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Pfälzer Volksblatt: Organ für Wahrheit, Freiheit & Recht — 1.1897

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Januar 1897
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Nr. 16
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https://doi.org/10.11588/diglit.42846#0065

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die Post bezogen viertelt, l.W franco._ _ Expedition: Zwingerstratze 7.
I«.,7»777bDmeMT de« A. Imar 1897. i. I-W

Solche Nachrichten sind nur geeign
«erksamkeit Spaniens von derjenigen M

ie
^'ber die Schwelle des Elternhauses zu überschreiten.
' -----. xzn ihren

Die Hintermänner -es Philippinen-
Aufstandes.
In dem spanischen Militärblatte Ejercito Espannol
M die Behauptung aufgctaucht, die aufrührerische
Anregung auf den Philippinen werde von drei in
Manila wohnenden Deutschen geleitet. Die Verfchan-
Hungen der Rebellen seien nach alt m deutschem System
^vr-struirt. Consul Möllendorf habe der spanischen
Regierung dieses mitgetheilt. Wenn auch nicht mit
Diesen Einzelheiten, so ist die Behauptung von einer
deutschem Betheiligung schon Monate alt; die stets so
dienstbeflissene französische Pr-ffe, wenn eS gilt, die
Spanier gegen Deutschland zu verhetzen, hat sie ba-
Uials mit Erfolg in die Welt gesetzt und den Spaniern
bewiesen, wie ein großes Recht sie hätten, seit dem
< Karotin er streit gegen Deutschland mißtrauisch zu sein.
3a, es wurde sogar die „aufrichtige" Besorguiß auS-
llesprochen, Deutschland wolle sich der Philippinen
bewächtigen.
. Wäre es wahr, daß Deutsche den Aufstand leite-
ten, dann hätte die spanische Regierung längst Be-
schwerde erhoben, wären es aber in Manila ansässige
Deutsche, so hätte Deutschland ihnen gewiß keinen
Nationalen Schutz gewährt und die spanische Regier-
ung sich ihrer ruhig bemächtigen lösten. Daß erst
rin deutscher Consul den Spaniern ihre
Agusaugen über die angebliche deutsche Leitung des
Ausstandes geöffnet haben sollte, ist ferner ganz un-
bwhischeiulich, ja es hört sich komisch an; die Spa-
rer hätten längst von der Sache Wind gehabt, und
Arm etwas daran wäre, sich ihrer Feinde versichert.
Sb man vielleicht als Basis des Gerüchts di« That-
wche benutzt, daß der kürzlich als Seele deS Ausstan-
des Hingerichtete Dr. Rizol Beziehungen zu Deutsch-
«and hatte, wo er seiner Zeit länger studirte?
Solche Nachrichten sind nur geeignet, die Auf-
Atksamkeit Spaniens von derjenigen Macht abzulru-
A, die thatsöchlich auf die Philippik en speculirt, wo-
Hw ihr durch die Erwerbung Forwosa's als Sieges«
Preis aus dem letzten Kriege mit China eine Brücke
.gebeut ist. Wir meinen Japan. Diesem Lands
lst seit seinem Siege über China und namentlich auch
Ai seinem industriellen Aufschwünge, der eS fast selbst-
ständig macht, das Großmachtsgefühl ganz bedeutend
gewachst,, und damit auch das AuSdehnungsgelüst, zu
dessen Befriedigung die Annexion der Halbinsel Liao
Dong dienen sollte, die Erwerbung Formosa'S that-
sächlich diente. Schon lange hat den Japanern die
furchtbare Inselgruppe der Philippinen in die Augen

SloH un- «Ät°n>.
16) Dem Amerikanischen nacherzählt.
Du kennst die alte, halb verfallene Billa drüben
äM. Berae. Dorthin kam einst in einem schönen Sommer
Peine Mutter. Sie war mit einer befreundeten Familie
Mausgekommen, die das Haus für den Sommer gemiethet
' Ache. Mixe Mutter mutz sehr tugendhafl und schön ge-
wesen sein; wenigstens dachte mein Vater so; denn leder
Mige Augenblick fand ihn an ihrer Seite. Er war arm,
Wahrend Ellen Belicnger reich war; aber ihre Seile war
^u grotz und edel, um einen fleitzigen jungen Mann ge°
ringer zu schätzen, als einen reichen. Sie liebte meinen Va-
ter und er erwiderte ihre Liebe. Sie verlobten sich und
bann Wollte er, um alle unehrenhafte Heimlichkeit zu Per-
Pkiden, an ihre Eltern darüber schreiben. Aber sie bat ihn
oavon abzustehen. Sie wußte, wie stolz ihre Verwandten
waren und daß dieselben nicht zögern würden, mit allen
Mitteln dos Vcrhältn.ß zu brechen. Deshalb begaben sich
Beide insgeheim nach Newyork, wo sie getraut wurden.
Natürlich waren die Bellengers darüber außer sich; fv
tagten sich von meiner Mutterlos und verboten ihr, ,e
wais wnoer die Schwelle des Elternhauses zu ür
«der die Grausamkeit fistelte sie noch inniger
Gatten, der sie, ebenso wie die ganze Familie, anbetete.
Damals war oas Glück in unserm Hause zu finden. Mein
Bater war ängstlich bemüht, daß sie keine ihrer früheren
BtquemllchkeittN entbehren mutzte, und ich habe von mei-
nem Großvater gehört, daß er für kostbare,Luxusgegen-
stande manchmal mehr Geld ausgab, als cs sich mit fernen
Verhältnissen verrrug. Auch diese Lage besserte sich. Der
arte Graham drin Großvater halle eine Bank in Dcer-
Wood. Dein Vater war Kassier und der meine vausoer-
walter. Ms solcher, und weil er das volle Vertrauen fernes
Herrn besaß, war er im Besitz; aller Schlüssel des ganzen
Geschüjls. L>re waren gute Freunde, Richard Graham und
«erh Marshall — ja. mon verglich sie sogar mit David
und Jonathan. Emst kam in unjerm Halste erne große
Rechnung über mancherlei Sachen an, die mein Vater für

gestochen, und in derselben Weise, wie die Vereinigten
Staaten von dem kubanischen Aufstande Vortheile er-
hoffen, hofft Japan bei dem Philippinenaufstande im
Trüben fischen zu können.
Die Untersuchung gegen eine Reihe jetzt bereits
Hingerichteter Theilnehmer an dem Aufstande hat in
dieser Beziehung interessantes aktenmäßiges Material
ergeben. Die beschlagnahmten Aktenstücks und die von
mehreren Gefangenen gemachten Geständnisse enthüllten
die geheimen Beziehungen der Aufständischen zu Japan.
Die japanischen Minister und andere einflußreiche
Persönlichkeiten werden beschuldigt, die Aufständischen
durch Versprechungen ermuthigt zu haben, wenn der
Aufstand ernstere Verhältnisse annehmen sollte. Rojas
hatte 3000 Musketen und starke MunitionSvorräthe
von Japan eiugeführt. Alle Augeschuldigteu haben
sich in regem Briefwechsel mit Flüchtlingen u. Gön-
nern in Japan befunden.
Dem Madrider Jmparcial sind darüber ausführ-
liche Meldungen schon auf dem Drahtwege zugegan-
gen, und das Blatt schließt daraus, daß Japan „mit
einer verletzenden Doppelzüngigkeit vorgegangen ist;
denn zu derselben Zeit, wo cs der spanischen Regie-
rung daS von den Separatisten gesandte Gesuch um
Unterstützung ausbändigte, verhandelte eS mit jenen
und verlangte von ihnen, daß der Aufstand in mög-
lichst großem Umfange auf einmal ausbrechen müsse".
Aus den Akten geht hervor, daß der Aufständischen-
Führer Rojas 3000 Gewehre in Japan kaufte und
ein Beglaubigungsschreiben für den Vertrauensmann
dec Aufrührer, Cortes, welcher in Japan weilte, aus-
stellte, um über die Hülfe J-panS und Waffenliefer-
ungen weiter zu verhandeln. Cortes schrieb, daß er
mit dem japanischen Minister des Aeu
ßern gesprochen und daß dieser Bürgschaften
fürdenErfolgdesAufstandesverlangt
habe. Luch habe er nach den finanziellen Mitteln
grfragt, womit die Zahlung des möglicher Weise zu
liefernden Kriegsmaterials sicher zu stellen fei. Cortes
habe zuerst alle Renten feines über große Reichlhümer
verfügenden Auftraggebers Rojas ang-boten und, als
man keine persönliche, sondern eine nationale Bürg-
schäft gewünscht, habe er die schon für Revolutions-
zwecks eingegangenen Summen und den Erlös aus
den später ein zuziehenden Staats- und
Kirchen-Gütern versprochen. Auch sei die A b-
tretung einer Insel des Archipels, z. B. Min-
doro, an Jcpan für die zu leistende Hülfe in Aus-
sicht genommen worden. Der Minister habe geant
wortet, man solle für Juli alles vorbereite», dann

sein junges Werb gekauft hatte, und in derselben Nacht
wurde die Bank um mehr als tausend Dollars bestohlen."
„O, Walter, wie konnte er das thun?" rief Jessie,
nach immer unter dem Eindrücke der Mittheilungen Willi-
ams stehend.
„Höre mich erst zu Ende," fuhr Walter fort. „Me n
Vater war so unschuldig wie ich, der damals noch nicht
geboren war. Damals lebte in unserer Gegend ein gut-
müthiger, aber etwas verkommener Mensch, Heyward mit
Namen. Obwohl Niemand wußte, woher er seine Existenz-
mittel nahm war er stets wohl gekleidet, reiste viel, Und
ging überhaupt verschwenderisch m.t dem Gelds um, wenn
er welches hatte. Niemand erwartete etwas Böses von
rhm; er sei zu dumm dazu, sagten die Leute. Seiner Gut-
müthigkeit wegen war er überall gut gelitten und als er
an jenem Abend, offenbar betrunken, an unser Haus kam
und um ein Unterkommen bat, wies mein Großvater ihm
ein Zimmer an, dessen eine Thür direkt in den Hausgang
führte. Am folgenden Mcrgen noch batte er, wie es schien,
seinen Rausch nicht aüsgeschläsen. Dein Vater brachte die
Nachricht von dem Raube, und während er genauere Mit-
theilungen machte, wars er meinem Vater fortwährend
forschende und argwöhnische Blicke zu, namentlich dann,
als meine Mutter arglos dazwischenricf: Die Räuber
scheinen auch hier im Hause gewesen zu sein- Diese Nacht
erwachte ich, und da ich merkte, datz mein Mann nicht Sa
war, rief ich nach ihm; sogleich kam er zu mir und sagte,
er babe ein Geräusch im Hause gehört, das ihm verdächtig
zu sein scheine.
„Als Mr Graham dies Hörle, wechselte er die Farbe,
und indem er auf die Schuhe meines Vaters deutete, die
am Ofen standen, fragte er ihn : „Woher der Schmutz an
Deinen Schuhen, es hat doch gestern Abend nicht geregnet?"
„Er hatte Recht. Erst gegen-zwölf Uhr in der Nacht
war Regen gekommen, so daß die Schuhe noch nach dieser
Zeit gebraucht worden sein mußten, denn sie waren mit
frischem Schlamm bedeckt. Daß der Räuber bis zu unserer
Hausthür gegangen war, sah man deutlich an den Fuß-
spuren, die von der Bank zum Hause führten. Meines Va-
ters Schuhe patzten genau in die Spuren, wie die Probe

würden Waffen an der östlichen Küste von Luzon,
der Insel Polillo gegenüber, gelandet werden. Die
Führer der Verschwörung hätten die Sache aber in
ihrer Ungeduld zu sehr beschleunigt und dadurch dar
Scheitern des Planes herbeigeführt.
Damit sind die Belastungen Japans aber noch
nicht erschöpft. Ein Angeklagter sagte aus, der
„große Rath" der geheimen Aufrührer Gesellschaft,
Catiguuan, Habs den vor Manila liegenden japani-
schen Kreuzer Congo besucht und sich der japanischen
Regierung zur Verfügung gestillt. Der Capitän soll
geantwortet haben, man möge >n diesem Sinne an den
Kaiser schreiben. Der Aufrührer Satazar will einen
Brief deS Vertrauensmannes Basa gelesen haben,
worin dieser anräth, den Aufstand jedenfalls so lange
hinauSznschieben, bis die Verhandlungen mit Japan
zum Abschlüsse gelangt seien. Japan verlange die
gleichzeitige Erhebung aller Provinzen, um dann mit
der Fwtke einschreiten zu können. Auch wurde wegen
deS Ankaufs von 200,000 Gewehren in Japan für
die Aufständischen verhandelt. Der Eifer, Mit dem
Japan seine Flotte sitzt in Stand setzt, zeigt genug-
sam seine Actionslust, und die schnelle und strenge
Justiz, die der General Polovieja gegen die Aufstän-
dischen übt, ganz anders als General Weyler auf
Cuba, gibt zu verstehen, daß die Spanier der Phi-
lippinen sich noch viel weniger sicher fühlen als der
Perle der Antillen.

Deutsches Reich.
* Berlin, 18. Jan. Gegenüber einer Ausführ-
ung der „National-Zeitung" betr. des PostzeitunzS-
tarifeS, daß „die Post jahrelang dis berechtigte For-
derung unbefriedigt gelassen habe, theilt die „Nordd.
Allg. Ztg. mit, daß gerade die ReichSpostoerwaliung
diese Angelegenheit von vornherein aufs eifrigste be-
trieben habe." Der Postverwaltung wurde auch von
mangelhaft unterrichteter Seite auch die Schuld daran
beigemessen, daß dem Wunsche auf Ermäßigung deS
Portos und der Fernsprechgebühren nicht entsprochen
wurde, während doch durch wiederholte amtliche Er-
klärungen im Plenum des Reichstages wie in der
Budgetkommission festgestellt sei, daß der Grund in
dem allerdings berechtigten Widerstande der Finanz-
Verwaltung zu suchen ist.
* Berlin, 18. Jan. Die freie Vereinigung der
Berliner Produktenbörse beschloß in ihrer heutigen
zahlreich besuchten außerordentlichen Generalversamm-
lung einstimmig eine Auflösung. Darauf konsttuirte
ergab. Mela Vater, der unglückliche, arme Vater, sah dem
ganzen Beginnen in einer Art von Geistesabwefenhert zu,
als wäre er unfähig zu begreifen, was das alles bedeute.
Erst als Richard, sein bester Freund, rhm ms Ohr flü-
sterte: „Gestehe es ein, Seth! Gib das Geld heraus und
es wird vielleicht noch gut werden," da wurde ihm erst die
erschreckende Wirklichkeit klar, welch schlimme Verdachts-
momente sich gegen ihn rrchtsien, und von Entsetzen er-
griffen, sank er plötzlich wie eine Leiche zusammen. Stun-
denlang lag er in tiefer Ohnmacht, und als er zum Be-
wußtsein zurückkehrte, sah er sich bereits von Gerichtsdienern
umgeben. Er wurde in Haft genommen, obgleich cs schien,
äs habe er den Verstand verloren.
„Die gerichtliche Untersuchung begann und der große
Saal, in welchem dieselbe abgehalten wurde, war von
Menschen üuerfüllt, die theils das Mitleid, thsils die Nm-
gierde dorthin getrieben. Auch mein Großvater war dort
und dickt hinter ihm saß oder kauerte vielmehr meine un-
glückliche Mutter. Sie hatte sich nicht zurückhalten lösten
wollen, und nun erwartete sie marmorble-ch dis Aussagen
der Zeugen. Der Anwalt meines Vaters versuchte einmal
während der Verhandlung, den Verdacht auf Heyward zu
lenken, der mit dem einfältigsten Gesicht von der Welt er-
klärt hattr, während der ganzen Nacht nichts gehört zu
haben. In der That hielt dis öffentliche Meinung ihn ei-
nes solchen Verbrechens eher für fähig, als Seth Marshall,
und schon schien es, als wenn such die Ansicht der Richter
sich zu Gunsten des Letzteren wenden wollte, als Richard
Graham, Dein Vater, als Zeuge vortrat.
„Er war allgemein als der beste Freund meines Va-
ters bekannt, und athemlos lauschte die ganze Versamm-
lung seinen Wo-ten. Er sagte aus, das er in jener Nacht
wegen Schlaflosigkeit sein Lager gegen zwei Uyr verlassen
Habs und ans Fenster getreten sei. Von dort a--s besaß er
einen vollen Ausblick auf die Bank. Trotz des schwachen
Mondlichts konnte er die Gsgenstanve aas ber Straße mit
ziemlicher Deutlichkeit erkennen. Da sah er, wie ein Mann
aus der Baak Hersustrat, die Tizür verschloß, den Schlus-
sel in seine Tasche steckte und eilig die Srraßs hmablief
Mein Vater trug damals Rock und Mütze von hellgraue
 
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