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Pfälzer Volksblatt: Organ für Wahrheit, Freiheit & Recht — 1.1897

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Juni 1897
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Nr. 129
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https://doi.org/10.11588/diglit.42846#0533

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Verantwortlicher Redakteur >:
Joseph Huber in Heidelberg.

kann. In der australischen Colonie Victoria hat man
sich dazu entschlossen. DaS dort im vorigen Jahre
erlassene Fabrik- u. Landengesetz statuirt einen Mindest-
Lohn für jene Industrie««, in denen besonders die
Heim-Arbeit heimiscy ist. Für die in Fabriken, Werk-
stätten oder durch Heim Arbeit erfolgende Herstellung
von Kleidern usw. können durch die Regierung
Sonder-Ausschüsse ernannt werden, die zur Hälfte
aus Unternehmern, zur Hälfte aus Arbeitern bestehen
und für die einzelnen Arbeitsleistungen Mindest-Löhnen
festzusetzen haben. Zur Innehaltung dieser Tarife ist
jeder Unternehmer durch Strafen von 2000 M. ge-
zwungen. Für Heim-Arbeit dürfen nur Stücklohn-
Preise festgesetzt werden. Die Tarife sind in lesbarer
Schrift am Eingang der Werkstätten anzubringen
und jedem Heim Arbeiter auSzuhändigeu. Jede Per-
son, die als Heim-Arbeiter (bet sich zu HauS) «leid-
ungSstücke anfertigt, muß dem Chef-Gewerbe-Inspektor
Namen und Adresse, sowie jede Adressen Aenderung
mittheilen. Die Anzeigen werden durch die Post ge-
bührenfrei befördert. Die Heim-Arbeiter haben de«
sie aufsuchenden Inspektoren alle Fragen über Löhn-
höhe usw. zu beantworten. Frauen dürfen nur von
weiblichen Inspektoren gefragt werden. Freilich
zählt die Colonie Viktoria nur IVi Millionen Ein-
wohner, so daß derartige Gesetze leichter durchgeführt
werde« können als in Staaten von 52 Millionen Ein-
wohnern.

Druck, Verlag u. Expedition
G ebr. Huber in Heidelberg,
Zwiugerftraße 7.

Für den Monat
Zuni
Ahnten immer noch alle Postämter Bestellungen auf die
^Slich erscheinende Zeitung
„Pfalzer Bottsblatt"
svit der wöchentlichen Gratisbeilage „Der Sonntags-
^ste",) sowie unsere Expedition Heidelberg
^vingerstraße 7 entgegen.
Expedition des „PMer VolksblsU".
Heidelberg, Zwingerstraße 7.

Confertionsardeiter-Schuh.
. Die angkküvdigte kaiserliche Verordnung,
Mch welche die Arbeiterschutz-Bestimmungen der ZZ
135 bis einschließlich 139 d der Gewerbe-Ordnung
Arbot der Kinderarbeit, Schutz für jugendliche Ar-
"eiter, Verbot der Nachtarbeit und Elfstundentag für
Erbliche Arbeiter, Gewerbe-Aufsicht usw.) auf die
Derkstätten der Kleider- und Wäsche-ConfektionauSge-
"shnt werden» ist nun erschienen und soll bereits am
Ochsten 1. Juli in Kraft treten. Die Verordnung
Aolgt aus Grund des H 154, Abs. 4, der Gewerbe-
ordnung, wonach die obigen Schutzbestimmungen
Mch kaiserliche Verordnung mit Zustimmung deS
?undesratheS ganz oder lheilweise auf andere Werk-
fMen (als Fabriken) ausgedehnt werden können, doch
Men Werkstätten, in welchen der Arbeitgeber aus-
Mießlich zu seiner Familie gehörige Personen beschäf-
unter diesen Bestimmungen nicht fallen. Dem-
Wäß enthält denn auch die kaiserliche Verordnung
? Beschränkung, daß dieselbe keine Anwendung
Den soll 1. auf Werkstätten, in welchen der Ar-
Mtgrber ausschließlich zu seiner Familie gehörige
Msonen oder nur gelegentlich nicht zu seiner Familie
^hörige Personen beschäftigt, 2. auf Werkstätten, in
i^lchen die Herstellung oder Bearbeitung von Maaren
Kleider- und Wäsche Confektion nur gelegentlich
Dlgr. Im wesentlichen entspricht die Verordnung
D Vorschlägen der Commission für Arbeiter-Statistik,
Mche sie s. Z. nach eingehenden Erhebungen gemacht
ti

Deutsches Reich.
* Potsdam, 7. Juni. Heute Vormittag fand
dar Stiftungsfest des LehrinsanteriebataillonS statt.
Der Feier wohnten der Kaiser und die Kaiserin sowie
die Prinzen und Prinzessin Viktoria Luise bei. Nach-
dem der Kaiser die Front des Bataillons abgeschritten,
folgte der Parademarsch. Die Herrschaften begaben
sich vom Neuen Palais nach den Kolonnaden. Bei
dem Erscheinen derselben spielten die Musikkorps der
hiesigen Garnison „Heil Dir im Siegerkranz." Der
Kaiser brachte ein Hoch auf die Armee, der komman-
Virende General des GardekorpS, General von Win-
terfeldt, ein Hoch auf den Kaiser au», in welches die
Truppen mit dreifache« Hurrah einstimmten, während
die Musikkorps wiederum „Heil Dir im Siegerkranz"
spielten.
* Leipzig, 7. Juni. Zu dem deutschen Journa-
listen- und Schriftftellertage, der heute Abend im
Theatersaale der Krystall-PalasteS eröffnet wird, sind
bisher etwa 600 Teilnehmer aus allen Theilen Deutsch
- > «
„Ab stehst Du! Schon der Gedanke daran bringt Dich
auf. Du wirst mir entgegnen, uoch sei Neudingen nicht
darinn: die Sache könne vielleicht niedergeschlagen werden.
Ich aber sage Dir, ein Mann, wie dieser, entgeht dem
Zuchthause «immer. Erst wird er wie eine Klette an Dir
bangen; er wird Geld fordern unter dem Versprechen,
sich fern zu halten. Wenn er dies verjubelt bat, wird er
wieder kommen und Unterstützungen fordern. Dir und Dei-
ner Frau wird er eine ewige Qual, eine offene schmerzende
Wunde, Deinem Lause eine Schmach sein. — und, hast
Du Kinder, vor diesen eine Demüthigung! Du wirst schließ-
lich den Tag verwünschen, an dem Du diese Erniedrigung
über Dich brachtest."
Tiefenbach lächelte stolz und herausfordernd, was sei-
nen Zügen einen Ausdruck von Kraft und Hoheit verlieh.
„Ich kann Dir nur sagen," entgegnete er, „daß ich dies
Alles mir selbst vorgekellt, Alles wohl erwogen habe und
entschlossen bin, unbekümmert um das Urtheil der Welt,
den Weg zu gehen, den ich als den richtigen erkenne. Ich
werde Anna suchen, und wenn ich sie gefunden, werde ich
sie heirathen. Was kümmert mich Ihres Vaters Thun?
An uus, an Anna und mir, ist es, unsere alten Namen so
zu tragen, daß über unserer Ehrenhaftigkeit Jedermann
die Schmach vergesse, die jener Mann über seine» Namen
gebracht hat. Für unsere Thaten stehen wir voll ein, vor
Gott und vor der Welt — ich will aber nicht die Thorheit
begehen, mich um mein Lebensglück betrügen zu lassen, weil
jener alte Mann, für den mich keine Verantwortung trifft,
sein Wappenschild befleckt hat. So Gott will, wird es mir
gelingen, auch Anna von ihrer krankhaften Ansicht abzu-
bringen und zu der meinen zu bekehren. Hat sie selbst doch
mitten in Elend und Entbehrung ihre makellose Ehren-
haftigkeit sich bewahrt. Wahrlich, wenige wird cs geben,
welche die Feuerprobe des Unglücks so glänzend bestanden,
wie sie."
(Fortsetzung folgt.)

Peidvoll und freudvoll.
Novelle von L-v. Neid egg.
,Das konnten Sie von mir glauben? O, Cousine!"
»Anna sagte mir, sie habe Ihnen geschrieben, um Sie
s,» ihrem unabänderlichen Entschlüße in Kenntnis» zu
M. Eie hat einen eisernen Willen, — von dem, was sie
' recht erkennt, ist sie nicht abzubringen."
.. »Allerdings hat sie mir geschrieben . . . arme Anna,
Lh>e Seele! Hier ist der Brief, lesen Sie ihn, Cousine.
D sind ja in diese Angelegenheit eingeweiht und empfin-
wahre Freundschaft für weine Anna ... Eie sagen,
fester Cntschuß sei gewesen, von hier zu gehen? Wille
Mn Wille! Hätte ich sie nur sehen, hätte ich nur ein
mit ihr sprechen können — sie hätte fick gebeugt vor
Kraft meines entschiedenen Wollens.' — Er reichte sei-
! st Cousine das kurze Briefchen, trat dann an das Fenster,
Mte den Kopf an die Scheiben und sah hinaus in den
Mk, wo der Sturmwind die Bäume bog. Dabei dachte er,
m diesem Augenblick seine Anna, seine Braut, vielleicht
^vochlos umherirren möge.
Der Brief lautete wie folgt:
k »Ich kann Ihre Frau nicht wenden, Robert! Versuchen
M nicht, mich zu sehen und zu sprechen ... Sie würden
schwere Opfer, das ich bringen muß, dadurch zu einem
Azu unerträglichen machen- Meinen festen Entschluß ver-
achte« Sie doch nicht zu erschüttern. Gräfin Loüecbrunn
Wohlthäterin, wird Ihnen sagen, was sich hier zu-
Mgen hat, was eine Ehe zwischen uns unmöglich macht.
W selbst werden Sic nie mehr sehen. Es muß so sein,
MU, glauben Sie eS wir I Tragen wir Beide als gute
Misten dasjenige, was Gott uns auferlegt. Werden Sie
Mljch mit einer Anderen, und seien Sie versichert, daß
s bis zum letzten Athemzuge nicht aushören werde, sür
W zu beten, Ihnen zu danken für den Sonnenschein, den
E m mein Leben gebracht haben. Anna."
tzi, Gräfin Hollerbrunn reichte den Brief ihrem Manne.
r deckte die Hand über die Augen und weinte leise.
-Eie können sich denken, was ich empfand, als ich diese

WMrg, WnerstU, den 10. Im! 1897.
hat. ES gilt vom 1. Juli ab also auch für die
Werkstätten der Kleider- und Wäsche-Fabrikation der
Elfstundrutag der Arbeiterinnen, und alle darf der
Fabrikeu-Jnspektor revidiren. Fraglich bleibt nur,
ob nun nicht die Heimarbeit vermehrt wird.
Dem Reichstag liegt bekanntlich auch ein Eon-
fektionSgesetz vor, daS vorläufig an eine Commissov
verwiesen worden ist. Es will durch Einführung
von Lohnbüchern and Arbeitszetteln eine Sicherstellung
der Arbeiter bewirken. Ferner soll einer Ueberlastung
der Werkstätten Arbeiter dadurch vorgebeugt werden,
daß bie Mitgabe von HauS-Arbeit an Arbeiterinnen
und jugendliche Arbeiter, welche in Fabriken «nd
Werkstätten länger als sechs Stunden täglich beschäf-
tigt sind, durch BundeSraihS-Beschluß verboten werden
kann. Endlich soll im Krankenversicherungsgesetz eine
Heranziehung der Confektionäre zu den Beiträgen
der HauS-Jndustrirllen und Heim-Arbeiter vorgesehen
werden, auch soll die Krankenversicherungspflicht der
Hausgewerbetreibenden außer im Wege der ortSstatu-
tarischin Bestimmungen noch durch BundeSrathS-
Beschluß ausgesprochen werden können. Ob der
Reichstag nach seinem Wiederzusammentritt am 22.
d. M. dieser ConfektionSgesetz noch erledigen wird,
steht dahin.
Wie aus dem Confektionär ersichtlich, hat der
Gesetzentwurf in den Kreisen der Confectionäre Wieder-
spruch hervorgerufen. Der hiesige Börsen-Courier
meint, die Bestimmung, wonach Arbeiterinnen und
jugendlichen Arbeitern Arbeit nicht mit nach Hause
gegeben werden darf, sofern ihre tägliche Beschäftigung
in der Fabrik sechs Stunden übersteigt, könne leicht
umgangen werden. „Der Zwischenmeister braucht in
Zeiten, wo die Arbeit drängt, die Frauen oder
Mädchen nur 5^/i Stunden in der Werkstatt festzu-
halten; dann entläßt er sie und gibt ihnen nach Ge-
fallen und Bedarf die Arbeit mit, und die sozial-poli-
scheu Geheimräthe haben dar Nachsehen." Danach
könnte also künftig die Heim Arbeit, die man be-
schränken will, die Regel bilden und die Werkstatt-
Arbeit die Ausnahme. Die Commission der Reichs-
tages wird dafür zu sorgen haben, daß solchen Um-
gehungen rin Riegel vorgeschoben wird.
Im übrigen läßt sich nicht verkennen, daß bei dem
großen Angebot von weiblichen Arbeitskräften und
bei der Concurrevz, welche verheirathete Frauen und
Beamten-Töchter den Vollarbeiterinnen durch Heim-
Arbeir machen, die Löhne in der ConfektionS-Industrie
immer gedrückte bleiben werden, so lange man sich
nicht zur Einführung von Mindest-Löhnen entschließen
Zeilen las, Soufine! Augenblicklich eilte ich hierher. Ich
dachte nicht anders, als Anna sei noch hier, und hielt es
für undenkbar, daß man sie zu diesem schmerzlichen Scheide-
briefe veranlaßt hatte "
„Ein schöner Brief, ein muthiger, kluger Entschluß!"
bemerkte Graf Hollerbrunn. „DaS Mädchen bat Charakter,
und ihr Gefühl leitet sie ganz richtig. Du thätest am besten,
Robert, wenn Du Dich in ihren Willen fügtest und die
Sache hiermit als abgeschlossen ansähest.'
Mit blitzenden Augen wandte sich Tiefenbach um und
maß den Vetter mit einem entrüsteten Blicke. „Weil sie
edel ist und aufopfernd, meinst Du, ich solle sie in der
Noth verlassen? Hollerbrunn! DaS kann Dein Ernst
nicht sein,"
„Ich meine," sagte der ältere Mann nachdrücklich,
»daß, wer einen alten, unbescholtenen Namen trägt, die
Pflicht hat, jeden Mackel von demselben fern zu halten,
mein Lieber "
„Ja wohl! Ein edler Name gebietet Alles zu meiden,
was unehrenhaft ist; er gebietet, Treue zn üben, der Ver-
lassenen sich anzunehmen, ungerechten Vorurtheilen zu
trotzen. Aus allen diesen Gründen bestehe ich darauf, Anna
zur Frau zu nehmen."
„Halte es mir, dem Verwandten, dem um so vieles
älteren Manne, zu Gute, wenn ich Dich auf das Gewagte
Deines Schrittes aufmerksam mache. Deine Stellung ist
e>ne hervorragende im Lande. Deine Frau verschwindet also
nicht in der Menge. Neidische Zungen werden sich bemühen,
ihre Vergangenheit zn zerpflücken ... Du hast gehört, was
vorhin Elisabeth sagte."
„Ach, was, Elisabeth!" unterbrach ihn Tiefenbach mit
dem Ausdruck unsäglicher Verachtung.
„Elisabeth ist in diesem Fall so aut wie die allgemeine
Meinung," entgegnete Hollerbrunn sehr ruhig. „Sie reprä-
sentirt das Urtheil der Welt. Wie sie, so werden Dutzende
und Hunderte von Stimmen rede». Wirst Du es jederzeit
verwinden können — auch wenn Dem Liebesrausch ver-
flogen ist, als der Mann genannt zu werden, besten Schwie-
gervater im Zuchthause ist?"
„Hollerbrunn!" fuhr Tiefeubach auf.

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