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Pfälzer Volksblatt: Organ für Wahrheit, Freiheit & Recht — 1.1897

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Juni 1897
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Nr. 139
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https://doi.org/10.11588/diglit.42846#0574

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in gestriger Nummer mittheilten, al- Geschenk einen
massiven Hochaltar zusagte.
Kurz nach 1 Uhr, nach fast zweistündiger An-
wesenheit, verabschiedeten sich die Majestäten. Wieder
war, nach kurzer Pause, Regensturm eingetreten, wel-
cher die seit Stunden draußen AuSharrenden hart
heimsuchte. Durch Dick und Dünn suchte jeder seinen
Heimweg.
Die Majestäten fuhren von Niedermending mit
halbstündiger Verspätung nach Andernach. Hier
harrte der Overstolz, das Kölner Kaiserschiff, welcher
Kaiser und Kaiserin nach Neuwied und dann nach
Bonn bringen sollte.
Festlicher Schmuck des RheinuferS und herzliche
Begrüßung; dabei ein kleiner Zwischenfall. Eme der
Ehrenjungfrauen streute der Kaiserin drei Rosen vor
die Füße auf den Teppich; die Kaiserin hob eine da-
von als Andenken auf.

Deutsches Reich.
* Berlin, 21. Juni. Das Staatsministerium
hielt heute Mittag 2 Uhr eine Sitzung unter dem
Vorsitze des Reichskanzlers Fürsten zu Hohenlohe ab.
* Berlin, 21. Juni. Der „Reichsanzeiger" ver-
öffentlicht die Ernenuung des AmtSgerichtsrathes
Reinhold in Wiesbaden zum außerordentlichen Pro-
fessor an der Universität in Berlin.
* Berlin, 21. Juni. Dir bisherige Präsident
des ReichSversicherungsamtS Dr. Bödiker hat die ihm
von der Firma Friedrich Krupp angebotene Stellung
bei dem Direktorium der Krupp'schen Werke ange-
nommen. Wie der „Lokalanzeiger" berichtet, soll Dr.
Bödiker die Leitung der gesammten Krupp'schen Wohl-
fahrtseinrichtungen übernehmen, die ein selbständiges
Ressort für sich bilden. — Eine andere Nachricht be-
sagt, daß Dr. Bödiker am 1. Oktober dS. IS. in die
Gesellschaft Siemens u. Halske eintritt.

Ausland.
* Wien, 21. Juni. Kaiser Franz Josef
empfing heute den deutschen Botschafter Grafen Eu-
lenburg in besonderer Audienz.
* Rom, 20. Juni. Die Kammer genehmigte
die Marinevorlage und sodann einen Nachkredit von
sieben Millionen Lire für Schiffsneubauten. Der
Schatzminister Luzzatti erklärt, er stimme für größere
Aufwendungen für die Marine unter der Bedingung,
daß die Budgets für Heer und Marine äls ein Gan-
zes betrachtet und daß keine neuen Schulden irgend
welcher Art gemacht würden, daß man eine Politik
der vollständigen Sammlung betreiben und daß man
der Marine alle Mittel zuwende, die bisher für Afrika
aufgewendet worden sind. Der Minister lehnte schließ-
lich den von zwei Deputirten gemachten Vorschlag, die
Erfordernisse für Schiffsbauten durch eine Anleihe zu
decken, aus's entschiedenste ab.
* Mailand, 21. Juni. Eine Versammlung von
Latifundienstbesitzern in Molinella beschloß gestern
die Zustimmung zur Forderung der streikenden Land-
arbeiter betr. die Erhöhung des TageSlohuS von 90
Centesimi auf Lire 1 und 1.10. Die Streikenden ver-
warfen jedoch die Aufnahme der Arbeit, weil sie
außerdem die Ernennung der Aufseher durch die
Arbeiter fordern. Dar Elend ist groß. Nach Budrio,
wo 42 Verhaftungen stattfanden, ging Kavallerie ab.

Vom Kriegsschauplatz.
* Athen, 21. Juni. Auskünften zufolge, die der
Kommission zur Regelung der Kriegsentschädi-
gung in Konstantinopel ertheilt worden sind, errei-
chen die jährlichen Einnahmen Thessaliens den Betrag
von 10 Millionen Drachmen, von welcher Summe 4
Millionen für die Verwaltung der Provinz vorweg-
genommen werden. Dieser Posten belastet auch jetzt
noch den griechischen Staatsschatz, da kein Beamter
abberufen worden ist. Die Ernte Thessaliens ist voll-
ständig verloren. Während der Durchschnittsertrag
der Ernte die Höhe von 60 Millionen erreicht, war
der Ertrag der diesjährigen Ernte in Folge des guten
Standes auf 73 Millionen veranschlagt worden. Die
Knegskosten werden, wenn man annimmt, daß der
Frieden am 12, IM geschlossen wird, 36 Millionen
betragen. Die Kosten der Unterhaltung der thessali-
scheu, epirotischen und kretenstschen Flüchtlinge werden
auf 3 Millionen berechnet. In diese Summe sind
keinerlei Verluste der Flüchtlinge eingerechnet. Die
staatlichen Einnahmen für 1897 werden einen Min-
derertrag von 40pCt. aufweisen und werden im Gan-
zen nicht mehr als 65 Mill, betragen, wogegen die
obigen Ausgaben bis 135 Mill. Drachmen beanspru-
che» werden. DaS Defizit wird zum Theil durch eine
innere Anleihe gedeckt und auf 40 Mill, herabgemin-
Weiber führen!' Hast nicht gelernt, „dasPülSlein wohl zu
drücken?'
. »Mir ist das Weib zu ehrwürdig, als daß ich mit ihm
solch' Charlataneuspiel treiben sollte? "
(Fortsetzung folgt)

dert werden. Dieser Betrag wird aber um 10 Mill,
vermehrt, welche die griechische Regierung wird auf-
wenden müsse», um die Thessalier wieder in ihre zer-
störten Heimstätten einzusetzen. Angesichts dieser Dar-
stellung der Lage, deren Angaben den öffentlichen Auf-
zeichnungen entnommen worden sind, wandte sich die
griechische Regierung an die Mächte, sie möchten in
wohlwollender Fürsorge auf die Existenzfrage des klei-
nen Königreiches selbst Rücksicht nehmen und jeden
Gedanken an Kriegsentschädigung auSscheiden, da die
Türkei den Krieg heroorgerufen und der russ. Minister
des Aeußern, Graf Murawjew, in seinem Rundschrei-
ben erklärt habe, keine der kriegführenden Parteien
solle materielle Bortheile aus ihren Siege» ziehen.

Zum 60. RegierungsjMläum der Königin
Victoria von England.
* Windsor, 21. Juni. Die Königin ist heute
nach London abgereist. Die Straße» waren reich
mit Blumen geschmückt. Das Wetter ist schön. —
Bei dem Gottesdienst in der St. GeorgeSkirche zu
Windsor war nur die königliche Familie Izugsgen.
Am Schluffe umarmten die Kaiserin Friedrich, Prinz
und Prinzessin Heinrich und die Großfürstin Sergius
die Königin. Alle waren zu Thränen gerührt.
* London, 19. Juni. Die der Königin seitens
der hier ansässigen Deutschen zu überreichende Adresse
hat folgenden Wortlaut: „Ew. Majestät wollen aller-
gnädigst geruhen, den unterzeichneten Vertretern deut-
scher Kirchengemeinden, Anstalten und Vereine Von-
dons huldvollst zu gestatten, anläßlich der denkwür-
digen Jubelfeier, welche am heutigen Tage die Völker
der britischen Krone freudig bewegt, Ew. Majestät die
herzlichsten Glückwünsche in ehrfurchtsvoller Begrüß-
ung darzubringen. Wir sind von Dank erfüllt, daß
die in Großbritanieu lebenden Deutschen während der
60 Jahre, die seit Ew. Majestät Thronbesteigung
verflossen sind, unter der Obhut der Regierung und
dem Schutze der Landesgesetze in freundlichem Verkehr
mit der einheimischen Bevölkerung ihren Lebenszielen
in vollster Freiheit habe nachstreben können. Als Zeuge
der Entwickelung, die daS Britische Reich unter Ew.
Majestät Herrschaft genommen hat, erkennen wir in
Ew. Majestät unablässiger Fürsorge eine der mächtig,
tigsten Ursachen der Errungenschaften, deren daS bri-
tische Gemeinwesen auf allen Gebieten der Cultur sich
erfreut. Den Geschicken Ew. Majestät königlichen
Hauses sind wir zu jeder Zeit mit aufrichtiger Theil-
nahmr gefolgt; und wir gedenken mit besonderer Ge<
»ugthuung der Familienbande, durch welche deutsche
Art und deutsches Wesen Ew. Majestät auf daS In-
uigste nahegetreten sind. Möge der allmächtige Gott
Ew. Majestät noch ein lange» und reich gesegnetes
Leben verleihen, in Frieden, Kraft und Gesundheit,
zum Heile und zur Wohlfahrt aller, über die Ew.
Majestät ruhmreiches Scepter sich schützend uud schir-
mend erstreckt. DaS wünschen wir Ew. Majestät und
dem ganzen britische» Volke." Es folgen 27 Unter-
schriften von Vorständen deutscher Vereine usw. und
die deS Vorsitzenden des ExccutivauSschusseS, Herrn
Alexander Siemens. Bemerkt sei, daß u. a. auch der
Herzog von Cambridge als Präsident des deutschen
Hospitals die Adresse unterzeichnet hat. Die Adresse,
welche gestern und vorgestern in London zur Ansicht
ausgestellt war, ist mit goldenen Lettern auf Perga-
ment gemalt und von einer Firma in Hannover her-
gestellt worden.
* London, 21. Juni. Au» der Umgebung der
Königin wird das Gerücht gemeldet, daß sie zu Gun-
sten deS Prinzen von Wales abzudanken gedenke. Die
Königin habe oft den Wunsch ausgesprochen, den
Prinzen zu ihren Lebzeiten gekrönt zu sehen. Nun
bewege sie die Rücksicht auf den Staat und die Liebe
zum Prinzen und zur Prinzessin von Wales zu diesem
Schritte.
* London, 20. Juni. Die Tribünenbesitzer und
Fenstervermiether gerathen nachgerade in eine verzwei-
felte Stimmung, denn die Preise für Plätze zum
Jubiläumsfestzuge sinken noch immer, und für tausende
von Sitzen finden sich keine Abnehmer. Man geht
jetzt mit TribünenbilletS förmlich' haustren, und auf
den Straßen werden den Passanten Zettel in die
Hand gedrückt, auf denen die Tribünen und Fenster
angeprirsen werden. Ein Tribünen'Unternehmer ver-
öffentlicht ganzseitige Annoncen in den Londoner
Morgenblättern, deren jede 250 Pfund Sterling
kostet, und ein anderer Spekulant befürchtet, durch
diese Krisis 30,000 Pfund zu verlieren. Ein dritter
will unter den Käufern seiner Plätze Geldprämien
verloosen. Dar Publikum zieht natürlich seinen
Nutzen auS der Sachlage und wartet mit dem Kaufen
von BilletS bis zur letzten Minute. Ein Agent im
Westend hat von 1000 Sitzen, die er in Kommission
hat, erst zwei vermiethet, und Zimmer, die zuerst für
für 200 Guineas angeboten waren, würde man jetzt
gern für 20 Guineas verwietheu. Im allgemeinen
ist eine Guineas immer noch der niederste Preis für
einen Tribüneuplatz, und der höchste Preis, der für
, ein Zimmer bezahlt ist, soll 600 Guinea- sein.

Dasselbe bietet allerdings eine prachtvolle AuSsiO
am Pall Mall, und ein Herr aus Brimigham h."'
den Betrag bezahlt. Auch die Zeitungen geben viel
Geld für JubiläumSfitze ans; der „Standard
allein hat füc seine Berichterstatter 24 Sitze an ver*
schieden«« Punkten der Feststraße genommen. _
* Rom, 19. Juni. An die Jubiläum-feierlich'
keiten zu Ehren der Königin Viktoria von England
geht als päpstlicher Abgesandter Msgr. Sambucetti-
Denselben begleiten die MsgrS. Granits di Belmottte
und Bay und der Nobelgardist Graf Muccioli.
Aus Nah und Fern.
Nachricht»« für diese Rubrik sind UN« jederzeit willkommen. — Stwatt«
«osten werden stet» sofort ersedt.)
* H-ißeld-kg, 22 Juni. (Muthmaßliches W-tter für
Mittwoch, den 23. Juni.) Trockenes und auch mehrfach
auf geheitertes Wetter in Aussicht zu nehmen.
* Heidelberg, 22. Juni. Wie wir in Nr. 137 mit'
theilten, sind mehrere Mitglieder des hiesigen Stadtraths
und Stadtverordnetenvorstandes nach Heilbronn gereift, u«
die dortige Industrie- und Gewerbe-Ausstellung zu besuchen-
Am Bahnhof in Heilbronn wurden die hiesi gen Herren
von den Mitgliedern der Gemeindeverwaltung empfangen-
Herr Oberbürgermeister Hegelmaier begrüßte die Heidel-
berger Gäste in herzlichen Worten, in denen er zugleich
den Wunsch der Stadt Heilbronn betonte, mit Heidelberg
wieder lebhaftere Berkehrsbsziehunaen anzuknüpfen, als
solche in der letzten Zett bestanden hätten, und darauf hin"
wies, daß man in Heilbronn zur Zeit erwäge, ob nicht z«
diesem Behuf« eine Dampfschiffoerbindung auf dem Neckar
wieder ins Leben zu rufen sei Oberbürgermeister Dr.
WilckenS, welcher diesen Gedanken sympathisch begrüßte,
dankte Namens der Gäste für ven freundlichen Empfang
und brachte auf die Stadt Heilbronn und deren Verwaltung
einen Trmkspruch aus- Sehr befriedigt von der Aufnahme,
die sie in Heilbronn gefunden, sowie von dem, was sie da-
selbst gesehen, kehrten die hiesigen Herren abends wieder
nach Heidelberg retour.
* Heidelberg, 22. Juni. Betriebskontroleur Johann-
Stahl hier wnrde nach Konstanz versetzt.
1. Heidelberg, 21. Juni. Vartetezum Zwinger
Die Sonntag Abendvorstellung des Variete konnte kaum
die Zuschauermenge fassen, die Räume waren überfüllt.
ES ist erfreulich, daß für die Mühewaltung der Direktion,
stets gute Prima Kräfte zu engagiren, das Publikum es
mit seinem Besuche auch lohnt. Das Künstlerpersonal ver-
dient dieses Mal alle Anerkennung und ist auch stets be-
müht, den Besuchern einen recht amüsanten Abend zu be-
reiten. Möge daher Niemand versäumen, das derzeitige
Ensemble zu sehen.
* Heidelberg, 22. Juni. Gestern wurde ein junger
Mann verhastet, der in dem Verdachte stand, gestern Mor-
gen dem jungen Mädchen bei den Kiesgruben Stichwunde«
beigebracht zu haben. Derselbe wurde jedoch Abends, da
er Entlastungszeugen bringen konnte, wieder entlassen. Der
eigentliche Thäter konnte bis jetzt noch nicht ermittelt wer-
den. ES ist Hoffnung vorhanden, das Mädchen am Leben
zu erhalten.
* Heidelberg, 22. Juni. Letzte Nacht wurde ei»
Fremder im Streite verletzt, der Thäter kam zur Anzeige.
— Ein junger Mann wurde in der Sophienftraße in be-
trunkenem Zustande aufgegriffen und zu seiner eigenen
Sicherheit in Gewahrsam verbracht.
* Eppelheim, 21. Juni. Die heute dahier statt-
gehabte Denkmalsenthüllung, verbunden mit demGau-
verbandStag, wurde durch den fortwährenden Regen
stark beeinträchtigt. Viele angesagten Vereine kamen
deS schlechten Wetters wegen nicht.
* Daffenheim, 20. Juni. Wir hatten die ganze
Woche ein rauhes, naßkaltes Wetter mit kalten Regen-
schauern, daS sich viel eher für den Monat November,
als für den morgigen Sommeranfang eignen würde.
In unseren Weinbergen stehen die Trauben in aller-
schönster Blüthe, und ein solcher Wetter! Schade für
die vielen schönen Trauben, wen» sie nicht schnell
zum Verblühen kommen. Da- jetzige Wetter bringt
denselben großen Schaden und die Hoffnung auf eine
wirkliche Weinernte schwindet bei solchem Wetter
jeden Tag mehr. Kein Wunder, wenn der Landmann
traurig der Zukunft entgegensieht. Schlechte, geringe Kir-
schenernte u. auch eine geringe Weinernte, da- reimt sich
mit den immer steigenden Ausgaben nicht zusammen —
Gegenwärtig ist man mit dem Verpacken und Ver-
schicken von Johannisbeeren u. Heidelbeeren beschäftigt,
welche den Leuten einigermaßen Einnahmen bringen.
Erstere geben reichlich aus, bei letzteren ist der Ertrag
ein mäßiger. Für erstere wird für daS Pfund 1b Pf.,
für letztere 30 Pf. bezahlt.
* Rntzloch, bei Heidelberg, 19. Juni. Die Be-
fürchtungen, die Diphtherit'S könne sich hier unter
der JugendauSbreiten, haben sich gottlob nichterfüllt;
eS sind nur vereinzelte Fälle vorgekommen. Die
Kinder, welche nach Heidelberg in die Klinik verbracht
wurden, sind als geheilt bereits wieder ihren Eltern
zurückgegeben.
* Mannheim, 21. Juni. Die städt. Spar-
kasse hat im abgelaufenen Geschäftsjahr einen Ueber-
schuß von 111,782 M. erzielt. ES wird beim Bürger-
auSschuß beantragt, hiervon 61,284 dem ReservefondS
zu überweisen, der dadurch auf 7,07 pCt. der Gut-
habens der Einleger ansteigt, und den Rest mit 50,497
den städt. Schulen zuzuwenden.
* Mannheim, 21. Juni. Am hiesigen Gymna-
sium begann heute Vormittag da- Abiturienten-
Examen. Lu demselben betheiligen sich 47 Abitu-
rienten.
* Weinheim, 20. Juni. Der nächste Städtetag
der mittleren Städte findet im September nicht in
Mannheim, sondern hier statt.
 
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