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Pfälzer Volksblatt: Organ für Wahrheit, Freiheit & Recht — 1.1897

DOI Heft:
Oktober 1897
DOI Artikel:
Nr. 226
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https://doi.org/10.11588/diglit.42846#0921

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Pfälzer Volksblatt
KA'tvt titgltch mit Ausnahme der Sonn- u. Suferate die 1-spaltige Petitzeile oder der
Oman für Walickeii, FrMät L KeM. LLLV

Verantwortlicher Redakteur:
Joseph Huber in Heidelberg.

D" heutigen Nummer liegt „Der Sonntags-
E- Nr. 40 bei.

LM'tut titgltch mit Ausnahme der Sonn- u. Suferate die 1-spalttgePetitzeile oder deren Rau»
Oman für Malickert, FrMät L KeM.
Albern monatlich SO L mit Trägerlohn, durch » k Rabattbewilligung.
Post bezogen Viertels. 1.60 franco.

Deutsches Reich.
* Berlin 29. Sept. Die „Nordd. Allg. Ztg."
schreibt: Unter dem sensationellen Titel „Verdreifach-
ung der Brausteuer" brachte die „Voss. Ztg." einen
Artikel, worin an der Hand eines angeblich abschriftlich
vorliegenden amtlichen Aktenstückes, wodurch ein Steuer-
direktor von einer Gewerbekammer ein Gutachten über
die Staffelung der Brausteuer eingeholt hatte, behaup-
tet wurde, eS wäre eine Verdreifachung und Staffe-
lung der Brausteuer im Werke. Wenn ein solches
Aktenstück überhaupt existiren sollte, so ist es jedenfalls
kein preußischer, und es ist selbstverständlich, aus der
Luft gegriffen, daß solche Erhöhungen, Verdoppel»»-
gen und Staffelungen, geschweige denn eine Verdrei-
fachung der Brausteuer maßgebenderseits geplant sind.
Die Lage der Preußischen wie auch der Reichsfinanzen
auch andere Genüsse auf mich, die mir den Besuch der Ka-
pelle zum größte» Vergnügen machten. So oft ich mit mei-
ner Mutter dorthin kam, was regelmäßig an Samstagen,
häufig nach Verabredung an Sonn- und Feiertagen und
jedenfalls am Tage der hl. Anna geschah, trafen wir dort
eine Frauensperson, die zu meiner Mutter Geschwisterkind,
aber um viele Jahre jünger war als diese. Jetzt ist es mir
vollkommen erklärlich, warum diese Verwandte auf mich
einen so großen Eindruck machte; damals aber mag ich
gemeint haben, ihre stattliche Gestalt und ihre ganz außer-
ordentliche Zärtlichkeit gegen mich, ziehen mich so gewaltig
zu ihr hin.
Die Verwandte hieß Anna und ich nannte sie meine
Base; sie war groß und schlank gewachsen, hatte blonde
Haare und blaue Augen und ein blasses Gesicht, auf dem
immer Trauer mit Liebe verbunden lagerte. Sie war gegen
meine Mutter im hohen Grade demülhig. folgte ihr un-
bedingt, was sie freilich ohne Anstand thun konnte, denn
meine Mutter war zwar eine strenge Frau mit einem männ-
lichen Verstände und Entschiedenheit; sie war aber auch in
Hohem Grade fromm und verleugnete in keiner Lage ihres
Lebens ihr unbedingtes Vertrauen auf Gott.
Wenn wir zusammentrafen, drückte Base Anna meiner
Mutter die Land, dann aber umschlang sie mich und be-
deckte mich mit Küssen und verfehlte nie, mich mit irgend
einer kleinen Gabe zu beschenken.
Die beiden Frauen beteten jeweils den Rosenkranz in
der Kapelle, und setzten sich dann bei günstigem Wetter auf
eine Rasenbank vor der Kapelle und führten lange Gespräche
mit einander. So lange diese dauerten, war mir gerne ge-
stattet, mich auf meine Art zu vergnügen. Bald sammelte
ich Blumen, die dann zu einem Strauß gebunden, auf de»
Altar der Kapelle gelegt wurden, bal, befaßte ich mich
damit, Fische, besonder- die sog. Grobbe, mit einer einfachen
Gabel zu fangen, die ich dann meinem Vater bringen durste,
der diese kleinen Fische leidenschaftlich gerne aß.
(Fortsetzung folgt.)

einfandeu. Tausende und Tausende stimmten, wo
früher nur Hunderte gestimmt hatten. Bleibt all' die
Anstrengung ohne Einfluß auf das Wahl-Resultat,
werden die Tausende und Zehntausende überstimmt
von den Hunderten der ersten und zweiten Klaffe,
um so tiefer drückt sich das Brandmal in die Stirne
der Urheber dieses Attentat- auf das Grundrecht des
sächsischen Volkes."
Wir haben in den vorigjährigen Erörterungen
über die geplante Abänderung des sächsischen Wahl-
gesetzrs die Einführung des DreiklasienwahlsystemS
als ungerecht u. unklug bezeichnet. Auch die sächsischen
Cartellparteien, oder „Ordnungsparteien", wie sie
selbst sich nennen, müssen jetzt, so sollte man meinen,
angesichts des Wahlergebnisses wenigstens die Un-
klugheit ihres Vorgehens einsehen. Sie haben den
Ausschluß der Socialdemokratie uicht erreicht. Ob
15 oder 9 Socialdemokraten im sächsischen Land-
tage sitzen, ist für die Abstimmungen ganz gleichgültig.
So hat da- veränderte Wahlrecht nur neue Erbitte-
rung in den Kreisen der Arbeiter erregt, die sicher
auch in den Verhandlungen der Landtages, nicht
zum Nutzen des Gemeinwohles, sich Luft mache»
wird. Werden die „Scharfmacher" der Stumm'schen
Schule aus dieser sächsischen Erfahrung lernen?
ES wäre vermessen, dies anzunehmen. Sicher aber
wird der Ausfall der Wahlen in Sachsen nicht ohne
Einfluß bleiben auf die Entschließungen der Social-
Demokratie bezüglich ihrer Stellung zu den Land-
tagswahlen in Preuße», und zwar wird derselbe
diejenige Richtung stärken, welche der Betheiligung das
Wort redet.

Druck, Verlag u. Expedition - "
Gebr. Huber in Heidelberg,
Lwingrrftraßr 7. "

in n ' Lummeuags iuaue m meinem Marr 1
. viLt AeMratur nach einem Aktenstück; ich fand die-
wohl aber in einem dicht mit allerlei Schriften
;Aie w^I°ä>e ein bestaubtes, starkes Heft, überschrieben:
in Ndüng der Kapelle zur heiligen Anna". Da
Mdep "^ Gemarkung M- ei... .-7.-^
.HM'»,,;? welcher heute noch an den Samftagi
Arien in wobei ich schon oft eine heile»
Mr, vbich das Heft begierig zur Hand,
^wa unsere Kapelle betreffe, über der.
., Sch L'ne dunkle Sage besteht.
N las wsHblatterte dasselbe. Im Eingänge ist er
Ahr I7«a ^don Pater BrnbroS im Kloster E. um's
^dsrea^?v<brieben worden: es ist gewidmet seinem Ju-
E die Pfarrei M., eine ExPositur des Klo-
nnd mit Pater Ambros in diesem Kloster
. °nf bezieht sich das Motto, welches lautet:
hat die Ansänge unserer Jugend gesehen,
M Knon°„^°dre und Tage der Freude! Hier wurden
Kunst und Wissen aufgezogen, hier War der
^MnschÄ?ter löblichen Fortschritte; hier habe ich die
Da di! Aerut und getreulich grlehrt."
selten «uschrist mit der Erzählung sehr weitläufig
Mel fiesere ich aus letzterer nur Auszüge, in
t^berstzMOll, die ich mit Motto versehen habe, die
,pon mir beigesügt nnd aus muern Dich-
""wen find.
1-Die St. AnnaKapelle.
Wer nie sein Brod in Thränen aß,
W" nee die schlummrrlvsen Nächte
Aus seinem Bette weinend saß.
Der kennt euch nicht, ihr himmlischen Mächte,
v 8» di.k. « Goethe.
Pelle kam ich schon in meiner frühesten
"b weine Muttir dorthin begleiten mußte,
' Kit di/Z ui d zwar am Samstag, zu diesem Gnaden-
vtr Kapelle bezeichnet wurde, wvllfahrtete.

M Lokale, Zwingerstraße Nr. 7, auswärts bei
H ^llen Postämtern und Postboten abonnirt

Melders, HmW, dm 3. UMr 1897.
stenS 38 M. entrichten; die dritte Klasse bilden alle
übrigen Urwähler. Jede Abtheilung wählt besonders;
und zwar ein Drittel der Wahlmäuner. Sämmtliche
Wahlen erfolgen durch Abgabe von verdeckten, in ein
verschlossenes Behältviß zu legenden Stimmzettel, in
welchen die zu wählende Person genau bezeichnet
werden muß.
Innerhalb der Sozialdemokratie entstanden nach
Erlaß des neuen Gesetzes lange u. lebhafte AuSeiuander-
sttzungrn über die Frage, ob man unter dem veränderten
Wahlrecht an den Landtags Wahlen sich betheiligen
solle oder nicht. Die Mehrheit entschied für die
Betheiligung. Nur die Leipziger blieben bei ihrem
ablehnenden Stank punkte. Nach der jetzt vorliegenden
vorläufigen Zusammenstellung de- Wahl-Ergebnisses
hat der Erfolg denjenigen Recht gegeben, welche für
die Betheiligung eintraten. Im künftigen Landtage
werden nämlich sitzen: 48 Conservative, 19 National-
Liberale, 5 Fortschrittler, 1 Reformer, 9 Social-Demo-
kraten. Der bisherige Besitzstand war in gleicher
Reihenfolge 43, 16, 6, 2, 15.
Wenn die vorstehende», vom Wolff'schen Tele-
grapheu-Bureau mitgeth ilten Ziffern richtig sind, so
ist das Wahlergebniß ein für die Social-Demokratie
überaus günstige-, günstiger wohl als die größten
Optimisten unter den Social Demokraten erwarte« en.
Der Vorwärts faßt wenigsten» in seiner jüngsten
Nummer die Betheiligung an der Landtagswahl noch
mehr unter dem Gesichtspunkte des Protestes auf
und behandelt praktische Erfolge als zweifelhaft, indem
er schreibt:
„Wenn wir von Leipzig und Umgegend absehen,
wo die Genossen sich aus Gründen, über die wir
«tzt nicht urtheilen wollen, von der allgemeinen Action
erngehalten haben, sind unsere Genossen überall mit
i ielbewußter, kampffroher Begeisterung in die Wahl-
chlacht eingetreten. Und auch diejenigen, welche an
sie Möglichkeit ker Erringung eines Mandates unter
dem sächsischen Abklatsch des „elendesten aller Wahl-
systeme" nicht glauben, erachteten cs als ih>e Pflicht,
den Handschuh aufzunehwen, den die Cartell-Parteien
der Social-Demokratie Sachsens hingeworsen haben,
und dahin zu wirken, daß durch Massenabgabe von
Stimmen rin imposanter Massenprotest gegen die
reactionaire Verkümmerung des Wahlrechts ausge-
sprochen werde. Unsere Genossen waren auf dem
Posten. In Hellen Haufen zogen sie zur Wahlurne —
die Enterbten der „dritten Klasse", die durch die zwei
ersten Klassen mundtot gemacht werden sollen. Massen
waren eS m der That, die zum Massen-Protest sich
Es bedurfte jeweils keiner besonderen Aufforderung,
zu der Kapelle mitzugehen, denn sie übte auf meine Phan-
tasie unv mein Herz eine mächtige Anziehungskraft, die mir
erst jetzt, nachdem ich mit der Geschichte der Kapelle ein-
gewei>.t bi», vollständig erklärlich geworden ist.
Schon die Lage, Umgebung und innere Schönheit der
Kapelle erfüllte mein empfängliches Gemüth mit einer zärt-
lichen Liebe und Sehnsucht. Die Kapelle liegt nämlich am
Schluß eines fruchtbaren Thales, dos sich hier zu schließen
scheint, aus einer Wiese am Fuße eines mit üppigem Buch-
walde bewachsenen Hügels, neben einem Erlenwäldchen
und auf einer Insel. Ein Bach, der von Süden gegen kie
Kapelle zieht, theilt sich oberhalb derselben und während
der eine Arm gegen Nordwest fortläuft, richtet sich der an-
dere zuerst gegen Nordost, biegt sich dann rasch westlich und
vereinigt sich mit dem ersteren, so daß also der Platz wirk-
lich eine kleine Insel bildet, aus die man auf einem stei-
nernen Brückchen gelangt. Das Wasser eines raschen Thal-
baches ist immer hell und birgt viele kleine Fische in sich.
Die Umgebung der Kapelle bildet eine Gruppe pon
Buchen, Linden und Tannen, die durch ihre dichte Belau-
bung ei» Halbdunkel bereiten, in welchem eine Stille und
Ruhe herrscht, die von selbst das Herz zum Gebete stimmt.
Die Kapelle selbst ist von kleinem Umfang, im gothi-
schen Stile erbaut. Während das Langhaus mit einer blaß-
ivtden Farbe angestrichen war, bildete Blau die Grund-
farbe des Chors, dessen Dicke mit vergoldeten Sternen ver-
ziert war.
Hier stand ein niedlicher Altar und auf diesem ein
großes und schönes Gemälde der heiligen Anna, die den
Moment dar stellt, wo sie ihre Tochter als Kind, auf dem
Schooße fitzend, in den 10 Geboten Gottes unterrichtet
und besonders aus das 4. Gebot mit dem Finger hivweist,
das in großer Schrift die Worte enthält: Du sollst Vater
und Mi tter ehren, auf taß Tu lange lebst und es Dir
wohl gehe auf Erden.
Die Stille und Ruhe der Umgebung und die künst-
lerische NuSstattung im Inneren der Kapelle übten schon
bei meiner ersten Wallfahrt dorthin einen mächtigen Ein-
druck aus mein kindliches Temüth, es warteten dort eben

Die sächsischen Landtsgswshlen
l^n nunmehr stattgefunden. Man sah diesen Wah-
Tr größter Spannung entgegen, weil sie auf
lk,z . t'veS neuen Wahlgesetze» sich vollzogen, wel-
bjx «?8ens z» dem Zwecke gemacht worden war, um
,»vzialdemokratie von der Zweiten Kammer fern
sch.Mn. Ma» hatte im Jahre 1896 unter Be-
d,^^ung des früher», lediglich an einen Steuersatz
Di»«» gebundenen Wahlrechtes das preußische
runz Wnsysttm eingefübrt, allerdings unter Milde-
plutokratischen Charakters disfilben.
sind Giundzüge deS neuen sächsischen Wahlrechts
^iine senden. Die Wahlen sind indirekte, ge-
i» »n Die Abgeordneten werden von Wahlmännern
ÄuAMkleisen, die Wahlmänner von Urwällern in
tz,.,, Wirken gewählt. Auf jede Vollzahl von 500
darf « ein Wahlmann treffen. Kein Wahlbezirk
skff ""ter. I5go und mehr alS 3499 Seelen um-
iichen c« " Urwähler zerfallen gemäß ihrer staat-
IiU,. ^ttuud- und Einkommensteuern in drei Abihei-
die Die erste Klosse bilden die Höchstbesteuerte»,
jei>,„!!!! Drittel der Gesawmtsteuersumme entrichten,
über alle Urwähler, die an Grund- und
WH "'""»steuern mindestens 300 M. bezahlen. Die
ftleü befühl aus d«n nächst niedriger besten-
w; "Ehlern, ouf welche die Hälfte des Restes
jrnjg^vuimtsumme entfällt, jedenfalls aber aus den-
an Grund- und Einkommensteuer miude-
Ein Frauenschickssl.
in^°E Aaümittags suchte ich in meinem Pfarrhose zu
ichristen
zur heiligen Anna". Da
eine „St. Anna Kapelle" vol-
len fleißig
ige Messe
um zu
deren Ent-
Eingange ist erwähnt.
 
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