war VaZ Sc^üUs.udg:r vsn^j: h r La- her ueulralr
GrschäftSdoden, auf dem alle Parteien in sachlicher
Würdigung der Budgetvorschläge der Regierung sich
zusammenfiudeu. Möge auch diesmal dir Be»
rathung und das Budget bei strenger Bedacht-
nahme auf die gute Ordnung des Staatshaus»
haltswqens von dem Geist wohlwollender Rücksicht-
nahme für die Befridizung der bestehenden und der
neu hrrvorgetretsnen Bedürfnisse getragen sich erweisen.
Es folgt darauf die Bildung der provisorisch:n
Abtheilungen, worauf die Sitzung gegen 12 U)r ge-
schlossen wird.
Nächste Sitzung morgen 9 Uhr.
Die Vorgänge im österreichischen Reichsrath.
* Wien, 25. Nov. Ueber den Verlauf der
gestrigen Sitzung des Abgeordnetenhauses nach der
ersten Unterbrechung meldet das „Fremoenblatt": Als
mehrere Abgeordnete der Rechten den Abgeordneten
Wolf von dem Platz vor der Präsidententribüne Hin-
wegdrängen wollten, kam eS zu einem Zusammenstoß
zwischen Wolf einerseits und den Abgeordneten Brez-
rwvky und PoSpischil andererseits, doch wurde ein
schädlicher Konflikt von mehreren Abgeordneten der
Rechten verhindert. Abg. Pfersche stürzte sich in das
Gewühl vor dem Pcästdententisch, wurde aber zurück-
gedrängt und heftig gedrückt, worauf er sein Taschen-
messer zog und einigen Abgeordneten der Reckten zu-
rief: „Zurück oder ich steche Jeden nieder! Ich werde
Ihnen den Bauch aufschlitzen!" Pfersche erklärte
später, er habe sein Messer gezogen, weil er in dem
Gewühle so stark gedrückt wurde, daß er sich per-
sönlich bedroht fühlte. Die Behauptung, Pfer-
sche sei derartig gedrückt worden, bezeichnet daS
„Fremdenblatt" als unbegründet. Abg. Schuklje
faßte den Abgeordneten Pfersche am Handgelenk, so
daß er sich nicht rühren konnte. Unterdeß entwanden
andere Abgeordnete Pfersche das Messer. Schuklje
gerieth bei dieser Episode in enge Bedrängniß. Wie
vielfach berichtet wird, hätte Abg. Wolf gegenüber
einem Abgeordneten der katholischen Volkspartei „Bei
der nächsten Sitzung werden wir unsere Revolver mit-
bringen und das Gesindel erschießen!"
* Wie», 25. Nov. Der Präsident des Abge-
ordnetenhauses Abrahamoviz betrat um 1 Uhr 30 Min.
den Saal. Mit ihm erschienen die sämmtlichen Mi-
nister. Die Zugänge zum Präsidentenstuhl sind auf
beiden Seiten durch Thüren abgesperrt. Der Präsi-
dent wird beim Betreten der Trübüne mit lauten
ironischen Heilrufen, dann mit lauten stürmischen Pfui-
rufen empfangen. Ec will sprechen. Abg. Wolf
schreit: Ein anderer soll das Präsidium übernehmen,
nicht dieser Gauner! Abg. Schönerer ruft: Ich ver-
lange daS Wort, welches mir auch dem Rechte nach
gebührt. Wolf schreit: Ja diesem Hause gibt es
kein Recht mehr. Es wird mit den Füßen ge-
trampelt. Lärmende Zwischenrufe links und anhalten-
des Pfuirufen. Der Präsident erklärt, er sehe sich
angesichts der Störungen genötigt, die Sitzung bis 3
Uhr zu unterbrechen. Hurrahrufen und Bravo links.
Deutsches Reich.
* kiel, 25. Nov. Die Reichstagsersatzwahl in
Oldenburg-Plön hat folgendes Ergebniß gehabt: von
Tungeln (kons.) 7801, Weinheber (Soz.) 2550. Da-
maschke (nat.'soz.) 2094, Schmidt (freis. VolkSp.) 1725,
Hoeck (sreif. Ver) 1387 Stimmen. ES fehlen nur
noch 6 Gutsbezirke, v. Tungeln ist gewählt.
* Pose«, 21. Nov. In dem Vororte Jersitz wurde
heute durch den Erzbischof von Stablewski in
Gegenwart zahlreicher Geistlichen, vieler Mitglieder
der polnischen Aristokratie und einer sehr großen
Menschenmenge der Grundstein der ersten katholischen
Kirche gelegt. Bei der Feier hielt der hochw. Herr
Erzbischof eine bedeutsame Ansprache, in welcher er
auch die sozialen Verhältnisse in Posen streifte. „ES
gibt viele unter uns", sagte er," die zwar nicht bereit
sind, gegen ihren Nächsten das Verbrechen KainS zu
verüben, aber voll sind von Bosheit, Haß, Rachsucht,
Eifersucht. Das Gotteshaus löscht die Leidenschaften
und gibt die Kraft zu treuer Pfl-chterfüllung." In
Jersitz, das etwa 16,600 Einwohner zählt, darunter
über 10,000 Katholiken, war bis jetzt keine katholische
Kirche vorhanden. Die evangelische Kirche in Jersitz
ist auch erst vor zwei Jahren "eiugewriht worden.
* München, 24. Nov. Die Leiche des Erz-
bis ch o f s T h o m a ist im erzbischöflichen Palais
aufgebahrt. Bei der am Samstag stattfiudenden Lei-
chenfeier wird die Leiche, soweit bis jetzt bekannt ist,
von dort nach dem Dom übergeführt, wo die Beisetzung
erfolgt.
Ausland.
* Paris, 24. Nov. (Die Affaire DreyfuS-Ester«
hazy.) In dem Hause, wo Oberst Picquart eine
ständige Pariser Wohnung hält, fand eine polizeiliche
Haussuchung statt. Nachdem der Polizeikommissar
in der Wohnung selbst nichts gesunden, begab ec sich
nach dem im 6. Stock befindlichen Dienstbotenzimmer.
Die dar! besiad.'iH'n Keffer w irden sorgfältig durch-
sucht. Der Kommissar nahm einige Brief; mü. Ec
soll beim V-rlassea öeS Hauses gesagt habe«: „Wa8
wir gefunden, bestätigt nur, was wir längst wußten."
Die Haussuchung ist veranlaßt durch «neu auonymm
Brief an den Kcirgsmimster und ist unterzeichnet'
„Eia Patriot." In dem Briefe heißt es : „Lassen Sie
im Dienstdoteuzimuer dec Wohnung Picqaart eine
Haussuchung veranstalten. Sie werden Dings finden,
die sie über die Affaire DreyfuS aufklären." In
diesem Hause wohnte seit einigen Jahren eine schöne
brünette Dame, die sehr verliebt in den Obersten
Picqurrt war und mit ihm die Beziehungen zu treten
suchte. Dies gelang ihr nicht. Um sich zu rächen,
richtete sie au den Hausbesitzer anonyme Briefe mit
Anklagen gegen Picqaart. Die Vermnthung liegt
nahe, daß diese F.au, di; seit einig:r Zeit aus dem
von Piequart bewohnten Hause verschwunden ist,
identisch ist mit der verschleierten Dame, von der
Major Esterhazy, wie er behauptet, gewarnt worden
war.
* Paris, 24. Nov. Fräulein Chauvin, die sich
um Zulassung als Rechtsanwalt bewirbt, erschien heute
vor dem .Apellhofe. Der Generalstaatsanwalt legte
in langer Rede die Gründe dar, die seiner Ansicht
nach gegen die Zulassung von Frauen zur Advokatur
sprechen. Hierauf nahm Frl. Chauvin das Wort und
bekämpfte Punkt für Punkt in geschickter juristischer
Ausführung die Gründe des Staatsanwalts. Der
Appellhof vertagte die Entscheidung auf Dienstag.
Frl. Chauvin wurde beim Verlassen des Gerichts-
saales von zahlreichen Advokaten beglückwünscht.
* Rom, 25. Nov. Dos diamantene Priester-
Jubiläum Papst Leo's Xlll. findet am nächsten
NeujahrStage statt. Obschon für dasselbe noch keine
festlichen Veranstaltungen in Aussicht genommen sind,
so werden Schoch aus diesem Anlaß manche sehr zahl-
reiche Pilgerzüge nach Rom kommen. Der italienische
wird nach Landschaften in verschiedene Gruppen ein-
getheilt werden. Sonst sind noch Wallfahrtszüge an-
gemeldet aus Frankreich, Oestrreich und Irland und
der nordamerikanischen Union.
* London, 24. Nov. Die Konferenz der Mu-
schinenbauunternehmer und Delegicten der dem Lon-
doner Achtstundencomite angeschlossenen Gewerkoereine
begann heute. Sie kann ein; Reihe von Tagen
dauern. Der Gegenstand der Konferenz bildete heute
die vom Handelsamt aufgesetzte erste Erklärung, daß
die Unternehmer die Trabe Unions nicht angreifen
wollen während diese sich des Eingreifens in die
Geschäfte der Unternehmer enthalten. Er gab meh-
rere Amendements zu dem Wortlaut. Der Gegen-
stand wurde noch nicht erledigt. Die Vertreter der
Arbeiter sind sehr befriedigt über die freundliche Art,
in der ihnen die Unternehmer entgegenkomnen.
Aus Baden.
Heidelberg, 26. Nov.
— Die sog. Thronrede, mit welcher die Tag-
ung der Landstände eröffnet wurde, weist mit Befere-
digung auf eine merkliche Bess-rung des Staatshaus-
haltes hin, die auf ein Mehrerträgniß aus Steuern
und Eisenbahneinnahmen zurückzuführe» ist. Der
ordentliche Etat schließt mit einem kleinen Ueberschuß
ab, während allerdings für de» außerordentlichen Etat
die Amortisationskasie in Anspruch genommen werden
muß. Es ist eine neue Veranlagung der Grundsteuer
in Aussicht genommen; zu diesem Zwecke findet eine
Revision der Klaffeneintheilung der Grundstücke statt.
Auch ist eine neue Besteuerrng des Wandergewerbes
und der Wanderlager vorgesehen. Die geplante all-
gemeine Steuerreform soll durch eine zweite Denkschrift
erläutert werden. Im Eisenbahnwesen sollen neue
Betriebsmittel angeschafft und unzulänglich gewordene
Bauanlageu ergänzt werden. Die Elzthalbahn von
Waldkirch nach Elzach und die Verbindungsbahn
Eppingen-Steinsfurth werden in Angriff genommen,
ebenso die Bodenseebahn von Ueberlingen nach Fried-
richshafen über Meersburg mit einer Sackbahn nach
dem Salemer Thal und Markdorf. DaS letztgenannte
Projekt wird wohl allseitige Ueberraschung Hervorrufen,
da man bisher allgemein der Meinung war, die Re-
gierung begünstige die Thallinie. Für Landwirthschaft
und Gewerbe sollen auch dieses Mal erhebliche Mittel
in Bereitschaft gestellt werden. Zahlreiche gesetz-
geberische Arbeiten erfordert die bevorstehende Ein-
führung des Bürgerlichen Gesetzbuches. Von einer
Reform des Wahlrechts, einer neuen Wahlkreis«»-
theilung, einer Revision der Gemeindeordnung, ver-
lautet nichts; auch die Icrchenpolitischrn Anträge deS
CentrumS finden keinerlei Berücksichtigung. Selbst
über die Erzbischofsfrage schweigt sich die Regierung
auS. Das Centrum wird der Regierung Gelegenheit
geben, zu all diesen Fragen klar Stellung zu nehmen.
---- Der Heilige Baler über die Bildung de-
ElerrrS. Welche Ansprüche der Heilige Vater bezüg-
lich der intellektuellen Ausbildung an die Geistlichkeit
stellt, geht unzweideutig aus dem Schreiben hervor,
das der Papst anläßlich der Eröffnung des von ihm
für die Diöcesen der römischen Kirchenprovinz zu
Anrznie vor Kurzem errichteten FastituUS für höh.'^
Studien an die betreffenden Bischöfe gerichtet hat-
Er heißt darin, es sei heutzutage eure große Mannig«
faltigkeit und Ausmaß von Gelehrsamkeit von nöthrn,
w;il bei dsr so raschen geistigen Bewegung, ber
der so großen L«cn- und Wißbegierde, bei dem Stä-
ben,nach einer Verfeinerung wahrlich schon die Würde
des Pcissterthums verlangt, daß alle in kirchliche
Asmtern Stehenden an Gelehrsamkeit, Ansehen und
Achtung den Uebrigen in keiner Weise nachstehen-
Ueverdies ist der Kampf für die Unversehrtheit deS
heiligen Glaubens zu bestehen mit wohlausgerüsteten,
schlauen, verschlagenen, sehr oft geistreichen und ge«
lehrten Gegnern, die ihre Waffen aus allen mögliches
Arsenalen, aus der Philosophie, der Geschichte, der
Naturwissenschaft, den neuesten Entdeckungen zu neh«
men pflegen. Wie können aber dir Priester, denen
in diesem Kampfe die erste Roll« zukommt, dem
Kampfe gewachsen sein, wenn sir nicht mit dem glei«
chen Rüstzsuge versehrn sind? Sie müssen sich daher
den gelehrten Studien ganz hingsben und keine mensch'
liche Wissenschaft verachten, sondern sich von Jugend
an daran gewöhnen, sie alle zu pfl-gen und sich Zü'
nutzen zu machen."
Aus Nah und Fern.
Nachrichten sür diele Rubrik find uns jederzeit willkommen. — Etwaig*
KoSen werden stet» sofort ersetzt.)
* Heidelber«, 23. Nov. (Muthmatzlich-S Wüter für
Samstag, den 26. November.) Größtentheils trübe« uB
unfreundliches, in der Hauptsache aber trockenes Wetter
in Aussicht zu nehmen. .
* Hetvelberr, 23. Nov. In der vorgestrigen Stadt
rahtssitzing wurden, nachdem des am 23. d. M erfolgen
bedauerlichen Ablebens des Herrn Stadtcaths C- Mohr
gedacht worden war, u. a. folgende Gegenstände M
Kenntnis bezw- Erledigung gebracht:
1. Die Prämien aus den Umbstäiter-Riedmüller'smon
Dienstbotenstistungen wurden nach den Anträgen dec beso»
deren Kommission verliehen.
2. DaS Geschenk der Hruptlshrecin an der Höhere»
Mädchenschule, Fräulein Anna Weber, bestehend in einer
Anzahl alter Münzen und Medaillen, wurde für die
städtische Sammlung unter dem Ausdruck des Dankes an
genommen.
3. Mit der Herstellung des Kanals vom „Rosenbu!«
bis zum Karlsthor soll alsbald begonnen werden. .
4. Die Hiebs-, Kultur- und Wegbau-Vorschlägen der
Stadtbezirksforstei für 1893 wurden genehmigt. ..
5. Herr Stadtrath A. Rodrian wurde zum Mw
aliede der Arbeiterversicherungskommission und der Finanz
ksmmission ernannt. „ „
6. Die Lieferung des städtischen Bedarfs anJmprMN
wird der Firma Jul. Wettstsin Nachfolger um ihr Süd
Mission sangebot übergeben.
* Heidelberg, 23. Nov. Der Wichtigkeit der T-g»'
ordnnng wegen hatte sich die am letzten Dienstag stattgs
fundene 8. außerordentliche Generalversammlung der Hef'
delberger Bolksbank G m. u. H. einer recht zam
reichen Betheiligung zu erfreuen; als einzige Numntt-
war die Umwandlung der seitherigen unbeschränkten w
die beschränkte Haftung vorgesehen. Nach eingehender
Begründung der Vorlage durch den Vorstand wurde on
Umwandlung auf den 1. Januar 1899 festgesetzt. Na«
der Dankabstattung an die Verwaltung für diesen weiteren
Schritt nach vorwärts wurde die Generalversammlung
nach etwa 1^-stündiger Dauer geschlossen.
* Heidelberg, 26. Noo. Ein Arbeiter aus Eppelhe^
wurde gestern wegen Diebstahl verhaftet und in das Am»
gefängniß verbracht. Einige Personen kamen wegen RE
störung zur Anzeige.
* Kirchheim b. Heidelberg, 25. Nov. Das aA
letzten Dienstag auf hiesiger Siation ereignete Eise»/
bah »-Unglück, daS für unser Laad noch std*
glücklich abgelaufen ist, fordert zu einigen B tracht'
ungea auf, die an maßgebender Stelle BeachtE
finden sollten. W«r auch nur wenig mit dem Bah»*
personal bekannt ist, weiß, daß dieses, besonders die
Lokomotivführer, nichts mehr fürchtet als den Nidel-
Bet der Geschwindigkeit, mit der heutzutage unsere
Schnellzüge fahren, läßt es sich leicht denken, welch
großer Gefahr ein Zug bei dichtem Nebel ausgesetzt
ist. Im gestrigen Fall kommt ein Faktor in Betracht,
der für eine etwaige Schuld des Bahnpersonals we°
seutlich in Betracht kommt. ES ist Vorschrift, daß
bei dichtem Nebel an den Semaphoren die Laternen
zu brennen haben wie bei Nacht. Wenigstens 500
Meter weit muß der Führer sehen und die Sig»»^
beobachten köanen. Aller Wahrscheinlichkeit nach tst
diese Vorschrift gestern bei Kirchheim nicht beachtet
worden, wohl stand das Semaphor aus Halt, aber
weder Zugmsister, noch Führer konnten den wagrechten
Arm rechtzeitig erkennen. Hätte dagegen das roiye
Licht hoch oben gebrannt, dann wäre das Personal
auf die Gefahr aufmerksam geworden. Auch eine an-
dere Vorschrift existirt noch für Nrbelgrfahren. Jeder
Bahnwart ist mit Spreng-Kapseln versehen, die tüt
Nothfalle auf die Schienen gelegt werden, sobt»"
der Zug darüber hinwegfährt, ertönen schütz'
ähnliche Knalle, und der Führer weiß sofort,
daß er zu halten hat. Bon einer Anwendung
dieser Vorschrift bei Kirchheim hat man gestern eben«
falls nichts gehört. Zweck dieser Zeilen ist, die w
Betracht kommenden Stellen zur Auffrischung dieser
alten Vorschrift zu veranlassen. .
* Mannheim, 25. Nov. Wie die „N-»e
Badische Landerzeitung" mittheilt, hat die gest"g!
Generalversammlung der Mannheimer Aktienbrau.'ce
GrschäftSdoden, auf dem alle Parteien in sachlicher
Würdigung der Budgetvorschläge der Regierung sich
zusammenfiudeu. Möge auch diesmal dir Be»
rathung und das Budget bei strenger Bedacht-
nahme auf die gute Ordnung des Staatshaus»
haltswqens von dem Geist wohlwollender Rücksicht-
nahme für die Befridizung der bestehenden und der
neu hrrvorgetretsnen Bedürfnisse getragen sich erweisen.
Es folgt darauf die Bildung der provisorisch:n
Abtheilungen, worauf die Sitzung gegen 12 U)r ge-
schlossen wird.
Nächste Sitzung morgen 9 Uhr.
Die Vorgänge im österreichischen Reichsrath.
* Wien, 25. Nov. Ueber den Verlauf der
gestrigen Sitzung des Abgeordnetenhauses nach der
ersten Unterbrechung meldet das „Fremoenblatt": Als
mehrere Abgeordnete der Rechten den Abgeordneten
Wolf von dem Platz vor der Präsidententribüne Hin-
wegdrängen wollten, kam eS zu einem Zusammenstoß
zwischen Wolf einerseits und den Abgeordneten Brez-
rwvky und PoSpischil andererseits, doch wurde ein
schädlicher Konflikt von mehreren Abgeordneten der
Rechten verhindert. Abg. Pfersche stürzte sich in das
Gewühl vor dem Pcästdententisch, wurde aber zurück-
gedrängt und heftig gedrückt, worauf er sein Taschen-
messer zog und einigen Abgeordneten der Reckten zu-
rief: „Zurück oder ich steche Jeden nieder! Ich werde
Ihnen den Bauch aufschlitzen!" Pfersche erklärte
später, er habe sein Messer gezogen, weil er in dem
Gewühle so stark gedrückt wurde, daß er sich per-
sönlich bedroht fühlte. Die Behauptung, Pfer-
sche sei derartig gedrückt worden, bezeichnet daS
„Fremdenblatt" als unbegründet. Abg. Schuklje
faßte den Abgeordneten Pfersche am Handgelenk, so
daß er sich nicht rühren konnte. Unterdeß entwanden
andere Abgeordnete Pfersche das Messer. Schuklje
gerieth bei dieser Episode in enge Bedrängniß. Wie
vielfach berichtet wird, hätte Abg. Wolf gegenüber
einem Abgeordneten der katholischen Volkspartei „Bei
der nächsten Sitzung werden wir unsere Revolver mit-
bringen und das Gesindel erschießen!"
* Wie», 25. Nov. Der Präsident des Abge-
ordnetenhauses Abrahamoviz betrat um 1 Uhr 30 Min.
den Saal. Mit ihm erschienen die sämmtlichen Mi-
nister. Die Zugänge zum Präsidentenstuhl sind auf
beiden Seiten durch Thüren abgesperrt. Der Präsi-
dent wird beim Betreten der Trübüne mit lauten
ironischen Heilrufen, dann mit lauten stürmischen Pfui-
rufen empfangen. Ec will sprechen. Abg. Wolf
schreit: Ein anderer soll das Präsidium übernehmen,
nicht dieser Gauner! Abg. Schönerer ruft: Ich ver-
lange daS Wort, welches mir auch dem Rechte nach
gebührt. Wolf schreit: Ja diesem Hause gibt es
kein Recht mehr. Es wird mit den Füßen ge-
trampelt. Lärmende Zwischenrufe links und anhalten-
des Pfuirufen. Der Präsident erklärt, er sehe sich
angesichts der Störungen genötigt, die Sitzung bis 3
Uhr zu unterbrechen. Hurrahrufen und Bravo links.
Deutsches Reich.
* kiel, 25. Nov. Die Reichstagsersatzwahl in
Oldenburg-Plön hat folgendes Ergebniß gehabt: von
Tungeln (kons.) 7801, Weinheber (Soz.) 2550. Da-
maschke (nat.'soz.) 2094, Schmidt (freis. VolkSp.) 1725,
Hoeck (sreif. Ver) 1387 Stimmen. ES fehlen nur
noch 6 Gutsbezirke, v. Tungeln ist gewählt.
* Pose«, 21. Nov. In dem Vororte Jersitz wurde
heute durch den Erzbischof von Stablewski in
Gegenwart zahlreicher Geistlichen, vieler Mitglieder
der polnischen Aristokratie und einer sehr großen
Menschenmenge der Grundstein der ersten katholischen
Kirche gelegt. Bei der Feier hielt der hochw. Herr
Erzbischof eine bedeutsame Ansprache, in welcher er
auch die sozialen Verhältnisse in Posen streifte. „ES
gibt viele unter uns", sagte er," die zwar nicht bereit
sind, gegen ihren Nächsten das Verbrechen KainS zu
verüben, aber voll sind von Bosheit, Haß, Rachsucht,
Eifersucht. Das Gotteshaus löscht die Leidenschaften
und gibt die Kraft zu treuer Pfl-chterfüllung." In
Jersitz, das etwa 16,600 Einwohner zählt, darunter
über 10,000 Katholiken, war bis jetzt keine katholische
Kirche vorhanden. Die evangelische Kirche in Jersitz
ist auch erst vor zwei Jahren "eiugewriht worden.
* München, 24. Nov. Die Leiche des Erz-
bis ch o f s T h o m a ist im erzbischöflichen Palais
aufgebahrt. Bei der am Samstag stattfiudenden Lei-
chenfeier wird die Leiche, soweit bis jetzt bekannt ist,
von dort nach dem Dom übergeführt, wo die Beisetzung
erfolgt.
Ausland.
* Paris, 24. Nov. (Die Affaire DreyfuS-Ester«
hazy.) In dem Hause, wo Oberst Picquart eine
ständige Pariser Wohnung hält, fand eine polizeiliche
Haussuchung statt. Nachdem der Polizeikommissar
in der Wohnung selbst nichts gesunden, begab ec sich
nach dem im 6. Stock befindlichen Dienstbotenzimmer.
Die dar! besiad.'iH'n Keffer w irden sorgfältig durch-
sucht. Der Kommissar nahm einige Brief; mü. Ec
soll beim V-rlassea öeS Hauses gesagt habe«: „Wa8
wir gefunden, bestätigt nur, was wir längst wußten."
Die Haussuchung ist veranlaßt durch «neu auonymm
Brief an den Kcirgsmimster und ist unterzeichnet'
„Eia Patriot." In dem Briefe heißt es : „Lassen Sie
im Dienstdoteuzimuer dec Wohnung Picqaart eine
Haussuchung veranstalten. Sie werden Dings finden,
die sie über die Affaire DreyfuS aufklären." In
diesem Hause wohnte seit einigen Jahren eine schöne
brünette Dame, die sehr verliebt in den Obersten
Picqurrt war und mit ihm die Beziehungen zu treten
suchte. Dies gelang ihr nicht. Um sich zu rächen,
richtete sie au den Hausbesitzer anonyme Briefe mit
Anklagen gegen Picqaart. Die Vermnthung liegt
nahe, daß diese F.au, di; seit einig:r Zeit aus dem
von Piequart bewohnten Hause verschwunden ist,
identisch ist mit der verschleierten Dame, von der
Major Esterhazy, wie er behauptet, gewarnt worden
war.
* Paris, 24. Nov. Fräulein Chauvin, die sich
um Zulassung als Rechtsanwalt bewirbt, erschien heute
vor dem .Apellhofe. Der Generalstaatsanwalt legte
in langer Rede die Gründe dar, die seiner Ansicht
nach gegen die Zulassung von Frauen zur Advokatur
sprechen. Hierauf nahm Frl. Chauvin das Wort und
bekämpfte Punkt für Punkt in geschickter juristischer
Ausführung die Gründe des Staatsanwalts. Der
Appellhof vertagte die Entscheidung auf Dienstag.
Frl. Chauvin wurde beim Verlassen des Gerichts-
saales von zahlreichen Advokaten beglückwünscht.
* Rom, 25. Nov. Dos diamantene Priester-
Jubiläum Papst Leo's Xlll. findet am nächsten
NeujahrStage statt. Obschon für dasselbe noch keine
festlichen Veranstaltungen in Aussicht genommen sind,
so werden Schoch aus diesem Anlaß manche sehr zahl-
reiche Pilgerzüge nach Rom kommen. Der italienische
wird nach Landschaften in verschiedene Gruppen ein-
getheilt werden. Sonst sind noch Wallfahrtszüge an-
gemeldet aus Frankreich, Oestrreich und Irland und
der nordamerikanischen Union.
* London, 24. Nov. Die Konferenz der Mu-
schinenbauunternehmer und Delegicten der dem Lon-
doner Achtstundencomite angeschlossenen Gewerkoereine
begann heute. Sie kann ein; Reihe von Tagen
dauern. Der Gegenstand der Konferenz bildete heute
die vom Handelsamt aufgesetzte erste Erklärung, daß
die Unternehmer die Trabe Unions nicht angreifen
wollen während diese sich des Eingreifens in die
Geschäfte der Unternehmer enthalten. Er gab meh-
rere Amendements zu dem Wortlaut. Der Gegen-
stand wurde noch nicht erledigt. Die Vertreter der
Arbeiter sind sehr befriedigt über die freundliche Art,
in der ihnen die Unternehmer entgegenkomnen.
Aus Baden.
Heidelberg, 26. Nov.
— Die sog. Thronrede, mit welcher die Tag-
ung der Landstände eröffnet wurde, weist mit Befere-
digung auf eine merkliche Bess-rung des Staatshaus-
haltes hin, die auf ein Mehrerträgniß aus Steuern
und Eisenbahneinnahmen zurückzuführe» ist. Der
ordentliche Etat schließt mit einem kleinen Ueberschuß
ab, während allerdings für de» außerordentlichen Etat
die Amortisationskasie in Anspruch genommen werden
muß. Es ist eine neue Veranlagung der Grundsteuer
in Aussicht genommen; zu diesem Zwecke findet eine
Revision der Klaffeneintheilung der Grundstücke statt.
Auch ist eine neue Besteuerrng des Wandergewerbes
und der Wanderlager vorgesehen. Die geplante all-
gemeine Steuerreform soll durch eine zweite Denkschrift
erläutert werden. Im Eisenbahnwesen sollen neue
Betriebsmittel angeschafft und unzulänglich gewordene
Bauanlageu ergänzt werden. Die Elzthalbahn von
Waldkirch nach Elzach und die Verbindungsbahn
Eppingen-Steinsfurth werden in Angriff genommen,
ebenso die Bodenseebahn von Ueberlingen nach Fried-
richshafen über Meersburg mit einer Sackbahn nach
dem Salemer Thal und Markdorf. DaS letztgenannte
Projekt wird wohl allseitige Ueberraschung Hervorrufen,
da man bisher allgemein der Meinung war, die Re-
gierung begünstige die Thallinie. Für Landwirthschaft
und Gewerbe sollen auch dieses Mal erhebliche Mittel
in Bereitschaft gestellt werden. Zahlreiche gesetz-
geberische Arbeiten erfordert die bevorstehende Ein-
führung des Bürgerlichen Gesetzbuches. Von einer
Reform des Wahlrechts, einer neuen Wahlkreis«»-
theilung, einer Revision der Gemeindeordnung, ver-
lautet nichts; auch die Icrchenpolitischrn Anträge deS
CentrumS finden keinerlei Berücksichtigung. Selbst
über die Erzbischofsfrage schweigt sich die Regierung
auS. Das Centrum wird der Regierung Gelegenheit
geben, zu all diesen Fragen klar Stellung zu nehmen.
---- Der Heilige Baler über die Bildung de-
ElerrrS. Welche Ansprüche der Heilige Vater bezüg-
lich der intellektuellen Ausbildung an die Geistlichkeit
stellt, geht unzweideutig aus dem Schreiben hervor,
das der Papst anläßlich der Eröffnung des von ihm
für die Diöcesen der römischen Kirchenprovinz zu
Anrznie vor Kurzem errichteten FastituUS für höh.'^
Studien an die betreffenden Bischöfe gerichtet hat-
Er heißt darin, es sei heutzutage eure große Mannig«
faltigkeit und Ausmaß von Gelehrsamkeit von nöthrn,
w;il bei dsr so raschen geistigen Bewegung, ber
der so großen L«cn- und Wißbegierde, bei dem Stä-
ben,nach einer Verfeinerung wahrlich schon die Würde
des Pcissterthums verlangt, daß alle in kirchliche
Asmtern Stehenden an Gelehrsamkeit, Ansehen und
Achtung den Uebrigen in keiner Weise nachstehen-
Ueverdies ist der Kampf für die Unversehrtheit deS
heiligen Glaubens zu bestehen mit wohlausgerüsteten,
schlauen, verschlagenen, sehr oft geistreichen und ge«
lehrten Gegnern, die ihre Waffen aus allen mögliches
Arsenalen, aus der Philosophie, der Geschichte, der
Naturwissenschaft, den neuesten Entdeckungen zu neh«
men pflegen. Wie können aber dir Priester, denen
in diesem Kampfe die erste Roll« zukommt, dem
Kampfe gewachsen sein, wenn sir nicht mit dem glei«
chen Rüstzsuge versehrn sind? Sie müssen sich daher
den gelehrten Studien ganz hingsben und keine mensch'
liche Wissenschaft verachten, sondern sich von Jugend
an daran gewöhnen, sie alle zu pfl-gen und sich Zü'
nutzen zu machen."
Aus Nah und Fern.
Nachrichten sür diele Rubrik find uns jederzeit willkommen. — Etwaig*
KoSen werden stet» sofort ersetzt.)
* Heidelber«, 23. Nov. (Muthmatzlich-S Wüter für
Samstag, den 26. November.) Größtentheils trübe« uB
unfreundliches, in der Hauptsache aber trockenes Wetter
in Aussicht zu nehmen. .
* Hetvelberr, 23. Nov. In der vorgestrigen Stadt
rahtssitzing wurden, nachdem des am 23. d. M erfolgen
bedauerlichen Ablebens des Herrn Stadtcaths C- Mohr
gedacht worden war, u. a. folgende Gegenstände M
Kenntnis bezw- Erledigung gebracht:
1. Die Prämien aus den Umbstäiter-Riedmüller'smon
Dienstbotenstistungen wurden nach den Anträgen dec beso»
deren Kommission verliehen.
2. DaS Geschenk der Hruptlshrecin an der Höhere»
Mädchenschule, Fräulein Anna Weber, bestehend in einer
Anzahl alter Münzen und Medaillen, wurde für die
städtische Sammlung unter dem Ausdruck des Dankes an
genommen.
3. Mit der Herstellung des Kanals vom „Rosenbu!«
bis zum Karlsthor soll alsbald begonnen werden. .
4. Die Hiebs-, Kultur- und Wegbau-Vorschlägen der
Stadtbezirksforstei für 1893 wurden genehmigt. ..
5. Herr Stadtrath A. Rodrian wurde zum Mw
aliede der Arbeiterversicherungskommission und der Finanz
ksmmission ernannt. „ „
6. Die Lieferung des städtischen Bedarfs anJmprMN
wird der Firma Jul. Wettstsin Nachfolger um ihr Süd
Mission sangebot übergeben.
* Heidelberg, 23. Nov. Der Wichtigkeit der T-g»'
ordnnng wegen hatte sich die am letzten Dienstag stattgs
fundene 8. außerordentliche Generalversammlung der Hef'
delberger Bolksbank G m. u. H. einer recht zam
reichen Betheiligung zu erfreuen; als einzige Numntt-
war die Umwandlung der seitherigen unbeschränkten w
die beschränkte Haftung vorgesehen. Nach eingehender
Begründung der Vorlage durch den Vorstand wurde on
Umwandlung auf den 1. Januar 1899 festgesetzt. Na«
der Dankabstattung an die Verwaltung für diesen weiteren
Schritt nach vorwärts wurde die Generalversammlung
nach etwa 1^-stündiger Dauer geschlossen.
* Heidelberg, 26. Noo. Ein Arbeiter aus Eppelhe^
wurde gestern wegen Diebstahl verhaftet und in das Am»
gefängniß verbracht. Einige Personen kamen wegen RE
störung zur Anzeige.
* Kirchheim b. Heidelberg, 25. Nov. Das aA
letzten Dienstag auf hiesiger Siation ereignete Eise»/
bah »-Unglück, daS für unser Laad noch std*
glücklich abgelaufen ist, fordert zu einigen B tracht'
ungea auf, die an maßgebender Stelle BeachtE
finden sollten. W«r auch nur wenig mit dem Bah»*
personal bekannt ist, weiß, daß dieses, besonders die
Lokomotivführer, nichts mehr fürchtet als den Nidel-
Bet der Geschwindigkeit, mit der heutzutage unsere
Schnellzüge fahren, läßt es sich leicht denken, welch
großer Gefahr ein Zug bei dichtem Nebel ausgesetzt
ist. Im gestrigen Fall kommt ein Faktor in Betracht,
der für eine etwaige Schuld des Bahnpersonals we°
seutlich in Betracht kommt. ES ist Vorschrift, daß
bei dichtem Nebel an den Semaphoren die Laternen
zu brennen haben wie bei Nacht. Wenigstens 500
Meter weit muß der Führer sehen und die Sig»»^
beobachten köanen. Aller Wahrscheinlichkeit nach tst
diese Vorschrift gestern bei Kirchheim nicht beachtet
worden, wohl stand das Semaphor aus Halt, aber
weder Zugmsister, noch Führer konnten den wagrechten
Arm rechtzeitig erkennen. Hätte dagegen das roiye
Licht hoch oben gebrannt, dann wäre das Personal
auf die Gefahr aufmerksam geworden. Auch eine an-
dere Vorschrift existirt noch für Nrbelgrfahren. Jeder
Bahnwart ist mit Spreng-Kapseln versehen, die tüt
Nothfalle auf die Schienen gelegt werden, sobt»"
der Zug darüber hinwegfährt, ertönen schütz'
ähnliche Knalle, und der Führer weiß sofort,
daß er zu halten hat. Bon einer Anwendung
dieser Vorschrift bei Kirchheim hat man gestern eben«
falls nichts gehört. Zweck dieser Zeilen ist, die w
Betracht kommenden Stellen zur Auffrischung dieser
alten Vorschrift zu veranlassen. .
* Mannheim, 25. Nov. Wie die „N-»e
Badische Landerzeitung" mittheilt, hat die gest"g!
Generalversammlung der Mannheimer Aktienbrau.'ce