Vertrauensmänner an die VereinSkaffe g-wußt zu
haben, nicht zu widerlegen, daher mußte die Frei-
sprechung erfolgen. Die vorläufige Schließung wurde
aufgehoben, die Kosten der Staatskasse auferlegt.
* Berlin, 9. März. Die Budgetkommijfion des
Reichstages setzte heute die Berathung deS Marine-
etat fort. Staatssekretär Hollmann theil'.e auf An-
frage Liebers mit, die seitens der Marine gemachten
Aufstellungen ergeben im Ocdinarium 69 ein halb
Millionen bis 1901. Abg. Kardorff (kons.) hält es
für nothmendig, daß die Flotte der russ. Ostseeflotte
etwas überlegen sei. A g. v. Leipziger (kons.) er-
klärt, die Konservativen müßten sich die Entscheidung
in jedem einzelnen Falle Vorbehalten. Abg. Bachem
(Ctr.) ist erfreut, daß auch die Konservativen die
Forderungen nicht saus Mrass bewilligen wollen.
Abg. v. Jagdzewsky (Pole) erklärt, die Polen werden
die einzelnen Forderungen durchaus sachlich prüfen.
Abg. Galler (freis. Volksp) ist überzeugt, daß unsere
Macht auf dem L ndheere beruhe. Wir dürften nur
eine defensive Flotte haben. Aog. v. Voümac (Soz )
warnt vor einer Weitpolitik. Abg. Werner (Ant.)
erklärt, seine Partei werde sich in erster Linie von
nationalen Gesichtspunkten leiten lassen. Abg. Ham-
mach» (nat.lib.) tritt für die Flotte ein. Abg. Pach-
nike (freis. Vergg.) hält der. Standpunkt derjenigen,
die gar nichts bewillige» wollen, für unhaltbar. Seine
Partes werde die Pflicht dec Sparsamkeit mit der
Rücksicht auf die Laudesvectheidigung verbinden.
Staatssekretär von Posadowsky betrachtet sich voll-
kommen als Organ des Reichskanzlers. Dis abgege-
benen Erläuterungen geben lediglich die Auffassung
des Staatssekretärs der Marine wieder. Die von dem
Reichskanzler bestimmt formulirten Erklärungen ent-
hebe» ihn von jeder besonderen Ekläcung. Die
Wünsche der einz lnen Ressorts könnten nur unter der
Berücksichtigung der vorhandenen Geldmittel Verwirk-
lichung finden. Staatssekretär Hollmann erklärt Rich-
ter gegenüber, die Schulschiffe dürften nicht für den
politischen Dienst eingerichtet werden. ES sei ihm
nicht eingefallen, eine Flotte, wie die französische zu
fordern. DaS Vertrauen Richters habe er nie be-
sessen. Hoffentlich habe er das Vertrauender Reichs-
tagsmehrheit. Wenn er das Vertrauen des Reichs-
kanzlers nicht hätte, so würde er nicht mehr auf die-
sem Platze stehen. Die Erweiterung m der Werften
werden durchweg eintreten müssen.
Die Unruhen aus Kreta.
* Athen, 9. März. Die griechische Note
besagt: Nach Prüfung der Punkte, auf welche die
Note der Mächte sich erstreckt, unterbreitet die grie-
chische Regierung angesichts deren Bedeutsamkeit den
Mächten ihre eigene Ansicht über die angeordneten
Maßnahmen, ein: Ansicht, welche aus der Kenntniß
der kretischen Angelegenheiten hecvorgeht. Griechen-
land wünscht ebenso wie die Mächte die Aufrechter-
haltung des Friedens und will Kreta vor dem gänz-
lichen Untergange bewahren. Das von den Mächien
angenommene Regime wird diesen Ansichten nicht
entsprechen und das Schicksal der früheren Reform-
Systeme erleiden. Der Vorschlag des neuen Regimes
ist unfähig, die Ordnung wieder herzustellen. Die
Anarchie wird fortfahren, das ganze Land zu ver-
wüsten. Die Verantwortlichkeit der Regierung würde
eine übergroße sein, wenn sie die Mächte nicht bäte,
das angeordnete Regime abzuändern und Kreta mit
Griechenland zu vereinigen, wie dies schon bei Be-
freiung der anderen Provinzen geschehen, welche das
griechische Königreich bildeten, zur Zeit der Präsident-
schäft Capo d' Jetias. Angesichts der neuerlichen
Metzeleien, Plünderungen und Brandstiftungen würde
unser Land von Gewissensbissen gequält wegen der
Verantwortlichkeit, welche eS im vorigen Jahre über-
nommen, indem es die Kreter bestimmte, die Waffen
niederzulegsn. Die Nebel, welche hieraus folgten, ge-
statten uns nicht, die nämtiche Aufgabe zu unterneh-
men. Uebrigens würde unsere Stimme nicht gehört
werden, wenn die Mächte darauf beharren würden,
daß das neue Regime zur Einführung komme. Wel-
ches würde außerdem die Lage von Kreta bis zur
Einführung dieses Regimes sein? Im Namen der
Menschlichkeit und der Pacificirung der Insel ap-
pelliren wir an die Mächte in Bezug auf die Rück-
berufung unserer militärischen Kräfte. Wenn infolge
der Anwesenheit des Geschwaders der Mächte vor
Kreta und der Ueberzeugung, daß die vereinigte Flotte
die Landung türkischer Truppen verhindern werde,
die Gegenwart aller griechischen Schiffs für nicht
nöthig erachten werde, ist doch der Aufenthalt der
griechischen Armee auf Kreta im Interesse der Mensch-
lichkeit u. der Wiederherstellung der Ordnung er-
forderlich. Unsere Pflicht legt es un» auf, die Kretenser
nicht der Gnade u. dem Fanatismus d-r Muselmanen u.
der türkischen Armee zu überlassen, welche immer an dem
Angriff des Pöbels gegen die Christen theilgenommen
haben. Wenn unsere Truppen von den Mächten das
Mandat erhalten würden, die Insel zu pacificiren,
werden sie den Wünschen und Ansichten der Mächte
Rechenschaft tragen und volle Genrrgthuung erfahren.
Dann nach Wiederherstellung der Ordnung würde es
möglich sein, die Wünschen kennen zu lernen, welche
das kretische Volk frei auSsprecheu dürfe, um über
dessen Schicksal zu entscheiden. Die auf Kreta wieder-
holt verübten Schreckensthatea erregen fortwährend
daS griechische Volk, unterbrechen die wirthschaftliche
Thätigkeit und stören jede sparsame Finanzwirthschfft
des StaaieS. Selbst wenn wir vergessen sollten, daß
wir durch ReligionSintersssen verbundene Stammes-
und BlutSgenossen der Kreter sind, müssen wir den
Mächten erklären, daß der hellenische Staat ähnlichen
Erschütterungen nicht mehr widerstehen kann. Deshalb
appelliren wir an die hochherzigen Gefühlen der
Mächte und bitten uns zu erlauben, daß das kretische
Volk sich erhebe und sage, wie es regiert zu sein
wünscht.
* Rom, 9. März. Wie die Frkf. Zig. erfährt,
sind im Marineministerium alle Vorbereitungen ge-
troffen, um zu den 15 jetzt in den kretischen Gläs-
sern befindlichen Kriegsschiffen im Nothfalle «och 15
Schiffe zu senden. Eoenw sind 30 Transportschiffe
bereit, dis event. 10,000 Mann aufnehmen können.
Es scheint, daß England sich sehr für d:ese Vorberei-
tungen Italiens interessirt.
* Paris, 9. März. Nach hier vorliegenden
Nachrichten aus Canea von heute Vormittag halb 11
Uhr hätten die Türken heuce früh 2 Uhr die bel
Akrotiri lagernden Griechen angegriffen. Ein ernster
Kampf, der noch fortdauert, habe sich entspannen. Die
telegraphische Verbindung mü dec Sudabay sei ab-
igeschnitten.
i Ausland.
i * Wie», 9. März. Folgende Wahlresultate liegen
chus der fünften Karie vor: In Klagenfurt wurde
-gewählt Dr. Lemisch (deutsche Volkspartei), in Trop-
span der Schoenerianer, Wundarzt Tuerk. Stichwahlen
-sind nothwsudig in Jglau, Ungarisch Hradisch und
Wallachisch - Meseritsch zwischen Juugczschen und
Czechisch-Klrrikalen, in Znaim zwischen Czecheu und
Deutschliberalen; in Oimütz zwischen Czecheu und
! Sozialdemokraten.
Aus Baden.
Heidelberg, 10. März.
--- Zur Generalversammlung der Katholi-
ken Deutschlands erklärt die Germania, „daß über
Ort und Zsit der Versammlung nach unseren authen-
tischen Informationen noch nichts definitiv beschlossen
ist. Ja den angedeuteten Erörterungen der CentrumS-
blätter handelte es sich der Hauptsache nach darum,
ob eS angehen würde, die Generalversammlung mit
der Wallfahrt zum Grabe des fel. Petrus CanisiuS
in Freiburg in der Schweiz zu verbinden. Dieser
Plan dürfte wohl wring Aussicht auf Erfolg haben.
Abgesehen davon, daß Freiburg i. d. Schweiz als
außerdeutsche Stadt sich als Ort der Generalversamm-
luug der Katholiken Deutschlands absolut nicht eignen
würde, sprechen noch andere Gründe dafür, daß der
Plan des ständigen Kommissars, Sr. Durchlaucht
des Fürsten Löwenstein, Mainz oder Freiburg
i. B. wählen, überall Beifall finden wird. Nach
Schluß der ordnungsmäßigen Generalversammlung
steht der Wallfahrt zum Grabe des fel. CanisiuS nichts
im Wege." Wir ersehen hieraus zu unserer lebhaften
Befriedigung, daß Fürst Löwenstein die Versammlung
in der üblichen Weise abzuhalten gedenkt; ob in
Mainz, Freiburg i. B. oder anderswo, das zu be
stimmen ist seine Sache, da die Dortmunder Versamm-
lung ihm die Wahl deS OcteS anheimgestellt hat;
man kann darüber verschiedener Meinung sein, aber
die Zuständigkeit des Fürsten in der Wahl des Ortes
ist unbestritten. Der Plan, die Versammlung in die
Schweiz zu verlegen, war allerdings schon viel weiter
gediehen, als die Germania anzunehmen scheint; wir
halten unsere bezüglichen tatsächlichen Mittheilungen
vollständig aufrecht; aber das ist Nebensache, wenn
der Plan aufgegeben ist.
— Dem Erbgroßherzog wurde am letzten
Samstag eine großa.tige Ovation dargebracht. Ein
schier endloser Fackelzug bewegte sich unter Vorantritt
zweier MusikcorpS und verschiedener Gesangvereine
durch die Straßen von Koblenz zum Absteigequartier
des Ecbgroßherzogs, wo eine Serenade veranstaltet
wurde. Oberbürgermeister Schüller hielt eine An-
sprache, in welcher er der großm Freude der Bürger-
schaft Ausdruck gab über die E-nennung des Erb-
großherzogs zum Kommandeur des rheinischen Armee-
corps und seine Mitbürger zu einem dreifachen Hoch
-auf den Kaiserenkel aufforderte. Freudig stimmte die
Menge in die Rufe ein, denen sich der Gesang der
National Hymne anschloß. Nachdem noch zwei Musik-
stücke gespielt waren, lud der Herr Oberbürgermeister
die Vorsitzenden der Vereine ein, sich mit ihm zum
Erbgroßherzog zu begeben. Hier stellte er die Herren
einzeln vor; der Erbgroßherzog erkundigte sich bei
jedem der Herren nach dessen persönlichen Verhält-
nissen, nach dem Vereine u. s. w. Dann dankte er
in herz-ichen Worten für die ihm dargebrachtev O»
tionen. .
— Der Papst und die kretische Angelegt»
heil. Gleich der Mehrzahl dec englischen u. der sc»
zösischeu Blätter machrn auch — von wenigen eE
nahmen abgesehen — die italienischen Journale »»
ihrer Sympathie für Griechenland und sein kretische
Abenteuer kein Hehl. Vielfach bezeichnen sie es »l»
befremdlich, daß der Papst als das geistliche Ober"
Haupt der katholischen Christenheit bisher keine Schrat
gethan habe, seine Autorität zu Gunsten dec Christ«»
in der Türktt, insbesondere oder dec christlichen Kce-
ter, in die Wagschale zu werfen. Im Hinblick HA'
auf schreibt der mit den vatikanischen Kreisen in F»»',
lung stehende römische Gewährsmann d-r „Pol.Corc. -
„ES braucht wohl nicht erst betont zu werde»,
daß der Heilige Vater an dem Schicksale der Chcistc»
im Orient den lebhaftesten Autheil nimmt und denn
zufolge auh die Entwickelung der kretischen Krisis N»
gespanntem Interesse verfolgt. Ebenso selbst»srständ'
Och ist es, daß er das aufrichtige Bestreben der
Mächte, den Frieden vqr nachtheiligen Rückwirkungen
der Gährungen im ottomanischen Reichs zu bewahren-
sowie ihre Bemühungen, allgemeine Reformen in der
Türkei durchzusetzen, mit warmen Sympathien begleitet.
Eine andere Frage ist eS jedoch, ob eS im jetzig^
Augenblicke appo tun wäre, daß der Papst mit einer
Kundgebung, wie sie die erwähnten Blätter für wü»-
schenswerth erachten würden, hervortrete. Wenn dek
Papst bisher einen solchrn Schritt unterlassen Hs"
und diese Reserve auch weiterhin beobachten sollte,. !»
hat mau sich dies, wie in vatikanischen Kreisen betont
wird, aus der E,Wägung Seiner Heiligkeit zu erklären,
! daß im Hinblick auf den überaus heiklen Charakter
der imernationalen Lage und die großen Schwierig'
keiten, welche die europäische Diplomatie gegenwärtig
zu überwinden hat, Alles vermieden werden müssfi
was irgendwie den Anschein eines Eingreifens in die
Aktion der Mächte haben könnte. DaS schließt nacht-,
lich nicht aus, daß der Papst bei einer späteren Ge-
legenheit einen Appell zu Gunsten der Christen iM
Orient an die Mächte richten wird, wie er dies sch""
einmal gethan hat. Er darf übrigens hiebei ber
Umstand nicht ganz übersehen werden, daß die Ka-
tholiken in der Türkei, vielleicht wegen ihrer geringe»
Anzahl, seitens der Regierung und speziell seitens de»
Sultans immer eine wohlwollende Behandlung erfahre»
haben und daß sie bei den in den letzten Jahre»
gegen Christen verübten Gewaltthätigk-iten, von ver-
einzelten Ausnahmen abgesehen, verschont gebliebe»
sind. Auch durch diese Thatsache wird dem HE
der katholischen Kirche in seinem Verhalten gegenübet
der Pforte begreiflicherweise eine gewiss; Reserve aus-
erlegt."
Aus Nah und Fern.
Nachrichten für diese Rubrik sind uns jederzeit willkommen. — Etwaigk
Kosten werden stets sofort ersetzt.)
* H-id-lb-rg. 10, März. (Mrthmißlich-s W-tt-c für
Donnerstag, 11. März.) Fortdauer des trüben Wetters,
jedoch mit abnehmenden Niederschlägen ist in Aussicht t»
nehmen. ,,,
»Heidelberg. 10 März. Tagesordnung s»r
die am Samstag, den 13 Mäcr 1897 Worin. 9'/« Uhr »»
Bezirksrathssaat staitfindende Bezirksrathsitzung. „
1 Klage des Octsarmenverbands Heidelberg aege»
den Octsarinenverband Wiesenbach wegen Unterstütz»»»
des Johann Treu
2. Klage des Octsarmenverbands Heidelberg, gegen de»
Landarmen» ubaud Heidelberg, v-rtreten durch den Kreis'
ausschuß Heidelberg wegen Verpflegung der KommissionM
Friedrich Heinrich Fischer Ehefrau im akademischen Kranken-
haus Heidelberg.
3. Gesuch
a. der Karl Schmitt Eheleute dahier um Erlaubnis
zum Betrieb einer Schankwirthschaft im Hause Güterbahn-
hof Nr. 19;
d. des Wolfgang Florange dahier um Erlaubniß z»H
Betrieb einer Schankwirthschaft ohne BranntweiuauSscham
im Hause Lauerstraße Nr- 16 hier; .
o. des Joh. Ludwig Fietzer in Epp.lheim um Erlaub'
mß zum Betrieb einer Schankwirthschaft in dem umgebau-
ten Hause Nr. 74;
ä. der Schroedl'schen Brauereigesellschaft dahier »>»
Erlaubniß zum Betrieb einer Schankwirthschaft in dem ne»
zu erbauenden Hause Nr. 117 der Bergheimerstrabe dahier-
o. der Barbara Sieger Ehesrau dahier um Erlaubnis
zum Betrieb der Realwirthschaft „zum Mohren" dahier;
1. des Christian Frank dahier um Erlaubniß zums-ve
trieb einer Weinwirthschast im Hause Bahnhofstrabe
dahier; .
8. des Karl Nähr dahier um Erlaubniß zum Betrieb
der Schankwirthschaft ohne Branntweinausschank „z»rW>»
tracht" in Handschuhsheim.
4. Gesuch des Georg Friedrich Günther II. in Doste»
heim um Befristung der ihm unterm 19. IX. 1874 ertheu-
ten Erlaubniß zum Betrieb einer Gastwirthfchaft daselbst-
5. Gesuch des Metzgers Heinrich Künzer in MönchM
um Erlaubniß zur Errichtung einer Schlachtstätte daselvN-
6. Milzbrand bei einer Kuh des Landwirths Leon-
hard Hege I in Eppelheim, hier Festsetzung der Entschädig»»»;
? Heidelberg, 10. März. (Heidelberger Stadttheater-)
Zum Benefiz des Herrn Adolf Hacnack geht am Donner-
stag, den 11. März Paul Lindaus rühmlichst bekannte»
Lustspiel „Ein Erfolg" in Scene. Paul Linda» »t
durch seine geistvollen und witzreichen Lustspiele hinläng-
lich bekannt. Der Benefiziant, Herr Harnack, hat sich d»ra>
seine 3jährige Thätigkeit am hiesigen Theater viel Symp»'
thieen erworben. Dazu kommt, daß neben ihm die Koa«'
ker, die Herren Daghofer, Jrzinger, Kallenberger, Mich
und die Damen Korn, Sander und Winkler in höchst on-
haben, nicht zu widerlegen, daher mußte die Frei-
sprechung erfolgen. Die vorläufige Schließung wurde
aufgehoben, die Kosten der Staatskasse auferlegt.
* Berlin, 9. März. Die Budgetkommijfion des
Reichstages setzte heute die Berathung deS Marine-
etat fort. Staatssekretär Hollmann theil'.e auf An-
frage Liebers mit, die seitens der Marine gemachten
Aufstellungen ergeben im Ocdinarium 69 ein halb
Millionen bis 1901. Abg. Kardorff (kons.) hält es
für nothmendig, daß die Flotte der russ. Ostseeflotte
etwas überlegen sei. A g. v. Leipziger (kons.) er-
klärt, die Konservativen müßten sich die Entscheidung
in jedem einzelnen Falle Vorbehalten. Abg. Bachem
(Ctr.) ist erfreut, daß auch die Konservativen die
Forderungen nicht saus Mrass bewilligen wollen.
Abg. v. Jagdzewsky (Pole) erklärt, die Polen werden
die einzelnen Forderungen durchaus sachlich prüfen.
Abg. Galler (freis. Volksp) ist überzeugt, daß unsere
Macht auf dem L ndheere beruhe. Wir dürften nur
eine defensive Flotte haben. Aog. v. Voümac (Soz )
warnt vor einer Weitpolitik. Abg. Werner (Ant.)
erklärt, seine Partei werde sich in erster Linie von
nationalen Gesichtspunkten leiten lassen. Abg. Ham-
mach» (nat.lib.) tritt für die Flotte ein. Abg. Pach-
nike (freis. Vergg.) hält der. Standpunkt derjenigen,
die gar nichts bewillige» wollen, für unhaltbar. Seine
Partes werde die Pflicht dec Sparsamkeit mit der
Rücksicht auf die Laudesvectheidigung verbinden.
Staatssekretär von Posadowsky betrachtet sich voll-
kommen als Organ des Reichskanzlers. Dis abgege-
benen Erläuterungen geben lediglich die Auffassung
des Staatssekretärs der Marine wieder. Die von dem
Reichskanzler bestimmt formulirten Erklärungen ent-
hebe» ihn von jeder besonderen Ekläcung. Die
Wünsche der einz lnen Ressorts könnten nur unter der
Berücksichtigung der vorhandenen Geldmittel Verwirk-
lichung finden. Staatssekretär Hollmann erklärt Rich-
ter gegenüber, die Schulschiffe dürften nicht für den
politischen Dienst eingerichtet werden. ES sei ihm
nicht eingefallen, eine Flotte, wie die französische zu
fordern. DaS Vertrauen Richters habe er nie be-
sessen. Hoffentlich habe er das Vertrauender Reichs-
tagsmehrheit. Wenn er das Vertrauen des Reichs-
kanzlers nicht hätte, so würde er nicht mehr auf die-
sem Platze stehen. Die Erweiterung m der Werften
werden durchweg eintreten müssen.
Die Unruhen aus Kreta.
* Athen, 9. März. Die griechische Note
besagt: Nach Prüfung der Punkte, auf welche die
Note der Mächte sich erstreckt, unterbreitet die grie-
chische Regierung angesichts deren Bedeutsamkeit den
Mächten ihre eigene Ansicht über die angeordneten
Maßnahmen, ein: Ansicht, welche aus der Kenntniß
der kretischen Angelegenheiten hecvorgeht. Griechen-
land wünscht ebenso wie die Mächte die Aufrechter-
haltung des Friedens und will Kreta vor dem gänz-
lichen Untergange bewahren. Das von den Mächien
angenommene Regime wird diesen Ansichten nicht
entsprechen und das Schicksal der früheren Reform-
Systeme erleiden. Der Vorschlag des neuen Regimes
ist unfähig, die Ordnung wieder herzustellen. Die
Anarchie wird fortfahren, das ganze Land zu ver-
wüsten. Die Verantwortlichkeit der Regierung würde
eine übergroße sein, wenn sie die Mächte nicht bäte,
das angeordnete Regime abzuändern und Kreta mit
Griechenland zu vereinigen, wie dies schon bei Be-
freiung der anderen Provinzen geschehen, welche das
griechische Königreich bildeten, zur Zeit der Präsident-
schäft Capo d' Jetias. Angesichts der neuerlichen
Metzeleien, Plünderungen und Brandstiftungen würde
unser Land von Gewissensbissen gequält wegen der
Verantwortlichkeit, welche eS im vorigen Jahre über-
nommen, indem es die Kreter bestimmte, die Waffen
niederzulegsn. Die Nebel, welche hieraus folgten, ge-
statten uns nicht, die nämtiche Aufgabe zu unterneh-
men. Uebrigens würde unsere Stimme nicht gehört
werden, wenn die Mächte darauf beharren würden,
daß das neue Regime zur Einführung komme. Wel-
ches würde außerdem die Lage von Kreta bis zur
Einführung dieses Regimes sein? Im Namen der
Menschlichkeit und der Pacificirung der Insel ap-
pelliren wir an die Mächte in Bezug auf die Rück-
berufung unserer militärischen Kräfte. Wenn infolge
der Anwesenheit des Geschwaders der Mächte vor
Kreta und der Ueberzeugung, daß die vereinigte Flotte
die Landung türkischer Truppen verhindern werde,
die Gegenwart aller griechischen Schiffs für nicht
nöthig erachten werde, ist doch der Aufenthalt der
griechischen Armee auf Kreta im Interesse der Mensch-
lichkeit u. der Wiederherstellung der Ordnung er-
forderlich. Unsere Pflicht legt es un» auf, die Kretenser
nicht der Gnade u. dem Fanatismus d-r Muselmanen u.
der türkischen Armee zu überlassen, welche immer an dem
Angriff des Pöbels gegen die Christen theilgenommen
haben. Wenn unsere Truppen von den Mächten das
Mandat erhalten würden, die Insel zu pacificiren,
werden sie den Wünschen und Ansichten der Mächte
Rechenschaft tragen und volle Genrrgthuung erfahren.
Dann nach Wiederherstellung der Ordnung würde es
möglich sein, die Wünschen kennen zu lernen, welche
das kretische Volk frei auSsprecheu dürfe, um über
dessen Schicksal zu entscheiden. Die auf Kreta wieder-
holt verübten Schreckensthatea erregen fortwährend
daS griechische Volk, unterbrechen die wirthschaftliche
Thätigkeit und stören jede sparsame Finanzwirthschfft
des StaaieS. Selbst wenn wir vergessen sollten, daß
wir durch ReligionSintersssen verbundene Stammes-
und BlutSgenossen der Kreter sind, müssen wir den
Mächten erklären, daß der hellenische Staat ähnlichen
Erschütterungen nicht mehr widerstehen kann. Deshalb
appelliren wir an die hochherzigen Gefühlen der
Mächte und bitten uns zu erlauben, daß das kretische
Volk sich erhebe und sage, wie es regiert zu sein
wünscht.
* Rom, 9. März. Wie die Frkf. Zig. erfährt,
sind im Marineministerium alle Vorbereitungen ge-
troffen, um zu den 15 jetzt in den kretischen Gläs-
sern befindlichen Kriegsschiffen im Nothfalle «och 15
Schiffe zu senden. Eoenw sind 30 Transportschiffe
bereit, dis event. 10,000 Mann aufnehmen können.
Es scheint, daß England sich sehr für d:ese Vorberei-
tungen Italiens interessirt.
* Paris, 9. März. Nach hier vorliegenden
Nachrichten aus Canea von heute Vormittag halb 11
Uhr hätten die Türken heuce früh 2 Uhr die bel
Akrotiri lagernden Griechen angegriffen. Ein ernster
Kampf, der noch fortdauert, habe sich entspannen. Die
telegraphische Verbindung mü dec Sudabay sei ab-
igeschnitten.
i Ausland.
i * Wie», 9. März. Folgende Wahlresultate liegen
chus der fünften Karie vor: In Klagenfurt wurde
-gewählt Dr. Lemisch (deutsche Volkspartei), in Trop-
span der Schoenerianer, Wundarzt Tuerk. Stichwahlen
-sind nothwsudig in Jglau, Ungarisch Hradisch und
Wallachisch - Meseritsch zwischen Juugczschen und
Czechisch-Klrrikalen, in Znaim zwischen Czecheu und
Deutschliberalen; in Oimütz zwischen Czecheu und
! Sozialdemokraten.
Aus Baden.
Heidelberg, 10. März.
--- Zur Generalversammlung der Katholi-
ken Deutschlands erklärt die Germania, „daß über
Ort und Zsit der Versammlung nach unseren authen-
tischen Informationen noch nichts definitiv beschlossen
ist. Ja den angedeuteten Erörterungen der CentrumS-
blätter handelte es sich der Hauptsache nach darum,
ob eS angehen würde, die Generalversammlung mit
der Wallfahrt zum Grabe des fel. Petrus CanisiuS
in Freiburg in der Schweiz zu verbinden. Dieser
Plan dürfte wohl wring Aussicht auf Erfolg haben.
Abgesehen davon, daß Freiburg i. d. Schweiz als
außerdeutsche Stadt sich als Ort der Generalversamm-
luug der Katholiken Deutschlands absolut nicht eignen
würde, sprechen noch andere Gründe dafür, daß der
Plan des ständigen Kommissars, Sr. Durchlaucht
des Fürsten Löwenstein, Mainz oder Freiburg
i. B. wählen, überall Beifall finden wird. Nach
Schluß der ordnungsmäßigen Generalversammlung
steht der Wallfahrt zum Grabe des fel. CanisiuS nichts
im Wege." Wir ersehen hieraus zu unserer lebhaften
Befriedigung, daß Fürst Löwenstein die Versammlung
in der üblichen Weise abzuhalten gedenkt; ob in
Mainz, Freiburg i. B. oder anderswo, das zu be
stimmen ist seine Sache, da die Dortmunder Versamm-
lung ihm die Wahl deS OcteS anheimgestellt hat;
man kann darüber verschiedener Meinung sein, aber
die Zuständigkeit des Fürsten in der Wahl des Ortes
ist unbestritten. Der Plan, die Versammlung in die
Schweiz zu verlegen, war allerdings schon viel weiter
gediehen, als die Germania anzunehmen scheint; wir
halten unsere bezüglichen tatsächlichen Mittheilungen
vollständig aufrecht; aber das ist Nebensache, wenn
der Plan aufgegeben ist.
— Dem Erbgroßherzog wurde am letzten
Samstag eine großa.tige Ovation dargebracht. Ein
schier endloser Fackelzug bewegte sich unter Vorantritt
zweier MusikcorpS und verschiedener Gesangvereine
durch die Straßen von Koblenz zum Absteigequartier
des Ecbgroßherzogs, wo eine Serenade veranstaltet
wurde. Oberbürgermeister Schüller hielt eine An-
sprache, in welcher er der großm Freude der Bürger-
schaft Ausdruck gab über die E-nennung des Erb-
großherzogs zum Kommandeur des rheinischen Armee-
corps und seine Mitbürger zu einem dreifachen Hoch
-auf den Kaiserenkel aufforderte. Freudig stimmte die
Menge in die Rufe ein, denen sich der Gesang der
National Hymne anschloß. Nachdem noch zwei Musik-
stücke gespielt waren, lud der Herr Oberbürgermeister
die Vorsitzenden der Vereine ein, sich mit ihm zum
Erbgroßherzog zu begeben. Hier stellte er die Herren
einzeln vor; der Erbgroßherzog erkundigte sich bei
jedem der Herren nach dessen persönlichen Verhält-
nissen, nach dem Vereine u. s. w. Dann dankte er
in herz-ichen Worten für die ihm dargebrachtev O»
tionen. .
— Der Papst und die kretische Angelegt»
heil. Gleich der Mehrzahl dec englischen u. der sc»
zösischeu Blätter machrn auch — von wenigen eE
nahmen abgesehen — die italienischen Journale »»
ihrer Sympathie für Griechenland und sein kretische
Abenteuer kein Hehl. Vielfach bezeichnen sie es »l»
befremdlich, daß der Papst als das geistliche Ober"
Haupt der katholischen Christenheit bisher keine Schrat
gethan habe, seine Autorität zu Gunsten dec Christ«»
in der Türktt, insbesondere oder dec christlichen Kce-
ter, in die Wagschale zu werfen. Im Hinblick HA'
auf schreibt der mit den vatikanischen Kreisen in F»»',
lung stehende römische Gewährsmann d-r „Pol.Corc. -
„ES braucht wohl nicht erst betont zu werde»,
daß der Heilige Vater an dem Schicksale der Chcistc»
im Orient den lebhaftesten Autheil nimmt und denn
zufolge auh die Entwickelung der kretischen Krisis N»
gespanntem Interesse verfolgt. Ebenso selbst»srständ'
Och ist es, daß er das aufrichtige Bestreben der
Mächte, den Frieden vqr nachtheiligen Rückwirkungen
der Gährungen im ottomanischen Reichs zu bewahren-
sowie ihre Bemühungen, allgemeine Reformen in der
Türkei durchzusetzen, mit warmen Sympathien begleitet.
Eine andere Frage ist eS jedoch, ob eS im jetzig^
Augenblicke appo tun wäre, daß der Papst mit einer
Kundgebung, wie sie die erwähnten Blätter für wü»-
schenswerth erachten würden, hervortrete. Wenn dek
Papst bisher einen solchrn Schritt unterlassen Hs"
und diese Reserve auch weiterhin beobachten sollte,. !»
hat mau sich dies, wie in vatikanischen Kreisen betont
wird, aus der E,Wägung Seiner Heiligkeit zu erklären,
! daß im Hinblick auf den überaus heiklen Charakter
der imernationalen Lage und die großen Schwierig'
keiten, welche die europäische Diplomatie gegenwärtig
zu überwinden hat, Alles vermieden werden müssfi
was irgendwie den Anschein eines Eingreifens in die
Aktion der Mächte haben könnte. DaS schließt nacht-,
lich nicht aus, daß der Papst bei einer späteren Ge-
legenheit einen Appell zu Gunsten der Christen iM
Orient an die Mächte richten wird, wie er dies sch""
einmal gethan hat. Er darf übrigens hiebei ber
Umstand nicht ganz übersehen werden, daß die Ka-
tholiken in der Türkei, vielleicht wegen ihrer geringe»
Anzahl, seitens der Regierung und speziell seitens de»
Sultans immer eine wohlwollende Behandlung erfahre»
haben und daß sie bei den in den letzten Jahre»
gegen Christen verübten Gewaltthätigk-iten, von ver-
einzelten Ausnahmen abgesehen, verschont gebliebe»
sind. Auch durch diese Thatsache wird dem HE
der katholischen Kirche in seinem Verhalten gegenübet
der Pforte begreiflicherweise eine gewiss; Reserve aus-
erlegt."
Aus Nah und Fern.
Nachrichten für diese Rubrik sind uns jederzeit willkommen. — Etwaigk
Kosten werden stets sofort ersetzt.)
* H-id-lb-rg. 10, März. (Mrthmißlich-s W-tt-c für
Donnerstag, 11. März.) Fortdauer des trüben Wetters,
jedoch mit abnehmenden Niederschlägen ist in Aussicht t»
nehmen. ,,,
»Heidelberg. 10 März. Tagesordnung s»r
die am Samstag, den 13 Mäcr 1897 Worin. 9'/« Uhr »»
Bezirksrathssaat staitfindende Bezirksrathsitzung. „
1 Klage des Octsarmenverbands Heidelberg aege»
den Octsarinenverband Wiesenbach wegen Unterstütz»»»
des Johann Treu
2. Klage des Octsarmenverbands Heidelberg, gegen de»
Landarmen» ubaud Heidelberg, v-rtreten durch den Kreis'
ausschuß Heidelberg wegen Verpflegung der KommissionM
Friedrich Heinrich Fischer Ehefrau im akademischen Kranken-
haus Heidelberg.
3. Gesuch
a. der Karl Schmitt Eheleute dahier um Erlaubnis
zum Betrieb einer Schankwirthschaft im Hause Güterbahn-
hof Nr. 19;
d. des Wolfgang Florange dahier um Erlaubniß z»H
Betrieb einer Schankwirthschaft ohne BranntweiuauSscham
im Hause Lauerstraße Nr- 16 hier; .
o. des Joh. Ludwig Fietzer in Epp.lheim um Erlaub'
mß zum Betrieb einer Schankwirthschaft in dem umgebau-
ten Hause Nr. 74;
ä. der Schroedl'schen Brauereigesellschaft dahier »>»
Erlaubniß zum Betrieb einer Schankwirthschaft in dem ne»
zu erbauenden Hause Nr. 117 der Bergheimerstrabe dahier-
o. der Barbara Sieger Ehesrau dahier um Erlaubnis
zum Betrieb der Realwirthschaft „zum Mohren" dahier;
1. des Christian Frank dahier um Erlaubniß zums-ve
trieb einer Weinwirthschast im Hause Bahnhofstrabe
dahier; .
8. des Karl Nähr dahier um Erlaubniß zum Betrieb
der Schankwirthschaft ohne Branntweinausschank „z»rW>»
tracht" in Handschuhsheim.
4. Gesuch des Georg Friedrich Günther II. in Doste»
heim um Befristung der ihm unterm 19. IX. 1874 ertheu-
ten Erlaubniß zum Betrieb einer Gastwirthfchaft daselbst-
5. Gesuch des Metzgers Heinrich Künzer in MönchM
um Erlaubniß zur Errichtung einer Schlachtstätte daselvN-
6. Milzbrand bei einer Kuh des Landwirths Leon-
hard Hege I in Eppelheim, hier Festsetzung der Entschädig»»»;
? Heidelberg, 10. März. (Heidelberger Stadttheater-)
Zum Benefiz des Herrn Adolf Hacnack geht am Donner-
stag, den 11. März Paul Lindaus rühmlichst bekannte»
Lustspiel „Ein Erfolg" in Scene. Paul Linda» »t
durch seine geistvollen und witzreichen Lustspiele hinläng-
lich bekannt. Der Benefiziant, Herr Harnack, hat sich d»ra>
seine 3jährige Thätigkeit am hiesigen Theater viel Symp»'
thieen erworben. Dazu kommt, daß neben ihm die Koa«'
ker, die Herren Daghofer, Jrzinger, Kallenberger, Mich
und die Damen Korn, Sander und Winkler in höchst on-