daß sich ein kaiserlicher Minister katholischen Bekennt-
niffeS anscheinend unter Gescheheulaffen deS Kaisers,
zu einem nach göttlichen und weltlichen Gesetzen ver-
botenen Zweikampf hinreißen ließ. Der Club der
Katholischen Bolkspartei hat folgende Kundgebung be-
schlossen: „Anläßlich des heute stattgefundenen sen-
sationellen Zweikampfes erklärt der Club sein tiefstes
Bedauern über diese Verletzung göttlichen und mensch-
lichen Gesetz-s." Das wird mehr imponireu als der
Umstand, daß „die versammelten Mitglieder der na-
tional-freisinuigen böhmischen Abgeordneten," d. h. die
Jungczechen, „die Gruppe des conservativen Groß-
grundbesitzes auS dem Königreich Böhmen" und „die
Mitglieder der Polen Clubs", übrigens nicht alle,
Badem Beileids- oder Sympathie Kundgebungen ge-
schickt haben. ES ist nicht ganz ausgeschlossen, daß
der Schuß auch das Signal zur Vertagung des
Hauses sein kann. Vertagungsgerüchte schwirren schon
seit einigen Tagen herum. ES ist jetzt wahrscheinlich,
daß die Vertagung schon darum eintritt, weil der
kranke Ministerpräsident sich der Aufregung in den
Sitzungen nicht auSsetzen kann. Ein Stellvertreter
wird aber wohl nicht bestellt werden. Die Dele-
gationswahlen find im Herrenhause glatt abge-
laufen. Im Abgeordnetenhause wurde der von den
Czechen Böhmen« und Mährens der deutschen Par-
teien angebotrne Compromiß von diesen abgelehnt.
Die Christlich-Socialen haben von den Mandaten
für Niederösterreich drei in ihrer Partei aufgetheilt
und eines der deutschen Volk-Partei überlassen.
Deutsches Reich.
* Schwerin, 28. Sept. Der Herzog-Regent
Johann Albrecht erließ folgende öffentliche Danksag-
ung: „Tief ist die Nachricht von dem erschütternden
Ende meine- theuren Bruders, des Herzogs Friedrich
Wilhelm von Mecklenburg in die Herzen gedrungen
und seine treueste Pflichterfüllung und männliche
Standhaftigkeit in Roth und Gefahr, seine kamerad-
schaftliche Hingebung bis zum letzten Augenblick, sein
hoffnungsreiches Leben preiszugeben und sein frommes,
gottadeliger Sterben, alr es den Tod für das Vater-
land galt, haben eine große Anzahl Kundgebungen
hervorgerufen, worin mir auS ganz Mecklenburg und
vielen Theilen deS übrigen Deutschlands, sowie auS
dem Auslande, von Einzelnen und Bereinigungen,
von Behörden und von Kameraden deS Verstorbenen,
vielfach in ergreifenden Worten unter Bezeugung
ehrender, «ärmster Anerkennung schmerzliches Beileid
zum Ausdruck gebracht wird. Durch diese allgemeine
Theilnahme bin ich zu innigstem Dank sverpflichtet,
welchen ich hierdurch öffentlich ausspreche. Johann
Albrecht."
Ausland.
* Wie«, 28. Sept. Badeni's Befinden ist fort-
während günstig. Nach dem Duell kam ein Brief deS
Kaisers an den ältesten Minister, Grafen Welser--
heimb, nach Budapest, in dem der Kaiser mittheilte,
daß er das Demiffiorisgesuch Badeni's als nicht gestellt
ansehe und zugleich die Entschließung wegen der Ein-
stellung aller strafrechtlichen Folgen übergab.
* Athen, 27. Sept. Der russ. Gesandte Onu als
Doyen des diplomatischen Korps hat heute Nachmittag
dem Minister des Auswärtigen den Wortlaut des
Präliminar-FriedenSvertrages mit einer Begleitnote
übergeben, die erklärt, daß die Mächte die Aufgabe
ihrer Vermittlung als abgeschlossen betrachten, und
welche die griechische Regierung auffordert, ihrerseits
zur Ernennung von Bevollmächtigten für die Ver-
handlungen über den endgiltigen Friedensvertrag zu
schreiten. Die dem Präliminarvertrag beigefügten
Zusätze erklären, daß die geflüchteten Thessalier nach
vorausgegangener Verständigung zwischen den türki-
schen und griechischen Behörden zurückkehren dürfen.
Ferner wird darin die Freiheit der Schifffahrt in den
beiderseitigen Häfen und Gewässern angekündigt, wobei
die betheiligten Großmächte für den Fall, daß Schwie-
rigkeiten entstehen sollten, ihre Vermittlung anbieten.
Eine Amnestie für türkische Unterthanen, welche im
griechischen Heere gedient haben, wird zugestanden.
Diese letztere Erklärung wird unter dem Vorbehalt
einer Abänderung durch weitere Verhandlungen ab-
gegeben. Ferner wird in einer Begleituote die grie-
chische Regierung ersucht, Delegirte für die strategische
Abgrenzung zu ernennen und im Einvernehmen mit
den Mächten vorzugehen, behufs Erfüllung der Be-
stimmungen des Artikels 2 des Vertrags.
Der den Erlaß einer Amnestie betreffende Ast'
Hang zu dem Vertrage wird durch eine besondere Kon-
statirung des russ. Gesandten Onu aufgehoben,
da der Sultan es ablehnte, denselben zu ratifiziren.
Die^Kammer soll auf Donnerstag einberufeu
werden.
Aus Baden.
Heidelberg, 29. Sept.
— Zur Frage der Aufhebung deS Jesuiten-
gesetzeK schreibt die „Mil.-Pol. Corr." anscheinend
offiziös:
Ja den Kreise», in welchen mau dafür eintritt,
daß dem Beschluß des Reichstags Folge gegeben
werde, den Paragraph zwei des Jesuitengesetzes (Ji-
ternirung und Expatriirung) aufzuheben, wird nament-
lich angeführt, daß es mit den RechtSanschauungen
zumal einer fortgeschrittenen Zeit durchaus imWider-
sp-uch stehe, Deutsche ihres Vaterlandes zu verweisen.
Indem man in Deutschland so grausam verfuhr, diese
Strafe zu construiren, wurde von der Gesetzgebung
vollständig außer Acht gelassen, daß die Verhängung
der Landesverweisung als Strafe eine Kränkung des
Auslandes in sich schließt. Thatsächlich sind die Je-
suiten trotz des Paragraphen zwei deS Jesuitengesetz es
überall im Reiche und insonderheit auch in Berlin
anzutreffen. DaS Gesetz übt also thatsächlich keine
Wirkungskraft mehr aus. Selstverständlich schließt die
Geneigtheit, den beregten Paragraphen aufzuheben,
nicht entfernt auch die Bereitwilligkeit ein, den Je-
suiten das Recht zu geben, daß sie Niederlassungen
gründen. Vielfach wird übrigens bezweifelt, daß dem
Centrum damit, daß die verbündeten Regierungen dem
bekannten Beschluß deS Reichstag- beitreten, ein be-
sonderer Gefallen geschehe. Dem Centrum sei es im
Gegentheil lieber, wenn das bisherige Festhalten der
BundeSrathS an seinem non xaWumus- oder non
liquot-Standpunkte fortdauern und der Partei dadurch
ei» Agitationsmittel erhalte« bleibe, dar nicht zu den
unwirksamsten gehöre.
Daß dar Centrum die Aufhebung des Jesuiten-
gesetzeS ernstlich wünscht, hat gegenüber den beleidig-
enden Verdächtigungen, wie sie jetzt wiederum von
der „Mil.-Pol. Corr." im Schlußsätze vorgebracht
werden, erst dieser Tage noch der Abg. Dr. Lieber
im katholischen Arbeiterverein in Fcaukfurt a. M. er-
klärt. Glaubt man aber mit der Aufhebung des Je-
suitengesetzes dem Centrum ein wirksames Agitations-
mittel entziehen zu können, so thue man es doch!
Die Abonnenten
des „Pfälzer BolkKblatt" werden gebeten, ihr Abon-
nement für das 4. Quartal 1897
zu erneuern, damit in der Zusendung keine Unterbrech-
ung eintritt.
Dar „Pfälzer BolkKblatt" wird auch im kom-
menden Quartale neben dem politischen und belehren-
den Theile für einen fesselnden UnterhaltuugSstoff,
sowohl im täglichen Feuilleton als auch in unserem
so beliebt geworbene« „GormtagSbote" Sorge
tragen.
Aus Nah und Fern.
«»chricht»» für diese Rubrik sind und jederzeit willkommen. — Et«»«,«
»osten werde» stet» losort ersetzt.)
* Helvelber«, 29. Sept. (Muthmaßliches Wetter für
Donnerstag, den 30. September.) Größtentheils trockenes
und heiteres Wetter in Aussicht zu nehme«.
* Heivelbers, 29. Sept. Die Städtische Bezirksforftei
macht bekannt, daß dar Einsammeln von Kastanien im
hiesigen Stadtwald verboten ist und gemäß 8 1 und 2 bezw.
3 des ForstzesetzeS als Forstdiebstahl verfolgt wird.
* Heidelberg, 29. Sept. Bei dem am 1. Okt. d. I.
in Kraft tretenden Winterfahrplan der hiesigen Pferdebahn
wird der gesammte Verkehr der Wagen ver-
suchsweise eine Stunde länger aufrecht er-
halten werden. Der Betrieb beginnt wie bisher um 7'°
vormittags ab BiSmarckplatz bezw. 7" vormittags ab
Karlstbor, während der letzte Wagen des Abends um 9°°
vom Hauptbahnhof und um 9" vom KarlSthor abaeht.
Die Anschlüsse an die Wagen der Bergheimer und Rohr-
bacher Linie bleiben in der seitherigen Weise beibchalten.
Zum Schluß der Vorstellungen tm hiesigen Stadttheater
werden 2 Pferdebahnwagen zur Beförderung von Fahr-
gästen nach der Rohrbacher- bezw. Bergheimer-Straße be-
reit gehalten. Vom l. Oktober bis 31. Oktober d. I. ver-
kehren dieZüae derBerabahnin folgender Weise:
Bon 8'° vorm. bis 2°° nach«, '/»stündlich.
„ 2°°na»m. „ 5°° . '/« „
, 5-° „ „ k°° „ 7» ,
Sonderzüge nach dem Fahrplan bei 5 Personen.
L. Heidelberg, 28. Sept- BarietezumZwinger.
Wir machen hiermit das verehrt. Publikum darauf auf-
merksam, daß es dem strebsamen Direktor Herrn Hänsler
mit großer Mühe und bedeutenden Kosten gelungen ist,
den in Mannheim und anderen Großstädten Aufsehen er-
regenden phänomenalen Kopfrechner „Heintz-ms" zum 1.
Oktober für sein Etablissement gewonnen zu haben.
* Heidelberg. 29. Sept. Herr Privatmann Louis
Kircher verkaufte sein Haus, Theaterstraße 2 um den Preis
von 50000 Mark an Herrn Baumeister Remler.
* Heidelberg, 27. Sept. (Schöffengerichtssitz-
u n g.) 1- Die Verhandlung gegen Karl Rittmann, Fuhr-
knecht hier, angeklagt wegen Uebertr. ortspol. Äorschr.,
wurde vertagt. 2. Konrad Ziegler, Schreiner, Christme
Ziegler, Adolf Rissel, Holzhacker, Adolf Rissel Ehefrau,
Georg Langfritz Ehefrau und Peter Schreckeuberger, Tag-
löhner, alle hier, «»geklärt wegen Ruhestörung .
Ziegler 15 Mk., Adolf Rissel, Langfritz und Schrecke""^,
je 6 Mk. Geldstrafe, d e anderen würben frergelPW^,
3. Die Verhandlung gegen Joh. Hochstetler, Jrkob
Teodor Hochstetler, sämmtlich Schreiner, und W»« „
Froschauer, Tüncher, alle hier wohnhaft, angeklagt.
Thätlichkeiten, wurde vertagt- 4. Taglöhner Otto
Straub Eheleute in Mannheim, angeklaat wegen u-"
tretung des 8 381 "R,-St.-G.-d , haben die polkznl.s^
angenommen. 5. Josef Fcoschauer, Tüncher
Karl Schäfer, Zimmermann hier, anzeklagt wegen »
lichkeiten; ersterer wegen Ruhestörung 1 Mk. Gndst
wegen Thätlichkeiten wurden beide fceizespcochen. „
* Heidelberg, 29. Sept. Zmei Personen «E
gen Ruhestörung und W-d-rstand verhaftet. Ein sA,
geselle kam wegen Thätlichkeit zur Aizetge. Eine
welche von dem Bezirksamts Karlsruhe auSgeschcleben ^,
wurde ebenfalls verhaftet. — Ein Schlossergeselle ka»
gen Thätlichkeit zur Anzeige. — Ein 10 Jahre alter M
angeblich aus Kirchheim wurde hier anfgegriffen.
s Mannheim, 28. S p". Einen schönen
ruf für die Schwester Oberin Guido, über be
Leichenbegängniß wir gestern schon berichteten, °
nehmen wir dem N. M. B. Derselbe lautet: , .
ES war gewiß für den Vorstand der LuisenM
eine bitterschwere Aufgabe, Freitag früh den Kia"
der Anstalt den in der Nacht erfolgten Tod ihrtt
-iebten Oberin, Schwester Guido mitzutheilen. -7^.
gute, für euch, liebe Kinder, mütterlich besorgte V
hat aufgehört zu schlagen; ihr edler, treue- W,
da« über euch gewacht, — es ist im Tode
Dort ruht sie, die Lenkerin und Meisterin eurer.
gendzeit!" Und in ergreifendem Schmerze stehe» d
um sie die Kinder, schweigend und weinend.
Priester sucht die tiefoerwundeten Herzen zu trösten
muß sie aber ihrem Schmerze überlassen. Lass»
nur fließen, diese Thränen! Sie sind gerecht ««b,
Gott angenehmer Zoll der Liebe und der DamE
Doch! wir wollen uns ergeben in Gotte-
Willen und uns trösten lassen von Demjenigen,
einst gerufen: „Kommet zu mir, ich will Euch .
quicken!" — Ja, es war ein herrliche- Leb^
ein kostbarer Tod! „Eine arme Barmherzige sch..^
ster zu werden," — da- war ihre Sehnsucht »n»'
Verlangen schon in ihrer frühesten Jugend;'«-.'i,
ihrem Elternhause (ihr Vater war der hochangesiy°
auch in der Geschichte Mannheims bekannte
Schreiber an der Polytechnischen Hochschule zu K"
ruhe) muß ein hoher idealer Zug, verbunden w» j
fer R-ligiosität, geherrscht haben. Mit ihre»
Schwestern, von denen die eine al- Aebtlssl»
Kloster- Lichtenthal starb, die zweite die jetzige
rin der Klosters Offenburg ist, und die dritte * '
wichtigen Posten in einer Anstalt zu Mainz bene
wandte sie sich dem Ordensstaude zu, um unM^
Gott zu dienen. Und schon im 17. Jahre konnte
sprechen: „Herr, siehe, ich habe alles verkäste«
bin Dir nachgefolgt!" Wahrlich, ein heilt-e^ .i
schöner Beruf! Schwer ist das Opfer — aber s
der Lohu: der Friede de- hl. Geister! O, wa»
e» Herrlicher um die Ruhe und den Frieden EA
weihter Seelen! „Wer er fassen kann, der
eS!" — Alsbald nach ihrer Profeß wurde sie
Mutterhaus zu Straßburg nach Limburg a-d'
sendet, woselbst sie an einer dortigen Töchter^
als Lehrschwester in verschiedenen Fächern, beso«
im Deutschen und Französischen thätig war. IM
1862 kam sie in der gleichen Eigenschaft in das -
malS 7 Jahre bestehende LuisenhauS. Hier
sie sich aus als eine wahre JugenderzieherM-
vorzüglichen Geistesanlagen ausgerüstet, besaß i'^
gleich eine große Energie des Willen-. Jh"
theilung der Zöglinge war zutreffend, die Beha^' „
derselben konsequent, korrekt und klar; sie kannte 8 -
ihr Ziel; Milde und Ernst waren an ihrer
O wie viele Mädchen, jetzt Erwachsene, vero»
dieser gediegenen Erzieherin ihr Fortkommen
Lebensglück! Der langjährigen Oberin der m
ruhenden Schwester Lucia (gestorben im Mm r
stand sie gleichsam als „Seele deS Hauses", tre"
Seite. Nach dem Tode der Schwester Lucia
der wohlbewährten Schwester Guido da-
Amt der Oberin übertragen, welches sie bl-
letzten Tage ihres Lebens, sogar in den m
Leidensstunden mit größter Sorgfalt und UmsiA,h,li»
waltete. Bei ihren vielen Geschäften als
fand sie im Zimmer noch Zeit, in der obere''
theilung einige Unterrichtstunden zu übernehme«-^
Interesse richtete sich auf alle Vorgänge'M j»
auf jedes einzelne Kind. Sie war den KM^' K«
der That eine besorgte Mutter! Auch gee'g«"'^
holung ließ sie den Kindern täglich zu The» hj,
wobei es ihr nie an neuen Gedanken fehlte ? ^be-
sonderen Veranlassungen überraschte sie die
die Bewohner und Freunde des Hause- mit her«
gedankenreichen Gedichten und Theaterstücke"'^
reichlich aus ihrer gewandten Feder flössen-
in der That dankenSwerth, die poetische«
der Schwester Guido .in Druck zu bringe«-
Instituten wäre dadurch ein seltenes Material 8°.
Wir versuchten er oft, sie zur HerauSgabeve»
zu bestimmen. Ihre Demuth und Einfach^ Lr
es jedoch nicht zu. — Auch nach außen hat
Guido das LuisenhauS würdigst vertreten.
niffeS anscheinend unter Gescheheulaffen deS Kaisers,
zu einem nach göttlichen und weltlichen Gesetzen ver-
botenen Zweikampf hinreißen ließ. Der Club der
Katholischen Bolkspartei hat folgende Kundgebung be-
schlossen: „Anläßlich des heute stattgefundenen sen-
sationellen Zweikampfes erklärt der Club sein tiefstes
Bedauern über diese Verletzung göttlichen und mensch-
lichen Gesetz-s." Das wird mehr imponireu als der
Umstand, daß „die versammelten Mitglieder der na-
tional-freisinuigen böhmischen Abgeordneten," d. h. die
Jungczechen, „die Gruppe des conservativen Groß-
grundbesitzes auS dem Königreich Böhmen" und „die
Mitglieder der Polen Clubs", übrigens nicht alle,
Badem Beileids- oder Sympathie Kundgebungen ge-
schickt haben. ES ist nicht ganz ausgeschlossen, daß
der Schuß auch das Signal zur Vertagung des
Hauses sein kann. Vertagungsgerüchte schwirren schon
seit einigen Tagen herum. ES ist jetzt wahrscheinlich,
daß die Vertagung schon darum eintritt, weil der
kranke Ministerpräsident sich der Aufregung in den
Sitzungen nicht auSsetzen kann. Ein Stellvertreter
wird aber wohl nicht bestellt werden. Die Dele-
gationswahlen find im Herrenhause glatt abge-
laufen. Im Abgeordnetenhause wurde der von den
Czechen Böhmen« und Mährens der deutschen Par-
teien angebotrne Compromiß von diesen abgelehnt.
Die Christlich-Socialen haben von den Mandaten
für Niederösterreich drei in ihrer Partei aufgetheilt
und eines der deutschen Volk-Partei überlassen.
Deutsches Reich.
* Schwerin, 28. Sept. Der Herzog-Regent
Johann Albrecht erließ folgende öffentliche Danksag-
ung: „Tief ist die Nachricht von dem erschütternden
Ende meine- theuren Bruders, des Herzogs Friedrich
Wilhelm von Mecklenburg in die Herzen gedrungen
und seine treueste Pflichterfüllung und männliche
Standhaftigkeit in Roth und Gefahr, seine kamerad-
schaftliche Hingebung bis zum letzten Augenblick, sein
hoffnungsreiches Leben preiszugeben und sein frommes,
gottadeliger Sterben, alr es den Tod für das Vater-
land galt, haben eine große Anzahl Kundgebungen
hervorgerufen, worin mir auS ganz Mecklenburg und
vielen Theilen deS übrigen Deutschlands, sowie auS
dem Auslande, von Einzelnen und Bereinigungen,
von Behörden und von Kameraden deS Verstorbenen,
vielfach in ergreifenden Worten unter Bezeugung
ehrender, «ärmster Anerkennung schmerzliches Beileid
zum Ausdruck gebracht wird. Durch diese allgemeine
Theilnahme bin ich zu innigstem Dank sverpflichtet,
welchen ich hierdurch öffentlich ausspreche. Johann
Albrecht."
Ausland.
* Wie«, 28. Sept. Badeni's Befinden ist fort-
während günstig. Nach dem Duell kam ein Brief deS
Kaisers an den ältesten Minister, Grafen Welser--
heimb, nach Budapest, in dem der Kaiser mittheilte,
daß er das Demiffiorisgesuch Badeni's als nicht gestellt
ansehe und zugleich die Entschließung wegen der Ein-
stellung aller strafrechtlichen Folgen übergab.
* Athen, 27. Sept. Der russ. Gesandte Onu als
Doyen des diplomatischen Korps hat heute Nachmittag
dem Minister des Auswärtigen den Wortlaut des
Präliminar-FriedenSvertrages mit einer Begleitnote
übergeben, die erklärt, daß die Mächte die Aufgabe
ihrer Vermittlung als abgeschlossen betrachten, und
welche die griechische Regierung auffordert, ihrerseits
zur Ernennung von Bevollmächtigten für die Ver-
handlungen über den endgiltigen Friedensvertrag zu
schreiten. Die dem Präliminarvertrag beigefügten
Zusätze erklären, daß die geflüchteten Thessalier nach
vorausgegangener Verständigung zwischen den türki-
schen und griechischen Behörden zurückkehren dürfen.
Ferner wird darin die Freiheit der Schifffahrt in den
beiderseitigen Häfen und Gewässern angekündigt, wobei
die betheiligten Großmächte für den Fall, daß Schwie-
rigkeiten entstehen sollten, ihre Vermittlung anbieten.
Eine Amnestie für türkische Unterthanen, welche im
griechischen Heere gedient haben, wird zugestanden.
Diese letztere Erklärung wird unter dem Vorbehalt
einer Abänderung durch weitere Verhandlungen ab-
gegeben. Ferner wird in einer Begleituote die grie-
chische Regierung ersucht, Delegirte für die strategische
Abgrenzung zu ernennen und im Einvernehmen mit
den Mächten vorzugehen, behufs Erfüllung der Be-
stimmungen des Artikels 2 des Vertrags.
Der den Erlaß einer Amnestie betreffende Ast'
Hang zu dem Vertrage wird durch eine besondere Kon-
statirung des russ. Gesandten Onu aufgehoben,
da der Sultan es ablehnte, denselben zu ratifiziren.
Die^Kammer soll auf Donnerstag einberufeu
werden.
Aus Baden.
Heidelberg, 29. Sept.
— Zur Frage der Aufhebung deS Jesuiten-
gesetzeK schreibt die „Mil.-Pol. Corr." anscheinend
offiziös:
Ja den Kreise», in welchen mau dafür eintritt,
daß dem Beschluß des Reichstags Folge gegeben
werde, den Paragraph zwei des Jesuitengesetzes (Ji-
ternirung und Expatriirung) aufzuheben, wird nament-
lich angeführt, daß es mit den RechtSanschauungen
zumal einer fortgeschrittenen Zeit durchaus imWider-
sp-uch stehe, Deutsche ihres Vaterlandes zu verweisen.
Indem man in Deutschland so grausam verfuhr, diese
Strafe zu construiren, wurde von der Gesetzgebung
vollständig außer Acht gelassen, daß die Verhängung
der Landesverweisung als Strafe eine Kränkung des
Auslandes in sich schließt. Thatsächlich sind die Je-
suiten trotz des Paragraphen zwei deS Jesuitengesetz es
überall im Reiche und insonderheit auch in Berlin
anzutreffen. DaS Gesetz übt also thatsächlich keine
Wirkungskraft mehr aus. Selstverständlich schließt die
Geneigtheit, den beregten Paragraphen aufzuheben,
nicht entfernt auch die Bereitwilligkeit ein, den Je-
suiten das Recht zu geben, daß sie Niederlassungen
gründen. Vielfach wird übrigens bezweifelt, daß dem
Centrum damit, daß die verbündeten Regierungen dem
bekannten Beschluß deS Reichstag- beitreten, ein be-
sonderer Gefallen geschehe. Dem Centrum sei es im
Gegentheil lieber, wenn das bisherige Festhalten der
BundeSrathS an seinem non xaWumus- oder non
liquot-Standpunkte fortdauern und der Partei dadurch
ei» Agitationsmittel erhalte« bleibe, dar nicht zu den
unwirksamsten gehöre.
Daß dar Centrum die Aufhebung des Jesuiten-
gesetzeS ernstlich wünscht, hat gegenüber den beleidig-
enden Verdächtigungen, wie sie jetzt wiederum von
der „Mil.-Pol. Corr." im Schlußsätze vorgebracht
werden, erst dieser Tage noch der Abg. Dr. Lieber
im katholischen Arbeiterverein in Fcaukfurt a. M. er-
klärt. Glaubt man aber mit der Aufhebung des Je-
suitengesetzes dem Centrum ein wirksames Agitations-
mittel entziehen zu können, so thue man es doch!
Die Abonnenten
des „Pfälzer BolkKblatt" werden gebeten, ihr Abon-
nement für das 4. Quartal 1897
zu erneuern, damit in der Zusendung keine Unterbrech-
ung eintritt.
Dar „Pfälzer BolkKblatt" wird auch im kom-
menden Quartale neben dem politischen und belehren-
den Theile für einen fesselnden UnterhaltuugSstoff,
sowohl im täglichen Feuilleton als auch in unserem
so beliebt geworbene« „GormtagSbote" Sorge
tragen.
Aus Nah und Fern.
«»chricht»» für diese Rubrik sind und jederzeit willkommen. — Et«»«,«
»osten werde» stet» losort ersetzt.)
* Helvelber«, 29. Sept. (Muthmaßliches Wetter für
Donnerstag, den 30. September.) Größtentheils trockenes
und heiteres Wetter in Aussicht zu nehme«.
* Heivelbers, 29. Sept. Die Städtische Bezirksforftei
macht bekannt, daß dar Einsammeln von Kastanien im
hiesigen Stadtwald verboten ist und gemäß 8 1 und 2 bezw.
3 des ForstzesetzeS als Forstdiebstahl verfolgt wird.
* Heidelberg, 29. Sept. Bei dem am 1. Okt. d. I.
in Kraft tretenden Winterfahrplan der hiesigen Pferdebahn
wird der gesammte Verkehr der Wagen ver-
suchsweise eine Stunde länger aufrecht er-
halten werden. Der Betrieb beginnt wie bisher um 7'°
vormittags ab BiSmarckplatz bezw. 7" vormittags ab
Karlstbor, während der letzte Wagen des Abends um 9°°
vom Hauptbahnhof und um 9" vom KarlSthor abaeht.
Die Anschlüsse an die Wagen der Bergheimer und Rohr-
bacher Linie bleiben in der seitherigen Weise beibchalten.
Zum Schluß der Vorstellungen tm hiesigen Stadttheater
werden 2 Pferdebahnwagen zur Beförderung von Fahr-
gästen nach der Rohrbacher- bezw. Bergheimer-Straße be-
reit gehalten. Vom l. Oktober bis 31. Oktober d. I. ver-
kehren dieZüae derBerabahnin folgender Weise:
Bon 8'° vorm. bis 2°° nach«, '/»stündlich.
„ 2°°na»m. „ 5°° . '/« „
, 5-° „ „ k°° „ 7» ,
Sonderzüge nach dem Fahrplan bei 5 Personen.
L. Heidelberg, 28. Sept- BarietezumZwinger.
Wir machen hiermit das verehrt. Publikum darauf auf-
merksam, daß es dem strebsamen Direktor Herrn Hänsler
mit großer Mühe und bedeutenden Kosten gelungen ist,
den in Mannheim und anderen Großstädten Aufsehen er-
regenden phänomenalen Kopfrechner „Heintz-ms" zum 1.
Oktober für sein Etablissement gewonnen zu haben.
* Heidelberg. 29. Sept. Herr Privatmann Louis
Kircher verkaufte sein Haus, Theaterstraße 2 um den Preis
von 50000 Mark an Herrn Baumeister Remler.
* Heidelberg, 27. Sept. (Schöffengerichtssitz-
u n g.) 1- Die Verhandlung gegen Karl Rittmann, Fuhr-
knecht hier, angeklagt wegen Uebertr. ortspol. Äorschr.,
wurde vertagt. 2. Konrad Ziegler, Schreiner, Christme
Ziegler, Adolf Rissel, Holzhacker, Adolf Rissel Ehefrau,
Georg Langfritz Ehefrau und Peter Schreckeuberger, Tag-
löhner, alle hier, «»geklärt wegen Ruhestörung .
Ziegler 15 Mk., Adolf Rissel, Langfritz und Schrecke""^,
je 6 Mk. Geldstrafe, d e anderen würben frergelPW^,
3. Die Verhandlung gegen Joh. Hochstetler, Jrkob
Teodor Hochstetler, sämmtlich Schreiner, und W»« „
Froschauer, Tüncher, alle hier wohnhaft, angeklagt.
Thätlichkeiten, wurde vertagt- 4. Taglöhner Otto
Straub Eheleute in Mannheim, angeklaat wegen u-"
tretung des 8 381 "R,-St.-G.-d , haben die polkznl.s^
angenommen. 5. Josef Fcoschauer, Tüncher
Karl Schäfer, Zimmermann hier, anzeklagt wegen »
lichkeiten; ersterer wegen Ruhestörung 1 Mk. Gndst
wegen Thätlichkeiten wurden beide fceizespcochen. „
* Heidelberg, 29. Sept. Zmei Personen «E
gen Ruhestörung und W-d-rstand verhaftet. Ein sA,
geselle kam wegen Thätlichkeit zur Aizetge. Eine
welche von dem Bezirksamts Karlsruhe auSgeschcleben ^,
wurde ebenfalls verhaftet. — Ein Schlossergeselle ka»
gen Thätlichkeit zur Anzeige. — Ein 10 Jahre alter M
angeblich aus Kirchheim wurde hier anfgegriffen.
s Mannheim, 28. S p". Einen schönen
ruf für die Schwester Oberin Guido, über be
Leichenbegängniß wir gestern schon berichteten, °
nehmen wir dem N. M. B. Derselbe lautet: , .
ES war gewiß für den Vorstand der LuisenM
eine bitterschwere Aufgabe, Freitag früh den Kia"
der Anstalt den in der Nacht erfolgten Tod ihrtt
-iebten Oberin, Schwester Guido mitzutheilen. -7^.
gute, für euch, liebe Kinder, mütterlich besorgte V
hat aufgehört zu schlagen; ihr edler, treue- W,
da« über euch gewacht, — es ist im Tode
Dort ruht sie, die Lenkerin und Meisterin eurer.
gendzeit!" Und in ergreifendem Schmerze stehe» d
um sie die Kinder, schweigend und weinend.
Priester sucht die tiefoerwundeten Herzen zu trösten
muß sie aber ihrem Schmerze überlassen. Lass»
nur fließen, diese Thränen! Sie sind gerecht ««b,
Gott angenehmer Zoll der Liebe und der DamE
Doch! wir wollen uns ergeben in Gotte-
Willen und uns trösten lassen von Demjenigen,
einst gerufen: „Kommet zu mir, ich will Euch .
quicken!" — Ja, es war ein herrliche- Leb^
ein kostbarer Tod! „Eine arme Barmherzige sch..^
ster zu werden," — da- war ihre Sehnsucht »n»'
Verlangen schon in ihrer frühesten Jugend;'«-.'i,
ihrem Elternhause (ihr Vater war der hochangesiy°
auch in der Geschichte Mannheims bekannte
Schreiber an der Polytechnischen Hochschule zu K"
ruhe) muß ein hoher idealer Zug, verbunden w» j
fer R-ligiosität, geherrscht haben. Mit ihre»
Schwestern, von denen die eine al- Aebtlssl»
Kloster- Lichtenthal starb, die zweite die jetzige
rin der Klosters Offenburg ist, und die dritte * '
wichtigen Posten in einer Anstalt zu Mainz bene
wandte sie sich dem Ordensstaude zu, um unM^
Gott zu dienen. Und schon im 17. Jahre konnte
sprechen: „Herr, siehe, ich habe alles verkäste«
bin Dir nachgefolgt!" Wahrlich, ein heilt-e^ .i
schöner Beruf! Schwer ist das Opfer — aber s
der Lohu: der Friede de- hl. Geister! O, wa»
e» Herrlicher um die Ruhe und den Frieden EA
weihter Seelen! „Wer er fassen kann, der
eS!" — Alsbald nach ihrer Profeß wurde sie
Mutterhaus zu Straßburg nach Limburg a-d'
sendet, woselbst sie an einer dortigen Töchter^
als Lehrschwester in verschiedenen Fächern, beso«
im Deutschen und Französischen thätig war. IM
1862 kam sie in der gleichen Eigenschaft in das -
malS 7 Jahre bestehende LuisenhauS. Hier
sie sich aus als eine wahre JugenderzieherM-
vorzüglichen Geistesanlagen ausgerüstet, besaß i'^
gleich eine große Energie des Willen-. Jh"
theilung der Zöglinge war zutreffend, die Beha^' „
derselben konsequent, korrekt und klar; sie kannte 8 -
ihr Ziel; Milde und Ernst waren an ihrer
O wie viele Mädchen, jetzt Erwachsene, vero»
dieser gediegenen Erzieherin ihr Fortkommen
Lebensglück! Der langjährigen Oberin der m
ruhenden Schwester Lucia (gestorben im Mm r
stand sie gleichsam als „Seele deS Hauses", tre"
Seite. Nach dem Tode der Schwester Lucia
der wohlbewährten Schwester Guido da-
Amt der Oberin übertragen, welches sie bl-
letzten Tage ihres Lebens, sogar in den m
Leidensstunden mit größter Sorgfalt und UmsiA,h,li»
waltete. Bei ihren vielen Geschäften als
fand sie im Zimmer noch Zeit, in der obere''
theilung einige Unterrichtstunden zu übernehme«-^
Interesse richtete sich auf alle Vorgänge'M j»
auf jedes einzelne Kind. Sie war den KM^' K«
der That eine besorgte Mutter! Auch gee'g«"'^
holung ließ sie den Kindern täglich zu The» hj,
wobei es ihr nie an neuen Gedanken fehlte ? ^be-
sonderen Veranlassungen überraschte sie die
die Bewohner und Freunde des Hause- mit her«
gedankenreichen Gedichten und Theaterstücke"'^
reichlich aus ihrer gewandten Feder flössen-
in der That dankenSwerth, die poetische«
der Schwester Guido .in Druck zu bringe«-
Instituten wäre dadurch ein seltenes Material 8°.
Wir versuchten er oft, sie zur HerauSgabeve»
zu bestimmen. Ihre Demuth und Einfach^ Lr
es jedoch nicht zu. — Auch nach außen hat
Guido das LuisenhauS würdigst vertreten.