digteS Pferd wird unlenksam, und ein Sohn (oder
eine Tochter) ohne Zucht wird frech. Verzärtle dei-
nen Sohn, so mußt du dich vor ihm fürchten; tändle
mit ihm, und er wird dich betrüben. Laß ihm seinen
Willen nicht in der Jugend und habe acht auf seine
Gesinnungen. Beuge seinen Nacken in der Jugend,
damit er nicht unbeugsam werde und dir nicht mehr
folge zum Schmerze deiner Seele."
Wie in der Familie der Vater, so soll in der
Gemeinde der Seelsorger als ein Stellvertreter Got>
teS und als der geistliche Vater geachtet und geehrt
werden. An die Mahnung: „Ehre deinen Vater aus
ganzem Herzen und vergiß nicht der Schmerzen deiner
Mutter," knüpft der weise Sirach unmittelbar die Auf-
forderung: „Fürchte den Herrn von deiner ganzen
Seele und halte seine Priester in Ehren. Liebe den,
der dich geschaffen, aus allen deinen Kräften und
verlaß seine Diener nicht!" Die Priester des Neuen
Bundes sind, wie der hl. Paulus (1. Kor. 4, 1) sagt,
„Diener Christi und Ausspender der Geheimnisse
Gottes;" von ihnen gllt das Wort Jesu Cgristi
(Luk. 10, 16): „Wer euch hört, der härt mich, wer
euch verachtet, der verachtet mich; wer aber mich
verachtet, der verachtet den, der mich gesandt hat."
Wo Glaube und Gottesfurcht herrschen, da wird der
Priester seines heiligen Amtes wegen geachtet. Wo
aber die Kirche und die P iester geringgeschätzt und
herabgewürdigt werden, da nehmen Unglaube und
Gottlosigkeit überhand. Und wo dir geistliche Au-
torität mißachtet wird, da geräth auch die weltliche
Autorität in's Wanken, denn beide kommen von Gott
und beruhen auf Gott. Der hl. Paulus schreibt im
Briefe an die Römer (13, 1 ff.): „Jedermann
unterwerfe sich der obrigkeitlichen Gewalt, denn es
gibt keine Gewalt außer von Gott, und die, welche
besteht, ist von Gott ungeordnet . . . Sie ist Gottes
Dienerin, eine Rächerin zur Bestrafung für des, der
Böses thut. Darum ist es Pflicht, unterthan zu sein,
nicht allein um der Strafe willen, sondern auch um
des Gewissens willen." Und der hl. Petrus mahnt
in seinem ersten Bnefe (2, 17) kurz und kräftig:
„Gott fürchtet den König ehret! Wo Glaube und
Gottesfurcht herrschen, da wird der LandeSsürst geehrt
und die Landeskinder sind ihm „in aller Ehrfurcht
unterthan" (1, Petr. 2, 18), weil sie in ihm einen
Stellvertreter Gottes erkennen. In den Sprüchen
Salomons (24, 21) wird gemahnt: „Fürchte (Gott)
den Herrn u. den König u. mit den Aufwieglern laß dich
nicht ein !" Diejenigen, welche an der göttlichen Weltord-
nung gläubig festhalreu, bleiben „um des Gewissens
willen" ihrem Fürsten treu ergeben dis in den Tod u. sind
die festesten und zuverlässigsten Stützen der gesell-
schaftlichen und staatlichen Ordnung! sie können unter
Umständen Märtyrer ihrer Ueberzeugung werden, aber
niemals Empörer, denn ihre Gottesfurcht verbietet
ihneu, mit Aufwieglern gemeinsame Sache zu machen.
Wer aber den Glauben an den lebendigen Gott rffen
oder versteckt bekämpft, die Vergeltung im Jenseits
für eine Fabel ausgiebt, Kirche und Altar anfeindet,
der untergräbt mit der Gottesfurcht und heiligen
Scheu auch den Thron und bereitet den Aufwieglern
und Umsturzmännern den Boden.
Geliebte, ihr habt nun vernommen, wie nothwen-
dig und wie vortrefflich die Gottesfurcht ist, wie sie
den Menschen veredelt, ihn gewissenhaft und tugend-
haft macht und zur Erfüllung all seiner Pflichten
anlsitet. Ihr erkennet, daß „die Furcht des Herrn
ein Quell deS Lebens ist, um zu entgehen dem Ver-
derben des (ewigen) Todes" (Sprüch. 14, 27). Da-
rum mahne ich euch mit den Worten des heiligen
Paulus (Philipp. 2, 12 f.): „Wirket euer Heil mit
Furcht und Zittern . . . damit ihr tadellos seid,
lautere Kinder Gottes, unbescholten inmitten eines
bösen verkehrten Geschlechtes, unter welchem ihr leuch
tet als Lichter in der Welt, indem ihr festhaltrt am
Worte des Lebens" d. i. am heiligen Glauben, den
Gott geoffenbart und durch seine heilige Kirche uns
vorlegt. Und wie der Völkerapostel seinen gläubigen
Stammesgenosssn (Hebr. 12. 28 f.) zugerufen hat, so
rufe ich euch zu: „Da wir ein unwandelbares Reich
(der Herrlichkeit und Seligkeit) überkommen, so lasset
uns festhalten an der Gnade (des Christenthums),
durch die wir Gott dienen und ihm gefallen wollen
mit Furcht und Ehrerbietung, denn unser Gott ist ein
zehrendes Feuer (ein strenger Richter)!" Zu jenen
aber, die vom Wege Gottes abgewichen sind und
schon lange nicht mehr die heiligen Sakramente em-
pfangen haben, sage ich, wie der hl. Paulus im 2.
Briefe an die Korinther (5, 18 ff): „Uns bat Gott
das Amt der Versöhnung anvrrtraut; wir sind Ge-
sandte an Christi statt, in dem Gott gleichsam durch
UNS ermahnt. So bitten wir denn an Christi statt:
Versöhnet euch mit Gott! Und wir ermahnen euch
als Mitarbeiter Gottes (am Heile eurer Seelen), daß
ihr nicht vergeblich die Gnade Gottes em-
pfängst! denn er spricht: Zur gnadenreichen
Zeit erhöre ich dich und am Tage des Heiles
helfe ich dir! Siehe, jetzt ist die gnadenreiche Zeit,
jetzt ist der Tag des Heiles!" Die heilige Fasten-
zeit ist eine gnadenreiche Zeit, in der wir Frieden
mit Gott schließen, und durch eine würdige Kommu-
nion uns mit unserm liebreichsten Erlöser vereinigen
sollen. Wer noch eine Spur von Gottesfurcht im
Herzen hat, der folge dieser gnadenreichen Einladung
und nehme mit gereinigtem Herzen und in tiefster
Ehrerbietung am göttlichen Aastmahle theil! Keiner
folge jenen feigen Seelen nach, von denen im Psalme
52, 6 geschrieben steht: „Gott rufen sie nicht an, da
aber zittern sie vor Furcht, wo nichts zu fürchten ist."
Nach Gott fragen solche nichts, den Allmächtigen
fürchte» sie nicht, mit frechem Uebermuth verletzen
und verachten sie sein Gesetz, aber sterblichen Men-
schen gegenüber sind sie feige, sie fürchten den Spott
der Ungläubigen und zittern vor öer Ungunst eines
Kirchenfeinses. Darum schließe ich dieses Hictenschrei-
den mit derselben Mahnung, womit der hl. Petrus
seinen 2. Brief abgeschlossen hat: „Brüder, hütet euch,
daß ihr durch den Jrrttzum der Thoren nicht mit
fortgerissen werbet und eure eigene Festigkeit ver-
lieret! Fürchtet Gott und scheust Niemand und „wach-
set in der Gnade und Eckenntniß unseres Herrn und
Heilandes Jesus Christus, welchem Ehre sei jetzt und
zu ewigen Zeiten." Amen.
Die FaKenordrmKg für daS Jahr 1897.
1. Der Genuß von Fleischspeisen ist untersagt au
allen Freitage», am Aschermittwoch und an den drei
letzten Tagen der Eharwoche; an allen übrigen Tagen
des Jahres ist derselbe gestattet.
2. An den Freitagen, auf welche ein gebotener
Feiertag füllt, ist Ser Genuß von Fleischspeisen erlaubt.
Mit Berücksichtigung unserer Verhältniße wird derselbe
auch erlaubt an allen Abstmenztagen (ausschließlich
des Charfreitags) den Reisenden, den ganz Armen,
welchen ihre Dürftigkeit keine Wahl der Speisen er-
laubt, den Handwerksgesellen, Lehrlingen und Dienst-
boten. Ebenso wird gestattet, daß die Gläubigen an
Freitagen (mit Ausnahme des Charfcsitages) zum
Schmelzen der Speisen Thisrfett verwenden dürfen.
3. Die vorgeschriebenen Fasttage sind: alle Tage
der Fastenzeit, mit Ausnahme de- Sonntage während
dieser Fastenzeit, ferner alle Quatemdsrtage, wie auch
die Vortage (Vigilien) der hohen Feste Weihnachten,
Pfingsten, Peter und Paul, Mariä Himmelfahrt und
Allerheiligen (wo die Fasten jederzeit von der Kanzel
verkündet werden). An diesen Tagen ist nur eine ein-
malige Sättigung erlaubt; ausgenommen von diesem
Gesetz sind jene Personen, welche daS 21. Jahr noch
nicht zurückgelegt haben, sowie die Kranken, Alters-
schwachen, mit schwerer Arbeit Belasteten und die
Reisenden.
4. Jedem Ortsseelsorger und Beichtvater wird die
Ermächtigung ertheilt, vom Abstinenz- und Fastengebot
mit Rücksicht auf besondere Verhältnisse aus wichtigen
Gründen zu dispensiren.
5. Es ist untersagt, an den Quatember- und Vigil-
fasten und während der ganzen Zeit von Aschermitt-
woch bis Ostern — also auch die Fastensonntage ein-
geschlossen — bei einer und derselben Mahlzeit Fisch
und Fleisch zugleich zu genießen.
6. Während der Fastenzeit haben sich die Gläu-
bigen aller lärmenden Ergötzungen, Tanzbclustigungen
und Zerstreuungen zu enthalten, dagegen des öfteren
Kirchenbesuches, der Anhörung des göttliche» Wortes,
der häuslichen Gebete und Betrachtungen, der Almosen
und anderer guten Werke zu befleißen.
7. Ferner wird verordnet, daß in größeren Städ-
ten eine wöchentliche Abendpredigt gehalten werde.
Für kleinere Städte, sowie für Landorte wird die
Abhaltung solcher Abendpredigren dem Ermessen der
betreffenden Pfarrgeistlichen anheimgegeben.
Wo solche Abendpredigten stattfinden, ist jedesmal
vor der Predigt eine passende Andacht vor ausgesetz-
tem Allerheiligsten in der Monstranz zu halten. In
jenen Orten, wo keine Wochenpredigten statifinden,
sind am Schluffe der täglichen heiligen Messe abwech-
selnd das eine Mal das allgemeine Gebet und die
offene Schuld, das andere Mal die Litanei vom
bittern Leisen und Sterben Jesu Christi vorzubeten.
Hierbei kann das Allerheiligste im Speisekelch aus-
gesetzt, und am Schluffe mit demselben der Segen
gegeben werden. Einmal in der Woche kann auch
eine Abendandacht nach dem „Magnificat" vor aus-
gesetztem Allerheiligsten in der Monstranz abgehalten
werden.
8. Mit Rücksicht auf den immer noch fortdauern-
den Priestermangel beginnt die österliche Beicht und
Kommunion mit dem 6. bezw. 7. März (ersten Sonn-
tag in der Fasten) und schließt mit dem zweiten
Sonntage nach Ostern (2. Mai.)
Zur Vermeidung allzugroßer Beichtkonkurse sind von
den Seelsorgern zweckmäßige Abtheilungen der Beich-
tenden zu treffen und die benachbarten Seelsorger
zur Aushilfe an Werktagen einzuladen. Die Gläu-
bigen werden ernstlich ermahnt, an den Tagen, auf
welche sie bestellt sind, zur österlichen Beicht zu er-
scheinen.
Die hl. Erstkommunion der Kinder bleibt auf den
Weißen Sonntag festgesetzt, und sollen die Kinder in
der Regel im 7. Schuljahr (13. Lebensjahr) zur erste"
heil. Kommunion geführt werden.
Der löbliche Gebrauch, an den drei Fastnacht"'
tagen vor dem ausgesetzten Allerheiligsten daS vierzig'
stündige Gebet abzuhalten, wird allgemein gestattet.
Dieser Fastenhirtenbrief ist am Sonntag Ouinq»»'
gesimä den Gläubigen von der Kanzel zu oerküll'
digen.
Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus u. die
L-ebe Goites und die Gemnnschaft des Heiligen Btt'
stes sei mit euch allen. Amen.
Freiburg i. B., den 16. Februar 1897.
ch Friedrich Justus Knecht,
Bischof und Erzblstyumsverweser.
Deutsches Reich.
* Berlin, 2. März. Der Oberbürgermeister
Zelle hat ein Schreiben des Reichsamts des Inner"
erhalten, demzufolge es der Wunsch des Kal'
fers ist, daß auch sämmtliche Mitglieder des Ma'
giftcatS und der Stadtverordnetenversammlung der
feierlichen Enthüllung des Nationaldenkmals beiwoh'
neu. — Fürst Maximilian Egon za Fürstenberg wurde
am Samstag von dem Kaiser empfangen und z»>»
Rittmeister a la suits des Regiments der GardeS du
Corps ernannt. Gestern hat sich Fürst Fürstenberg
von hier nach Lana in Böhmen begeben.
* Berlin, 2. März. Der Staatssekretär Stepha"
ist soweit wieder hergxsteüt, daß er von dem Verband
befreit werden konnte; er maß jedoch zur Schonung
des Fußes noch einige Tage das Belt hüten.
* Berlin, 2. März. Den AoenöMttern zufalge
wurde dem an der Technischen Hochschule beste'
henden Verein „Comite zur Errichtung eines stündl'
gen allgemeinen Ehrengerichtes" oom Senate initge'
theilt, baß öer Verein ungeachtet seines an sich löb'
lichen Bestrebens verboten werde, weil durch das P^'
sönliche Verhalten seiner Mitglieder die DiSciplin aN
der Hochschule gefährdet sei.
Die Unruhen auf Kreta.
* Konstantinopel, 2. März. Der HilfskomamU'
direndr Edhem Pascha ist gestern nach Salonichi ab'
gereift. Ebendahin ist gestern früh auch der zehnte
Militärzug abgrgangen, sodaß nunmehr 18 Redifb"'
taillonr nach Salonichi befördert sind.
* London, 2. März. Man nimmt an, Lord Sa'
lisbury werde morgen im Oberhause eine Erklärung
über die Kretafcage abgeben.
Aus Nah und Fern.
Nachrichten für diese Rubrik sind »nS jederzeit willkommen. — Etwaig*
«osten werden steti sofort ersetzt.»
* Heidelberg, 3. März. (MuthmaWches Wetter M
Donnerstag, 4. März.) Bewölktes mit westlichen WindA
zu mhrsachen Niederschlägen geneigtes Weiler in Aussta»
zu nehmen.
* Heidelberg, 3 März. Papst Leo XIII. trat gestern
in sein 88 Lebensjahr. Heute, am 3- März, sind 19 Jahre
verflossen, seitdem der neugewählte Nachfolger Petri mit der
Tiara feierlich gekrönt wurde. Im nächsten Jahre feie»
der hohepriesterliche Greis sein diamantenes Priester'
jubiläum. Die ganze Christenheit hofft, daß die Gaade
Gottes Ihm noch eine reiche Zahl von Lebenstagen zuleg-»
möge, auf daß Er, den Gott zum obersten Hirten s-i»^
Heerde gefetzt hat, die Seinigen lenke und stärke in der
Beharrlichkeit zum Kampfe für die Kirche des Herrn bis
zur Erfüllung der ihr verheißenen Sieges- Möge ins'
besondere unserem hl. Vater es beschieden kein, am Abende
seines Lebens wenigstens die einen besseren Tag verheißende
Abendröthe zu schauen, und sich der in einem seiner letzten
Rundschreiben so einzig schön zum Ausdruck gebrachten
Wunsch verwirklichen, daß „das gegenwärtige, schon dem
Ende zueilende Jahrhundert der Menschheit als Erbe
heitere Aussichten aus Einheit und Friede mit der Hoffnung
auf die höchsten Güter hinterlasse, die mit der Einheit deS
Glaubens gegeben sind! Gott segne und schütze unfern
heiligen Vater Papst Leo XIII.
* Heidelberg, 3. März. Wie in den vergangen-»
Jahren, so spielte stch auch gestern das gesammte carne'
vallstlsche Leben und Treiben auf der Hauptstraße ab- Da-
schlechte Wetter beeinträchtigte indessen die Faschinaslust l»
sehr bemerkbarer Weise. Maskirte sah man im Verhält-
mß zu andern Jahren sehr wenig. Einige Wagen voll
lärmender Masken, mehr over minder gelungene Charakter'
masken, das wars! Bei Dunkelwerden füllten sich dl-
verschiedenen Wirthschaftslokalitäten bis zum Erdrücken, »-
wurde hier das lustige Leben fortgesetzt.
* Heidelberg, 3. März. Gewerbegerichts sitz'
ung vom 19. Februar. Gegenwärtig Bürgermeister Dr-
Walz als Vorsitzender. Schlofferineister Anton Scherer uno
Schmied August Maibauer als Beisitzer und Sekrekar
Dürr als Gerichtsschreiber.
1. I- S- des Schreiners Sebastian Bollmann >»
Sandschuhsdeim gegen die Firma L. Maauet dahier weg-»
einer Lohnforderung von 11 Mk. wurde Vie Beklagte M
Zahlung dieses Betrages verurtheilt. ,
Ohne Zuzug von Beisitzern wurden im Monat Februar
noch folgende Streitfälle erledigt:
2. I. S- des Hausburschen Markus Scheidet g-S^
Kaufmann Joachimsthal und Cie. wegen Forderung »o»
4 Mk. Lohn und 12 Mark Entschädigung wegen kündignngs
loser Entlassuiig erklärte sich der Beklagte zur Zahlung def
Entschädigung von 12 M. bereit, worauf der Kläger am
die Weiterführung der Klage verzichtete.
eine Tochter) ohne Zucht wird frech. Verzärtle dei-
nen Sohn, so mußt du dich vor ihm fürchten; tändle
mit ihm, und er wird dich betrüben. Laß ihm seinen
Willen nicht in der Jugend und habe acht auf seine
Gesinnungen. Beuge seinen Nacken in der Jugend,
damit er nicht unbeugsam werde und dir nicht mehr
folge zum Schmerze deiner Seele."
Wie in der Familie der Vater, so soll in der
Gemeinde der Seelsorger als ein Stellvertreter Got>
teS und als der geistliche Vater geachtet und geehrt
werden. An die Mahnung: „Ehre deinen Vater aus
ganzem Herzen und vergiß nicht der Schmerzen deiner
Mutter," knüpft der weise Sirach unmittelbar die Auf-
forderung: „Fürchte den Herrn von deiner ganzen
Seele und halte seine Priester in Ehren. Liebe den,
der dich geschaffen, aus allen deinen Kräften und
verlaß seine Diener nicht!" Die Priester des Neuen
Bundes sind, wie der hl. Paulus (1. Kor. 4, 1) sagt,
„Diener Christi und Ausspender der Geheimnisse
Gottes;" von ihnen gllt das Wort Jesu Cgristi
(Luk. 10, 16): „Wer euch hört, der härt mich, wer
euch verachtet, der verachtet mich; wer aber mich
verachtet, der verachtet den, der mich gesandt hat."
Wo Glaube und Gottesfurcht herrschen, da wird der
Priester seines heiligen Amtes wegen geachtet. Wo
aber die Kirche und die P iester geringgeschätzt und
herabgewürdigt werden, da nehmen Unglaube und
Gottlosigkeit überhand. Und wo dir geistliche Au-
torität mißachtet wird, da geräth auch die weltliche
Autorität in's Wanken, denn beide kommen von Gott
und beruhen auf Gott. Der hl. Paulus schreibt im
Briefe an die Römer (13, 1 ff.): „Jedermann
unterwerfe sich der obrigkeitlichen Gewalt, denn es
gibt keine Gewalt außer von Gott, und die, welche
besteht, ist von Gott ungeordnet . . . Sie ist Gottes
Dienerin, eine Rächerin zur Bestrafung für des, der
Böses thut. Darum ist es Pflicht, unterthan zu sein,
nicht allein um der Strafe willen, sondern auch um
des Gewissens willen." Und der hl. Petrus mahnt
in seinem ersten Bnefe (2, 17) kurz und kräftig:
„Gott fürchtet den König ehret! Wo Glaube und
Gottesfurcht herrschen, da wird der LandeSsürst geehrt
und die Landeskinder sind ihm „in aller Ehrfurcht
unterthan" (1, Petr. 2, 18), weil sie in ihm einen
Stellvertreter Gottes erkennen. In den Sprüchen
Salomons (24, 21) wird gemahnt: „Fürchte (Gott)
den Herrn u. den König u. mit den Aufwieglern laß dich
nicht ein !" Diejenigen, welche an der göttlichen Weltord-
nung gläubig festhalreu, bleiben „um des Gewissens
willen" ihrem Fürsten treu ergeben dis in den Tod u. sind
die festesten und zuverlässigsten Stützen der gesell-
schaftlichen und staatlichen Ordnung! sie können unter
Umständen Märtyrer ihrer Ueberzeugung werden, aber
niemals Empörer, denn ihre Gottesfurcht verbietet
ihneu, mit Aufwieglern gemeinsame Sache zu machen.
Wer aber den Glauben an den lebendigen Gott rffen
oder versteckt bekämpft, die Vergeltung im Jenseits
für eine Fabel ausgiebt, Kirche und Altar anfeindet,
der untergräbt mit der Gottesfurcht und heiligen
Scheu auch den Thron und bereitet den Aufwieglern
und Umsturzmännern den Boden.
Geliebte, ihr habt nun vernommen, wie nothwen-
dig und wie vortrefflich die Gottesfurcht ist, wie sie
den Menschen veredelt, ihn gewissenhaft und tugend-
haft macht und zur Erfüllung all seiner Pflichten
anlsitet. Ihr erkennet, daß „die Furcht des Herrn
ein Quell deS Lebens ist, um zu entgehen dem Ver-
derben des (ewigen) Todes" (Sprüch. 14, 27). Da-
rum mahne ich euch mit den Worten des heiligen
Paulus (Philipp. 2, 12 f.): „Wirket euer Heil mit
Furcht und Zittern . . . damit ihr tadellos seid,
lautere Kinder Gottes, unbescholten inmitten eines
bösen verkehrten Geschlechtes, unter welchem ihr leuch
tet als Lichter in der Welt, indem ihr festhaltrt am
Worte des Lebens" d. i. am heiligen Glauben, den
Gott geoffenbart und durch seine heilige Kirche uns
vorlegt. Und wie der Völkerapostel seinen gläubigen
Stammesgenosssn (Hebr. 12. 28 f.) zugerufen hat, so
rufe ich euch zu: „Da wir ein unwandelbares Reich
(der Herrlichkeit und Seligkeit) überkommen, so lasset
uns festhalten an der Gnade (des Christenthums),
durch die wir Gott dienen und ihm gefallen wollen
mit Furcht und Ehrerbietung, denn unser Gott ist ein
zehrendes Feuer (ein strenger Richter)!" Zu jenen
aber, die vom Wege Gottes abgewichen sind und
schon lange nicht mehr die heiligen Sakramente em-
pfangen haben, sage ich, wie der hl. Paulus im 2.
Briefe an die Korinther (5, 18 ff): „Uns bat Gott
das Amt der Versöhnung anvrrtraut; wir sind Ge-
sandte an Christi statt, in dem Gott gleichsam durch
UNS ermahnt. So bitten wir denn an Christi statt:
Versöhnet euch mit Gott! Und wir ermahnen euch
als Mitarbeiter Gottes (am Heile eurer Seelen), daß
ihr nicht vergeblich die Gnade Gottes em-
pfängst! denn er spricht: Zur gnadenreichen
Zeit erhöre ich dich und am Tage des Heiles
helfe ich dir! Siehe, jetzt ist die gnadenreiche Zeit,
jetzt ist der Tag des Heiles!" Die heilige Fasten-
zeit ist eine gnadenreiche Zeit, in der wir Frieden
mit Gott schließen, und durch eine würdige Kommu-
nion uns mit unserm liebreichsten Erlöser vereinigen
sollen. Wer noch eine Spur von Gottesfurcht im
Herzen hat, der folge dieser gnadenreichen Einladung
und nehme mit gereinigtem Herzen und in tiefster
Ehrerbietung am göttlichen Aastmahle theil! Keiner
folge jenen feigen Seelen nach, von denen im Psalme
52, 6 geschrieben steht: „Gott rufen sie nicht an, da
aber zittern sie vor Furcht, wo nichts zu fürchten ist."
Nach Gott fragen solche nichts, den Allmächtigen
fürchte» sie nicht, mit frechem Uebermuth verletzen
und verachten sie sein Gesetz, aber sterblichen Men-
schen gegenüber sind sie feige, sie fürchten den Spott
der Ungläubigen und zittern vor öer Ungunst eines
Kirchenfeinses. Darum schließe ich dieses Hictenschrei-
den mit derselben Mahnung, womit der hl. Petrus
seinen 2. Brief abgeschlossen hat: „Brüder, hütet euch,
daß ihr durch den Jrrttzum der Thoren nicht mit
fortgerissen werbet und eure eigene Festigkeit ver-
lieret! Fürchtet Gott und scheust Niemand und „wach-
set in der Gnade und Eckenntniß unseres Herrn und
Heilandes Jesus Christus, welchem Ehre sei jetzt und
zu ewigen Zeiten." Amen.
Die FaKenordrmKg für daS Jahr 1897.
1. Der Genuß von Fleischspeisen ist untersagt au
allen Freitage», am Aschermittwoch und an den drei
letzten Tagen der Eharwoche; an allen übrigen Tagen
des Jahres ist derselbe gestattet.
2. An den Freitagen, auf welche ein gebotener
Feiertag füllt, ist Ser Genuß von Fleischspeisen erlaubt.
Mit Berücksichtigung unserer Verhältniße wird derselbe
auch erlaubt an allen Abstmenztagen (ausschließlich
des Charfreitags) den Reisenden, den ganz Armen,
welchen ihre Dürftigkeit keine Wahl der Speisen er-
laubt, den Handwerksgesellen, Lehrlingen und Dienst-
boten. Ebenso wird gestattet, daß die Gläubigen an
Freitagen (mit Ausnahme des Charfcsitages) zum
Schmelzen der Speisen Thisrfett verwenden dürfen.
3. Die vorgeschriebenen Fasttage sind: alle Tage
der Fastenzeit, mit Ausnahme de- Sonntage während
dieser Fastenzeit, ferner alle Quatemdsrtage, wie auch
die Vortage (Vigilien) der hohen Feste Weihnachten,
Pfingsten, Peter und Paul, Mariä Himmelfahrt und
Allerheiligen (wo die Fasten jederzeit von der Kanzel
verkündet werden). An diesen Tagen ist nur eine ein-
malige Sättigung erlaubt; ausgenommen von diesem
Gesetz sind jene Personen, welche daS 21. Jahr noch
nicht zurückgelegt haben, sowie die Kranken, Alters-
schwachen, mit schwerer Arbeit Belasteten und die
Reisenden.
4. Jedem Ortsseelsorger und Beichtvater wird die
Ermächtigung ertheilt, vom Abstinenz- und Fastengebot
mit Rücksicht auf besondere Verhältnisse aus wichtigen
Gründen zu dispensiren.
5. Es ist untersagt, an den Quatember- und Vigil-
fasten und während der ganzen Zeit von Aschermitt-
woch bis Ostern — also auch die Fastensonntage ein-
geschlossen — bei einer und derselben Mahlzeit Fisch
und Fleisch zugleich zu genießen.
6. Während der Fastenzeit haben sich die Gläu-
bigen aller lärmenden Ergötzungen, Tanzbclustigungen
und Zerstreuungen zu enthalten, dagegen des öfteren
Kirchenbesuches, der Anhörung des göttliche» Wortes,
der häuslichen Gebete und Betrachtungen, der Almosen
und anderer guten Werke zu befleißen.
7. Ferner wird verordnet, daß in größeren Städ-
ten eine wöchentliche Abendpredigt gehalten werde.
Für kleinere Städte, sowie für Landorte wird die
Abhaltung solcher Abendpredigren dem Ermessen der
betreffenden Pfarrgeistlichen anheimgegeben.
Wo solche Abendpredigten stattfinden, ist jedesmal
vor der Predigt eine passende Andacht vor ausgesetz-
tem Allerheiligsten in der Monstranz zu halten. In
jenen Orten, wo keine Wochenpredigten statifinden,
sind am Schluffe der täglichen heiligen Messe abwech-
selnd das eine Mal das allgemeine Gebet und die
offene Schuld, das andere Mal die Litanei vom
bittern Leisen und Sterben Jesu Christi vorzubeten.
Hierbei kann das Allerheiligste im Speisekelch aus-
gesetzt, und am Schluffe mit demselben der Segen
gegeben werden. Einmal in der Woche kann auch
eine Abendandacht nach dem „Magnificat" vor aus-
gesetztem Allerheiligsten in der Monstranz abgehalten
werden.
8. Mit Rücksicht auf den immer noch fortdauern-
den Priestermangel beginnt die österliche Beicht und
Kommunion mit dem 6. bezw. 7. März (ersten Sonn-
tag in der Fasten) und schließt mit dem zweiten
Sonntage nach Ostern (2. Mai.)
Zur Vermeidung allzugroßer Beichtkonkurse sind von
den Seelsorgern zweckmäßige Abtheilungen der Beich-
tenden zu treffen und die benachbarten Seelsorger
zur Aushilfe an Werktagen einzuladen. Die Gläu-
bigen werden ernstlich ermahnt, an den Tagen, auf
welche sie bestellt sind, zur österlichen Beicht zu er-
scheinen.
Die hl. Erstkommunion der Kinder bleibt auf den
Weißen Sonntag festgesetzt, und sollen die Kinder in
der Regel im 7. Schuljahr (13. Lebensjahr) zur erste"
heil. Kommunion geführt werden.
Der löbliche Gebrauch, an den drei Fastnacht"'
tagen vor dem ausgesetzten Allerheiligsten daS vierzig'
stündige Gebet abzuhalten, wird allgemein gestattet.
Dieser Fastenhirtenbrief ist am Sonntag Ouinq»»'
gesimä den Gläubigen von der Kanzel zu oerküll'
digen.
Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus u. die
L-ebe Goites und die Gemnnschaft des Heiligen Btt'
stes sei mit euch allen. Amen.
Freiburg i. B., den 16. Februar 1897.
ch Friedrich Justus Knecht,
Bischof und Erzblstyumsverweser.
Deutsches Reich.
* Berlin, 2. März. Der Oberbürgermeister
Zelle hat ein Schreiben des Reichsamts des Inner"
erhalten, demzufolge es der Wunsch des Kal'
fers ist, daß auch sämmtliche Mitglieder des Ma'
giftcatS und der Stadtverordnetenversammlung der
feierlichen Enthüllung des Nationaldenkmals beiwoh'
neu. — Fürst Maximilian Egon za Fürstenberg wurde
am Samstag von dem Kaiser empfangen und z»>»
Rittmeister a la suits des Regiments der GardeS du
Corps ernannt. Gestern hat sich Fürst Fürstenberg
von hier nach Lana in Böhmen begeben.
* Berlin, 2. März. Der Staatssekretär Stepha"
ist soweit wieder hergxsteüt, daß er von dem Verband
befreit werden konnte; er maß jedoch zur Schonung
des Fußes noch einige Tage das Belt hüten.
* Berlin, 2. März. Den AoenöMttern zufalge
wurde dem an der Technischen Hochschule beste'
henden Verein „Comite zur Errichtung eines stündl'
gen allgemeinen Ehrengerichtes" oom Senate initge'
theilt, baß öer Verein ungeachtet seines an sich löb'
lichen Bestrebens verboten werde, weil durch das P^'
sönliche Verhalten seiner Mitglieder die DiSciplin aN
der Hochschule gefährdet sei.
Die Unruhen auf Kreta.
* Konstantinopel, 2. März. Der HilfskomamU'
direndr Edhem Pascha ist gestern nach Salonichi ab'
gereift. Ebendahin ist gestern früh auch der zehnte
Militärzug abgrgangen, sodaß nunmehr 18 Redifb"'
taillonr nach Salonichi befördert sind.
* London, 2. März. Man nimmt an, Lord Sa'
lisbury werde morgen im Oberhause eine Erklärung
über die Kretafcage abgeben.
Aus Nah und Fern.
Nachrichten für diese Rubrik sind »nS jederzeit willkommen. — Etwaig*
«osten werden steti sofort ersetzt.»
* Heidelberg, 3. März. (MuthmaWches Wetter M
Donnerstag, 4. März.) Bewölktes mit westlichen WindA
zu mhrsachen Niederschlägen geneigtes Weiler in Aussta»
zu nehmen.
* Heidelberg, 3 März. Papst Leo XIII. trat gestern
in sein 88 Lebensjahr. Heute, am 3- März, sind 19 Jahre
verflossen, seitdem der neugewählte Nachfolger Petri mit der
Tiara feierlich gekrönt wurde. Im nächsten Jahre feie»
der hohepriesterliche Greis sein diamantenes Priester'
jubiläum. Die ganze Christenheit hofft, daß die Gaade
Gottes Ihm noch eine reiche Zahl von Lebenstagen zuleg-»
möge, auf daß Er, den Gott zum obersten Hirten s-i»^
Heerde gefetzt hat, die Seinigen lenke und stärke in der
Beharrlichkeit zum Kampfe für die Kirche des Herrn bis
zur Erfüllung der ihr verheißenen Sieges- Möge ins'
besondere unserem hl. Vater es beschieden kein, am Abende
seines Lebens wenigstens die einen besseren Tag verheißende
Abendröthe zu schauen, und sich der in einem seiner letzten
Rundschreiben so einzig schön zum Ausdruck gebrachten
Wunsch verwirklichen, daß „das gegenwärtige, schon dem
Ende zueilende Jahrhundert der Menschheit als Erbe
heitere Aussichten aus Einheit und Friede mit der Hoffnung
auf die höchsten Güter hinterlasse, die mit der Einheit deS
Glaubens gegeben sind! Gott segne und schütze unfern
heiligen Vater Papst Leo XIII.
* Heidelberg, 3. März. Wie in den vergangen-»
Jahren, so spielte stch auch gestern das gesammte carne'
vallstlsche Leben und Treiben auf der Hauptstraße ab- Da-
schlechte Wetter beeinträchtigte indessen die Faschinaslust l»
sehr bemerkbarer Weise. Maskirte sah man im Verhält-
mß zu andern Jahren sehr wenig. Einige Wagen voll
lärmender Masken, mehr over minder gelungene Charakter'
masken, das wars! Bei Dunkelwerden füllten sich dl-
verschiedenen Wirthschaftslokalitäten bis zum Erdrücken, »-
wurde hier das lustige Leben fortgesetzt.
* Heidelberg, 3. März. Gewerbegerichts sitz'
ung vom 19. Februar. Gegenwärtig Bürgermeister Dr-
Walz als Vorsitzender. Schlofferineister Anton Scherer uno
Schmied August Maibauer als Beisitzer und Sekrekar
Dürr als Gerichtsschreiber.
1. I- S- des Schreiners Sebastian Bollmann >»
Sandschuhsdeim gegen die Firma L. Maauet dahier weg-»
einer Lohnforderung von 11 Mk. wurde Vie Beklagte M
Zahlung dieses Betrages verurtheilt. ,
Ohne Zuzug von Beisitzern wurden im Monat Februar
noch folgende Streitfälle erledigt:
2. I. S- des Hausburschen Markus Scheidet g-S^
Kaufmann Joachimsthal und Cie. wegen Forderung »o»
4 Mk. Lohn und 12 Mark Entschädigung wegen kündignngs
loser Entlassuiig erklärte sich der Beklagte zur Zahlung def
Entschädigung von 12 M. bereit, worauf der Kläger am
die Weiterführung der Klage verzichtete.