lose gingen, durch Dick und Dünn zu gehen. Und
eine völlige Jsolirung wäre dem Jungczechen Club
äußerst peinlich. Von der Rede, welche Dipauli heute
Abend bei der Linzer General-Versammlung des kath.
Volksvereins für Oberösterreich halten soll, erwartet
man eine Klärung. Die Lage des Ministeriums
Badem ist nach wie vor höchst unerquicklich. Bon
der Bewilligung auch nur einer Budgetprovisoriums
kann im Abgeordneteu Hause nicht die Rede sein. Bei
dieser Gelegenheit wird die Obstruktion sich wieder mit
aller Schärfe geltend machen. Aber noch viel schwieriger
liegen die Dinge bezüglich des Ausgleichs mit Ungarn.
Morgen dürfte die Regierung im Abgeordnetenhause
die dreijährige Verlängerung der bis Ende 1897 gül-
tigen Gesetz: einbrisgen. Ueber das Schicksal dieser
Vorlage kann kaum ein Zweifel bestehen. Sämmt-
liche Parteien der Linken werden dieselbe auf'S schärfste
bekämpfen. Und es ist noch sehr fraglich, ob selbst
auf der Rechten dafür eine Mehrheit zu erreichen sein
wird. In der katholischen Volkspartei ist eine ent-
schiedene Strömung gegen die Bewilligung. Kommt
aber das AuSgleichS-Prooisorium im Abgeordneten-
hause nicht zustande, dann ist guter Rath für das
Ministerium theuer. Der Gedanke, sich mit einer
einfachen Verordnung der Regierung auf dem Wege
deS NothstandS - Pharagraphen der Staatsgrund-
gesetze zu helfen, wird schon wegen Ungarn unthunlich
sein. In dem Ausgleichsgrundgesetze von 1867
ist ausdrücklich die Bestimmung enthalten, daß, wie
in Ungarn, auch in Oesterreich die verschiedenen,
auf den Ausgleich bezugnehmenden Gesetze auf streng
verfassungsmäßigem Wege zu Stande kommen müssen.
Gerade heute betont der Pesther Lloyd, daß man in
Ungarn bei Abschluß der Ausgleichs-Verträge mit
allem Nachdrucks auf Einhaltung dieser Bestimmung
sehen wird. Die Tage des Ministeriums Badem
dürften um so mehr gezählt sein, als Graf Badeni
selbst nachdrücklich seine Entlassung anstrebt.
* Rom, 13. Okt. Die „Franks. Ztg." erhält von
ihrem römischen Berichterstatter folgende Mittheilungen
über den Gesundheitszustand und die Lebensweise des
Heiligen Vaters Leo XIII.: In den letzten Tagen
wurden wiedereinmal die gewöhnlichen Depeschen über
die schlechte Gesundheit des Papstes verbreitet. Der
Leibarzt Leo'S XIII., Professor Dr. Lapponi, aber,
der von vielen Journalisten interviewt ward, erklärte:
„Seine Heiligkeit erfreut sich augenblicklich einer solch
guten Gesundheit, wie selten zuvor." Die „Tribuna"
nimmt dar zum Anlaß einer längeren Artikels, der
also beginnt: Die Gerichte über Indispositionen des
Papstes entstehen mit großer Regelmäßigkeit dreimal
im Jahre, im Januar und im August, wo man sich
sagt, daß Leo XIII. unter der Ungunst der Jahreszeit
leidet, und in den Ferien deS Papstes, die vom 1.
Oktober bis zum 13. November dauern und während
deren natürlich alle vatikanischen Bureaux geschlossen
sind und auch die Empfänge und Audienzen auf-
hören. Die Unglücksgerüchte werden meist nach
Frankreich und Deutschland telegraphirt, dann von
der italienischen Presse ausgenommen, während die
römische Presse vorsichtiger ist und sich auch bis jetzt
kein Fall constatiren läßt, daß ein römisches Blatt
eine falsche Nachricht über den Gesundheitszustand des
Papstes gebracht hat. Der Papst erfreut sich also
guter Gesundheit, und leidet auch nicht einmal unter
den Beschwerden des Alters, welche andere Sterblichen
bedrücken. Dabei überrascht er durch eine Gedächtniß-
stärke, die ihn alle historischen Daten der Geschichte
seines Pontifikates und auch der Profon-Geschichte
der letzten Dezennien sich erinnern läßt; so ist er
zum Beispiel in der Geschichte der Afrika-Kriege sehr
beschlagen. Wenn eS sich um die Besetzung einer
Bischofspostens handelt, gleichviel wo, und sei eS auch
in Südamerika, so braucht er sich keine Vorträge
halten zu lassen, da er alle Namen kennt und kraft
seines guten Gedächtnisses sofort die nöthigeu Ver-
setzungSbefehle ertheilen kann. ES ist ja wahr, der
Papst geht gebeugt, aber er bedarf keiner Stütze;
selbst dann, wenn er nach dem Diner einen Spazier-
gang in den Gärten macht, nimmt er nie den Arm
seines Begleiters, eines „eumoriors ssZroto partsei-
pants." Selten, und dann nur mit großem Bedauern,
verzichtet der Papst auf diesen Spaziergang, und nur
wenn der Regen oder zu große Kälte es absolut ge-
bieten. Oft kann man von den umliegenden Höhen
des JaniculuS, die einen Blick in die vatikanischen
Gärten gewähren, einen weißgekleideten alten Herrn
erblicken, der von einem pfauenblauen Monsignore u.
zwei Hellebardieren begleitet ist. In der Rechten
trägt er einen Spazierstock mit goldenem Knauf und
in der Linken ein Buch, er geht ziemlich schnell durch
die Gänge, oft steht er auch still, wie Jemand, der,
in gespannter Haltung begriffen, besser zuhöreu will.
Dieser GreiS ist der Pontifex. Auch jetzt noch erhebt
sich Leo XIII. morgens zwischen 6 und 8 Uhr, je
nachdem er die Nacht verbracht hat; denn es kommt
oft vor, daß er, wenn der Schlaf ihn flieht, das
Bett verläßt und einige Stunden am Schreibtische
ließt oder — dichtet. Nachdem er sich erhoben hat,
liest er die Messe, nimmt dann seinen gewöhnlichen
Milchkaffee und arbeitet bis 2 Uhr, wo er sein so
oft geschildertes frugales Mittagessen einnimmt. Auch
wenn er auf seinen Spaziergang verzichten muß,
schläft er nicht nach dem Essen, sondern ruht sich bei
leichter Lektüre aus. Im Uebrigen ist sein tägliches
Leben so regelmäßig, daß man eS begreift, wenn
er weniger Störungen ausgesetzt ist, die andere
Menschen seines Alters so oft in ihrer Gesundheit
gefährden.
* Paris, 13. Okt. Der amtlichen Zollstatistik zu-
folge betrug der Werth der eingeführten Maaren in
den ersten 9 Monaten des Jahres 2,897,955,000 Fr.
gegen 2,858,920,000 Fr. im gleichen Zeitraum deS
Vorjahres; somit 39,035,000 Fr. Zunahme. Der
Werth der ausgeführten Maaren in demselben Zelt-
raum betrug 2,714,089,000 gegen 2,501,662,000 Fr.
in dem gleichen Zeitraum des Vorjahres, somit
212,427,000 Fr. Zunahme.
* Paris, 14. Oktbr. Im heutigen Ministerrath
unterzeichnete Präsident F rure folgende Veränderungen
in der diplomatischen Vertretung Frankreichs: Die
Ernennung Reverseaux zum Botschafter in Wien, Pa-
tenotreS zum Botschafter in Madrid, Jules Bambam
zum Botschafter in Washington, d'Aubigny's zum Ge-
sandten in München, deS früheren Präfekten Henry
zum Gesandten in Bukarest und des gegenwärtigen
Gesandten in BuenoS-AyreS Marchand zum Gesandten
in Belgrad. Ferner vollzog der Präsident die Ernen-
nung des Direktors für allgemeine Sicherheit Blanc
zum Polizeipräsekten in Paris.
* Konstantinopel 13. Okt. Die Militärattaches
der Großmächte hatten heute eine gemeinsame Konfe-
renz mit den Botschaftern, in der über die Art der
Regulirung der Grenze volle Einigkeit erzielt wurde.
Die Militärattaches reisen Montag nach Thessalien
ab, wo sie eine Zusammenkunft mit den delegirten
türkischen und griechischen Offizieren haben werden.
Am darauffolgenden Sonnabend werden sie sich nach
Platamona (am Meerbusen von Saloniki begeben.
Aus Daden.
Heidelberg, l5?Ott.
---- Zu den Landtagswahlen. Im Bezirk
Wiesloch steht eS für den nationalliberalen Greiff sehr
schief. Wenn die verschiedenen auftretenden Parteien
nur ein wenig Glück haben, so bekommen die National-
liberalen keine Mehrheit an Wahlmännern, eS handelt
sich diesmal nicht allein um Centrum und National-
liberale, sondern es kommen auch die Freisinnigen
und Antisemiten in Betracht, welche in einigen Ge-
meinden die Nationalliberalen besiegen könnten.
--- Zu de« Landtagswahle«. Von Konstanz
kommt die Nachricht, daß Herr Oberamtsrichter
Mayer in Bruchsal die von liberaler Seite ihm
angetragene Kandidatur im Bezirk Ueberlingen a b -
gelehnt habe. DaS scheint uns sehr klug zu sein,
denn gegen den CentrumSmann Hug kommt nicht
leicht einer auf; auch der parteilose Bauernvereins-
vorstand Keller von Ahäusle wird, wenn er aufge-
stellt wird, gegen Hug unterliegen.
— Zwei neue badische Jesuiten Ein Sohn
des Freiherr« von Hornstein aus dem Oberland, ein
Neffe des Reichstagspräsidenten Freihr.
von Buol ist soeben bei den Jesuiten eingetreten.
Auch ein Bruchsaler Sohn, der junge Herr Bann-
Holzer, der seit einem Jahre in Freiburg Mathematik
studirte uud der s. Z. am Bruchsaler Gymnasium als
der „gescheideste Student" galt, ging vor einigen
Tagen nach Feldkirch, um ebenfalls Jesuit zu werden.
DaS Jesuitwerden geht immer noch bis in die besten
Kreise hinauf.
— Der altkatholische „Kirchenvater" Fieser
uud der hl. CrispinuS. Ja seiner in Donau-
eschingen jüngst gehaltenen Rede hat der seitherige
Abgeordnete dieser Bezirks Herr Fieser ausgezählt, was
der Staat für die Arbeiter gethan habe und fügte
bei: „Aber alles sei dem Staate nicht möglich, da
er nicht wie der hl. CrispinuS Leder stehlen wolle,
um den Armen Schuhe daraus zu machen." Zur
Ehrenrettung deS hl. CrispinuS ist zu bemerken, daß
die alte Urkunde, welche von dem Brüderpaar Cris-
pinuS und ihrer Barmherzigkeit handelt, den Bericht
so gefaßt hat: „Sie machten den Armen die Schuhe
und statteten das Leder dazu." DaS heißt auf neu-
deutsch: sie stellten das Leder aus eigenen Mitteln
dazu. Also nicht stahlen! „Statteten" ist das alt-
deutsche Imperfektum von „stellen," welches soviel
heißt als „fertigstellen" „zurichten," (Vgl. Sander'S
Wörterbuch der deutschen Sprache, Seite 1158 f.)
Das wäre doch ein sonderbarer Heiliger, beinahe so
sonderbar wie die Glaubensgenossen des Herrn
Fieser die sich katholische Kirchen und Pfründen
„stellen" ließen, anstatt sich dieselben aus eigenen
Mitteln zu verschaffen! Was würde heute wohl der
gute alte Vater des Herrn Fieser zu den kultur-
kämpferischen Leistungen seine- Herrn SohneS sagen!
Sern kam er, so erzählt man von Gerns-
bach und hatte in einem Dorfe gemüthliche Unter-
haltung mit einem Pfarrer. Auf die Kunde hi"-
sein Emil die altkatholische Barke gegen den
Petri steuerte, rief er ein um das andermal m
sarkastischer Weise: Emil, Emil, mein Sohn E»»
ist altkatholischer Kirchenvater geworden. Sonderbar,
sonderbar."
<8 Die Aufhebung der preußischen Gesandt'
schäft beim hl. Stuhle wollen nach einer Zeitung
Meldung die Nationalliberalen in der nächste» La»»
tagSsession beantragen. Als Grund wird die Cm»'
siuS-Enciklika, die unsere Leser im morgigen „Son»'
tagsboten" abgedruckt finden, angegeben. Wen»
die Meldung richtig ist, so kann eS sich für die Hecre»
v. Eynern und Genossen nur um die Herbeiführ»»»
einer Gelegenheit zur Anbringung einiger Thümm^
leien handeln. DaS hätte man nun freilich »'M
beim Kultusetat haben können, aber eS macht
doch imposanter, wenn man mit einem so schneidige»
Anträge anrückt, den die Regierung ja doch ableh»e»
wird. Hoffentlich hat Herr o. Eynern sich an Ste»e
des Hrn. StruckSberg inzwischen einen andern „theow'
gischen Beirath" verschafft.
----- Warme Abeudkost für die Soldaten,v°«
Feldwebel abwärts soll nun mit dem nächsten Reich»'
etat pro 1898/99 eingeführt werden. Die WohlthA
trifft 557,446 Mann. Gegenwärtig wird den Ma»"'
schäften regtementsmäßig neben dem Kommißbrod »»
ein Frühstück und Mittagessen gewährt. Hiefür st"»
im Etat cirka 40 Millionen Mark für Mundverpfleg»»»
auSgeworfen. Doch werden daneben für diese VA
Pflegung der Mannschaften noch 13 Pfg. vom tägliche»
Sold von 35 Pf. in Abzug gebracht, so daß dem
meinen für seine übrigen Bedürfnisse, also insbesondere
für die Beschaffung einer Abendkost, für die Koste»
der Wäsche und für die Anschaffung von PME
22 Pfg. täglich verbleiben. Seitens der Mititärver
waltung hat mau schon längst den Plan zur Vera»
folgung einer Abendkost gehegt und Versuche und
rechnungen in dieser Richtung angestellt. Dabei V.
sich ergeben, daß die Mannschaften gegenwärtig "»»
ihrer Löhnung für eine Abendkost durchschnittlich « Pl
verwenden, sei eS zur Beschaffung einer warmen SE
im Winter oder von Wurst oder Fett zum Komm»»»,
brod im Sommer. Man hat berechnet, daß dieses»
Beköstigung, wenn sie seitens des TruppentheilS ei»
heitlich beschafft wird, sich für 4—5 Pfg. täglich HA,
stellen läßt. Alsdann würden sich die Kosten M A
Beschaffung einer Abendkost für das gesammte deutsty
Heer auf etwa 11 Millionen Mark belaufen. A» stA
ist die Gewährung einer Avendkost mindestens '
dem beabsichtigten Umfange eine dringende Nothwe»
digkeit. Der Staat hat die Verpflichtung, dem S»
baten in der Kaserne mindestens eine solche Verpfleg»"»
zu gewähren, wie sie auch der einfachste TagloY»°
sich von seinem Lohn zu verschaffen pflegt. ES »
auch kaum zu begreifen, daß man diese Forderung
nicht schon längst erfüllt hat, zumal vielfach
medicinischer und wissenschaftlicher Seite her auf
ungenügende Ernährung der jungen, kräftigen ,Ma»»
bei angestrengtem Dienst hingewiesen worden ist.
Reichstag hat die Frage schon mehrfach zu Erört
ungen Veranlassung gegeben. Zuletzt wurde die
örterung dieser Frage eingeleitet durch den Abg. A
Schädler im Winter 1895. Der Antrag Schädltt» >
Empfehlung der Abendkost gelangte im Plenum ».
zur Annahme mit der Clausel: „Sobald eS
Finanzlage gestattet.» Inzwischen hat sich ergeve '
daß das Jahr 1896 97 zu Gunsten des Etats, v°»
1897 98 einen Ueberschuß von 28 Millionen im V" <,g
haushalt ergeben hat, der in den Etat von
einzustellen ist. Da in dem gegenwärtigen.^
nur ein Ueberschuß aus 1895 96 mit 12 Milk»",
eingestellt ist, so gibt sich schon hieraus eine
besserung des Etats von 16 Millionen Mark, wem»
mehr als ausreichend ist, für eine Summe von 11,»
12 Millionen Mark, wie sie die Gewährung em
Abendkost an die Mannschaften erfordert, Deckung s
gewähren.
Aus Nah und Fern.
Nachrichten sür diele Rubrik sind uns jederzeit willkommeu. — *
Koken werden stet» sofort ersetzt.»
* Heidelberg, 15. Okt. lMuthmaßliches Wetter V»
Hamstag, den 15. Oktober.) Bei veränderlicher
wölkung u. schwachen Winden sind Temp-raturschwanr»»»
nicht in Aussicht zu nehmen. . „
* Heidelberg. 15. Oktbr. Se. Excellen» Mimster
Brauer weilte gestern Nachmittag in hiesiger Stadt-
* Heidelberg, 15. Okt. Der Bach-Verein t».
Wintersaison wieder ein wahrhaft großarttges Pros»
herausgegeben. Als Solisten sind fast nur Grützen
Ranges gewonnen. Bon großen Werken wird u- »-
Johannis-Passion zur Ausführung gelangen. , r,
* Heidelberg, 15. Okt- Zwei Personen wurden
haftet wegen unehelichen Zusammenleben- und »»»Aixb-
— Gestern Nachmittag wurde ein Küferbursche wegen
ftahls verhaftet und in das Amtsgefängmß verbrämt..
Zwei Arbeiter kamen »egen groben Unfugs zur
Ein Rangirer, wohnhaft in Schlierbach, kam beim
abhängen zwischen die Puffer. Der Mann erlitt
ungen am linken Oberarm und an der Brust »»»
derselbe in das akadem- Krankenhaus verbracht wero
eine völlige Jsolirung wäre dem Jungczechen Club
äußerst peinlich. Von der Rede, welche Dipauli heute
Abend bei der Linzer General-Versammlung des kath.
Volksvereins für Oberösterreich halten soll, erwartet
man eine Klärung. Die Lage des Ministeriums
Badem ist nach wie vor höchst unerquicklich. Bon
der Bewilligung auch nur einer Budgetprovisoriums
kann im Abgeordneteu Hause nicht die Rede sein. Bei
dieser Gelegenheit wird die Obstruktion sich wieder mit
aller Schärfe geltend machen. Aber noch viel schwieriger
liegen die Dinge bezüglich des Ausgleichs mit Ungarn.
Morgen dürfte die Regierung im Abgeordnetenhause
die dreijährige Verlängerung der bis Ende 1897 gül-
tigen Gesetz: einbrisgen. Ueber das Schicksal dieser
Vorlage kann kaum ein Zweifel bestehen. Sämmt-
liche Parteien der Linken werden dieselbe auf'S schärfste
bekämpfen. Und es ist noch sehr fraglich, ob selbst
auf der Rechten dafür eine Mehrheit zu erreichen sein
wird. In der katholischen Volkspartei ist eine ent-
schiedene Strömung gegen die Bewilligung. Kommt
aber das AuSgleichS-Prooisorium im Abgeordneten-
hause nicht zustande, dann ist guter Rath für das
Ministerium theuer. Der Gedanke, sich mit einer
einfachen Verordnung der Regierung auf dem Wege
deS NothstandS - Pharagraphen der Staatsgrund-
gesetze zu helfen, wird schon wegen Ungarn unthunlich
sein. In dem Ausgleichsgrundgesetze von 1867
ist ausdrücklich die Bestimmung enthalten, daß, wie
in Ungarn, auch in Oesterreich die verschiedenen,
auf den Ausgleich bezugnehmenden Gesetze auf streng
verfassungsmäßigem Wege zu Stande kommen müssen.
Gerade heute betont der Pesther Lloyd, daß man in
Ungarn bei Abschluß der Ausgleichs-Verträge mit
allem Nachdrucks auf Einhaltung dieser Bestimmung
sehen wird. Die Tage des Ministeriums Badem
dürften um so mehr gezählt sein, als Graf Badeni
selbst nachdrücklich seine Entlassung anstrebt.
* Rom, 13. Okt. Die „Franks. Ztg." erhält von
ihrem römischen Berichterstatter folgende Mittheilungen
über den Gesundheitszustand und die Lebensweise des
Heiligen Vaters Leo XIII.: In den letzten Tagen
wurden wiedereinmal die gewöhnlichen Depeschen über
die schlechte Gesundheit des Papstes verbreitet. Der
Leibarzt Leo'S XIII., Professor Dr. Lapponi, aber,
der von vielen Journalisten interviewt ward, erklärte:
„Seine Heiligkeit erfreut sich augenblicklich einer solch
guten Gesundheit, wie selten zuvor." Die „Tribuna"
nimmt dar zum Anlaß einer längeren Artikels, der
also beginnt: Die Gerichte über Indispositionen des
Papstes entstehen mit großer Regelmäßigkeit dreimal
im Jahre, im Januar und im August, wo man sich
sagt, daß Leo XIII. unter der Ungunst der Jahreszeit
leidet, und in den Ferien deS Papstes, die vom 1.
Oktober bis zum 13. November dauern und während
deren natürlich alle vatikanischen Bureaux geschlossen
sind und auch die Empfänge und Audienzen auf-
hören. Die Unglücksgerüchte werden meist nach
Frankreich und Deutschland telegraphirt, dann von
der italienischen Presse ausgenommen, während die
römische Presse vorsichtiger ist und sich auch bis jetzt
kein Fall constatiren läßt, daß ein römisches Blatt
eine falsche Nachricht über den Gesundheitszustand des
Papstes gebracht hat. Der Papst erfreut sich also
guter Gesundheit, und leidet auch nicht einmal unter
den Beschwerden des Alters, welche andere Sterblichen
bedrücken. Dabei überrascht er durch eine Gedächtniß-
stärke, die ihn alle historischen Daten der Geschichte
seines Pontifikates und auch der Profon-Geschichte
der letzten Dezennien sich erinnern läßt; so ist er
zum Beispiel in der Geschichte der Afrika-Kriege sehr
beschlagen. Wenn eS sich um die Besetzung einer
Bischofspostens handelt, gleichviel wo, und sei eS auch
in Südamerika, so braucht er sich keine Vorträge
halten zu lassen, da er alle Namen kennt und kraft
seines guten Gedächtnisses sofort die nöthigeu Ver-
setzungSbefehle ertheilen kann. ES ist ja wahr, der
Papst geht gebeugt, aber er bedarf keiner Stütze;
selbst dann, wenn er nach dem Diner einen Spazier-
gang in den Gärten macht, nimmt er nie den Arm
seines Begleiters, eines „eumoriors ssZroto partsei-
pants." Selten, und dann nur mit großem Bedauern,
verzichtet der Papst auf diesen Spaziergang, und nur
wenn der Regen oder zu große Kälte es absolut ge-
bieten. Oft kann man von den umliegenden Höhen
des JaniculuS, die einen Blick in die vatikanischen
Gärten gewähren, einen weißgekleideten alten Herrn
erblicken, der von einem pfauenblauen Monsignore u.
zwei Hellebardieren begleitet ist. In der Rechten
trägt er einen Spazierstock mit goldenem Knauf und
in der Linken ein Buch, er geht ziemlich schnell durch
die Gänge, oft steht er auch still, wie Jemand, der,
in gespannter Haltung begriffen, besser zuhöreu will.
Dieser GreiS ist der Pontifex. Auch jetzt noch erhebt
sich Leo XIII. morgens zwischen 6 und 8 Uhr, je
nachdem er die Nacht verbracht hat; denn es kommt
oft vor, daß er, wenn der Schlaf ihn flieht, das
Bett verläßt und einige Stunden am Schreibtische
ließt oder — dichtet. Nachdem er sich erhoben hat,
liest er die Messe, nimmt dann seinen gewöhnlichen
Milchkaffee und arbeitet bis 2 Uhr, wo er sein so
oft geschildertes frugales Mittagessen einnimmt. Auch
wenn er auf seinen Spaziergang verzichten muß,
schläft er nicht nach dem Essen, sondern ruht sich bei
leichter Lektüre aus. Im Uebrigen ist sein tägliches
Leben so regelmäßig, daß man eS begreift, wenn
er weniger Störungen ausgesetzt ist, die andere
Menschen seines Alters so oft in ihrer Gesundheit
gefährden.
* Paris, 13. Okt. Der amtlichen Zollstatistik zu-
folge betrug der Werth der eingeführten Maaren in
den ersten 9 Monaten des Jahres 2,897,955,000 Fr.
gegen 2,858,920,000 Fr. im gleichen Zeitraum deS
Vorjahres; somit 39,035,000 Fr. Zunahme. Der
Werth der ausgeführten Maaren in demselben Zelt-
raum betrug 2,714,089,000 gegen 2,501,662,000 Fr.
in dem gleichen Zeitraum des Vorjahres, somit
212,427,000 Fr. Zunahme.
* Paris, 14. Oktbr. Im heutigen Ministerrath
unterzeichnete Präsident F rure folgende Veränderungen
in der diplomatischen Vertretung Frankreichs: Die
Ernennung Reverseaux zum Botschafter in Wien, Pa-
tenotreS zum Botschafter in Madrid, Jules Bambam
zum Botschafter in Washington, d'Aubigny's zum Ge-
sandten in München, deS früheren Präfekten Henry
zum Gesandten in Bukarest und des gegenwärtigen
Gesandten in BuenoS-AyreS Marchand zum Gesandten
in Belgrad. Ferner vollzog der Präsident die Ernen-
nung des Direktors für allgemeine Sicherheit Blanc
zum Polizeipräsekten in Paris.
* Konstantinopel 13. Okt. Die Militärattaches
der Großmächte hatten heute eine gemeinsame Konfe-
renz mit den Botschaftern, in der über die Art der
Regulirung der Grenze volle Einigkeit erzielt wurde.
Die Militärattaches reisen Montag nach Thessalien
ab, wo sie eine Zusammenkunft mit den delegirten
türkischen und griechischen Offizieren haben werden.
Am darauffolgenden Sonnabend werden sie sich nach
Platamona (am Meerbusen von Saloniki begeben.
Aus Daden.
Heidelberg, l5?Ott.
---- Zu den Landtagswahlen. Im Bezirk
Wiesloch steht eS für den nationalliberalen Greiff sehr
schief. Wenn die verschiedenen auftretenden Parteien
nur ein wenig Glück haben, so bekommen die National-
liberalen keine Mehrheit an Wahlmännern, eS handelt
sich diesmal nicht allein um Centrum und National-
liberale, sondern es kommen auch die Freisinnigen
und Antisemiten in Betracht, welche in einigen Ge-
meinden die Nationalliberalen besiegen könnten.
--- Zu de« Landtagswahle«. Von Konstanz
kommt die Nachricht, daß Herr Oberamtsrichter
Mayer in Bruchsal die von liberaler Seite ihm
angetragene Kandidatur im Bezirk Ueberlingen a b -
gelehnt habe. DaS scheint uns sehr klug zu sein,
denn gegen den CentrumSmann Hug kommt nicht
leicht einer auf; auch der parteilose Bauernvereins-
vorstand Keller von Ahäusle wird, wenn er aufge-
stellt wird, gegen Hug unterliegen.
— Zwei neue badische Jesuiten Ein Sohn
des Freiherr« von Hornstein aus dem Oberland, ein
Neffe des Reichstagspräsidenten Freihr.
von Buol ist soeben bei den Jesuiten eingetreten.
Auch ein Bruchsaler Sohn, der junge Herr Bann-
Holzer, der seit einem Jahre in Freiburg Mathematik
studirte uud der s. Z. am Bruchsaler Gymnasium als
der „gescheideste Student" galt, ging vor einigen
Tagen nach Feldkirch, um ebenfalls Jesuit zu werden.
DaS Jesuitwerden geht immer noch bis in die besten
Kreise hinauf.
— Der altkatholische „Kirchenvater" Fieser
uud der hl. CrispinuS. Ja seiner in Donau-
eschingen jüngst gehaltenen Rede hat der seitherige
Abgeordnete dieser Bezirks Herr Fieser ausgezählt, was
der Staat für die Arbeiter gethan habe und fügte
bei: „Aber alles sei dem Staate nicht möglich, da
er nicht wie der hl. CrispinuS Leder stehlen wolle,
um den Armen Schuhe daraus zu machen." Zur
Ehrenrettung deS hl. CrispinuS ist zu bemerken, daß
die alte Urkunde, welche von dem Brüderpaar Cris-
pinuS und ihrer Barmherzigkeit handelt, den Bericht
so gefaßt hat: „Sie machten den Armen die Schuhe
und statteten das Leder dazu." DaS heißt auf neu-
deutsch: sie stellten das Leder aus eigenen Mitteln
dazu. Also nicht stahlen! „Statteten" ist das alt-
deutsche Imperfektum von „stellen," welches soviel
heißt als „fertigstellen" „zurichten," (Vgl. Sander'S
Wörterbuch der deutschen Sprache, Seite 1158 f.)
Das wäre doch ein sonderbarer Heiliger, beinahe so
sonderbar wie die Glaubensgenossen des Herrn
Fieser die sich katholische Kirchen und Pfründen
„stellen" ließen, anstatt sich dieselben aus eigenen
Mitteln zu verschaffen! Was würde heute wohl der
gute alte Vater des Herrn Fieser zu den kultur-
kämpferischen Leistungen seine- Herrn SohneS sagen!
Sern kam er, so erzählt man von Gerns-
bach und hatte in einem Dorfe gemüthliche Unter-
haltung mit einem Pfarrer. Auf die Kunde hi"-
sein Emil die altkatholische Barke gegen den
Petri steuerte, rief er ein um das andermal m
sarkastischer Weise: Emil, Emil, mein Sohn E»»
ist altkatholischer Kirchenvater geworden. Sonderbar,
sonderbar."
<8 Die Aufhebung der preußischen Gesandt'
schäft beim hl. Stuhle wollen nach einer Zeitung
Meldung die Nationalliberalen in der nächste» La»»
tagSsession beantragen. Als Grund wird die Cm»'
siuS-Enciklika, die unsere Leser im morgigen „Son»'
tagsboten" abgedruckt finden, angegeben. Wen»
die Meldung richtig ist, so kann eS sich für die Hecre»
v. Eynern und Genossen nur um die Herbeiführ»»»
einer Gelegenheit zur Anbringung einiger Thümm^
leien handeln. DaS hätte man nun freilich »'M
beim Kultusetat haben können, aber eS macht
doch imposanter, wenn man mit einem so schneidige»
Anträge anrückt, den die Regierung ja doch ableh»e»
wird. Hoffentlich hat Herr o. Eynern sich an Ste»e
des Hrn. StruckSberg inzwischen einen andern „theow'
gischen Beirath" verschafft.
----- Warme Abeudkost für die Soldaten,v°«
Feldwebel abwärts soll nun mit dem nächsten Reich»'
etat pro 1898/99 eingeführt werden. Die WohlthA
trifft 557,446 Mann. Gegenwärtig wird den Ma»"'
schäften regtementsmäßig neben dem Kommißbrod »»
ein Frühstück und Mittagessen gewährt. Hiefür st"»
im Etat cirka 40 Millionen Mark für Mundverpfleg»»»
auSgeworfen. Doch werden daneben für diese VA
Pflegung der Mannschaften noch 13 Pfg. vom tägliche»
Sold von 35 Pf. in Abzug gebracht, so daß dem
meinen für seine übrigen Bedürfnisse, also insbesondere
für die Beschaffung einer Abendkost, für die Koste»
der Wäsche und für die Anschaffung von PME
22 Pfg. täglich verbleiben. Seitens der Mititärver
waltung hat mau schon längst den Plan zur Vera»
folgung einer Abendkost gehegt und Versuche und
rechnungen in dieser Richtung angestellt. Dabei V.
sich ergeben, daß die Mannschaften gegenwärtig "»»
ihrer Löhnung für eine Abendkost durchschnittlich « Pl
verwenden, sei eS zur Beschaffung einer warmen SE
im Winter oder von Wurst oder Fett zum Komm»»»,
brod im Sommer. Man hat berechnet, daß dieses»
Beköstigung, wenn sie seitens des TruppentheilS ei»
heitlich beschafft wird, sich für 4—5 Pfg. täglich HA,
stellen läßt. Alsdann würden sich die Kosten M A
Beschaffung einer Abendkost für das gesammte deutsty
Heer auf etwa 11 Millionen Mark belaufen. A» stA
ist die Gewährung einer Avendkost mindestens '
dem beabsichtigten Umfange eine dringende Nothwe»
digkeit. Der Staat hat die Verpflichtung, dem S»
baten in der Kaserne mindestens eine solche Verpfleg»"»
zu gewähren, wie sie auch der einfachste TagloY»°
sich von seinem Lohn zu verschaffen pflegt. ES »
auch kaum zu begreifen, daß man diese Forderung
nicht schon längst erfüllt hat, zumal vielfach
medicinischer und wissenschaftlicher Seite her auf
ungenügende Ernährung der jungen, kräftigen ,Ma»»
bei angestrengtem Dienst hingewiesen worden ist.
Reichstag hat die Frage schon mehrfach zu Erört
ungen Veranlassung gegeben. Zuletzt wurde die
örterung dieser Frage eingeleitet durch den Abg. A
Schädler im Winter 1895. Der Antrag Schädltt» >
Empfehlung der Abendkost gelangte im Plenum ».
zur Annahme mit der Clausel: „Sobald eS
Finanzlage gestattet.» Inzwischen hat sich ergeve '
daß das Jahr 1896 97 zu Gunsten des Etats, v°»
1897 98 einen Ueberschuß von 28 Millionen im V" <,g
haushalt ergeben hat, der in den Etat von
einzustellen ist. Da in dem gegenwärtigen.^
nur ein Ueberschuß aus 1895 96 mit 12 Milk»",
eingestellt ist, so gibt sich schon hieraus eine
besserung des Etats von 16 Millionen Mark, wem»
mehr als ausreichend ist, für eine Summe von 11,»
12 Millionen Mark, wie sie die Gewährung em
Abendkost an die Mannschaften erfordert, Deckung s
gewähren.
Aus Nah und Fern.
Nachrichten sür diele Rubrik sind uns jederzeit willkommeu. — *
Koken werden stet» sofort ersetzt.»
* Heidelberg, 15. Okt. lMuthmaßliches Wetter V»
Hamstag, den 15. Oktober.) Bei veränderlicher
wölkung u. schwachen Winden sind Temp-raturschwanr»»»
nicht in Aussicht zu nehmen. . „
* Heidelberg. 15. Oktbr. Se. Excellen» Mimster
Brauer weilte gestern Nachmittag in hiesiger Stadt-
* Heidelberg, 15. Okt. Der Bach-Verein t».
Wintersaison wieder ein wahrhaft großarttges Pros»
herausgegeben. Als Solisten sind fast nur Grützen
Ranges gewonnen. Bon großen Werken wird u- »-
Johannis-Passion zur Ausführung gelangen. , r,
* Heidelberg, 15. Okt- Zwei Personen wurden
haftet wegen unehelichen Zusammenleben- und »»»Aixb-
— Gestern Nachmittag wurde ein Küferbursche wegen
ftahls verhaftet und in das Amtsgefängmß verbrämt..
Zwei Arbeiter kamen »egen groben Unfugs zur
Ein Rangirer, wohnhaft in Schlierbach, kam beim
abhängen zwischen die Puffer. Der Mann erlitt
ungen am linken Oberarm und an der Brust »»»
derselbe in das akadem- Krankenhaus verbracht wero