schlossen werden soll und erklärt im Anschluß daran
die Reichstagssession für geschlossen.
Präsident v. Buol: Nicht weil er Sitte, sondern
weil er uns ein Bedürfniß ist, geben wir unsrer Liebe
und Treue zum Kaiser gemeinsamen Ausdruck.
Kaiser Wilhelm II. lebe hoch! Die Abgeordneten
stimmten dreimal in den Hochruf ein.
Darauf schließt Präsident v. Buol die Sitzung.
Schluß 12'/i Uhr.
Ausland.
* Bern, 25. Juni. Der Ständerath behandelte
heute in zwei Sitzungen die Detailbestimmungen über
die Organisation der Staatsbahnen. Infolge neuer
Vorschläge über die Bestellung deS BerwaltungSratheS,
EisenbabnratheS und der Kreisdirektionen muß die
Kommission eine neue Sitzung halten.
* Brüssel, 25. Juni. Der Senat nahm gestern
mit 47 gegen 8 Stimmen und 3 Stimmenthaltung
die Gesetzvorlage an, betr. den Ankauf der Eisenbahn
Grande Zentral Belge und Nebenlinien durch den
Staat.
Vom Kriegsschauplatz.
* Bern, 25. Juni. Alt-Bund?Srath Droz wird
zufolge genauer Erkundigungen vorläufig für eine
Anzahl Monate die Stelle eines Gouverneurs von
Kreta übernehme«, sofern ein ihm konvenirendes Re-
gierungSprogramm aufgestellt wird. In Paris wird
der Entwurf auSgearbeitet. Droz wird sich voraus»
sichtlich nächstens nach Paris begeben behufs genau-
erer Festsetzung des RegierungSprogrammS. Die
Mächte wünschen die baldige Regelung der Angelegen-
heit. Nach einer Meldung der „Nordd. Allg. Ztg."
aus Wien hat Droz gewisse Bedingungen an die
Uebernahme des Postens geknüpft, so die Garantie
einer Anleihe durch die Mächte zur Durchführung
der autonomen Organisation, ferner wegen Organi-
sation der Gendarmerie, auch fordere er vorherige
Feststellung seiner Machtbefugnisse. England prote-
gire diese Kandidatur.
* Konstantinopel, 24. Juni. In der gestrigen
Sitzung derFriedenSkonferenz wurde über den
bereits gemeldeten Vorschlag Tewfis Paschas wegen
Erweiterung der Grenzregulirung mit Einbeziehung
TrikalaS verhandelt, doch wurde kein Einverständniß
erzielt. Trotzdem ist man in Botschafterkreisen der
festen Ansicht, daß in drei Wochen spätesten- der
Abschluß des Friedens zu erwarten sei. Herr v. Neli-
dow äußerte sich sogar dahin, daß die Verhandlungen
in vierzehn Tagen beendet sein würden. — Auf einen
Befehl aus dem Palais sind alle weiteren Truppen-
transporte nach Thessalien und Mazedonien eingestellt
worden. — Aus guter englischer Quelle vernehme ich,
daß der Gouverneuer der Ottoman Bank Sir Edgar
Vincent am Ende des Jahre- von seinem Posten zu-
rücktreten werde.
Zum 60. Regierungsjubiläum -er Königin
Victoria von England.
* London, 25. Juni. Daß die Königin abdanken
will, ist gestern, wie der „Manchester Guardian" er-
fährt, im Unterhause durch Abgeordnete der ministeri-
ellen Seite, die mit dem Hofe Fühlung haben, als
eine bestimmte Sache hingestellt worden.
* London, 25. Juni. Der gestrige Empfang,
den der Prinz und die Prinzessin von Wales im
Buckingham-Palast abhielten, nahm einen sehr glän-
zenden Verlauf. An demselben bethnligten sich etwa
1600 Personen, darunter fast alle Mitglieder der
königlichen Familie und die hier anwesenden Fürst-
lichkeiten. Als dar Prinzenpaar, dar bei der An-
fahrt von einer großen Menschenmenge jubelnd begrüßt
worden war, den Hauptsaal betrat, in welchem die
Gäste bereits versammelt waren, spielte die Musik
die Nationalhymne. Gleich darauf fand der Empfang
* Loredo«, 25. Juni Nach einer Schätzung der
„Daily News" haben 1550000 Personen den Triumph -
zug der Königin mit angesehen, und zwar auf den
Straßen 400000, von den Häusern aus 650000 und
von den Tribünen 500000 Personen. Die Speku-
lanten, die glaubten, die Plätze auf den errichteten
Tribünen um einen ungeheuren Preis vermiethen zu
können, sind bitter enttäuscht worden. Am Dienstag
Mittag konnte man gute Plätze zu 1 sh., selbst zu
6 d. haben. — Die St. John Ambulance-Gesellschaft
hat am Jubiläumstage mehr als 1000 Fälle behandelt.
900 Beamte der Gesellschaft hatten Dienst. — DaS
Schwert, daS der Lordmayor der Königin bei „Temple
Bar" überreichte, war nicht das gewöhnliche, das dem
Oberhaupt der City bei sonstigen Feierlichkeiten vor-
angetragen wird. Jenes führt den Namen „daS
Perleuschwert der Königin Elisabeth." Die jung-
fräuliche Königin hat e- der City zum Geschenk
gemacht, als sie die Börse im Jahre 1570 eröffnete.
In der Nacht vom Sonntag auf Montag fanden in
Dublin allerhand Kundgebungen gegen England statt.
Ein Fräulein Maud Gönne hielt mit einer schwarzen
Fahne bewaffnet, im College Green eine Rede, in der
sie sagte, daß während der „glorreichen" Regierung
der Königin Victoria 1500 000 Iren gestorben,
3 000000 von Haus und Hof vertrieben worden
und 4000000 auSgewandert seien. Als das Meeting
in vollem Gange war, kamen die Studenten des
Trinity College. Diese sind von Alters sehr loyal
gewesen. Es kam zu einer Prügelei, allein die
Studenten mußten sich in ihr College zurückziehen,
weil die Polizei gegen sie Partei nahm. Ein Studmt
entfaltete den Union Jack. Die Menge versuchte die
Fahne zu erbeuten. Die Polizei war bemüht, die
Studenten innerhalb ihrer College-Gitter zu halten.
Später am Abend wurden de« loyalen „Dublin Daily
Expreß" noch die Fruster eiogeworfen und eine
elektrische Lampe mit dem Buchstaben „V. U." mußte
entfernt werden. — Der Vicekönig von Indien hat
aus Anlaß des Jubiläums 400 Sträflinge auf den
Andaman-Jnseln und über 19000 Sträflinge an
anderen indischen Gefängnissen begnadigt.
* Windsor, 25. Juni. Die Königin unter-
nahm gestern Abend in Begleitung der Kaiserin
Friedrich und der Prinzessin von Battenberg eine
Wagenfahrt, um die Illumination der Stadt und den
historischen Festzug in Augenschein zu nehmen, welchen
die Einwohner Windsors veranstalteten. Im Festzuge
fiel besonders der Beteraneubund mit seinem 84jähri-
gen Führer auf. Die Zinnen und Thürme des alten
Schlosser gewährten in ihren durch vielfarbige Lampen
markirten Umrissen einen prächtigen Anblick. Die
Königin ergötzte sich sehr au dem bunten Treiben der
heiteren Volksmenge.
Aus Baden.
Heidelberg, 26. Juni.
--- Die Wiesbadener Reichstag» Stichwahl
hat den Sieg Wintermeyer'S (Freis. Bp.) gegen v.
Fugger (Centr.) mit bedeutender Mehrheit ergeben.
Wir haben diesen Verlauf vorauSgesehen, den Hr. v.
Fugger war hinter seinem Mitbewerber bei der Haupt-
Wahl 1200 Stimmen zurück, und daß von den 5000
Stimmen der social-demokratischen und den 3000 de-
national-liberalen Candidaten ein großer Theil dem
Candidaten deS CentrumS sich zuwenden werde, schien
von vorn herein nicht annehmbar. Ja der Zwischen-
zeit traten allerdings Umstände hervor, welche die
schwachen Hoffnungen des CentrumS zu heben geeignet
waren. Die Leitung der freilich nicht bedeutenden
conservativen Partei forderte zur Unterstützung v.
Fugger'S auf, ein Theil der National-Liberalen schien
sich der Wahl enthalten zu wollen, und auffallender
Weife machte sich sogar im socialdemokratischen Lager
eine Strömung für v. Finger oder, genauer gesagt,
gegen Wintermeyer geltend. Sie entsprang gewiß
nicht der Sympathie für dar Centrum, wohl aber der
Abneigung gegen die Freisinnige Volkspartei, über
deren Wahl Polemik man sich bitter beschwerte.
Anderseits aber warnten einflußreiche Parteihäupter
eindringlich die „Genossen", sich nicht durch solche
Erwägungen verärgern zu lassen, und erhebliche Un-
terstützung ist aus dem social-demokratischen Lager
auch schwerlich gekommen. Die Empörung über die
unqualificirbare Manier, in welcher Hr. v. Fugger
fälschlicher Weise als unehelicher Kind bezeichnet und
in der Fugger'schen Familiengeschichte deS 16 Jahr-
hunderts herumgestöbert wurde, mag einige anständige
Leute bewogen haben, nun erst recht dem so schmäh-
lich Angegriffenen die Stimme zu geben, aber viel
hat'S nicht ausgemacht. So kam er, daß die Frei-
sinnigen rund 7000, da» Centrum rund 3000 Stimmen
gewann und die Differenz auf etwa 5000 Stimmen
anwuchs. BemerkenSwerth ist immerhin, daß Hr. v.
Fugger in der Stadt Wiesbaden seine Stimmenzahl
mehr als verdoppelte. Um den officiellen Wahlent-
Haltungsbeschluß scheinen die Social-Demokraten, wie
in zahllosen frühern Fällen, sich herzlich wenig ge-
kümmert zu haben, da die Gesammtbetheiligung noch
stärker als bei der Hauptwahl gewesen ist.
Aus Nah und Fern.
Nachricht-« für diese Rubrik find und jederzeit Willkomm««. — rtwai««
»ofte« werde« stet» sofort ersetzt.)
* Heidelberg, 26 Juni. lMuthmaßliches Wetter für
Sonntag, den 26. Juni.) Vereinzelte Gewitter in Aus-
sicht zu nehmen, die aber von kurzer Dauer sein werden.
* Seidelberg, 26. Juni. In der letzten Generalver-
sammlung der Ortskrankenkasse wurde der Antrag, 5—6
Aerzte aufzustellen, an die sich die Versicherten im Erkrank-
unSfall nach freier Wahl wenden können, angenommen.
* Heidelberg, 26. Juni. Betriebsassistent Wilhelm
FuchS in Mannheim wurde hierher versetzt.
L Heidelberg, 26. Juni. H. Symphonie-Con-
cer t des ftädt. O rch esterS- Nachdem am Nachmit-
tage ein reinigendes Gewitter mit einiger Abkühlung her-
niederging, gestaltete sich die Witterung für den Abend so
günstig, daß da» II. Symphonie-Concert, welches man
schon verschoben glaubte, im herrlichen Schloßgarten unter
zahlreicher Betheiligung eines aufmerksamen und musiklie-
benden Publikums dennoch stawfinden kouiM. Die Dlrek»
tion, welche Herr Capellmeifter CHildebrand al»
letztmalige Leitung de» Sympbonie-Concerte« in Hände«
hatte, wnrde von dem jungen strebsamen Dirigenten aut»
vorzüglichste durchgesührt. Der erste Theil des mit grober
Sorgfalt feinfühligst zusammengestellten Programmes ver-
zeichnete Nr. 1. den „Kaisermarsch' von R Wagner, al»
2. Nummer die Ouvertüre von Nil» Bade „Nachklänge
von Ossian, 3. die Tonbilder aus dem Mufikvram, „Rh««'
aold' von Wagner. IN dem Biolin-ConcM vvn Beriot
hatten wir Gelegenheit, zum ersten Male in einem größere«
Part unseren neuen Conc-rtmeister Herrn L. Grau au«
als einen ganz vorzüglichen Conc-rtgerger kennen zu lernen,
seine natürliche Technik unv duftendes Spiel ist bewunder-
unaöwerty; rauschender Beifall wurde dem bescheiden««
Künstler zu Theil. In der zweiten Abtheilung wurde dre
stets willkommene und unvergängliche 8. Beethoven'sche
Symphonie in l^-var bestehend aus 4 Sätzen von unsere«
trefflichen Orchester unter lautloser Stille oeS Auditoriums
so köstlich wiedergegebe», daß die Leistungen, welche uns in
dem gestrigen Concerte geboten wurden, nur de» größten
Lobes an dieser Stelle finden solle«. Es sei deshalb auch
darauf hingewiesen, daß die Idee der Sommer-Symphonie-
Concerte von dem genialen Kapellmeister Hrn. C. ZschovVe
herrührt; das Publikum, welchem im Winter nicht vergönnt
ist, die Bachvereins-Concerte im Museum zu besuchen, kann
dem Veranstalter dieser schönen Aufführungen nur dankbar
sein.
* Eppelheim, 25. Juni. Heute Morgen gegen
6 Uhr entstand in der Scheuer der Nikolaus Hege
dahier auf bis jetzt noch unaufgeklärte Weise Feuer.
Dasselbe wurde von Arbeitern bemerkt, worauf die
im Wohnhause noch schlafenden Kinder geweckt, und
die Eltern, welche kurz vorher ins Feld gefahren
waren, zurückgerufen wurden. Im Ganzen sind vier
Wohnhäuser nebst Scheuer« und Stallungen, de»
Laudwirthen Nik. Hege, Peter Enkler, PH. Jak.
Zimmermann und Adam Mitsch gehörig bis auf die
Grundmauern niedergebrannt. DaS Vieh und
Mobiliar konnten dank der eifrigen Anstrengungen
der Feuerwehr und der Nachbarn gerettet werden,
während die Vorräte an Heu rc. alle verbrannt sind.
Die Gebäulichkeiten sind alle versichert, dagegen hatte
der Kutscher Stephan in einer der Scheuern Hm
sitzen, daS nicht versichert ist.
* Mannheim, 25. Juni. Allgemein fällt e- auf,
daß die Mannschaften des hiesigen Regi-
ments seit Montag dieser Woche statt um 10 Uhr
bereits abends 9 Uhr in der Kaserne sein
müssen. ES soll dies auf eine Strafverfügung zurück-
zuführen sein.
* Karlsruhe, 25. Juni. Die Großherzogin "ist
heule Nachmittag 4 Uhr 25 Min. wieder nach Baden-
Baden zurückgekehrt.
* Karlsruhe, 24. Juni. Dem Vernehmen nach
wird die EcbschaftSangelegenheit der f Fürsten Karl
Egon von Fürstenberg in absehbarer Zelt Gegenstand
eine- interessanten Rechtsstreites bilden, da sich die
fürstliche Standerherrschaft weigert, die Erbschaft--
steuer zu bezahlen, von der Meinung ausgehend, der
liegenschaftliche, das fürstliche Familienfideikommniß
bildende Besitz sei von der Steuer ausgenommen.
Die oberste Steuerbehörde des Lande- ist aber nicht
gleicher Ansicht und wird die Steuer auf gerichtlichem
Wege zu erlangen suchen. Man spricht von nahezu
50 Millionen, welche nach der vom Staate verlangten
allgemeinen Erbschaftssteuer dem FiSkuS zufallen
würden. Damit könnte man schon etwa» ansangen.
? Karlsruhe, 25. Juni. Gestern Nacht starb
dahier Herr BahnhofSrestaurateur Julius
Jäger im Alter von 40 Jahren nach schwerer,
langer Krankheit.
* Rastatt, 24. Juni. In der Gemeinde Hügels»
heim brannte gestern Nachmittag Stallung und Oe-
konomiegebeäude deS Gregor Leppert vollständig
nieder. Mit knapper Noth konnte da» Vieh gerettet
werden bis auf zwei Schweine, die in den Flamme»
umkamen. Der Beschädigte ist versichert.
* MrmprechtShofeu, 24. Juni. Heute wurde
der hiesige, auf bi» jetzt noch unaufgeklärte Weise
im WagShurster Walde ermordete Bürstenmacher
Friedrich Hauß unter zahlreicher Leichenbegleitung
zur Ruhe bestattet. Der Entschlafene starb in dem
jugendlichen Alter von 29 Jahre,. Eine Frau mit
einem Kinde trauern um den Gatten und Vater.
* Kehl, 24. Juni. Zahlmeister Quilitsch vom
3. Bat. de» Jnf.-RegtS. Nr. 143 in Straßburg, bis
25. März d. I. in Kehl in Garnison, wurde gestern
auf dem Bureau des Bataillons verhaftet und in-
MilitäruntersuchungSgefängniß abgeführt. Die Ver-
haftung soll mit Unregelmäßigkeiten, die sich bei der
Revision der Bataillonrkasse vorfanden, im Zusammen-
Hang stehen.
* Freiburg, 24 Juni. Zur Wiederwahl des
Herrn Oberbürgermeisters Dr. Winterer ist an den
Leiter der Wahl, den Großh. Amtsvorstand, Herr»
Geh. RegierungSrath Föhrenbach, von Sr. König!.
Hoheit dem Erbgroßherzog gestern Abend nachstehendes
Telegramm eingetroffen:
Elsenborn, 22. Juni 1897.
„Erbgroßherzogin und ich beglückwünschen de»
Oberbürgermeister Dr. Winterer zur einstimmigen
Wiederwahl und danken ihnen, sowie den übrigen
Mitunterzeichneten herzlich für die Uebermittlung des
die Reichstagssession für geschlossen.
Präsident v. Buol: Nicht weil er Sitte, sondern
weil er uns ein Bedürfniß ist, geben wir unsrer Liebe
und Treue zum Kaiser gemeinsamen Ausdruck.
Kaiser Wilhelm II. lebe hoch! Die Abgeordneten
stimmten dreimal in den Hochruf ein.
Darauf schließt Präsident v. Buol die Sitzung.
Schluß 12'/i Uhr.
Ausland.
* Bern, 25. Juni. Der Ständerath behandelte
heute in zwei Sitzungen die Detailbestimmungen über
die Organisation der Staatsbahnen. Infolge neuer
Vorschläge über die Bestellung deS BerwaltungSratheS,
EisenbabnratheS und der Kreisdirektionen muß die
Kommission eine neue Sitzung halten.
* Brüssel, 25. Juni. Der Senat nahm gestern
mit 47 gegen 8 Stimmen und 3 Stimmenthaltung
die Gesetzvorlage an, betr. den Ankauf der Eisenbahn
Grande Zentral Belge und Nebenlinien durch den
Staat.
Vom Kriegsschauplatz.
* Bern, 25. Juni. Alt-Bund?Srath Droz wird
zufolge genauer Erkundigungen vorläufig für eine
Anzahl Monate die Stelle eines Gouverneurs von
Kreta übernehme«, sofern ein ihm konvenirendes Re-
gierungSprogramm aufgestellt wird. In Paris wird
der Entwurf auSgearbeitet. Droz wird sich voraus»
sichtlich nächstens nach Paris begeben behufs genau-
erer Festsetzung des RegierungSprogrammS. Die
Mächte wünschen die baldige Regelung der Angelegen-
heit. Nach einer Meldung der „Nordd. Allg. Ztg."
aus Wien hat Droz gewisse Bedingungen an die
Uebernahme des Postens geknüpft, so die Garantie
einer Anleihe durch die Mächte zur Durchführung
der autonomen Organisation, ferner wegen Organi-
sation der Gendarmerie, auch fordere er vorherige
Feststellung seiner Machtbefugnisse. England prote-
gire diese Kandidatur.
* Konstantinopel, 24. Juni. In der gestrigen
Sitzung derFriedenSkonferenz wurde über den
bereits gemeldeten Vorschlag Tewfis Paschas wegen
Erweiterung der Grenzregulirung mit Einbeziehung
TrikalaS verhandelt, doch wurde kein Einverständniß
erzielt. Trotzdem ist man in Botschafterkreisen der
festen Ansicht, daß in drei Wochen spätesten- der
Abschluß des Friedens zu erwarten sei. Herr v. Neli-
dow äußerte sich sogar dahin, daß die Verhandlungen
in vierzehn Tagen beendet sein würden. — Auf einen
Befehl aus dem Palais sind alle weiteren Truppen-
transporte nach Thessalien und Mazedonien eingestellt
worden. — Aus guter englischer Quelle vernehme ich,
daß der Gouverneuer der Ottoman Bank Sir Edgar
Vincent am Ende des Jahre- von seinem Posten zu-
rücktreten werde.
Zum 60. Regierungsjubiläum -er Königin
Victoria von England.
* London, 25. Juni. Daß die Königin abdanken
will, ist gestern, wie der „Manchester Guardian" er-
fährt, im Unterhause durch Abgeordnete der ministeri-
ellen Seite, die mit dem Hofe Fühlung haben, als
eine bestimmte Sache hingestellt worden.
* London, 25. Juni. Der gestrige Empfang,
den der Prinz und die Prinzessin von Wales im
Buckingham-Palast abhielten, nahm einen sehr glän-
zenden Verlauf. An demselben bethnligten sich etwa
1600 Personen, darunter fast alle Mitglieder der
königlichen Familie und die hier anwesenden Fürst-
lichkeiten. Als dar Prinzenpaar, dar bei der An-
fahrt von einer großen Menschenmenge jubelnd begrüßt
worden war, den Hauptsaal betrat, in welchem die
Gäste bereits versammelt waren, spielte die Musik
die Nationalhymne. Gleich darauf fand der Empfang
* Loredo«, 25. Juni Nach einer Schätzung der
„Daily News" haben 1550000 Personen den Triumph -
zug der Königin mit angesehen, und zwar auf den
Straßen 400000, von den Häusern aus 650000 und
von den Tribünen 500000 Personen. Die Speku-
lanten, die glaubten, die Plätze auf den errichteten
Tribünen um einen ungeheuren Preis vermiethen zu
können, sind bitter enttäuscht worden. Am Dienstag
Mittag konnte man gute Plätze zu 1 sh., selbst zu
6 d. haben. — Die St. John Ambulance-Gesellschaft
hat am Jubiläumstage mehr als 1000 Fälle behandelt.
900 Beamte der Gesellschaft hatten Dienst. — DaS
Schwert, daS der Lordmayor der Königin bei „Temple
Bar" überreichte, war nicht das gewöhnliche, das dem
Oberhaupt der City bei sonstigen Feierlichkeiten vor-
angetragen wird. Jenes führt den Namen „daS
Perleuschwert der Königin Elisabeth." Die jung-
fräuliche Königin hat e- der City zum Geschenk
gemacht, als sie die Börse im Jahre 1570 eröffnete.
In der Nacht vom Sonntag auf Montag fanden in
Dublin allerhand Kundgebungen gegen England statt.
Ein Fräulein Maud Gönne hielt mit einer schwarzen
Fahne bewaffnet, im College Green eine Rede, in der
sie sagte, daß während der „glorreichen" Regierung
der Königin Victoria 1500 000 Iren gestorben,
3 000000 von Haus und Hof vertrieben worden
und 4000000 auSgewandert seien. Als das Meeting
in vollem Gange war, kamen die Studenten des
Trinity College. Diese sind von Alters sehr loyal
gewesen. Es kam zu einer Prügelei, allein die
Studenten mußten sich in ihr College zurückziehen,
weil die Polizei gegen sie Partei nahm. Ein Studmt
entfaltete den Union Jack. Die Menge versuchte die
Fahne zu erbeuten. Die Polizei war bemüht, die
Studenten innerhalb ihrer College-Gitter zu halten.
Später am Abend wurden de« loyalen „Dublin Daily
Expreß" noch die Fruster eiogeworfen und eine
elektrische Lampe mit dem Buchstaben „V. U." mußte
entfernt werden. — Der Vicekönig von Indien hat
aus Anlaß des Jubiläums 400 Sträflinge auf den
Andaman-Jnseln und über 19000 Sträflinge an
anderen indischen Gefängnissen begnadigt.
* Windsor, 25. Juni. Die Königin unter-
nahm gestern Abend in Begleitung der Kaiserin
Friedrich und der Prinzessin von Battenberg eine
Wagenfahrt, um die Illumination der Stadt und den
historischen Festzug in Augenschein zu nehmen, welchen
die Einwohner Windsors veranstalteten. Im Festzuge
fiel besonders der Beteraneubund mit seinem 84jähri-
gen Führer auf. Die Zinnen und Thürme des alten
Schlosser gewährten in ihren durch vielfarbige Lampen
markirten Umrissen einen prächtigen Anblick. Die
Königin ergötzte sich sehr au dem bunten Treiben der
heiteren Volksmenge.
Aus Baden.
Heidelberg, 26. Juni.
--- Die Wiesbadener Reichstag» Stichwahl
hat den Sieg Wintermeyer'S (Freis. Bp.) gegen v.
Fugger (Centr.) mit bedeutender Mehrheit ergeben.
Wir haben diesen Verlauf vorauSgesehen, den Hr. v.
Fugger war hinter seinem Mitbewerber bei der Haupt-
Wahl 1200 Stimmen zurück, und daß von den 5000
Stimmen der social-demokratischen und den 3000 de-
national-liberalen Candidaten ein großer Theil dem
Candidaten deS CentrumS sich zuwenden werde, schien
von vorn herein nicht annehmbar. Ja der Zwischen-
zeit traten allerdings Umstände hervor, welche die
schwachen Hoffnungen des CentrumS zu heben geeignet
waren. Die Leitung der freilich nicht bedeutenden
conservativen Partei forderte zur Unterstützung v.
Fugger'S auf, ein Theil der National-Liberalen schien
sich der Wahl enthalten zu wollen, und auffallender
Weife machte sich sogar im socialdemokratischen Lager
eine Strömung für v. Finger oder, genauer gesagt,
gegen Wintermeyer geltend. Sie entsprang gewiß
nicht der Sympathie für dar Centrum, wohl aber der
Abneigung gegen die Freisinnige Volkspartei, über
deren Wahl Polemik man sich bitter beschwerte.
Anderseits aber warnten einflußreiche Parteihäupter
eindringlich die „Genossen", sich nicht durch solche
Erwägungen verärgern zu lassen, und erhebliche Un-
terstützung ist aus dem social-demokratischen Lager
auch schwerlich gekommen. Die Empörung über die
unqualificirbare Manier, in welcher Hr. v. Fugger
fälschlicher Weise als unehelicher Kind bezeichnet und
in der Fugger'schen Familiengeschichte deS 16 Jahr-
hunderts herumgestöbert wurde, mag einige anständige
Leute bewogen haben, nun erst recht dem so schmäh-
lich Angegriffenen die Stimme zu geben, aber viel
hat'S nicht ausgemacht. So kam er, daß die Frei-
sinnigen rund 7000, da» Centrum rund 3000 Stimmen
gewann und die Differenz auf etwa 5000 Stimmen
anwuchs. BemerkenSwerth ist immerhin, daß Hr. v.
Fugger in der Stadt Wiesbaden seine Stimmenzahl
mehr als verdoppelte. Um den officiellen Wahlent-
Haltungsbeschluß scheinen die Social-Demokraten, wie
in zahllosen frühern Fällen, sich herzlich wenig ge-
kümmert zu haben, da die Gesammtbetheiligung noch
stärker als bei der Hauptwahl gewesen ist.
Aus Nah und Fern.
Nachricht-« für diese Rubrik find und jederzeit Willkomm««. — rtwai««
»ofte« werde« stet» sofort ersetzt.)
* Heidelberg, 26 Juni. lMuthmaßliches Wetter für
Sonntag, den 26. Juni.) Vereinzelte Gewitter in Aus-
sicht zu nehmen, die aber von kurzer Dauer sein werden.
* Seidelberg, 26. Juni. In der letzten Generalver-
sammlung der Ortskrankenkasse wurde der Antrag, 5—6
Aerzte aufzustellen, an die sich die Versicherten im Erkrank-
unSfall nach freier Wahl wenden können, angenommen.
* Heidelberg, 26. Juni. Betriebsassistent Wilhelm
FuchS in Mannheim wurde hierher versetzt.
L Heidelberg, 26. Juni. H. Symphonie-Con-
cer t des ftädt. O rch esterS- Nachdem am Nachmit-
tage ein reinigendes Gewitter mit einiger Abkühlung her-
niederging, gestaltete sich die Witterung für den Abend so
günstig, daß da» II. Symphonie-Concert, welches man
schon verschoben glaubte, im herrlichen Schloßgarten unter
zahlreicher Betheiligung eines aufmerksamen und musiklie-
benden Publikums dennoch stawfinden kouiM. Die Dlrek»
tion, welche Herr Capellmeifter CHildebrand al»
letztmalige Leitung de» Sympbonie-Concerte« in Hände«
hatte, wnrde von dem jungen strebsamen Dirigenten aut»
vorzüglichste durchgesührt. Der erste Theil des mit grober
Sorgfalt feinfühligst zusammengestellten Programmes ver-
zeichnete Nr. 1. den „Kaisermarsch' von R Wagner, al»
2. Nummer die Ouvertüre von Nil» Bade „Nachklänge
von Ossian, 3. die Tonbilder aus dem Mufikvram, „Rh««'
aold' von Wagner. IN dem Biolin-ConcM vvn Beriot
hatten wir Gelegenheit, zum ersten Male in einem größere«
Part unseren neuen Conc-rtmeister Herrn L. Grau au«
als einen ganz vorzüglichen Conc-rtgerger kennen zu lernen,
seine natürliche Technik unv duftendes Spiel ist bewunder-
unaöwerty; rauschender Beifall wurde dem bescheiden««
Künstler zu Theil. In der zweiten Abtheilung wurde dre
stets willkommene und unvergängliche 8. Beethoven'sche
Symphonie in l^-var bestehend aus 4 Sätzen von unsere«
trefflichen Orchester unter lautloser Stille oeS Auditoriums
so köstlich wiedergegebe», daß die Leistungen, welche uns in
dem gestrigen Concerte geboten wurden, nur de» größten
Lobes an dieser Stelle finden solle«. Es sei deshalb auch
darauf hingewiesen, daß die Idee der Sommer-Symphonie-
Concerte von dem genialen Kapellmeister Hrn. C. ZschovVe
herrührt; das Publikum, welchem im Winter nicht vergönnt
ist, die Bachvereins-Concerte im Museum zu besuchen, kann
dem Veranstalter dieser schönen Aufführungen nur dankbar
sein.
* Eppelheim, 25. Juni. Heute Morgen gegen
6 Uhr entstand in der Scheuer der Nikolaus Hege
dahier auf bis jetzt noch unaufgeklärte Weise Feuer.
Dasselbe wurde von Arbeitern bemerkt, worauf die
im Wohnhause noch schlafenden Kinder geweckt, und
die Eltern, welche kurz vorher ins Feld gefahren
waren, zurückgerufen wurden. Im Ganzen sind vier
Wohnhäuser nebst Scheuer« und Stallungen, de»
Laudwirthen Nik. Hege, Peter Enkler, PH. Jak.
Zimmermann und Adam Mitsch gehörig bis auf die
Grundmauern niedergebrannt. DaS Vieh und
Mobiliar konnten dank der eifrigen Anstrengungen
der Feuerwehr und der Nachbarn gerettet werden,
während die Vorräte an Heu rc. alle verbrannt sind.
Die Gebäulichkeiten sind alle versichert, dagegen hatte
der Kutscher Stephan in einer der Scheuern Hm
sitzen, daS nicht versichert ist.
* Mannheim, 25. Juni. Allgemein fällt e- auf,
daß die Mannschaften des hiesigen Regi-
ments seit Montag dieser Woche statt um 10 Uhr
bereits abends 9 Uhr in der Kaserne sein
müssen. ES soll dies auf eine Strafverfügung zurück-
zuführen sein.
* Karlsruhe, 25. Juni. Die Großherzogin "ist
heule Nachmittag 4 Uhr 25 Min. wieder nach Baden-
Baden zurückgekehrt.
* Karlsruhe, 24. Juni. Dem Vernehmen nach
wird die EcbschaftSangelegenheit der f Fürsten Karl
Egon von Fürstenberg in absehbarer Zelt Gegenstand
eine- interessanten Rechtsstreites bilden, da sich die
fürstliche Standerherrschaft weigert, die Erbschaft--
steuer zu bezahlen, von der Meinung ausgehend, der
liegenschaftliche, das fürstliche Familienfideikommniß
bildende Besitz sei von der Steuer ausgenommen.
Die oberste Steuerbehörde des Lande- ist aber nicht
gleicher Ansicht und wird die Steuer auf gerichtlichem
Wege zu erlangen suchen. Man spricht von nahezu
50 Millionen, welche nach der vom Staate verlangten
allgemeinen Erbschaftssteuer dem FiSkuS zufallen
würden. Damit könnte man schon etwa» ansangen.
? Karlsruhe, 25. Juni. Gestern Nacht starb
dahier Herr BahnhofSrestaurateur Julius
Jäger im Alter von 40 Jahren nach schwerer,
langer Krankheit.
* Rastatt, 24. Juni. In der Gemeinde Hügels»
heim brannte gestern Nachmittag Stallung und Oe-
konomiegebeäude deS Gregor Leppert vollständig
nieder. Mit knapper Noth konnte da» Vieh gerettet
werden bis auf zwei Schweine, die in den Flamme»
umkamen. Der Beschädigte ist versichert.
* MrmprechtShofeu, 24. Juni. Heute wurde
der hiesige, auf bi» jetzt noch unaufgeklärte Weise
im WagShurster Walde ermordete Bürstenmacher
Friedrich Hauß unter zahlreicher Leichenbegleitung
zur Ruhe bestattet. Der Entschlafene starb in dem
jugendlichen Alter von 29 Jahre,. Eine Frau mit
einem Kinde trauern um den Gatten und Vater.
* Kehl, 24. Juni. Zahlmeister Quilitsch vom
3. Bat. de» Jnf.-RegtS. Nr. 143 in Straßburg, bis
25. März d. I. in Kehl in Garnison, wurde gestern
auf dem Bureau des Bataillons verhaftet und in-
MilitäruntersuchungSgefängniß abgeführt. Die Ver-
haftung soll mit Unregelmäßigkeiten, die sich bei der
Revision der Bataillonrkasse vorfanden, im Zusammen-
Hang stehen.
* Freiburg, 24 Juni. Zur Wiederwahl des
Herrn Oberbürgermeisters Dr. Winterer ist an den
Leiter der Wahl, den Großh. Amtsvorstand, Herr»
Geh. RegierungSrath Föhrenbach, von Sr. König!.
Hoheit dem Erbgroßherzog gestern Abend nachstehendes
Telegramm eingetroffen:
Elsenborn, 22. Juni 1897.
„Erbgroßherzogin und ich beglückwünschen de»
Oberbürgermeister Dr. Winterer zur einstimmigen
Wiederwahl und danken ihnen, sowie den übrigen
Mitunterzeichneten herzlich für die Uebermittlung des