazu müsse uns gerade unser Patriotismus treiben.
Es sprachen noch in kurzen Bemerkungen die Her-
ren Gsell Pfo zheim, Gauthier-Bruchsal, DreeSbach-
Mannheim, Blattner-Konstanz und Habrrmehl Pforz-
heim, worauf die an die Regierung geplante Petition
mit folgendem von Oberbürgermeister Wilck-nS-Heidel-
berg beantragten Schlußsatz:
„Wir bitten das Ministerium, mit allem Nach-
druck dahin zu wirken, daß dieser Vorlage die Ge-
nehmigung versagt w-rde. Sollte aber ein neuer
Entwurf ausgembeitet werden, so ist derselbe so
zellig bekannt zu machen, daß die Gemeinden amtlich
gehört werden können,"
einstimmig angenommen wurde.
Hierauf wurde beschlossen, als Vorort für den
nächsten Städteiag Baden zu bestimmen, und sodann
der diesmalige Srädtetaz durch Herrn Schnetzler für
beendet erklärt.
terung deS städtischen Dienstes. Zu den größten Be-
denken gegen den Entwurf gebe aber der E ufluß
Ar.laß, der den Aufsichtsbehörden den Gemeinden
gegenüber eingeräumt werde. Er sei also der Mein-
ung, daß der Entwurf, wie er jetzt vorliege, für unS
cowplett unbrauchbar sei, und verlange, daß, wenn
neue diesbezügliche Bestimmungen geschaffen würden,
den Einzelstaaten weiter Spielraum gewährt werde,
und daß, wenn ein neuer Entwurf ausgearbeitet sei,
darübkr die Gemeinden gehört würden, aber nicht ver-
traulich, sondern vor der großen Ocffrntlichkeit. (All
gemeine Zustimmung.)
Staütverordnetenvorstand Fulda-Mannheim. Das
Bolksgefühl bäumte sich dagegen auf, daß der Militär-
geist überall Einzug haltet insbesondere der Unter
offizierSgeist. Er bestreite überhaupt die Verfassungs-
mäßigkeit des Entwurfs, da es sich bei demselben um
keine Militärangelegenheit handle. Deßhalb müsse
man auf einem ablehnendem Standpunkt stehen und
sich gegen die Anwendung des Gesetzes verwahren.
Commerzstor-rth Schneider-Karlsruhe hob hervor,
daß jeder Patriot eS wünsche und wünschen müsse,
dem deutschen Heere einen gute» Unteroffizstrstand er-
halten zu sehen. Alle paar Jahre sei es nöthig, daß
wir unsere Militärmacht vermehren, da wir rings
von Feinden umgeben seien. Und dazu sei auch ein
tüchtiger Untsioffizierstand nothwendig. ES sei daher
eine Pflicht auch dafür zu sorgen, daß die Unteroffi-
ziere für ihre späteren Verhältnisse ein Unterkommen
hätten. Gewisse Stellen im Gemeindedieust müsse
man deshalb für sie eimäumen und dazu halte er die
Diener- und Schreiberstellen für geeignet.
Obttbürgerm. Winterer Freiburg: Vor allem wolle
er der wiederholt aufgetauchten Ansicht entgegentreten,
daß die ablehnende Stellung diesem Entwurf gegen-
über ihre Sp tze gegen das Militär- oder den Unter-
off zierstand richte. Es handelt sich vielmehr darum,
die Selbstständigkeit der Gemeinden zu retten. Der
Reichstag habe wahrscheinlich nicht geahnt, was in
dem Bundesrathser.twurf hinzukommen werde. Er fei
der Meinung, daß der BuudeSrath sein Verordnungs-
recht überschritten habe. DaS habe der Reichstag
durch die Annahme des Gesetzes nicht gewollt, auch
nicht de» Zwang, der die Selbstständigkeit der Ge-
meinden erschüttere. Der Auffassung Schneiders, daß
man für die Armee Alles thun müsse, trete er bei.
Durch eine solche Vorlage werde man aber eine andere
Stimmung erzeugen, als die, welche geeignet sei, die
Wünsche für das Heer zu erfüllen. Deßhalb müsse
dieses Gesetz aus der Welt geschafft werden, wolle
IWMMIINIIM'-EMIN ..«WIMM ..> »MMWWEWa-WMWWW,
ein harter Kampf, den Walter zu kämpfen hatte; auf der
eiven Seite stand die aufkeimenve Liebe eines jungen stür-
mischen Herzens, warmes, wonniges Empfinden, das ihr
glücklich durchschauerte — und auf der anderen Seile die
kalte Pflichterfüllung der Ehre und des Gewissens. Sein
Großvater hatte Recht, Jcssie's Andeutungen von heute
Vormittag hatten ihn ja schon daran gemahnt; ja nicht
blos sein Gewissen, nein, auch seine Liebe zu Jessie cebot
ihm, z- entsagen- Durfte er ihr ungetrübtcs Glück mit
seinem Geschick verketten; durste er ihrea fleckenlosen Na-
men trüben mit der Schmach, welche nach der Meinung
der Welt auf seinem Namen lastete? Da waren lie Ge-
danken, welche sich in dem Kopfe des jungen Mannes
umherwälztcn. Jndeß war er gewohnt, und von dieser
Gewohnheit hatte er auch iu seiner Studienzeit nicht ab-
gelassen, in entscheidenden Augenblicken, in Momenten
schwerer Prüfung Goit um seinen Beistand aizvflehen. Er
kniete vor seinem Bette nieder und betete lange und reiche
Thränen rannen dabtt über seine Wangen- Aber als er
ausstand, war sein Grsichtsausvruck ruhig, sein Entschluß
war gefaßt-
Am anderen Morgen fand Jessie, daß ihr jung r
Freund bleich und angegriffen aussehe; er meinte, das
seien wohl die Nachwehen der angestrengten Studien der
letzten Monate. Dann machte er Jessie Mitteilung von
dem Schritte, welchen er heute noch zu thun veabsichttge.
Er wolle an ihren Vater, Mr. Graham schreiben, daß er
das Anerbieten, ihn rn sein Geschäft aufzunehmen, dankbar
annehme, daß er aber dankend und bestimmt es ablehnen
müsse, Aufnahme in die Familie Mr. Grahams zu finde».
Und diese Ablehnung wollte er motiviren mit dem Hinweis
auf sein trauriges Familiengesch'ck- Unter Viesen Unständen
gebiete es ihm Pflicht und Ehre, den untadelhaiten Ruf
der Grahams nicht mit diesem Geschick in Verbindung zu
bringen, glerchzeitig aber auch sei es für ihn selbst erträg-
licher, Gesellschaftskreise zu meiden, in welchen man über
seins Herkunft die Nase rümpfen durfte-
J-sfie kämpfte mit ihrer ganzen Beredsamkeit gegen
die Ausführung dieses Planes, indem sie insbesondere be-
tonte, daß die gestern von ihr erwähnten Möglichkeiten
Deutsches Reich.
* Berlin, 22. Jan. Der „ReichSanzeiger" mel-
dtt:; Dem 2. Bataillon des 1. westphäl. Infanterie-
Regiments Nr. 13 und dem I. Bataillon deS 3.
thüringischen Infanterie-Regiments Nr. 71 werden am
27. Januar neue Fahnen verliehen, deren Nagelung
und Weihe am 27. Jauuar im kgl. Schlosse stattfin-
det. Abordnungen der beiden Regimenter sind zu der
Feier befohlen.
* Stratzburg, 22. Jan. Der kaiserliche Statt-
halter, Fürst zu Hohenlohe-Langenburg gab gestern
Abend in dem ihm vom Kaiser eigenst zur Verfügung
^ir Anstellung von Milttäcanwarlern im
Gemeindrdienst.
Auf dem bad. Slädtetag in Karlsruhe wurde dieser
Gegenstand einer längeren Diskussion unterzogen.
Referent war Oberbürgermeister Schnetzler. Derselbe
eine eingehende Darstellung, die Stellungnahme
bayrischen und württembergischen Gemeinden zu
Ar vorliegenden Frage, die bekanntlich eine ablehnende
A Redner wies darauf hin, daß verschiedene preu-
b'sche Städte um gutachtliche Aeußerungen gebeten
wordea seien. Es lägen Mittheilungen aus 93 Städten
Mit dieser alten preußischen E nrichtung, die
Mn für ganz Deutschland Gütung finden soll, seien
"o Städte zufrieden, 18 hätten an ihx gewisse; aber
Klägliche Mißstände zu verzeichnen, 5 bezeichneten sie
W unerträglich; bei 5 Städten sei di« Antwort un-
Aus ein gen Schreiben gehe hervor, daß einige
«täd'e gezwungen gewesen seien, gegen ihren Willen
Auliiiiranwärtkr anzustellen. Die Frage sii nun die,
Elchen Standpunkt solle man einnehmen? Solle
AchtS geschehen oder solle man zu den Bestimmungen,
A'e sie d-r BundeSrath Vorschläge, Stellung nehmen?
," halte das letztere für geboten. Er sei dec Mein-
es, daß keine Hoffnung vorhanden sei, eine Aufheb
dieses Gesetzes herbeizuführen. ES müßte also
Asiir gesorgt werden, daß die Bestimmungen so ge-
Met würden, daß sie für uns acccptal seien. Das
Men aber die Ausführungsbestimmungen des Bundes-
Ms nicht. Der Entwurf, fo wie er gestaltet sei,
ssl für uns unbrauchbar, weil der Boden, auf den er
^ stütze, bei uns nicht vorhanden sei. Das Gesetz
Walte aber auch einen unerträglichen Zwang, und
^>ge Bestimmungen bedeuteten sogar eine Verschlech-
Das
„Pfälzer Bolksblatt"
Eann schon jetzt für die zwei Monate
Jebrrrav rrnö März
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Wie ursere Expedition in Heidelberg, Zwingerstraße 7,
Wegen.
, Probenummer» werden auf Wunsch gerne Porto-
ei Jedermann zugesandt.
Stolz und Liebe. BL
Dem Amerikanischen nacherzählt.
d, -Arme, unglückliche Frcu uud Mutter! Wie furchtbar
Schicksal, welches Gott Dir auferlegte!" seufzte
is>>!,- und ergr ff Walter's Hand, zog chn zu dem ge-
j^uckten Grabhügel und sie knieten nieder, um dort
,» -Walter!" sagte Jessie sich erhebend, „jetzt verstehe ich
i„'warum Du ost traurig und niedergedrückt bist, die Er-
an ein solches Geschick ist trübe. Aber erhebe
js/w; Deine brave Mutter wohnt über den Sternen uud
lk». n guter Engel; so schweres Leid mit Ergebung se-
nken, läßt Gott nicht unbelohnt."
danke Dir für Deine Trostcsworte; ich fühle,
»in» R-ckt hast. Aber mein armer, armer Vater! Wo
U« er umherirrcn, einsam uud trostlos. O, wenn ich die
" wenigst, ns überzeugen könnte, daß er unschuldig ist,
dl,»? 'w die Schwach von seinem Namen tilgen könnte!
"er außer Tante Debby glauben Alle an seine Schul».
»Von dieser Stunde an darfst Du zwei Personen
welche außer Dir von der Unschuld Deines Vaters
find; auch ich glaube an seine Unschuld. Es hat
iS»»« ""us wohlgkthan, daß Du mir Deine Lebcnsgr-
8 b erzählt hast. William Bellenger wird kein Miß-
w.ehr zwischen Dir und mir säen können," sagte
« me mn Wärme, und Walter drückte ihr mit stummem
^"e Heide Hände.
duk^tMler weile hatten sie das Farn Haus erreicht, vor
deN Thür Mr. Marshall rauchend sas und in Nach-
bersunken, vor sich hinschaute. Tante Debby saß
und als sie nun die B iden erblickte, rief sie
kWsen Doktor neckend zu: „Ei, Walter, wo find denn
Zolltest'/» welche Du von der Weide heimwärts treiben
Aw jungen Leute errötheten.
«y- W spät am Abend außer Mr. Marshall und Walter
sich bereits zur Ruhe begeben Hutten,
der Alte semem Enkel scharf ins Auge: „Walter,
warst heute lange mit Jessie draußen!"
Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- n.
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Expedition: Zwingerstratze 7.