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Pfälzer Volksblatt: Organ für Wahrheit, Freiheit & Recht — 1.1897

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Februar 1897
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Nr. 26
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https://doi.org/10.11588/diglit.42846#0105

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die Hände gearbeitet, während auf allen anderen wirth-
schastlichen Gebieten die StaatSparole lautet: Schutz
dem Mittelstände. So lauge freilich Herr v. Stephan
am Ruder ist, wagen wir auch in dies-r Beziehung
nicht viel zu hoffen.

Deutsches Reich.
* Verti», 31. Jan. Tin kath. Theologe NamruS
Hubert Gerigk in hier hat die Preisaufgabe der juri-
stischen Fakultät der Universität Breslau gelöst. —
Der Reichstags abgeordnete v. Bollmar, (Soz.) leidet
an einem heftigen Wundfieber. Herr v. Bollmar be-
findet sich in Berlin.
* Berlin, 30. Jan. Graf Murawjew traf um
drei viertel 7 Uhr hier ein. Der rusf. Botschafter u.
das Botschaft-personal empfingen ihn auf dem Bahn-
Hofe.
* «erlitt, 30. Jan. Die Vertreter von 151
Zuckerfabriken gründeten heute ein deutsches Zuckir-
syndikat (Gesellschaft mit beschränkter Haftung). Zum
Vorsitzenden des AufstchtSratheS würbe Herr v. Araim-
Gaetenberg, zum Stellvertreter Herr Dr. Preißler,
Direktor der Zuckerfabrik Linden, zum Geschäftsführer
Dr. Hager-Berlin gewählt.
* Berlin, 30. Jan. Heute wurde der Prozeß
Witte Stöcker zu Ende geführt. Stöcker wurde wegen
einfacher Beleidigung zu 500 Mi Geldstrafe verur-
theilt. Verleumderische Beleidigung wurde nicht an-
genommen. Witte ist freigesprochcn worden.
* Aiel, 30, Jan. Heute Mittag um 12 Uhr ging
im Rittersaals des Schlosses die Taufe deS jüngsten
Sohnes des Prinzen Heinrich vor sich, der auch der
Kaiser beiwohnte. Der Prinz erhielt die Namen
Wilhelm, Viktor, Karl, August, Heinrich, Sigismund.
* Kiel, 30. Jan. Graf Murawjew trifft Montag
Vormittag mit dem Staatssekretär Frhrn. v. Marschall
hier ein.
* Miittchea, 30. Jan. Ministerialdirektor von
Oswald, der z. Z. in Berlin weilt, hat dieser Tage
dort einen Staatrvertrag mit Preußen über die Her-
stellung einer Eisenbahnverbindung von Marxgrün
nach Blankenstein abgeschlossen.

Auf das
..Pfälzer Bottsblatt"
immer noch für die zwei Monate
Ilebrrrar rrnö März
*°vnnirt werden. Bestellungen nimmt jede Postaustalt
unsere Expedition in Heidelberg, Zwivgerstraße 7,
"»gegen.
Pr»hermm»«err» werden auf Wunsch gerne porto-
" Jedermann zuge sandt.

reichen General-Anzeiger und auf Kosten der größer»
politischen Blätter, welche häufiger erscheinen, weniger
Anzeigen haben und im Jnteressr ihres Lese-Publikums
mehr aufwendcn müssen als diese. Wie er heißt,
soll ja demnächst endlich ein Reform Entwurf da-
Licht deS Parlaments erblicken; aber die Verleger
der in Betracht kommenden angesehenen deutschen
Blätter werden nach all den Erfahrungen, dir sie bis-
her gemacht haben, gut thun, sich mit Geduld zu
wappnen, zieht sich doch selbst der allgewaltige Post-
meister v. Stephan jetzt schon kleinmüthig hinter Hrn.
Miquel zurück.
Nun Miquel sogar den Schwarzen-Adlerorden er-
halten hat und geadelt worden ist, werden die Rossert-
Minister und Chefs der Reichsämter den Kampf mit
ihm noch weniger gern aufnehmen oder ganz unterlassen.
Herr v. Miquel regiert und herrscht, well er den
Geldbeutel in der Hand hält. Von Herrn v. Stephan
unterscheidet sich Herr Miquel darin, daß er am lieb-
sie» mit Fehlbenägen rechnet, um neue Steuern
herausquetsLen zu können, während jener alljähr-
lich nicht Ueberschüfse genug an die Rrichskasse
abliefern kann. Dafür erhält dqnn Herr v. Stephan
jedes Mal ein huldvolles Schreibe» aus dem Kaiser-
lichen Cabinet, nur wäre zu wünschen, daß mit dem
anerkennenSwerthen Bestrebe» um Vermehrung der
Reichs Finanzen die Sorge um das Wohl der
Post-Unterbeamten Hand in Hand ginge. In
Bezug auf die Sonntagsruhe geschieht dank den be-
ständigen Ermahnungen des CentrumS und nament-
lich des verehrten Veteranen der Partei, deS Abge
ordneten Lingens, nuu wohl etwas mehr, aber die
Klagen sind noch keineswegs verstummt, dagegen
sind in Bezug auf die Gehaltsfrage noch viele berech-
tigte Wünsche unbefriedigt, obwohl der Reichstag mit
Freuden seine ZustiwMng gäbe, wenn eine entsprechende
Gesetzes Vorlage an ihn heranträte. ES ist bezeichnend,
daß die Unterbeamten derjenigen BetriebS-Verwaltuugen,
welche die meisten Gelder an die Reichs- bzw. Staats-
Kasse absühren, am schlechtesten bezahlt sind, der Post
und der Eisenbahn-Verwaltung. Was wir vom
Zeitungs Standtpuvkt auch lebhaft beklagen, ist die be-
dauerliche Thatsache, daß sich die ReichSpost-Berwaltung
noch immer nicht hat bereit finden lasse», die Ge-
bühren für Zeitungs Telegramme herabzusetzen, ent-
sprechend dem Vorgang in anderen Culturstaaten.
Wer bei uns billige ZeitungS-Trlegramme beziehen
will, muß ein sehr reicher Mann sein, d. h., er muß
sich eine besondere Leitung miethen — dem Groß-
capitalismuS in der Pr.-sse wird auf diese Weise in
wir wie Bruder und Schwester find, wird sie sich schon
beruhigen."
JefiieS Stimme zitterte, und diese Wahrnehmung er-
füllte Walter mit Entzücken. S"gte sie ihm nicht, daß er
dem schönen Mädchen, welches da erröthend und mit nie-
dergeschlagenen Augen vor ihm stand, vielleicht doch et-
was me br als ein Bruder sei?
-Jesfie, Jesfie!" rief Mrs. Bartows Stimme vom
Hause her.
.Also, Walter, ich rechne darauf, daß wir uns in
nächster Zeit in Newhork Wiedersehen. Alsdann werde« wir
alles Weiler« verabreden." Und als wollte sie sich selbst
Muth einfprechen, fügte sie, ins Hau- hinemeilend, hinzu:
.Nun, nur nicht so trübe drein geschaut, Walteri Der
alte Gott lebt noch. Und wenn Menschen auseinander
gehen, so sagen sie: auf Wiedersehen l"
»Auf Wiedersehen !" sprach Walter vor sich hin. »Aber
welches Wiedersehen; cs wird der Natur gleichen, über
welche alsdann die kalten Nordwinde mit ihrem alles er-
starrenden Hauche gefahren sei» werden."
Drinnen wurden die letzten Vorbereitungen zur Abreise
getroffen. Tante Debby war überaus besorgt, daß ihrem
Lieblinge auf der Reise nichts fehle. Der Wagen fuhr vor,
welcher die Gäste aufnehmen sollte: da- weckte Walter aus
seinem Brüten auf.
Mrs. Bartows war nach kurzem Gruß schon einge-
stiegen und auch Jessie beeilte sich nun, von den Freundea
Abschied zu nehmen- Walter hielt ihre Hand einen Augen-
blick fest und fein Auge zeiate tiefe Wehmuth. Jessie konnte,
als sie dies sah, ihre Thränen kaum verbergen, aber sie
ließ denselben erst freien Lauf, als sie Ellen umarmte. Die
beiden jungen Mädchen liebten sich zärtlich und weinten
bitterlich; Jessie wegen Ellens und Walters — Ellen we-
gen Jessie und wegen des Manncs, der in nicht ferner
Zeit zu ihr zurückzukehren versprochen hatte.
.Was soll ich William Vs« Dir sagen?" frug Jessie,
indem ,sie sich zum Wagen hiaauslehnte und in Ellens
bleiches Gesicht blickte.
Von dem Ahornbaume raschelte ein falbes Blatt her-
nieder und fiel auf Ellen- Laar. Sie warf cs zu Boden

Derttscher Reichstag.
Berlin, 30. Januar.
Fortsetzung der zweiten Berathung des Etats der
Reichspost- und Telegraphen - Verwaltung. Titel
S taatssekretär.
und antwortete traurig: «Sage ihm, die Blätter finge»
an zu welken." „ , . ,
.DaS ist eine seltsame Botschaft, aber fie spricht die
Wahrheit," dachte Walter, und als der Ommbns fort
und er ins Hau- zurückgekehrt war, fühlte er, daß für ihn
weit mehr als die Blätter der Bäum: verwelkt waren -
daß die Blütheu der Hoffnung, die er m semem Herzen so
lange genährt, nun unter der Kälte ersterben mußten,
welche Mode und Klassenunterschied in der Welt verbreiten.
7. Kapitel.
So sind die Menschen.
Bei MrS. Reeves, der Gewaltigen, war großes Fest.
Schon seit Wochen-Hatte man in der Gesellschaft davon ge-
sprochen und mehr wie einer der Vorübecgehmden blieb
trotz der schaden Februarkälte am Hause stehen, um wenig-
stens einen Blick in die verschwenderisch ausgeschmückte
Vorhalle oder auf dis glänzend erleuchteten Fenster zu
Wersen, Himer denen die Gäste in fürstlicher Weise bewir-
thet und unterhalten wurden. In später Stunde kamen
auch Mrs. Bartows und Jesfie an. Walter begleitete sie,
denn Mrs. Graham hatte ihn gebeten, ihr Beschützer zu
sein, und Walter hatte seit seiner Ankunft in der Stadt
noch jedem Wunsche entsprochen, den sein väterlicher Freund
geäußert.
Mr. Graham war anfangs sehr überrascht gewesen,
als Walter ihm mitgetheilt hatte, er ziehe vor, nicht in
seinem Hause zu wohnen; als aber Jesfie ihrem Freunde
Recht gegeben und auch die Gründe, welche ihn bestimmt,
dem Vater mitgetheilt, hatte dieser, welcher den edlen
Charakter Walters kannte, weiter keine Einwendungen ge-
macht. Freilich hatte er bei der Gelegenheit in Je>fics Auge
mehr gelesen, als fie gedacht — daß nämlich Walter seinem
einzigen Kinde nicht gleichgültig sei. Doch war er dadurch
weder überrascht noch auch unangenehm berührt worden.
Vielmehr hatte er Walter nicht nur vom ersten Augen-
blicke an mit einer liebevollen F kundschaft behandelt, die
denselben mit Staunen und Dankbarkeit erfüllt, sondern-
der junge Mann wär auch von ihm nicht als einfacher
Beamter des Hauses, sondern als Kompagnon des <Se

ffchttui liigNch mit Ausnahme 'der Sonn- n. Inserat« die 1-spaltige Petitzeile oder deren Raum
Maae. *»o«»e».vt«prei» mit dem wöchent- 10^, ReklamellbL,. Für hiesige Geschäfts-und
-ir^Erhaltungsblatt .Der Sonntagsbote" für s ÜL Privatanzeigen, sowie für Jahres-Anzeigen bedeutende
Helberg monatlich »v H mrt Trägerlohn, durch ' Rabattbewilligung.
^dre Post bezogen viertelj. 1.60 franco. Expedition: Zwingerstraße 7.

Der Etat der Neichspost-Verrvaltung
Aht jetzt im Reichstage zur Berathung, und dabei
Aden dann d ie alten Klo gen vorgebracht, für deren
Atveisuvg die Vertreter dcS Reich-Postamts die alten,
widerlegten Gründe anführen. So geht es
^ahr um Jahr, gettzon wird nichts; in diesem Ber-
i MtuncSzwtige ist alles in'- Stochen gerochen, und
M schöpferische Gedanke scheint erstorben. Die
Akgrauim- und Telephon-Gebühren werden nicht er-
! ,Wgt, weil angeblich dann ein bedeutender Fehlbe-
entstehen würde, obwohl die Erfahrung lehrt,
M jede Verbilligung des Verkehrs zu einer stärker»
Nutzung der getroffenen Einrichtungen führt und
^zufolge den Au-foll leicht wieder einbringt und in
Regel sogar die Einnahmen bedeutend steigert.
du Geschichte deS Eisenbahnwesens liefert dafür den
Beweis. Von einer Herabsetzung des Stadt-
M-Porto'S ist keine Rede, obwohl in Berlin die
, I'välbtsöi derungSanfialten mit ihren billiger» Porto
- ? Ersten Geschäfte Machen. Nicht einmal die AuSdehn-
»! "er Gewichtsgrenze auf 20 Gramm für einen ein-
Brief wird zugestanden eine Maßregel, die ge-
1 V l den kleinen Leuten zu gute kommen würde. Der
st Mkttr und Kaufmann, welcher eine ausgedehnte
k U^spoudenz unterhält, weiß sich schon zu helfen, in
K , Gvntor ist eine Briefwage, während sie in dem
wd*S kleinen Manne- eine Seltenheit ist. Auch
«- der Aurwahl der Popiersorten sehen sich die Ge-
w M°ute schon vor, um die Gewichtsgrenze nicht
s» »derschreiten. Wie lange warten schon die deut-
M Verleger auf eine angemessene Reform deS Post-
, N"ug-tarifS, der in feincr jetzigen Gestalt nichts
I bedeutet als eine Bevorzugung der inseraten-
-Msund MSe. ».L-
! Dem Amerikanischen nacherzählt.
! wirst doch bald - nach Nsnyork kommen, nicht
sie ? suktr sie halb fragend, halb bittend zu Walter, als
bor 8" uach d'm Frühstück sinnend unter dem Nhornbau«
Lausthür allem stehend fand.
st Ton ihrer Stimme war weich. Walter fuhr zu-
st Iick,Lfi und als er schwermüthig in das schöne jugend-
t W Mütchenantlitz schaute, ergriff ihn ein wilder Schmerz.
«dd Lalltet seinen Gefühlen, erfaßte er ihre Hand
° 'chaute >hr tief in die Augen.
töm- Zullte eS nicht bester sein für Dich und für mich, ich
nicht nach Ne»York? Es wird sonst noch Wohl
l TetU.Wrlt ein einsames Plätzchen geben, wo ich mein
l "UZ, w>t Ergebuno tragen kann."
I,t »Elter, wie kommst Du zu dieser bei Dir ungewöhn-
bib-U. StnrxSSvdeiung? Hot sich etwas ereignet »aS Du
st »Du «^imlichft? fragte fi-mit ängstlicher Besmgniß.
' NL? »lhst blad und angegr sten ouS, als hättest Du einen
UkU Kuben Schmerz gehabt. O, Walter, gewiß wirst Du
b ' ^e^bork kommen!"
Walte, aistwortete nicht sogleich.
tzu«!^u haft ja meinem Vater bereits zuge'agt," fuhr
.und er freut sich von Herzen auf Derne An-
l Nicki V« ,5 Mrde eine Aenderung in diesen Dispositionen
vergehen."
»Ui^sklleicht denkt Dein Vater heute anders als früher,"
, UibA"kte Walter. Mnd erst Deine Großmutter I Ihr Be,
Hein»mich hat mir den Gedanken nahe g«legr
ktim-^Wtwuen noch in dü fim Augenblicke z» ändern,
wo«lick wäre."
1 kli'o w die Großmutter," erwiderte Jessie beschwichti-
Sreunk!? ^sier als ihr Ruf. Ihre unglückliche, von ihrer
, aäivo sA Riis. Reevis, ernährte Eitelkeit verleitete fie zu
st Uldaz^u"'chlen Thun. Viilleicht hat fie Dir gar gestern
s^'N grredti, während ich glaubte, sie finde Ge-
i dilw E Tw? Sie ist immer ängstlich und aufgebracht.
bewand mich nur ar sieht. Aber wenn fie findet, daß

Verantwortlicher Redakteur:
Joseph Huber in Heidelberg.
l
MIberg, 2
MW, dm 2. Mmr 1897.
Druck, Verlag u. Expedition
Gebr. Huber rn Herdelberg,
Lwingrrstraße 7.
i. I»S

l' Volksbktt.
 
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