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Pfälzer Volksblatt: Organ für Wahrheit, Freiheit & Recht — 1.1897

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März 1897
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Nr. 59
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https://doi.org/10.11588/diglit.42846#0238

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dem Verbot betroffenen Gebenden dürfen eingeführt
werden, sofern diese bei der Abfahrt des Schiffes vom
Abgangshafen von der Pest noch nicht befallen sind,
die Waare im Hafenplatz selbst oder in ven nächsten
Umgebung für den SchiffStransport hergcrichtet und
zu Ballen gepreßt ist, außerdem die Sendung völlig
lufttrocken ankommt. Für diese im Handelsverkehr
mit Kipse bezeichneten Häute und Felle ist ein Kon-
sularattest erforderlich. Nicht einqegriffen in die Ver-
günstigung sind die Sendungen von Bombay, Curra-
chee, Hongkong, Canton, Swatau, Makao u. Formosa
oder wegen sonstiger Umstände besonders gefährlich
erscheinende Sendungen. Ueber die ausnahmsweise
Zulassung der Herkunft dieser Art behält sich der
Reichskanzler die Entscheidung vor.
* Berlin, 11. März. In der heutigen Sitzung
der Budgetkommission wurde über das Bankwesen ver-
handelt. Auf die Anfrage des Grafen Stolberg betr.
Gleichstellung der Lombardfähigkeit der land-
schaftlichen Pfandbriefe mit den Staatspapieren er-
klärte Reichsbankpräsident Koch, er halte die land-
schaftlichen Pfandbriefe für Umlazepapiere erster Klasse.
In der Sitzung war unser Centrumsabg. Dr. Lieber,
welcher einige Tage kraul war, anwesend.
sZ * Darmstadt, 11. März. Die zweite Kammer
beschloß nach längerer Debatte gegen 16 Stimmen die
Verlängerung des gegenwärtigen Finanzgesetzes auf
sechs Monate und nahm sodann die Regierungsvor-
lage betr. dis Fürsorge für Beamte bei Betriebsun-
fällen sowie den Gesetzentwurf betr. die Ruhegehalts-
Verhältnisse und die Versorgung der Hinterbliebenen
der im hessisch-preußischen Gemeinschaftssienst an ge-
stellten Staatseijenbahnbeamten ohne Debatte a».

Deutscher Reichstag.
Berlin, 10. März.
(Schluß.)
Abg. Rettich (dc.) behandelt die Angelegenheit vom
Gesichtspunkte der Bakterienfrage.
Abg. Graf v. Arnim (Reichsp.): In einem Flug-
blatte des Verbandes gegen agrarische Usbergriffe bin
ich unter Bezugnahme auf eine Bemerkung von mir,
daß eine Berliner Mühle Klei; geliefert habe, an dec
die Schweine ccepirt seien, der Ferkeltöter genannt
worden.
Abg. Fischbeck (frs. Vp.): Graf Arnim darf eS
uns nicht für übel nehmen, wenn wir ihm den Rath
geben, in Zukunft vorsichtiger zu sein.
Abg. Dr. Barth (frs. Vp): Die Berliner Mühlen
hatten vollständig recht, in so deutlicher Weise dem
Herrn Grafen Arnim zu antworten. Wenn der
Schutzverbaud gegen agrarische Usbergriffe sich der-
selben annahm, so leistete er der Oeffentlichkeit einen
Dienst. (Lachen rechts).
Abg. Richter (frs. Vp.): Hätte ich die Angelegen-
heit im Reichstag vorgebracht, dann hätte sich Herr
v. Mendel beschwert, und thue ich es im Reichstag
und im Abgeordnetenhaus, dann kann sich Herr v.
Klinckowström beschweren (Heiterkeit), daß ich es nicht
im Herrenhause zur Sprache bringe, daS mir bis
jetzt doch «och nicht zugänglich ist. (Heiterkeit). Graf
Arnim ist für seine Behauptung über falsche Notirun-
gen an der Börse beweisfällig geblieben. Ich werde
darauf zurückkommen, wenn die Frage auf der Tages-
ordnung steht.
Abg. Graf v. Arnim (Rp.): Ich bitte mir nach-
zuweisen, wo ich die Behauptung aufgestellt habe, daß
an der Börse falsche Notirungen stattfindeu.
Abg. Richter (frs. Vp.): Hier habe ich einen Ar-
tikel der „Post" vom Sonntag, den 5. Juni 1896,
unterzeichnet Graf v. Arnim, M. d. R. über Loco-
«otirungen für Getreideabschlüsse. Da wird die Be-
hauptung aufgestellt, daß an der Börse falsch notirt
wird, daß geradezu catilinarische Existenzen auf die
Preisfeststellung einwirken. (Hört, hört! links).
Abg. Graf v. Arnim (Rp.): ES ist doch ein gro-
ßer Unterschied, ob falsche Preise notirt werden, oder
ob aus die Preisbildung unberechtigte Einwirkungen
stattfinden. (Großes Gelächter links )
Abg. Rickert (frs. Vg.): Ich bin nicht der Ver-
fasser des Flugblattes, aber nach der heutigen Ver-
handlung und nach der eben gehörten Erklärung des
Grafen v. Arnim möchte ich annehmen, daß alles
richtig ist, was drinsteht. Die Herren scheinen anzu-
nehmen, daß ein Kaufmann keine Ehre im Leibe
hat. Graf v. Schwerin-Löwitz hat sich auch heute
nicht entschuldigt, er wird aber dazu gezwungen
werden.
Abg. Graf v. Schwerin Löwitz: Ich bitte Sie, sich
nur noch ein paar Tage zu gedulden, dann werde ich
im Abgeordnetenhause die Sache ausführlich darlegen.
Ich habe niemals den Vorwurf erhoben, daß die
Notirungskommiffare in Stettin ihre amtliche Pflicht
verletzt haben.
ich kalt und gleichgültig gegen Euch Alle? Die Heimath
mochte ich nicht Wiedersehen, und damals überließ ich mich
Laster aller Art, — dem Spiel, dem Trunk. — -
Der Kapitän machte eine Pause und seufzte tief. Wal-
ter schaute ihn voll innigster Theilnahme und zugleich ver-
wundert an-
(Fortsetzung folgt.)

Abg. Rickert (frs. Vg.): Graf Schwerin hat mich
aufgefordert, zu beweisen, daß er den Stettinern
falsche Notirungen vorgeworfen habe. Ich lege den
Beweis hiermit auf den Tisch des Hauses nieder und
behalte mir das weitere vor.
Der Antrag wird hierauf gegen die Stimmen der
Freisinnigen und der Sozialdemokraten angenommen.
In der KommissionSberathung war er mit derselben
Mehrheit abgelehnt worden. Nächste Sitzung Donners-
tag lUhr. Tagesordnung: Anträge betreffend Rechts-
verhältnisse d r ländlichen Arbeiter uud des Gesindes,
Bäckereiverordnung, confessioneller Eid. — Schluß 5
Uhr 5 Minuten.
Berlin, 11. März.
Am BundeSrathstische von PosadowSky und Boet-
ticher.
Antrag Auer und Gen., die landesgesetzlichen
Sonderbestimmungen über die Rechtsverhältnisse der
land- u. forstwirthschaftlichen Arbeiter u. des Gesindes
zum Arbeitgeber aufzuheben und an deren Stelle die
ReichSgewerbcorduung zu setzen.
Hierzu liegt ein Antrag Lenzmann vor, der die
reichsgesetzliche Regelung die Rechtsverhältnisse durch
einen Gesetzentwurf fordert.
Abg. Stadthagen (Soz.) bittet »den Antrag Lenz-
mann abzulehnen und begründet den Antrag Auer.
Ein besonders neues Reichsgesindegesetz würde wieder
Sonderheiten schaffen.
Abg. Stadthagen (Soz.) schildert die Lage der
ländlichen Arbeiter im sogenannten Ostelbisn, das das
ZüchtigunzSrecht der Herrschaft gegenüber den Dienst-
boten habe, das mancherlei Ungeheuerlichkeiten zeitige.
Redner br nzt besondere Fälle in Mecklenburg vor u.
verlangt das Koaliriünsrecht für die landwirthschaft-
lichen Arbeiter.
Großherzogl. Mecklenburgischer BundeSrathSbevoll-
mächtigter Ministerialcath Langenfeld verwahrt das
Mecklenburgische Oberlandergericht ge^en die Angriffe
des Vorredners. In dem angeführten Falle, wo ein
Gänscjunge vom Gutsverwalter mit der Peitsche ge-
schlagen worden sei, sei letzterer fceigesprochen worden.
ES hatten die Eltern gewissermaßen daS Züchtigungs-
recht an den Dienstherr» übertragen gehabt.
Abg. Lenzmann (freis. VolkSp) befürwortet seinen
Antrag. Die Regelung d:r Angelegenheit dürfe nicht
schablonenmäßig erfolgen, wie der Antrag Auer wolle.
An der Gewerbeordnung dürfe nicht herungefl'ckt wer-
den, sonst finde man gar nichts mehr heraus. Viele
Bestimmungen der Gewerbeordnung passen nicht für
das Gesinde, auch nicht für das landwirthschaftliche —
so die Bestimmungen über die Sonntagsruhe und die
Kündigung.
Abg. Bachem (Ctr.) verweist auf die Resolution,
die der Reichstag in der Richtung des Antrages Lenz-
mann bei Berathung des bürgerlichen Gesetzbuches an-
genommen. Der Antrag sei daher nicht unbedingt er-
forderlich, jedoch stimme das Centrum zu; dagegen
wäre der Antrag Auer nur hinderlich in der Sache,
die sich auf gutem Wege befinde.
Abg. Marquardsen (natl.): Er wundere sich, daß
so verständige Leute wie die Herren College« Bebel
und Auer die Gewerbeordnung auf die Dienstboten
übertragen wollen. Für den Antrag Lenzmann werden
wir gern stimmen.
An der weiteren Debatte betheiligen sich die Abg.
Stumm (Rnchsp.), Spahn (Ctr.) und Schall (Ions.)
Schließlich wird der Antrag Auer abgelehnt, der
Antrag Lenzmann angenommen, gegen die Stimmen
der Rechten, einiger Antisemiten und einiger Centrums-
mitglieder.
Die Berathung des Antrages Kardorff-Manteuffel
auf Abänderung der Bäckereiverordnung wird auf
Antrag des Abg. Pichler (Ctr.) von der Tagesord-
nung abgesetzt.
Darauf vertagt sich daS Haus auf morgen 1 Uhr.
Tagesordnung: Kleinere Vorlagen. Erste Lesung
des Gesetzentwurfs betr. die Gedenkhalle für die Krieger.
Schluß 4 Uhr 55 Min.

Ausland.
* Rom, 12. März. Der Kcönungstag des Hl.
Vaters L eo XIII. ist wegen des Äschermittwochs
Heuer am Donnerstag, den 4. März gefeiert worden.
Beim großen Empfang im Vatikan hat der Papst die
Trübsale der Christen im Orient besprochen und die
Mächte Europas eingeladen, sich um Kreta ernstlich
anzunehmen.

Die Unruhen auf Kreta.
* London, 11. März. Der „Times" wird aus
Kanea vom gestrigen Tage gemeldet: Aus den Be-
richten der italienischen Offiziere und anderen Per-
sonen an Bord der Trinaeria, welche die Flüchtlinge
aus Kandano nach Kanea gebracht hat, erhellt, daß
der britische Konsul Biliotti zuerst allein nach Kandano
gegangen ist, und sodann die zur Befreiung der Ein-
geschlossenen abgesandte Truppenabtheiluug, welche aus
200 britischen, 100 französischen, 100 österreichisch-
ungarischen, 150 russischen und 55 italienischen Sol- j

daten und 4 Geschützen bestand. Die Streitmacht,
welche unter dem Befehl des Kapitäns Rödney stan"-
gelangte Dienstag früh nach Kandano und verbuk"
dort 6 Stunden Die Christen rückten in die S-a»
und plünderten dieselbe, ehe die Mohamedaner alle
fort waren. Die Christen verfolgten die nach der
Küste ziehenden Flüchtlinge und bemächtigten sich
nes Mädchens und eines TheilS des Gepäcks u. dec
Waffen. Als die Flüchtlinge nach Setino kauten,
nahm der sie verfolgende Haufe bewaffneter Christen
eine drohende Haltung an und st-ckte d>« Iradt M
Brand, während die Flüchtlinge sich einschifften. Die
Aufständischen gaben auch auf die zur Befreiung btt
Eingeschlossenen entsandte Truppen Abthüluag btt
Mächte Feuer, welche das Feuer erwiederte. ,
* Konstantinopel, 10 März. Der KciegSratY
beschloß in seiner heutigen Sitzung die sofortige M"'
bilisirung des vierten Ärmeecorv?.

Aus Baden.
Heidelberg, 12. März.
— Bertrauensmäonerverfammlnng Älsbaw
nach Ostern wird auch daS Centrum in Baden eine
Versammlung von Vertrauensmännern aus allen The>-
len des Land s abhalten. Wenn nicht unvorhergesehen^
Schwierigkeiten hindernd in den Weg treten, wir"
dieselbe wohl in der ersten Häifte des Monats Mat
tagen können.
— Die wissenschaftliche Arbeit eines Jesuiteü
findet auch rn gegnerischen Blättern Anerkennung-
Die demokratische „Bert. VolSztg." schreibt: Eme aus-
gezeichnete Arbeit über den Taifun vom 22. bis 2b-
Juli 1896, welchem unser Kanonenboot „Iltis", ib
beklagenSwerther Weise zum Opfer gefallen ist, bringt
das Märzheft der Marine Rundschau aus Zl-ka war-
Verfassir der Arbeit ist der Jesmteapater Louis Fstt,
der Leiter der astronomisch-meteorologischen Station
in Zi-ka-wai. Zi-ka wai liegt etwa 1?/r deutsch^
Meilen von Shanghei entfernt am Ufer des Wampo»'
Fluss-S und ist der Hrupisttz der Jffuitenmisswn rN
China. Die Mission zerfällt in zwei g-sondette
Thüle: eine Anzahl der PatreS erfüllt wissenschaftlich^
Aufgaben, die übrigen dienen der Propaganda. Dis
Zöglinge der Mission haben alio, foweit sie geist'ü
befähigt sind, eine Art Universität im Kloster, und
in der That sind aus dem J-suitenkloster mehret
chinesische Coristm hervorgegangm, welche den Höchsts
chinesischen Grad, den der Hantins, erworben habe«,
welcher zur Bekleidung der höchsten Staatsstellungen
befähigt und den auch die Vicekönige haben müssen-
Die wissenschaftlichen Arbeiten der Patres erstrecken
sich auf alle Gebiete, u. A. Botanik, Zoologie, Mein-
em, Rechtswissenschaft u. s. w. Die Meteorologe
nimmt eine besonders wichtige Stellung ein. M
dienen ein eigenes Gcbäud; auf dem Gelände de»
Klosters und ei» Terrain, auf welchem Fodor'M
Bodenuntersuchuugen und sonstige Arbeiten im Freren
vorgenommen werden. Die Station ist mit btt
besten exiftirenden Instrumenten ausgerüstet, U. A-
zur Beobachtung der magnetischen Schwankungen btt
Ecdcurven, uud versieht den gesammten meteorologi-
schen Dienst an der chinesischen Küste, die Reguliruag
der Zeitbälle, die Sturmwarnungen rc. Leiter der
Hauptstation ist der erwäh lte Pater L. Froc, eM
Holländer von Geburt und akademisch gebildeter
Astronom und Meteorologe, der übrigens mit Genehmig-'
ung seinen Oberen zweimal die sonst nie gestattete
Reise nach Europa zum Ankauf von Instrumente»
gemacht hat.
— Die Märzfeier in Frankfurt a. M. Dre
sozialdemokratische Partei wird auch in diesem 3"^
eine ErinneruogSferer an den 18. März des Jahre»
1848 veranstalten, und zwar ist als Festredner der
württembergische Landtagsabgeordnete Kloß-Stuttgart
in Aussicht genommen. Man hatte die Absicht, dre
Feier im Zoologischen Garten abzuhalten, der Aus-
sichtSrath der Neuen Zoologischen Gesellschaft hat rn-
deß daS betreffende Ersuchen mit der Begründung ab-
gelehnt, der Saal werde nur zu Wahlzeiten für
litische Versammlungen bewilligt.

Aus Nah und Fern.
Nachricht«« für diese Rubrik sind un« jederzeit willkommen. — Etwaig«
Kosten werden stet« sofort ersetzt.»
» Heidelberg, 12. März. (Muthmaßliches,Wetter für
SamStag, 13. März.) Großtentheils trübes und auch S»
vereinzelten Niederschlägen genelgtes Wetter in Aussicht »u
nehmen.
* Heidelberg, 12. März. Im Auftrage des Erbgroß-
Herzogs und seiner Gemahlin wurde am Todestage des
Kaisers Wilhelms l. im Mausoleum zu Charlottenburg em
großer Lorbeerkranz mit weißer Moireeschleife niedergelegsi
Auf der Schleife standen die Namen „Friedrich und Hilda -
* Heidelberg, 12. März. Die diesjährige General-
versammlung der Gewerbebank war wiederum gut besucht,
und die Anträge des Aufsichtsrathes wurden ebenso wie v«e
Neuwahlen für den Aufsichtsrath glatt erledigt. Ein
übersichtlicher Geschäftsbericht, der die bessere Buchführung
bei der Genossenschaft erkennen läßt, war den Mitgliedern
schon vor mehreren Tagen zugekommen und zeigt, daß
Genossenschaft auf allen Gebieten Fortschritte gemacht hat-
In den Aufsichtsrath wurden gewählt: an Stelle der au»
scherdcnden Herren: L. Schmidt, I. Schmitt und Alb- lle
berle, die Herren Ant. Scherer, Jos. Schmieder u- Hera>-
Wilz als aktive und die Herren Löw, Stachel, Keßler al»
stellvertretende Aussichtsräthe.
 
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