dazu, um in einer der Verherrlichung de« König-
Albert von Sachsen gewidmeten Nummer einen solchen
Satz zu schreiben! Hat das Blatt dafür gar kein
Empfinden, oder ist der Leitartikel nur geschrieben,
„um etwa- gesagt zu haben" ? Wir meinen, Würt-
temberg undBa den — letzteres noch dazu ein Land
mit weit überwiegend katholischer Be.
völkerung — könnten gerade im Hinblick auf die
sächsischen Erfahrungen der schrecklichen Eventualität,
katholische Fürsten zu haben, ruhig entgegensehen.
Warum sollten eventuell diese Fürsten nicht eben solche
„Musterfürsten" werden, wie nach dem Zeugnisse selbst
der Neuesten Nachrichten König Albert trotz seines
KatholiciSmuS eS ist!
Deutsches Reich.
* Berlin, 27. April. Der deutsche JnnungStag
und allgemeine Handwerkertag wurde heute Vormittag
eröffnet. Vom Reichsamt des Innern waren erschie-
nen RegierungSrath Wilhelmi und Regierungsasseffor
Sydow, vom Handelsministerium Regierungsrath
Sichert; außerdem nahmen zahlreiche Reichstagsab-
geordnete Theil. Nach Eröffnung durch den Vor-
sitzenden und dem Kaiserhoch begrüßte Regierungsrath
Wilhelmi die Versammelten Namens der Regierung,
betonte daS Interesse der Regierung an den Verhand-
lungen und sicherte wohlwollende Prüfung der Vor-
schläge zu. Hierauf wurde Obermeister Faster-Berlin
zum 1., Schlossecmeister Schmidt Hamburg zum 2. u.
Schuhmachermeister Schmidt-Karlsruhe zum
3. Vorsitzenden gewählt. Den einzigen Gegenstand
der Tagesordnung bildet die Haudwerkervorlage.
Derrtfcher Reichstag
Berlin, 27. April.
Präsident von Buol eröffnet die Sitzung und
gedenkt des verstorbenen Großherzogs Friedrich Franz
von Mecklenburg-Schwerin sowie des Staatssekretärs
v. Stephan. DaS Haus erhebt sich von den Plätzen.
Erste Lesung des Nachtragsetats in Verbindung
mit dem Gesetzentwurf über eine Anleihe.
Bebel (Soz.) erklärt, seine Partei nehme auch
dieser Vorlage gegenüber ihren alten Standpunkt ein.
Richter (fr. Vpt.) beantragt Ueberweisung an die
Budget kommission behufs sorgfältiger Erwägung. Die
Frage des Ersatzes des Artilleriematerials sei überaus
wichtig, wichtiger, als die frühere oder spätere Be-
willigung von einigen Kreuzern, sei aber technisch sehr
schwierig.
Bachem (Ctr.) schließt sich dem Anträge Richter an.
Der Nachtragsetat wird der Budgetkommission über-
wiesen.
Ohne erhebliche Debatte werden darauf nach den
Anträgen der Rechnungskommission erledigt: in zwei-
ter Berathung die allgemeinen Rechnungen über den
ReichshauShalt für 1885 86 bis 189192, in zweiter
Berathung die Rechnungen der Kaffe der Oberrech-
nungSkammer für 189195, ferner der Bericht der
Reichsschuldenkommission vom 19. Mai 1896.
Es folgt die erste Berathung des Entwurfes we-
gen anderweitiger Bemessung der Wittwen- und Wai-
sengelder.
Stadthagen (Soz.) findet die Minimalsätze zu
niedrig. Die unteren Klassen kämen dabei schlecht weg.
Frhr. v. Stumm (Rp.) erklärt dem Vorredner
gegenüber, daß die Unfakhiuterbliebenen nicht hierher
gehören.
Graf v. PosadowSky: Die unteren und mittleren
Beamtenklassen stehen bei den Wittwcnpensionsquoten
günstiger als die höheren. Der Etat vertrage eine
Mehrbelastung nicht. DaS Gesetz enthalte keine Er-
höhung der höheren Pensionsklassen.
Staatssekretär v. PosadowSky: DaS Gesetz enthält
keine Erhöhung der höheren Pensionsklassen, sondern
nur eine Verminderung der bisherigen sehr starken
Verkürzung, die eben bei der höchsten Klasse jetzt an-
Jhrigen zu grollen wegen dieser Vernachlässigung; ich will
auch hierin ihrem Beispiele folgen."
»Warum bleiben Sie dann nicht hier, gnädiges Fräu-
lein?" wandte der Hofrath ein. „Dar Siädtchen ist klern.
Ihrer Jugend ungeachtet können Sie bier ohne Scheu,
frei und unabhängig, für sich wohnen. Oder, sollten Sie
etwa zn Ihre« Vater ziehen wollen?" ES lag tiefe Be-
sorgniß in seiner Stimme, als er so fragte.
Sie wich seinem Blick au», während sie zögernd er-
widerte : „Nein! Zum Vater ziehe ich nicht, weil. . . nun
weil mir die Mittel dazu fehlen."
Einen Augenblick war der Hofrath wie aus den Wol-
ken gefallen. Dann wurde ihm Alles klar; er errieth, was
sich zugetragen haben mußte: der Vater hatte die Tochter
auSgeplündert und iie, aus die eigene Kraft angewiesen,
mittellos zurückgelassen! Er fand keine Worte, um ein sol-
che» Thun zu brandmarken. Zu zartfühlend, um die Toch-
ter zu quälen, du tief beschämt vor ihm stand, begnügte
er sich damit, zu fragen: „Ist Ihnen denn nichts geblieben,
gnädige- Fräulein?"
„Wenig, sehr wenig; nicht genug, um mich da"on er-
halten zu können. Ich muß mir mein Brod zu verdienen
suchen, und bei diesem Beginnen bitte ich ebenfalls um
Ihren Rath."
(Fortsetzung folgt.)
statt 6000 M., den dritte» Theil von 18,000, 1600
Mark festsetzt.
Nach weitere« Bemerkungen der Abg. v. Stumm,
Stadthagen schließt die erste Lesung. Darauf vertagt
sich daS HauS.
Nächste Sitzung morgen 2 Uhr. Tagesordnung:
1. Berathung der Jnvalideugesetz-Novelle nebst den
dazu gehörigen Anträgen. Schluß 4 Uhr 20 Min.
Ausland.
* Petersburg, 27. April. Der kaiserliche Son-
derzug mit dem Kaiser Franz Joseph, Erz-
herzog Otto, Graf GoluchowSky und den übrigen
Persönlichkeiten sowie dem Gefolge der Kaisers von
Oesterreich traf heute Vormittag 10 Uhr auf dem
Nicolaibahnhofe ein. Der hohe Gast wurde dort vom
Kaiser Nikolaus, de« Großfürsten und hohen Wür-
denträgern empfangen. Die Ehrenwache wurde von
dem Grenadierregiment Kexholm gebildet, dessen Chef
Kaiser Franz Joseph ist. Die Begrüßung der beiden
Kaiser war eine äußerst herzliche. Begleitet von den
Großfürsten und dem beiderseitigen Gefolge begaben
sich die Monarchen zunächst nach dem Anitschkow-
Palast, wo Kaiser Franz Joseph die verwittwete
Kaiserin Maria Feodrowna begrüßte, und fuhren
dann nach dem Winterpalais, wo Kaiser Franz Joseph
Wohnung nahm. Der kaiserliche Wagenzug wurde
von 2 Schwadronen des kaiserlichen Konvois geleitet.
Die auf den Straßen angesammelte Volksmenge be-
reitete den beiden Monarchen begeisterte Huldigungen.
In dem Augenblicke, als Kaiser Franz Joseph im
Winterpalais ankam, gab die Artillerie einen Salut
von 31 Kanonenschüssen ab. Die Großfürstinnen
wird der Kaiser von Oesterreich im Winterpalais be-
grüßen. Der Newski-Prospekt, den die Majestäten
auf ihrer Fahrt passirten, war reich geschmückt und
beflaggt. Die Truppen hatten Spalier gebildet; hinter
denselben drängte sich eine ungeheure Menschenmenge.
DaS Wüter ist herrlich.
Vom Kriegsschauplatz.
* Berlin, 27. April. Zuverlässige Privatnach-
richten stellen den Rückzug der Griechen von Larissa
als die ärgste Deroute dar und entwerfen von der an-
geblichen Tapferkeit der Griechen in den vorausge-
gangenen Gefechten ein wenig schmeichelhafter Bild.
* London, 27. April. Aus Athen wird gemeldet:
Die Lage der königlichen Familie ist unleugbar kri-
tisch. Von zuverlässiger Seite wird versichert, daß
Vorkehrungen getroffen wurden, damit die königliche
Familie im Nothfalle„in aller Eile das Land verlassen
kann. Die Einwohner schreiben dem Kronprinz M
Schuld an der Niederlage und der Besetzung von
Thessalien zu.
* Athen, 27. April. Die Kammer ist heute Nach -
mittag zu einer außerordentlichen Sitzung zusammen-
berufen worden. Mehrere Führer der Opposition sind
dringend ins Palais gerufen worden.
* Konstantinopel, 27. April. Acht Bataillone
und drei Batterien des zweiten Korps von Adrianopel
erhielten den Befehl zum Abmarsch an die griechische
Grenze. Bisher wurde, außer für die Redifdivision
von Pandama, eine MobilmachungSordre auch für die
Redifbrigaden von Koma, Denislii, Aidin u. Smyrna
mit zusammen 50 Bataillonen. Der Transport be-
ginnt demnächst.
* Konstantinopel, 26. April. Ghazi Osman
Pascha erhielt vom Sultan den Befehl, in Salonik
zu verbleiben. Da die Türken siegreich Vordringen,
verzichtet der Sultan darauf, Osman Pascha nach
dem Hauptquartier zu entsenden. — Auf den Höhen
des Jildiz KioSk werden große Barackenspitäler er-
richtet zur Unterbringung der Verwundeten, die hier-
her gebracht werden.
Aus Baden.
Heidelberg, 28. ypril.
--- Etwas von de» Jesuiten Wie die Jesu-
iten wirken, kann man aus einem Berichte ersehen,
den das „Fränk. Volksbl." aus Bamberg bringt.
Man schrieb jüngst dem Blatte von dort wie folgt:
„Seit dem verflossenen Sonntag sammelten sich tag-
täglich Hunderte von Männern aus dem Gelehrten-
und Bürgerstande, aus hohen und niederen Kreisen,
namentlich auch aus den Arbeiterkreisen, in den hiesigen
Centralsälen, um den Vorträgen der weltbekannten
SocialpolitikerS Pater Heinrich Pesch 8.5. zu lauschen.
Wir bemerkten Protestanten und Juden, Anhänger
aller Parteien unter der großen Menge der gespannt
zuhörenden Publikums; aber es konnte keiner dem ge-
lehrte« Jesuiten den Beifall entziehen, welcher mit
einer Rednergabe ohne Gleichen, mit einer Schärfe
der Logik, wie sie nur ein vollkommen durchge-
bildeter Philosoph besitzen kann, die glänzenden,
aber falschen Theorien liberaler und socialdemo-
kratischer Sociologen zuerst klar entwickelte, um sie
dann mit dem unerbittlichen Schwerte der Wahrhert l
vernichten. ES war eine Wonne, die Keulenschläge»
verfolgen, welche der Jesuitenpater den kühnen Hy?
thesen so vieler gefeierten „Größen" der antlkaty
lischt« Wissenschaft ertheilte; aber eS war geraoez
ein Triumph, als der Pater nach Zurückweisung «
falschen und unmöglichen LSsungSversuche der soM
Frage und nach Vorführung der einzig
Lösung die anwesenden Arbeiter apostrophirte »n
ihnen den befriedigenden Trost des kathott w
Christenthums, das Ideal der christlichen Bcüoe
lichkeit, die erhabene Idee der christlichen Frech-,
und Gleichheit in ^glühenden von innerlichster Ueve
zeugung getragenen Worte schilderte: Das o
die ergreifende und versöhnende Wahrheit
der Gleichheit, welche den armen Arbeiter M»
reißt, wenn er im herrlichen Dom neben dem Grase
und Fürsten kniet und sich sagt: DaS ist auch mein
Heimat, mein Vaterhaus, mein Mutterhaus; we"
er an der Kommunionbank neben dem Grafen ""
dem Fürsten denselben göttlichen Heiland Jesus Chm-"
in sein Herz aufuimmt; wenn das arme Arbeitern"
auf dem Schooße seiner Mutter die Hände faltet zM
Gebete zu Gott, der die Bitten des ärmsten KlNve»
ebenso gerne hört, wie die des KönigSsohneS." Al
tiefsten Tiefen der Herzens aber erschütterten die V»«
tigeu, hinreißenden Worte am Ende des Vortrage»,
als der Jesuitenpater die Anwesenden aufforderte,
mannhaft und treu der kathol. Kirche anzuhaNge"^
außer der keine Rettung zn finden ist.
-- Auch ein «ozim-Politiker ist der Chef M
Grazer Effenwaaren-Firma Greinitz Neffen, H""*
Dettelbach. Der Mann hat im Januar ds. Js- ""
seiue Beamten folgenden Erlaß gerichtet:
„Mit Rücksicht auf die in der jüngsten Zeit
gekommenen Fälle sehe ich mich veranlaßt, geleue
durch die Sorge für das Wohl meiner Angestellte"-
meine Zustimmung zur Verehelichung nunmehr unter
ganz bestimmten Voraussetzungen zu geben. Zur Ze"
ist eine derartige Zustimmung so lange nicht urögltG-
bis nicht daS Beryältniß der verheiratheten z"
unverheirateten Angestellten unter das Normale ("'
h. unter ein Drittel des GesammtstandeS) herabft"«-
Auch dann, wenn diese- Verhältniß wieder norm"
ist, kann ich einer Eheschließung nur dann zustim«en,
wenn der Bewerber bereits einer höher« GehaltSklass
angehört, oder aus seinen eigenen Mitteln oder dein
Vermögen seiner Frau ein Nebeneinkommen nachwttst"
kann, welches plus seinem Gehalte, einem JahreSel"
kommen von 1500 Gulden gleich ist. Graz, am
Jänner 1897. HanS Dettelbach."
Aus Nah und Fern.
Nachrichten für diese Rubrik sind un» jederzeit willkommen. — Etw-V
Kosten werden stet» sofort ersetzt.) -.
* Heidelberg, 28. April. (Muth mähliches Wetter
Donnerstag, den 29. April.) Fortdauer des heuere»,
ruhigen, warmen Wetters in Aussicht zu nehmen-
* Heidelberg, 28. April. Gestern waren es 25 JadA,
daß Geh. Hofrath Uhlig die Direktion des hiesigen GM
nasiums übernahm. Zur Feier des Tages vsrsam,«"»'
sich vor 8 Uhr die Lehrer und Schüler der Anstalt in oer
Turnhalle. Das Schüler-Orchester und der Singchor A
öffneten den Akt. Herr Prof. Mahler kennzeichnete r
dankvollen Worte die Verdienste des Jubilars, unter
die Schule ihren gegenwärtigen Stand ».Ruhm erreicht
Ansprachen der Schüler in gebundener u. ungebundener ou»
und ein vierhändiger Klaviervoctraz von sehr bemerken»
werter Vollendung schlossen sich an. In herzlichen Worte
dankte Herr Geh. Hofrath Uhlig, dankbar für Gotte
Gnade, für die Freundschaft der Männer, die für sir"
Entwickelung bestimmend waren, für die HuldrrvelsuNA
des Großherzoalichm Hauses, für die treue Mitarbeiter
schäft des Lehrkörpers und nicht zum wenigsten für "'
Liebe und das Vertrauen, das ihm die Schüler entgegen
bringen. Orchester-Musik und Gesang schlossen die einfach
aber herzliche Feier.
* Heidelberg, 28. April. Gestern Abend wurde eU
Dienstmagd wegen Diebstahls verhaftet und in das AW,
gefängniß verbracht. Gestern Abend wurde in der NE
des Friedhofes in der Rohrbacherstraße ein Mann in "
wußtlosem Zustande neben einem Fahrrad liegend a»w
funden, von welchem er wahrscheinlich heruntergest»"l
ist. Derselbe wurde ins akademische Krankenhaus vervra»
— Ein geistig gestörter Bierbrauer wurde in das Arme»
HauS überfahrt. ,,-rra-
* Heidelberg, 28. April (Schöffengericht s s t»
ung vom 26. April.) 1. Friedrich Burgmaier hier, wege.
Bedrohung und Ruhestörung 3 Wochen Gefängniß "Nv
Woche Haft. 2. Franz PH. Bogel von Wörth wE
Diebstahls 2 Wochen Gefängniß. 3. Elisabeth« LlE-
von Kaiserslautern wegen Unterschlagung 5 Wochen F
fängniß. 4. Richard Walter Neudeck, «lphons SchrW,
berger und Otto Weinmann hier, anaektagt wegen A'/z
stahls und Hehlerei; der erste 8 Wochen, der rweA,
Wochen Gefängniß, der dritte einen Verweis, 5. K»
Heinrich Müssig von Wieblingen u. Gen., angeklagt weg
Widerstands; ersterer 3 TageGef. letzterer 8.M. Geldstrai
7. Lud. Dörr und Jakob Stemmler in Sandhaufen, angg
klagt wegen Körperverletzung und Bedrohung: ersterer» ,
Tage Gefängniß, letzterer wurde freigesprochen. 7- ^1',„
betha Meng und Peter Meng von Wieblingen wiuo
von der Anklage wegen Körperverletzung freigesproco^
8. Die Verhandlung gegen Adam Schmitt Vl. und VM,
Ehefrau von Wilhelmsfeld, angeklagt wegen Betrug
wurde vertagt. 9. Karl I Weinmann und Gen- "
Wiesenbach, angeklagt wegen Bedrohung; ersterer b A«
Gefängniß, letzterer 5 M. Geldstrafe. 10. Jakob Heck«"
von Eiterbach wurde von der Anl age wegen Sachbcf«»" 8,
ung freigesprochen. 11, Franz Joses Nothdurft von n"
bach wegen Diebstahls 4 Wochen Gefängniß.
Albert von Sachsen gewidmeten Nummer einen solchen
Satz zu schreiben! Hat das Blatt dafür gar kein
Empfinden, oder ist der Leitartikel nur geschrieben,
„um etwa- gesagt zu haben" ? Wir meinen, Würt-
temberg undBa den — letzteres noch dazu ein Land
mit weit überwiegend katholischer Be.
völkerung — könnten gerade im Hinblick auf die
sächsischen Erfahrungen der schrecklichen Eventualität,
katholische Fürsten zu haben, ruhig entgegensehen.
Warum sollten eventuell diese Fürsten nicht eben solche
„Musterfürsten" werden, wie nach dem Zeugnisse selbst
der Neuesten Nachrichten König Albert trotz seines
KatholiciSmuS eS ist!
Deutsches Reich.
* Berlin, 27. April. Der deutsche JnnungStag
und allgemeine Handwerkertag wurde heute Vormittag
eröffnet. Vom Reichsamt des Innern waren erschie-
nen RegierungSrath Wilhelmi und Regierungsasseffor
Sydow, vom Handelsministerium Regierungsrath
Sichert; außerdem nahmen zahlreiche Reichstagsab-
geordnete Theil. Nach Eröffnung durch den Vor-
sitzenden und dem Kaiserhoch begrüßte Regierungsrath
Wilhelmi die Versammelten Namens der Regierung,
betonte daS Interesse der Regierung an den Verhand-
lungen und sicherte wohlwollende Prüfung der Vor-
schläge zu. Hierauf wurde Obermeister Faster-Berlin
zum 1., Schlossecmeister Schmidt Hamburg zum 2. u.
Schuhmachermeister Schmidt-Karlsruhe zum
3. Vorsitzenden gewählt. Den einzigen Gegenstand
der Tagesordnung bildet die Haudwerkervorlage.
Derrtfcher Reichstag
Berlin, 27. April.
Präsident von Buol eröffnet die Sitzung und
gedenkt des verstorbenen Großherzogs Friedrich Franz
von Mecklenburg-Schwerin sowie des Staatssekretärs
v. Stephan. DaS Haus erhebt sich von den Plätzen.
Erste Lesung des Nachtragsetats in Verbindung
mit dem Gesetzentwurf über eine Anleihe.
Bebel (Soz.) erklärt, seine Partei nehme auch
dieser Vorlage gegenüber ihren alten Standpunkt ein.
Richter (fr. Vpt.) beantragt Ueberweisung an die
Budget kommission behufs sorgfältiger Erwägung. Die
Frage des Ersatzes des Artilleriematerials sei überaus
wichtig, wichtiger, als die frühere oder spätere Be-
willigung von einigen Kreuzern, sei aber technisch sehr
schwierig.
Bachem (Ctr.) schließt sich dem Anträge Richter an.
Der Nachtragsetat wird der Budgetkommission über-
wiesen.
Ohne erhebliche Debatte werden darauf nach den
Anträgen der Rechnungskommission erledigt: in zwei-
ter Berathung die allgemeinen Rechnungen über den
ReichshauShalt für 1885 86 bis 189192, in zweiter
Berathung die Rechnungen der Kaffe der Oberrech-
nungSkammer für 189195, ferner der Bericht der
Reichsschuldenkommission vom 19. Mai 1896.
Es folgt die erste Berathung des Entwurfes we-
gen anderweitiger Bemessung der Wittwen- und Wai-
sengelder.
Stadthagen (Soz.) findet die Minimalsätze zu
niedrig. Die unteren Klassen kämen dabei schlecht weg.
Frhr. v. Stumm (Rp.) erklärt dem Vorredner
gegenüber, daß die Unfakhiuterbliebenen nicht hierher
gehören.
Graf v. PosadowSky: Die unteren und mittleren
Beamtenklassen stehen bei den Wittwcnpensionsquoten
günstiger als die höheren. Der Etat vertrage eine
Mehrbelastung nicht. DaS Gesetz enthalte keine Er-
höhung der höheren Pensionsklassen.
Staatssekretär v. PosadowSky: DaS Gesetz enthält
keine Erhöhung der höheren Pensionsklassen, sondern
nur eine Verminderung der bisherigen sehr starken
Verkürzung, die eben bei der höchsten Klasse jetzt an-
Jhrigen zu grollen wegen dieser Vernachlässigung; ich will
auch hierin ihrem Beispiele folgen."
»Warum bleiben Sie dann nicht hier, gnädiges Fräu-
lein?" wandte der Hofrath ein. „Dar Siädtchen ist klern.
Ihrer Jugend ungeachtet können Sie bier ohne Scheu,
frei und unabhängig, für sich wohnen. Oder, sollten Sie
etwa zn Ihre« Vater ziehen wollen?" ES lag tiefe Be-
sorgniß in seiner Stimme, als er so fragte.
Sie wich seinem Blick au», während sie zögernd er-
widerte : „Nein! Zum Vater ziehe ich nicht, weil. . . nun
weil mir die Mittel dazu fehlen."
Einen Augenblick war der Hofrath wie aus den Wol-
ken gefallen. Dann wurde ihm Alles klar; er errieth, was
sich zugetragen haben mußte: der Vater hatte die Tochter
auSgeplündert und iie, aus die eigene Kraft angewiesen,
mittellos zurückgelassen! Er fand keine Worte, um ein sol-
che» Thun zu brandmarken. Zu zartfühlend, um die Toch-
ter zu quälen, du tief beschämt vor ihm stand, begnügte
er sich damit, zu fragen: „Ist Ihnen denn nichts geblieben,
gnädige- Fräulein?"
„Wenig, sehr wenig; nicht genug, um mich da"on er-
halten zu können. Ich muß mir mein Brod zu verdienen
suchen, und bei diesem Beginnen bitte ich ebenfalls um
Ihren Rath."
(Fortsetzung folgt.)
statt 6000 M., den dritte» Theil von 18,000, 1600
Mark festsetzt.
Nach weitere« Bemerkungen der Abg. v. Stumm,
Stadthagen schließt die erste Lesung. Darauf vertagt
sich daS HauS.
Nächste Sitzung morgen 2 Uhr. Tagesordnung:
1. Berathung der Jnvalideugesetz-Novelle nebst den
dazu gehörigen Anträgen. Schluß 4 Uhr 20 Min.
Ausland.
* Petersburg, 27. April. Der kaiserliche Son-
derzug mit dem Kaiser Franz Joseph, Erz-
herzog Otto, Graf GoluchowSky und den übrigen
Persönlichkeiten sowie dem Gefolge der Kaisers von
Oesterreich traf heute Vormittag 10 Uhr auf dem
Nicolaibahnhofe ein. Der hohe Gast wurde dort vom
Kaiser Nikolaus, de« Großfürsten und hohen Wür-
denträgern empfangen. Die Ehrenwache wurde von
dem Grenadierregiment Kexholm gebildet, dessen Chef
Kaiser Franz Joseph ist. Die Begrüßung der beiden
Kaiser war eine äußerst herzliche. Begleitet von den
Großfürsten und dem beiderseitigen Gefolge begaben
sich die Monarchen zunächst nach dem Anitschkow-
Palast, wo Kaiser Franz Joseph die verwittwete
Kaiserin Maria Feodrowna begrüßte, und fuhren
dann nach dem Winterpalais, wo Kaiser Franz Joseph
Wohnung nahm. Der kaiserliche Wagenzug wurde
von 2 Schwadronen des kaiserlichen Konvois geleitet.
Die auf den Straßen angesammelte Volksmenge be-
reitete den beiden Monarchen begeisterte Huldigungen.
In dem Augenblicke, als Kaiser Franz Joseph im
Winterpalais ankam, gab die Artillerie einen Salut
von 31 Kanonenschüssen ab. Die Großfürstinnen
wird der Kaiser von Oesterreich im Winterpalais be-
grüßen. Der Newski-Prospekt, den die Majestäten
auf ihrer Fahrt passirten, war reich geschmückt und
beflaggt. Die Truppen hatten Spalier gebildet; hinter
denselben drängte sich eine ungeheure Menschenmenge.
DaS Wüter ist herrlich.
Vom Kriegsschauplatz.
* Berlin, 27. April. Zuverlässige Privatnach-
richten stellen den Rückzug der Griechen von Larissa
als die ärgste Deroute dar und entwerfen von der an-
geblichen Tapferkeit der Griechen in den vorausge-
gangenen Gefechten ein wenig schmeichelhafter Bild.
* London, 27. April. Aus Athen wird gemeldet:
Die Lage der königlichen Familie ist unleugbar kri-
tisch. Von zuverlässiger Seite wird versichert, daß
Vorkehrungen getroffen wurden, damit die königliche
Familie im Nothfalle„in aller Eile das Land verlassen
kann. Die Einwohner schreiben dem Kronprinz M
Schuld an der Niederlage und der Besetzung von
Thessalien zu.
* Athen, 27. April. Die Kammer ist heute Nach -
mittag zu einer außerordentlichen Sitzung zusammen-
berufen worden. Mehrere Führer der Opposition sind
dringend ins Palais gerufen worden.
* Konstantinopel, 27. April. Acht Bataillone
und drei Batterien des zweiten Korps von Adrianopel
erhielten den Befehl zum Abmarsch an die griechische
Grenze. Bisher wurde, außer für die Redifdivision
von Pandama, eine MobilmachungSordre auch für die
Redifbrigaden von Koma, Denislii, Aidin u. Smyrna
mit zusammen 50 Bataillonen. Der Transport be-
ginnt demnächst.
* Konstantinopel, 26. April. Ghazi Osman
Pascha erhielt vom Sultan den Befehl, in Salonik
zu verbleiben. Da die Türken siegreich Vordringen,
verzichtet der Sultan darauf, Osman Pascha nach
dem Hauptquartier zu entsenden. — Auf den Höhen
des Jildiz KioSk werden große Barackenspitäler er-
richtet zur Unterbringung der Verwundeten, die hier-
her gebracht werden.
Aus Baden.
Heidelberg, 28. ypril.
--- Etwas von de» Jesuiten Wie die Jesu-
iten wirken, kann man aus einem Berichte ersehen,
den das „Fränk. Volksbl." aus Bamberg bringt.
Man schrieb jüngst dem Blatte von dort wie folgt:
„Seit dem verflossenen Sonntag sammelten sich tag-
täglich Hunderte von Männern aus dem Gelehrten-
und Bürgerstande, aus hohen und niederen Kreisen,
namentlich auch aus den Arbeiterkreisen, in den hiesigen
Centralsälen, um den Vorträgen der weltbekannten
SocialpolitikerS Pater Heinrich Pesch 8.5. zu lauschen.
Wir bemerkten Protestanten und Juden, Anhänger
aller Parteien unter der großen Menge der gespannt
zuhörenden Publikums; aber es konnte keiner dem ge-
lehrte« Jesuiten den Beifall entziehen, welcher mit
einer Rednergabe ohne Gleichen, mit einer Schärfe
der Logik, wie sie nur ein vollkommen durchge-
bildeter Philosoph besitzen kann, die glänzenden,
aber falschen Theorien liberaler und socialdemo-
kratischer Sociologen zuerst klar entwickelte, um sie
dann mit dem unerbittlichen Schwerte der Wahrhert l
vernichten. ES war eine Wonne, die Keulenschläge»
verfolgen, welche der Jesuitenpater den kühnen Hy?
thesen so vieler gefeierten „Größen" der antlkaty
lischt« Wissenschaft ertheilte; aber eS war geraoez
ein Triumph, als der Pater nach Zurückweisung «
falschen und unmöglichen LSsungSversuche der soM
Frage und nach Vorführung der einzig
Lösung die anwesenden Arbeiter apostrophirte »n
ihnen den befriedigenden Trost des kathott w
Christenthums, das Ideal der christlichen Bcüoe
lichkeit, die erhabene Idee der christlichen Frech-,
und Gleichheit in ^glühenden von innerlichster Ueve
zeugung getragenen Worte schilderte: Das o
die ergreifende und versöhnende Wahrheit
der Gleichheit, welche den armen Arbeiter M»
reißt, wenn er im herrlichen Dom neben dem Grase
und Fürsten kniet und sich sagt: DaS ist auch mein
Heimat, mein Vaterhaus, mein Mutterhaus; we"
er an der Kommunionbank neben dem Grafen ""
dem Fürsten denselben göttlichen Heiland Jesus Chm-"
in sein Herz aufuimmt; wenn das arme Arbeitern"
auf dem Schooße seiner Mutter die Hände faltet zM
Gebete zu Gott, der die Bitten des ärmsten KlNve»
ebenso gerne hört, wie die des KönigSsohneS." Al
tiefsten Tiefen der Herzens aber erschütterten die V»«
tigeu, hinreißenden Worte am Ende des Vortrage»,
als der Jesuitenpater die Anwesenden aufforderte,
mannhaft und treu der kathol. Kirche anzuhaNge"^
außer der keine Rettung zn finden ist.
-- Auch ein «ozim-Politiker ist der Chef M
Grazer Effenwaaren-Firma Greinitz Neffen, H""*
Dettelbach. Der Mann hat im Januar ds. Js- ""
seiue Beamten folgenden Erlaß gerichtet:
„Mit Rücksicht auf die in der jüngsten Zeit
gekommenen Fälle sehe ich mich veranlaßt, geleue
durch die Sorge für das Wohl meiner Angestellte"-
meine Zustimmung zur Verehelichung nunmehr unter
ganz bestimmten Voraussetzungen zu geben. Zur Ze"
ist eine derartige Zustimmung so lange nicht urögltG-
bis nicht daS Beryältniß der verheiratheten z"
unverheirateten Angestellten unter das Normale ("'
h. unter ein Drittel des GesammtstandeS) herabft"«-
Auch dann, wenn diese- Verhältniß wieder norm"
ist, kann ich einer Eheschließung nur dann zustim«en,
wenn der Bewerber bereits einer höher« GehaltSklass
angehört, oder aus seinen eigenen Mitteln oder dein
Vermögen seiner Frau ein Nebeneinkommen nachwttst"
kann, welches plus seinem Gehalte, einem JahreSel"
kommen von 1500 Gulden gleich ist. Graz, am
Jänner 1897. HanS Dettelbach."
Aus Nah und Fern.
Nachrichten für diese Rubrik sind un» jederzeit willkommen. — Etw-V
Kosten werden stet» sofort ersetzt.) -.
* Heidelberg, 28. April. (Muth mähliches Wetter
Donnerstag, den 29. April.) Fortdauer des heuere»,
ruhigen, warmen Wetters in Aussicht zu nehmen-
* Heidelberg, 28. April. Gestern waren es 25 JadA,
daß Geh. Hofrath Uhlig die Direktion des hiesigen GM
nasiums übernahm. Zur Feier des Tages vsrsam,«"»'
sich vor 8 Uhr die Lehrer und Schüler der Anstalt in oer
Turnhalle. Das Schüler-Orchester und der Singchor A
öffneten den Akt. Herr Prof. Mahler kennzeichnete r
dankvollen Worte die Verdienste des Jubilars, unter
die Schule ihren gegenwärtigen Stand ».Ruhm erreicht
Ansprachen der Schüler in gebundener u. ungebundener ou»
und ein vierhändiger Klaviervoctraz von sehr bemerken»
werter Vollendung schlossen sich an. In herzlichen Worte
dankte Herr Geh. Hofrath Uhlig, dankbar für Gotte
Gnade, für die Freundschaft der Männer, die für sir"
Entwickelung bestimmend waren, für die HuldrrvelsuNA
des Großherzoalichm Hauses, für die treue Mitarbeiter
schäft des Lehrkörpers und nicht zum wenigsten für "'
Liebe und das Vertrauen, das ihm die Schüler entgegen
bringen. Orchester-Musik und Gesang schlossen die einfach
aber herzliche Feier.
* Heidelberg, 28. April. Gestern Abend wurde eU
Dienstmagd wegen Diebstahls verhaftet und in das AW,
gefängniß verbracht. Gestern Abend wurde in der NE
des Friedhofes in der Rohrbacherstraße ein Mann in "
wußtlosem Zustande neben einem Fahrrad liegend a»w
funden, von welchem er wahrscheinlich heruntergest»"l
ist. Derselbe wurde ins akademische Krankenhaus vervra»
— Ein geistig gestörter Bierbrauer wurde in das Arme»
HauS überfahrt. ,,-rra-
* Heidelberg, 28. April (Schöffengericht s s t»
ung vom 26. April.) 1. Friedrich Burgmaier hier, wege.
Bedrohung und Ruhestörung 3 Wochen Gefängniß "Nv
Woche Haft. 2. Franz PH. Bogel von Wörth wE
Diebstahls 2 Wochen Gefängniß. 3. Elisabeth« LlE-
von Kaiserslautern wegen Unterschlagung 5 Wochen F
fängniß. 4. Richard Walter Neudeck, «lphons SchrW,
berger und Otto Weinmann hier, anaektagt wegen A'/z
stahls und Hehlerei; der erste 8 Wochen, der rweA,
Wochen Gefängniß, der dritte einen Verweis, 5. K»
Heinrich Müssig von Wieblingen u. Gen., angeklagt weg
Widerstands; ersterer 3 TageGef. letzterer 8.M. Geldstrai
7. Lud. Dörr und Jakob Stemmler in Sandhaufen, angg
klagt wegen Körperverletzung und Bedrohung: ersterer» ,
Tage Gefängniß, letzterer wurde freigesprochen. 7- ^1',„
betha Meng und Peter Meng von Wieblingen wiuo
von der Anklage wegen Körperverletzung freigesproco^
8. Die Verhandlung gegen Adam Schmitt Vl. und VM,
Ehefrau von Wilhelmsfeld, angeklagt wegen Betrug
wurde vertagt. 9. Karl I Weinmann und Gen- "
Wiesenbach, angeklagt wegen Bedrohung; ersterer b A«
Gefängniß, letzterer 5 M. Geldstrafe. 10. Jakob Heck«"
von Eiterbach wurde von der Anl age wegen Sachbcf«»" 8,
ung freigesprochen. 11, Franz Joses Nothdurft von n"
bach wegen Diebstahls 4 Wochen Gefängniß.