Mlzer Mksblatt
L120.
WeldkU MM, dm 29. Mei 1897.
Nachdruck
»erboten.
Verantwortlicher Redakteur:
Joseph Huber in Heidelberg.
nuno M nrorn ignrn. «>u ,
Mben, den Ausdruck wahrhaft dämonischen Hasst- in den
^u«en. DaS letzte Ausflackern de» purpurnen Lichte- be-
achtete die von bitterem Hohn verzerrten Züge. ES war
Ur ein kurier Augenblick: der Feuerschein erlosch — da»
MUberschloß versank in Nacht. I« Nacht versank auch das
Inende Frauenbild, und aus Anna'- Herzen verschwand
freudige Strahl, der eS durchglüht.
»...Beinahe unwillig riß sie ihre Hände aus denen Tiefen-
M „»Sie bringen mich nun noch um meinen Ruf!„
M Elisabeth gewandt; in seiner
Für den Monat
Juni
Uweu jetzt schon alle Postämter Bestellungen auf die
Mch erscheinende Zeitung
-Pfalzer Bolksblatt"
der wöchentlichen Gratisbeilage „Der Sonntags-
Me",) sowie unsere Expedition Heidelberg
Wivgerstratze 7 entgegen.
Expedition des „PMer Volksblatt".
. Heidelberg, Zwingerstraße 7._
ung des Proletariats eivtreten, fordern die versam-
melten Frauen und Mädchen unbeschränkte Vereins-
und Versammlungsfreiheit für Alle ohne Unterschied
dks Geschlechtes und protestiren gegen die dem Land-
tage vorgelegte Vereinsgesetznovelle als ein Attentat
auf die kümmerlichen politischen Rechte des Volkes."
In einer von sozialdemokratischer Seite einberu«
jenen Studentenversammlung, in der aber
die Studenten die Minderheit bildeten, und die im
Ganzen von etwa 3000 Personen besucht war, kam
es gestern Abend zu lebhaften Auseinandersetzungen
für und gegen die Sozialdemokratie. ES sprachen u.
A. Rechtsanwalt Heine, die Schriftsteller Landauer u.
Katzenstein und Ledebour für und ein Student Becker,
Pastor Werkenthin und mehrere Redakteure gegen die
Sozialdemokratie. Die Versammlung soll in 8 Tagen
fortgesetzt werden.
* Dortmund, 25. Mai. Mit dem Bau des
Franziskanerklosters wird nun, nachdem auch von der
Stadt die Bau Erlaubnis ertheilt ist und alle sonsti-
gen Schwierigkeiten beseitigt sind, begonnen werden.
Der Grund und Boden für die Errichtung der Klo-
ster- nebst zugehöriger Kirche wurde bekanntlich vor
etwa zwei Jahren von dem Gutsbesitzer Wulff in
Dorstfeld geschenkt. Die Propstei-Gemeinde zahlt
den FrauziSkaner-PatreS zum Bau die Summe von
40,000 Mk., die aber nur ausreicht, um einen klei-
nen Theil der umfangreichen Bauwerks im Rohbau
fertigzustellen. Im Uebrigen sind die Patres auf die
Mildthätigkeit angewiesen.
Deutscher Reichstag.
Berlin, 26. Mai.
2. Berathung der Ergänzungen des ReichshauS-
haltsetats pro 1897.98, (Besoldungsverbesserungen in
Verbindung mit dem 1. Nachtrogsetat, Anleihe für
Zwecke der Verwaltung des Reichsheeres, 2. und 3.
Nachtragretat betr. Ärtillerievorlage, Pariser Welt-
ausstellung und Remunerationen im Auswärtigen
Amt.)
Paasche (natl.) berichtet über die Beschlüsse der
Kommission.
Rickert (fr. Vgg.) bringt die Frage der Beamten-
kautionen zur Sprache. Redner empfiehlt die Bildung
einer Beamtenkautionsgenossenschaft. Finanzminister
Miquel habe eine Reform zugesagt. WünschenSwerth
sei ein gleiches Vorgehen deS Reiches.
Staatssekretär v. Posadowsky ist bereit, in eine
Erwägung der Frage einzutreten.
Inserat« die 1-spaltige Petitzeile oder deren Raum
Organ für Malirlmt, Fmlmt H Keilst.
_. _Expedition: Awingerftratze 7.
Deutsches Reich.
k * Berlin, 26. Ma«. D'e Bevollmächtigten zum
^undeSrath und die Mitglieder des Reichtages mit
Hreu Damen, zusammen 375 Personen, werden am
Aaulstag, 29. Mai, auf Einladung deS Komites die
^gemeine Gartenbauausstellung in Hamburg besuchen.
* Berlin, 26. Mai. Der BundeSrath hat in
einer heutigen Sitzung die Mittheilung des Präsiden-
des Reichstages über den Reichstagsbeschluß zu
"em von dem Abg. Rickert und Genossen eingebrach.
M Entwurf eines Gesetzes betreffend dar Vereins-
äsen dem zuständigen Ausschüsse zur Berathung
verwiesen.
. * Berlin, 27. Mai. Die sozialdemokratischen
Dräuen hielten gestern eine von etwa 2000 Per-
Men besuchte Protestversammlung gegen das neue
MeinSgesetz ab. Den einleitenden Vortrag hielt Frau
ö'tkin, welche die Gefahren schilderte, welche der pro-
dorischen Frauenbewegung durch das neue Vereins-
Srsetz drohen, und die Betheiligung der Sozialdemo-
'r«tle an den Landtagswahlen sowie die Einleitung
allgemeinen Agitation zur Beseitigung des Drei-
MssenwahlrechtS empfahl. Folgende Resolution wurde
Uatzt und dem Landtage und der sozialdemokratischen
MchstagSfraktion überliefert:
„In Erwägung, daß die Proletarierinnen als Ar-
Hüterinnen des freien Vereins- und Versammlungs-
echtes bedürfen, um im Kampfe gegen das Unter-
Mmerthum bessere Arbeitsbedingungen zu erringen,
M sie als Frauen bei einem Bestreben, ihre politische
Gleichberechtigung zu erkämpfen, darauf angewiesen
md und seiner auch da benöthigen, wo sie zusammen
^t den Männern ihrer Klasse für die volle Befrei-
r!)
Aidvoll und freudvoll.
Novelle von L.V. Neid egg.
»Nichts habe ich vergessen, gar nichts, Herr Graf!
Uen deshalb sage ich Ihnen, lasse» Sie «ich ruhig meinen
Mg Weiler ziehen... Sie haben e» selbst so gewollt!"
^ise, mit einem schmerzlichen Ausdruck, den fie nicht zu
Zerdrücken vermochte, brachte sie die letzten Worte hervor.
... »Nickt ich, Anna, nicht ich! Hören Sie meine Recht-
'"tignng! Den» . . ."
, »Fräulein Grashoff I" sagte eine harte, scharfe Stimme
ihrer Seite. „Sind Sie hierher gekommen, um den
sUfim Tresenback aufzusuchen? Ich dachte. Ihnen sei be-
Wen worden, Martha abzuholen!"
... Elisabeth war es, die also gesprochen. Stolz aufgerich-
instand fie neben ihnen. Ein verächtliches Lächeln auf den
Agen'.' DaS^letzte Ausflackern' deSPÜr purnen Licht
Achtete die von bitterem Hohn verzerrten Züge. E
ein kurzer Ar ' -
Mberschlotz Vers,
turnende grauende, —-
freudige Strahl, der es durchglüht.
- Beinahe unwillig riß sie ihre Hänl
!,7?? »Sie hringei
"Me sie schmerzlich.
«... Tiefenbach hatte sich z. ---
Fumnie lag etwa» wie Gr-ll und Verachtung, al» er zu
jagte: „In Fräulein Grashoff habe ick eine liebe Be-
aus alter Zeit gtfunde», Ihre Cousine, die Freiin
Neudingen. War Ihnen da- bekannt, Gräfin? Gute
Mt, Anna!" Wie eine Liebkosung klang der Name, als
auzsprack. „Morgen sollen Sie von mir hbren. Gute
Ut, Gräfin Elisabeth!" Er verbeugte sich und trat zur
Mr. Em paar Sekunde» stand Anna wortlos da und
Ute sich, ob die- Alles nicht ein Traum, ob fie es wirk-
N.jei, in der alle diese längst zur Ruhe gesprochenen Em-
Mungen von Hoffnung und Herzensfreudigkeit zu neuem
erwacht seien. Endlich faßte sie sich, die Erinnerung
scheint täglich mit Ausnahme der Sonn- u.
Vertage. NbouuemeutSpreik mit dem wöchent-
jUen Unterhaltungsblatt „Der Sonntagsbote" für
Heidelberg monatlich SV H mit Trägerlohn, durch
>^ie Post bezogen Viertels. 1.60 franco.
Nachiragsetats.
Richter (fr. Vpt.) wird gegen die Erhöhung der
OffizierSbesolduugen stimmen, da die Kommunalbe-
steuerung der Offiziere nicht der Civilbeamten gleich-
gestellt würde.
Graf Roon (kons.) hofft, daß im nächsten Etats-
jahre die Zahlmeister mit einer Zulage bedacht werden
würden.
Werner (Antisemit) stimmt dem zu.
Bassermann (natl.) beantragt die Klasse 27 (Buch-
halter in der Verwaltung deS ReiLSheereS) der Klasse
22 (Geheimsekretäre) mit einem Gehalt von 1800 bis
3300 M. und einer AufrückungSfrist von 12 Jahren
gleichzustellen.
Graf Roon (kons.) beantragt bei Klasse 40(DivisionS-
Pfarrer), die Regierungsvorlage mit einem Maximum
von 4200 M. auzunehmen und den Beschluß der
Kommission, die ein Minimum von 3900 M. ange-
nommen hatte, abzulehnen.
Kriegsminister v. Goßler kann den Antrag nur
dringend befürworten.
Der Antrag Roon wird angenommen. Damit sind
die Anträge für die BesoldungSverbessrrung mit den
angeführten Ausnahmen auf Grund der Kommissions-
beschlüsse erledigt.
ES folgt die Berathung der von der Kommission
hierzu beantragten Resolutionen, 1. in den nächsten
Etat die Besoldungen der Staatssekretäre des Reichz-
marineamts, deS Reichsjustizamts, des Reichsschatzamts
und des Reichspostamts auf je 30,000 M. zu-er-
höhen. 2. Vom nächsten Etat ab Pferdegelder
für die Regimentskommandeure der nicht berittenen
Trvppentheile rc. auszubringen. 3. In den nächst-
jährigen Etats die Fonds für Remunerationen zu
ermäßigen, respektive den Gesichtspunkt möglichster
Ersparung noch im laufenden Geschäftsjahre in An-
wendung zu bringen.
Singer (Soz.) beantragt eine Resolution im Etat
für 1898/99 eine genaue zu spezifizirevde Besold-
ungsaufbesserung der Unterbeamten der Post- und
Telegrrphenverwaltung und der Landbriefträger vor-
zunehmen.
Dr. Lieber (Ctr.) erklärt sich für die Resolution,
desgleichen die Abg. Hasse (utl.) Werner (dtsch. Refpt ),
Beckh (fr. Vpt.) und Benoit (fr. Vgg.)
Die Resolution Singer wird einstimmig ange-
nommen.
ES folgt die Berathung der übrigen Nachtrags-
etats.
-
Nackt in phantastischem Feuerschein ihren Augen borge-
gaukelt — unbarmherzig räumte da» Sonnenlicht mit ihnen
auf. Undenkbar erschien e- ihr nun, daß in Tiefenbach'S
Worten wirklich der Sinn gelegen habe, den fie im ersten
Freudentaumel ihnen beigelegt hatte. Eine »alte liebe Be-
kannte" hätte er in ihr gefunden, so hatte er zu Elisabeth
gesagt. War es wahrscheinlich, daß er in ihr noch etwas
Anderes sah, daß er etwa» Anderes empfand, als de»
Wunsch, fick vor ihr zu rechtfertigen wegen der Kälte, die
er bei dem Unglück ihrer Familie an den Tag gelegt hatte k
War e» überhaupt denkbar, daß der gereifte Mann den
Traum wieder aufnehmen wollte, den schon der Jüngling
al- thöricht erkannt? Die alte Liebe hatte er gewiß längst
überwunden; fie war in seinem Leben doch nur eine Epi-
sode gewesen. Unwillkürlich fiel ihr da- Wort de- englischen
Dichters ein: Manne- Liebe ist im Leben des Mannes
eine Sache für sich — eS ist da» ganze Dasein der Frau.
Stolz richtete fie sich auf. Nem, für sie sollte da« Wort
nicht selten. Ihr ganzes Leben sollte ein Leben-traum nicht
ausfüllen; unverdrossen, wie bither, wollte fie an ihre
Pflichten gehen und ruhig der versprochenen Kundgebung
Tiefeubach's entgegensehen. Dat ihr anvertraute Kind sollt«
jedenfalls nicht leiden müssen unter den Zweifeln, die ihr
Herr bewegten.
Pünktlich, wie jeder Zeit, nah« fie die gewohnte Ar-
beit auf. Noch war e- still i« Hause. Bis auf sie selbst
und Martha hatte» Alle sich spät zu Belte begeben und
ruhten nun au» von de» Vergnügungen und Anstrengungen
der Nacht- Ehe die Gäste, welche in Eber-burg übernachtet
hatten, weggefahre« waren, wurde «- Mittag.
Die LffenSstunde war nahezu herangerückt, als Gräfin
Hollerbruun in da» Studirzimmer trat. An und für sich
war die» spüle Erscheinen der zärtlichen Mutter ein uner-
hörte- Lretgniß, noch ungewohnter aber war der Ausdruck
von Strenge und von Mi߫nth, welcher auf ihrem sonst
so sonnigen Gesicht lag.
»Geh' zu« Papa, Martha I" sagte fie nach der ersten
Begrüßung. »Bleibe dort, bi- ich Dich hole."
lFortsetzung folgt.)
Druck, Verlag u. Expedition
Gebr. Huber in Heidelberg,
Zuringerflraße 7.
an Martha, an ihre Pflichten, kehrte zurück. Leise und
scheu fragte sie: „Elisabeth, wo ist Martha?"
.Nebenan, unter den Eichen!" war die in mürrischem
Tone gegebene Antwort. „Eine» nock, ehe Sie das Kind
aufsuchen: für mich find Sie Fräulein Grashoff, die Gou-
vernante, so lange, bis ich Beweise habe, daß Sie Diejenige
wirklich find, für welche Sie sich ausgeben."
Die Beleidigung glitt spurlos an Anna vorüber; wa»
war ihr jetzt Elisabeth? Ein Wort von Jener konnte fie
nicht verletzen. Ganz andere Worte waren es, die hell und
klar in ihr nachklangcn.
„Ganz wie Sie befehlen," antwortete sie sehr ruhig
und suchte nun den Weg zu den Eichen, unter denen sie
Martha, auf einer Bank fitzend, wirklich antraf. Das Kind
«ar übermüdet; selbst die Schönheit der aus's Neue auf-
steigenden Feuersäulen konnte es nicht länger fesseln. Willig
ließ Martha sich von ihrer Erzieherin fortführen; nach
einigen Minuten waren Beide im Schlafzimmer angelangt.
Eine kurze Weile noch, und das Kind batte sein Abend-
gebet gesprochen und war sanft eingeschlafen.
Anna war zu erregt, um sogleich die Ruhe aufzusuchen.
Lange stand sie noch am Fenster und starrte hinaus in die
Nacht — aber umsonst blitzten die feurigen Lichter vor
ihren Augen ewpor, umsonst tönte au- der Ferne der Klang
der Musik, das Gemurmel fröhlicher Stimmen an ihr Ohr.
Sie sah nicht», als ein Paar dunkler Augen, die mit Innig-
keit aus ihr ruhte», sie vernahm nichts, als die Worte:
„Gute Nacht, Anna!" von treuer, lieber Stimme gesprochen,
ganz so wie damals — in ihrer glücklichen Jugendzeit.
Endlich legte sich der Freudentaumel. Ein Gefühl er-
quickender Ruhe kam über fie; fie sank an ihrem Beite
nieder und Prie» Gott, der ihr, die an irdische Freuden
nicht mehr geglaubt, so viel Glück gesendet hatte. Dann
schlief fie ein, Dankgebete im Herzen.
11.
Nach aufregenden Begebenheiten folgt in der Regel
Abspannung. Al» Anna erwachte, hatte die Seligkeit de»
vorhergehenden Abend» großer Ernüchterung Platz gemacht.
Zauberische Bilder waren es gewesen, die während der
L120.
WeldkU MM, dm 29. Mei 1897.
Nachdruck
»erboten.
Verantwortlicher Redakteur:
Joseph Huber in Heidelberg.
nuno M nrorn ignrn. «>u ,
Mben, den Ausdruck wahrhaft dämonischen Hasst- in den
^u«en. DaS letzte Ausflackern de» purpurnen Lichte- be-
achtete die von bitterem Hohn verzerrten Züge. ES war
Ur ein kurier Augenblick: der Feuerschein erlosch — da»
MUberschloß versank in Nacht. I« Nacht versank auch das
Inende Frauenbild, und aus Anna'- Herzen verschwand
freudige Strahl, der eS durchglüht.
»...Beinahe unwillig riß sie ihre Hände aus denen Tiefen-
M „»Sie bringen mich nun noch um meinen Ruf!„
M Elisabeth gewandt; in seiner
Für den Monat
Juni
Uweu jetzt schon alle Postämter Bestellungen auf die
Mch erscheinende Zeitung
-Pfalzer Bolksblatt"
der wöchentlichen Gratisbeilage „Der Sonntags-
Me",) sowie unsere Expedition Heidelberg
Wivgerstratze 7 entgegen.
Expedition des „PMer Volksblatt".
. Heidelberg, Zwingerstraße 7._
ung des Proletariats eivtreten, fordern die versam-
melten Frauen und Mädchen unbeschränkte Vereins-
und Versammlungsfreiheit für Alle ohne Unterschied
dks Geschlechtes und protestiren gegen die dem Land-
tage vorgelegte Vereinsgesetznovelle als ein Attentat
auf die kümmerlichen politischen Rechte des Volkes."
In einer von sozialdemokratischer Seite einberu«
jenen Studentenversammlung, in der aber
die Studenten die Minderheit bildeten, und die im
Ganzen von etwa 3000 Personen besucht war, kam
es gestern Abend zu lebhaften Auseinandersetzungen
für und gegen die Sozialdemokratie. ES sprachen u.
A. Rechtsanwalt Heine, die Schriftsteller Landauer u.
Katzenstein und Ledebour für und ein Student Becker,
Pastor Werkenthin und mehrere Redakteure gegen die
Sozialdemokratie. Die Versammlung soll in 8 Tagen
fortgesetzt werden.
* Dortmund, 25. Mai. Mit dem Bau des
Franziskanerklosters wird nun, nachdem auch von der
Stadt die Bau Erlaubnis ertheilt ist und alle sonsti-
gen Schwierigkeiten beseitigt sind, begonnen werden.
Der Grund und Boden für die Errichtung der Klo-
ster- nebst zugehöriger Kirche wurde bekanntlich vor
etwa zwei Jahren von dem Gutsbesitzer Wulff in
Dorstfeld geschenkt. Die Propstei-Gemeinde zahlt
den FrauziSkaner-PatreS zum Bau die Summe von
40,000 Mk., die aber nur ausreicht, um einen klei-
nen Theil der umfangreichen Bauwerks im Rohbau
fertigzustellen. Im Uebrigen sind die Patres auf die
Mildthätigkeit angewiesen.
Deutscher Reichstag.
Berlin, 26. Mai.
2. Berathung der Ergänzungen des ReichshauS-
haltsetats pro 1897.98, (Besoldungsverbesserungen in
Verbindung mit dem 1. Nachtrogsetat, Anleihe für
Zwecke der Verwaltung des Reichsheeres, 2. und 3.
Nachtragretat betr. Ärtillerievorlage, Pariser Welt-
ausstellung und Remunerationen im Auswärtigen
Amt.)
Paasche (natl.) berichtet über die Beschlüsse der
Kommission.
Rickert (fr. Vgg.) bringt die Frage der Beamten-
kautionen zur Sprache. Redner empfiehlt die Bildung
einer Beamtenkautionsgenossenschaft. Finanzminister
Miquel habe eine Reform zugesagt. WünschenSwerth
sei ein gleiches Vorgehen deS Reiches.
Staatssekretär v. Posadowsky ist bereit, in eine
Erwägung der Frage einzutreten.
Inserat« die 1-spaltige Petitzeile oder deren Raum
Organ für Malirlmt, Fmlmt H Keilst.
_. _Expedition: Awingerftratze 7.
Deutsches Reich.
k * Berlin, 26. Ma«. D'e Bevollmächtigten zum
^undeSrath und die Mitglieder des Reichtages mit
Hreu Damen, zusammen 375 Personen, werden am
Aaulstag, 29. Mai, auf Einladung deS Komites die
^gemeine Gartenbauausstellung in Hamburg besuchen.
* Berlin, 26. Mai. Der BundeSrath hat in
einer heutigen Sitzung die Mittheilung des Präsiden-
des Reichstages über den Reichstagsbeschluß zu
"em von dem Abg. Rickert und Genossen eingebrach.
M Entwurf eines Gesetzes betreffend dar Vereins-
äsen dem zuständigen Ausschüsse zur Berathung
verwiesen.
. * Berlin, 27. Mai. Die sozialdemokratischen
Dräuen hielten gestern eine von etwa 2000 Per-
Men besuchte Protestversammlung gegen das neue
MeinSgesetz ab. Den einleitenden Vortrag hielt Frau
ö'tkin, welche die Gefahren schilderte, welche der pro-
dorischen Frauenbewegung durch das neue Vereins-
Srsetz drohen, und die Betheiligung der Sozialdemo-
'r«tle an den Landtagswahlen sowie die Einleitung
allgemeinen Agitation zur Beseitigung des Drei-
MssenwahlrechtS empfahl. Folgende Resolution wurde
Uatzt und dem Landtage und der sozialdemokratischen
MchstagSfraktion überliefert:
„In Erwägung, daß die Proletarierinnen als Ar-
Hüterinnen des freien Vereins- und Versammlungs-
echtes bedürfen, um im Kampfe gegen das Unter-
Mmerthum bessere Arbeitsbedingungen zu erringen,
M sie als Frauen bei einem Bestreben, ihre politische
Gleichberechtigung zu erkämpfen, darauf angewiesen
md und seiner auch da benöthigen, wo sie zusammen
^t den Männern ihrer Klasse für die volle Befrei-
r!)
Aidvoll und freudvoll.
Novelle von L.V. Neid egg.
»Nichts habe ich vergessen, gar nichts, Herr Graf!
Uen deshalb sage ich Ihnen, lasse» Sie «ich ruhig meinen
Mg Weiler ziehen... Sie haben e» selbst so gewollt!"
^ise, mit einem schmerzlichen Ausdruck, den fie nicht zu
Zerdrücken vermochte, brachte sie die letzten Worte hervor.
... »Nickt ich, Anna, nicht ich! Hören Sie meine Recht-
'"tignng! Den» . . ."
, »Fräulein Grashoff I" sagte eine harte, scharfe Stimme
ihrer Seite. „Sind Sie hierher gekommen, um den
sUfim Tresenback aufzusuchen? Ich dachte. Ihnen sei be-
Wen worden, Martha abzuholen!"
... Elisabeth war es, die also gesprochen. Stolz aufgerich-
instand fie neben ihnen. Ein verächtliches Lächeln auf den
Agen'.' DaS^letzte Ausflackern' deSPÜr purnen Licht
Achtete die von bitterem Hohn verzerrten Züge. E
ein kurzer Ar ' -
Mberschlotz Vers,
turnende grauende, —-
freudige Strahl, der es durchglüht.
- Beinahe unwillig riß sie ihre Hänl
!,7?? »Sie hringei
"Me sie schmerzlich.
«... Tiefenbach hatte sich z. ---
Fumnie lag etwa» wie Gr-ll und Verachtung, al» er zu
jagte: „In Fräulein Grashoff habe ick eine liebe Be-
aus alter Zeit gtfunde», Ihre Cousine, die Freiin
Neudingen. War Ihnen da- bekannt, Gräfin? Gute
Mt, Anna!" Wie eine Liebkosung klang der Name, als
auzsprack. „Morgen sollen Sie von mir hbren. Gute
Ut, Gräfin Elisabeth!" Er verbeugte sich und trat zur
Mr. Em paar Sekunde» stand Anna wortlos da und
Ute sich, ob die- Alles nicht ein Traum, ob fie es wirk-
N.jei, in der alle diese längst zur Ruhe gesprochenen Em-
Mungen von Hoffnung und Herzensfreudigkeit zu neuem
erwacht seien. Endlich faßte sie sich, die Erinnerung
scheint täglich mit Ausnahme der Sonn- u.
Vertage. NbouuemeutSpreik mit dem wöchent-
jUen Unterhaltungsblatt „Der Sonntagsbote" für
Heidelberg monatlich SV H mit Trägerlohn, durch
>^ie Post bezogen Viertels. 1.60 franco.
Nachiragsetats.
Richter (fr. Vpt.) wird gegen die Erhöhung der
OffizierSbesolduugen stimmen, da die Kommunalbe-
steuerung der Offiziere nicht der Civilbeamten gleich-
gestellt würde.
Graf Roon (kons.) hofft, daß im nächsten Etats-
jahre die Zahlmeister mit einer Zulage bedacht werden
würden.
Werner (Antisemit) stimmt dem zu.
Bassermann (natl.) beantragt die Klasse 27 (Buch-
halter in der Verwaltung deS ReiLSheereS) der Klasse
22 (Geheimsekretäre) mit einem Gehalt von 1800 bis
3300 M. und einer AufrückungSfrist von 12 Jahren
gleichzustellen.
Graf Roon (kons.) beantragt bei Klasse 40(DivisionS-
Pfarrer), die Regierungsvorlage mit einem Maximum
von 4200 M. auzunehmen und den Beschluß der
Kommission, die ein Minimum von 3900 M. ange-
nommen hatte, abzulehnen.
Kriegsminister v. Goßler kann den Antrag nur
dringend befürworten.
Der Antrag Roon wird angenommen. Damit sind
die Anträge für die BesoldungSverbessrrung mit den
angeführten Ausnahmen auf Grund der Kommissions-
beschlüsse erledigt.
ES folgt die Berathung der von der Kommission
hierzu beantragten Resolutionen, 1. in den nächsten
Etat die Besoldungen der Staatssekretäre des Reichz-
marineamts, deS Reichsjustizamts, des Reichsschatzamts
und des Reichspostamts auf je 30,000 M. zu-er-
höhen. 2. Vom nächsten Etat ab Pferdegelder
für die Regimentskommandeure der nicht berittenen
Trvppentheile rc. auszubringen. 3. In den nächst-
jährigen Etats die Fonds für Remunerationen zu
ermäßigen, respektive den Gesichtspunkt möglichster
Ersparung noch im laufenden Geschäftsjahre in An-
wendung zu bringen.
Singer (Soz.) beantragt eine Resolution im Etat
für 1898/99 eine genaue zu spezifizirevde Besold-
ungsaufbesserung der Unterbeamten der Post- und
Telegrrphenverwaltung und der Landbriefträger vor-
zunehmen.
Dr. Lieber (Ctr.) erklärt sich für die Resolution,
desgleichen die Abg. Hasse (utl.) Werner (dtsch. Refpt ),
Beckh (fr. Vpt.) und Benoit (fr. Vgg.)
Die Resolution Singer wird einstimmig ange-
nommen.
ES folgt die Berathung der übrigen Nachtrags-
etats.
-
Nackt in phantastischem Feuerschein ihren Augen borge-
gaukelt — unbarmherzig räumte da» Sonnenlicht mit ihnen
auf. Undenkbar erschien e- ihr nun, daß in Tiefenbach'S
Worten wirklich der Sinn gelegen habe, den fie im ersten
Freudentaumel ihnen beigelegt hatte. Eine »alte liebe Be-
kannte" hätte er in ihr gefunden, so hatte er zu Elisabeth
gesagt. War es wahrscheinlich, daß er in ihr noch etwas
Anderes sah, daß er etwa» Anderes empfand, als de»
Wunsch, fick vor ihr zu rechtfertigen wegen der Kälte, die
er bei dem Unglück ihrer Familie an den Tag gelegt hatte k
War e» überhaupt denkbar, daß der gereifte Mann den
Traum wieder aufnehmen wollte, den schon der Jüngling
al- thöricht erkannt? Die alte Liebe hatte er gewiß längst
überwunden; fie war in seinem Leben doch nur eine Epi-
sode gewesen. Unwillkürlich fiel ihr da- Wort de- englischen
Dichters ein: Manne- Liebe ist im Leben des Mannes
eine Sache für sich — eS ist da» ganze Dasein der Frau.
Stolz richtete fie sich auf. Nem, für sie sollte da« Wort
nicht selten. Ihr ganzes Leben sollte ein Leben-traum nicht
ausfüllen; unverdrossen, wie bither, wollte fie an ihre
Pflichten gehen und ruhig der versprochenen Kundgebung
Tiefeubach's entgegensehen. Dat ihr anvertraute Kind sollt«
jedenfalls nicht leiden müssen unter den Zweifeln, die ihr
Herr bewegten.
Pünktlich, wie jeder Zeit, nah« fie die gewohnte Ar-
beit auf. Noch war e- still i« Hause. Bis auf sie selbst
und Martha hatte» Alle sich spät zu Belte begeben und
ruhten nun au» von de» Vergnügungen und Anstrengungen
der Nacht- Ehe die Gäste, welche in Eber-burg übernachtet
hatten, weggefahre« waren, wurde «- Mittag.
Die LffenSstunde war nahezu herangerückt, als Gräfin
Hollerbruun in da» Studirzimmer trat. An und für sich
war die» spüle Erscheinen der zärtlichen Mutter ein uner-
hörte- Lretgniß, noch ungewohnter aber war der Ausdruck
von Strenge und von Mi߫nth, welcher auf ihrem sonst
so sonnigen Gesicht lag.
»Geh' zu« Papa, Martha I" sagte fie nach der ersten
Begrüßung. »Bleibe dort, bi- ich Dich hole."
lFortsetzung folgt.)
Druck, Verlag u. Expedition
Gebr. Huber in Heidelberg,
Zuringerflraße 7.
an Martha, an ihre Pflichten, kehrte zurück. Leise und
scheu fragte sie: „Elisabeth, wo ist Martha?"
.Nebenan, unter den Eichen!" war die in mürrischem
Tone gegebene Antwort. „Eine» nock, ehe Sie das Kind
aufsuchen: für mich find Sie Fräulein Grashoff, die Gou-
vernante, so lange, bis ich Beweise habe, daß Sie Diejenige
wirklich find, für welche Sie sich ausgeben."
Die Beleidigung glitt spurlos an Anna vorüber; wa»
war ihr jetzt Elisabeth? Ein Wort von Jener konnte fie
nicht verletzen. Ganz andere Worte waren es, die hell und
klar in ihr nachklangcn.
„Ganz wie Sie befehlen," antwortete sie sehr ruhig
und suchte nun den Weg zu den Eichen, unter denen sie
Martha, auf einer Bank fitzend, wirklich antraf. Das Kind
«ar übermüdet; selbst die Schönheit der aus's Neue auf-
steigenden Feuersäulen konnte es nicht länger fesseln. Willig
ließ Martha sich von ihrer Erzieherin fortführen; nach
einigen Minuten waren Beide im Schlafzimmer angelangt.
Eine kurze Weile noch, und das Kind batte sein Abend-
gebet gesprochen und war sanft eingeschlafen.
Anna war zu erregt, um sogleich die Ruhe aufzusuchen.
Lange stand sie noch am Fenster und starrte hinaus in die
Nacht — aber umsonst blitzten die feurigen Lichter vor
ihren Augen ewpor, umsonst tönte au- der Ferne der Klang
der Musik, das Gemurmel fröhlicher Stimmen an ihr Ohr.
Sie sah nicht», als ein Paar dunkler Augen, die mit Innig-
keit aus ihr ruhte», sie vernahm nichts, als die Worte:
„Gute Nacht, Anna!" von treuer, lieber Stimme gesprochen,
ganz so wie damals — in ihrer glücklichen Jugendzeit.
Endlich legte sich der Freudentaumel. Ein Gefühl er-
quickender Ruhe kam über fie; fie sank an ihrem Beite
nieder und Prie» Gott, der ihr, die an irdische Freuden
nicht mehr geglaubt, so viel Glück gesendet hatte. Dann
schlief fie ein, Dankgebete im Herzen.
11.
Nach aufregenden Begebenheiten folgt in der Regel
Abspannung. Al» Anna erwachte, hatte die Seligkeit de»
vorhergehenden Abend» großer Ernüchterung Platz gemacht.
Zauberische Bilder waren es gewesen, die während der