Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Pfälzer Volksblatt: Organ für Wahrheit, Freiheit & Recht — 1.1897

DOI issue:
Dezember 1897
DOI article:
Nr. 277
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.42846#1132

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
wird dis Säuberung der Straße von Infanterie ge- i
nommen.
* Prag, 1. Dez. Eine für heute anberaumte
FesiversamMlung der Deutschen Gesellschaft für Alter«
thumLkunde im Clementinum zu Ehren Prof. Momm-
sen's wurde anläßlich der heutigen Straßendemonstra-
tionen auf Vcranwssang der Polizeidirektion abgesagt.
Deutsches Reich.
* Berlin, 1. Dez. Im Reichstage brachten An«
träge ein die Abgeordneten Hitze, Lieber und Hertling
betreffend den Schutz der in gewerblichen Betrieben
beschäftigten schulpflichtigen Kinder, Abg. Rintelen be.
treffend die Wiedereinführung der Berufung in Straf-
sachen. Den Jesuitenantrag wird das Centrum
wieder embringen. Es verlautet, auch dis Isx Heinz«
werde als Antrag wieder eingebracht werden.
* Wilhelmshaven, 1. Dez. Es verlautet, daß
so bald wie möglich ein Transport von 600 Mann
Seeinfanteristen nach Ostasien abgehen soll.

Deutscher Reichstag.
Berlin, 1. Dez.
Um halb 2 Uhr eröffnet Präsident von Buol die
Sitzung mit der Tagesordnung: Wahl des Präsi-
denten.
Es wird sofort zur Wahl geschritten.
Bei der mittels Namensaufrufs vorgenommenen
Zettslwahl wurde Freiherr v. Buol mit 228 Stimmen
gewählt. Abgestimmt haben 262 Abgeordnete; 34
weiße Zettel wurden abgegeben.
Fchx. v. Buol (Centr.): Ich nehme die Wahl
mit verbindlichem Dank an und werde mich bemühen,
mein Amt fo zu verwalten, wie es dem Interesse des
Landes und der Würde des Hauses entspricht. (Bravo.)
Ich bitte Sie, mir auch ferner Ihre freundliche Un-
terstützung zu Theil werden zu lassen. (Bravo).
Zum ersten Vizepräsident wird mit 152 von 252
abgegebenen Stimmen Schmidt-Elberfeld (freis. VolkSp.)
gewählt Derselbe nimmt die Wahl an. Zum zweiten
Vizepräsidenten wird Spahn (Centr.) mit 166 von
245 abgegebenen Stimmen gewählt. Spahn nimmt
die Wahl an.
Abg. Lieber (Cmtr.) schlägt vor, die bisherigen
Schriftführer durch Akklamation wiederzuwählen. Nur
möge man statt des Abg. Pirsche! den Abg. Basier-
mann (natl.) wählen, da Pieschel Familienverhältnisie
wegen an der Ausübung seines Amtes verhindert sei.
Die Wahl wird einstimmig genehmigt.
Präsident v. Buol ernennt hierauf die Abgg. Rin-
telen und Beckh zu Quästoren uud gibt bekannt, daß
er die erfolgte Wahl Sr. Majestät zur Meldung bringen
wird. Der Präsident gedenkt sodann der verstorbenen
Abgeordneten Lehner, Graf von Holstein, Grillenberger
und Marquardsen.
Dar Haus erhebt sich zu Ehren der Verstorbenen
von den Sitzen.
Eine Reihe von Urlaubsgesuchen wird bewilligt.
Ein schleuniger Antrag des Abg. Köhler und Ge-
nossen, den Reichskanzler zu ersuchen, ein gegen den
Abg. Piechter schwebendes Strafverfahren einzustellen,
wird auf Antrag deS Abg. Werner zur Abstimmung
gebracht uud angenommen.
Nächste Sitzung Freitag Mittag 1 Uhr.
Auf die Tagesordnung gelangt die erste Berathung
des Gesetzentwurfs betr. die Entschädigung unschuldig
Berurtheilter.
Schluß 4 Uhr._
Ausland.
* Amsterdam, 1. Dez. Bei der Einfahrt in den
Rotterdamer Hafen stießen gestern Abend die Dampfer
„Orkonera" und „Durango" zusammen; der erstere,
mit Eisenerz für Krupp geladen, sank; die Mannschaft
wurde gerettet.

Die Krise in Bcherreich.
* Wie«, 1. Dez. Nach der heute Vormittag
erfolgten Beeidigung der neuen KabinetS empfing der
Kaiser das Ministerium in eorxors, sodann den
Ministerpräsidenten Frhrn. v. Gautsch in besonderer
Audienz. Vorher hatte der Kaiser den Minister des
Auswärtigen, Grafen GoluchowSki, empfangen.
* Wien, 1. Dez. Die „Wiener Zeitung" ver-
öffentlicht ein kaiserliches Handschreiben an den Grafen
Badem, in welchem anerkannt wird, daß Graf Badem
feit dem Tage, an welchem er, dem Rufe deS Küfers
folgend die KabinetSbildung übernahm, bis zur De-
Mission des gesammten Ministeriums unausgesetzt
bewiesen hat, daß er nur vom Wunsche beseelt war,
dem Kaiser und dem Staatswohl mit bestem Willen
uud allen ihm zu Gebote stehenden Kräften zu dienen.
Das Handschreiben spricht dem Grafen Badeni den
wärmsten und anerkennendsten Dank auS für seine
hingebungsvolle Treue in der Befolgung deS hohen
Zieles seiner mühevollen Arbeit, für den beharrlichen
und opferwilligen Pflichteifer im Interesse des ganzen
Gemeinwesens, sowie für seine loyale Ergebenheit und
Anhänglichkeit, und versichert Badeni der aufrichtigsten,

unwandelbare» kaiserlichen Wohlwollens. Weitere an
die früheren Minister BilinM, Ledebur, Meispach,
Glanz, Rittner und Guttenberg geeichtere kaiserliche
Handschreiben sprechen denselben gleichfalls die volle
Anerkennung des Kaisers aus, beh üten sich hei Bilinski,
Gleispach, Glanz und Rittner die Wiederverwend-
ung im Staatsdienste vo- u. verleihm Ledebur, Glanz,
Rittner u. Guttenberg dm Orden der eisernen Krone
erster Klasse. Die „Wiener Zeitung" pMicirt ferner
die auf die gemeldeten Ministerernennuugen bezüglichen
Handschreiben. '
Aus Baden.
Heidelberg, 2 Dez.
----- Die MiliLärstrafprozetz - Reform. Im
„Militärwochenblatt" werden oie Verbesserungen, die die
vorgestern im Reichstag eingebrachte Militärstrafprozeß'
ordnung gegenüber der bisherigen preußischen enthält,
in folgender Weise zusammengefaßt: 1. Weitest ge>
hende Durchführung des mündlichen und unmittel-
baren Verfahrens unter Zulassung der öffentlichen
Hauptverhandlung nach bayerischem Vorbild; 2. An-
klageform: scharfe Trennung der Aufgaben des Richters
Anklägers und Vertheidigers: 3. Gläubigkeit der
Gerichte in allen Instanzen und erheblichem Umfange;
4. unbeschränkte Vertheidigun.z in Fällen der höheren
Gerichtsbarkeit, bei bürgerlichen Verhören auch durch
Zulassung von Rechtsanwälten; 5. freie BeweiSwür-
digung auf Grund der von dem Richter im münd-
lichen Verfahren gemachten Wahrnehmungen; 6. glei-
cher Werth für jede Richterstimme; 7. Gewährung
der Rechtsmittel nach dem Vorbild der bürgerlichen
Strafpcozeßordaung, Zulassung der Beschwerde Be-
rufung ».Revision, dis Berufung in weiteren Umfange
als im bürgerlichen Verfahren, EinrichtuageineS vollstän-
digen Instanzenweges; 8. endgiltige Entscheidung über die
Strafe; uneingeschränkte Selbständigkeit deS erkennen-
den Gerichts: die BsstätigungSordre im Frieden ist
kein die Reichskraft berührender Rechtsakt, vielmehr
eine auf dem Begnadigungsrecht beruhende Weisung
zur Sirafvollstreckung; 9. ein einheitliches Rechtsver-
fahren für das ganze Heer u. die Marine. Seine gemein-
same Spitze ist das Reichsmilitärgericht, das eine über-
einstimmende Auslegung und Anwendung des Gesetzes
sichert und durch das Gefühl der Zusammengehörigkeit
und Einigkeit in allen Theilen des Heeres nur be-
festigt werden kann. Schließlich wird beabsichtigt,
hinsichtlich der Entschädigung unschuldig Berurtheilter
die Militärstrafgerichtsbarkeit in Uebereinstimmung
mit dem bürgerlichen Strafprozeß zu halten, so daß
sofort nach dem Gesetzwerden des zu dem ketzeren
vorliegenden Entwurfes seine- Bestimmungen auf die
Militärstrafgerichtsordnung übernommen wrrd-n.

Aus Nah und Fern.
Nachricht.« für diese Rubrik sind un» jederzeit willkommen. Z — Ttwrige
Koke« werde« stet» sofort ersetzt.)
* Heidelberg, 2. Dez. (MuthmaßlicheS W-tter für
Donnerstag, den 3. Dezember.) Zeitweilig bewölktes, aber
nur zu ganz vereinzelten Schneefällen geneigtes Wetter in
Aussicht zu nehmen.
* Heidelberg, 2. Dezbr. Die Versteigerung der be-
rühmten Gräfl. Douglas'schen Glasgemälde-Sammlung,
welche vor einigen Tagen durch das Auctionsbaus Heberle
in Köln unter den Hammer kam, brachte die Summe von
M. 223,060 ein. Leider kam nur ein kleiner Theil dieser
herrlichen Sachen nach Baden, den größten Theil erwarb
die reiche Schweiz für ihre Museen. Wie die B ad. Ldztg.
in Karlsruhe sehr richtig bemerkt, hätte Graf Douglas
nicht nöthig gehabt, die Prachtsammlung versteigern zu
lasten, sondern dieselbe unserem badischen Lande zu erhalten.
* Heidelberg, 2. Dez. Fleischpreise der Heidelb.
Fleischer-Znnung für die 1. Hälfte des Mts. Dez. 1897
Ochsenfleisch per Kilo 72 Pf«., Rindfl. 65 Pfg., Rinder-
leber 00 Pfg., Roastbeef und Hinterfl. je 5 Pfg. mehr.
Kalbfl. 70 Pfg. Kalbschnitzel 1.60 Mk. Schweinefl. 75 Pfg.
und Hammelfleisch 50 u. 60 Pfg.
* Heidelberg, 30. Nov. (S chöffenger ich s si^-
u n g.) 1 Josef Berg, Schuhmacher von Karlsruhe, er-
hielt wegen Diebstahls 28 Tage Gefängniß. 2. Andreas
Schroth 3. von Dieburg wegen Beleidigung 6 Tage Ge-
fängniß. 3. die Verhandlung gegen Peter Krieg, Damen-
schneider von Sandhaufen, wegen Betrugs wurde vertagt,
ebmso 4. diejenige gegen Hugo Fauser, Bäckerbursche von
Unterböbingcn, wegen Unterschlagung. 5. Peter Linnebach,
Taglöhner von Wieblingen, erhielt wegenWeleidigung und
Diebstahls 20 Tage Gefängniß. 6. Philipp Bender, Tag-
löhner von Wieblingen, wegen Sachbeschädigung 3 Tage
Gefängniß. 7. Karl Kronauer, Maurerlehrling von Wiesen-
bach, wegen Diebstahls 7 Tage Gefängniß.
* Seckach, 30. Nov. Eine roheThat hat der
37 Jahre alte Maurer Sebastian Hoffert verübt, wo-
rüber die ganze Gegend aufgebracht ist. Der 64
Jahre alte Bahnwart Johanu Müller, als braver,
pflichtgetreuer Mann bekannt, gerieth mit dem genann-
ten Hoffert wegen auf dessen Grundstück abgelagerten
Kanalschlammes in Wortwechsel, in dessen Verlauf
Hoffert eine Haue nahm und damit dem Müller meh -
rere kräftig- Schläge auf den Kopf versetzte, so daß
dieser bewußtlos zusammenbrach. Ein Jammer war
es, als Frau und Kinder den alten Mann den hohen
Bahndamm hinauf, nach dem Hause trugen. Bis
jetzt ist Bahnwart Müller noch nicht wieder zum Be«
wußtsein gekommen. Bon Adelsheim traf alsbald
das Amtsgericht und Gendarmerie ein, das den

Thatbestand aufnahm und die Verhaftung HofiÄ
veranlaßte. Der Letztere ist schon einmal
Körperverletzung bestraft. Dsr Zustand Müller s -
hoffnungslos.
* Walldürn, 1. Dez. Eins recht schöne Avsch^
feier war es, welche Herrn Kaplan Göller M
„Rose" bereitet wurde. Außer Herren Beamten, '
Stadtvrrtretung und der Lehrerschaft, hatte sich Ä
größere Anzahl Bürger eingefundea, uai mit
Scheidenden, welcher in der kurzen Zeit seines
seins die allgemeinste Liebe uud Hochachtung sich '
worben, noch einige Stunden gemeinsam zu verbring s
In besonders anerkennenden, herzlichen Worte« S
dachten Herr Psarro. Kerber und Herr R"
Schneider deS Scheidenden pflichteifrigen Wirken»
Kirche und Schule und des freundschaftlich-» A
hältuisies inner- und außerhalb des dienstlichen " .
kehrs. Herr Kaplan Göller dankte mit beweg
Worten für die ihm entgegengebrachten SympE
und versicherte, daß er nur ungern von hier
besonders schwer werde ihm das Scheiden von "
lieben Kleinen.
* Lauda, 1. Dez. Der Opferstock in »nse^
GotteSaöftrkapelle ist heute Vormittag zwischen » «
12 Uhr erbrochen und seines Inhaltes beraubt woc^'s
Biel hat der Gauner nicht bekommen, da der OPI"
kästen häufig geleert wird.
* Schwetzingen, 1. Dez. Die Buchdrucker" '
Verlag der „Schwetzinger Zeitung" wird aus
heitsrücksichten des derzeitigen Eigenthümers am
Januar 1898 in anderen Besitz übergehen.
Dielheim, 1. Dez. Bei heutiger Bürgers
schußsitzung wurden 5000 M. weiter genehmigt, >
die proftktirte Bahn durch Dielheim geht. Es h"
mithin 33,000 M. genehmigt. Es wäre sehr
schenSwerth, wenn die Bahn genehmigt wird,
dieses nicht hinreichen, so kann Dielheim noch etw
dazu geben. ES wird seitens der Dielheimer
alles in Bewegung gesetzt, um recht bald die
in Stand zu bringen.
Dielheim, 1. Dez. In der hiesigen 3^
stcieschule, die Mitte Oktober den ersten CurS ««8
fangen, haben sich bereits 70 Mädchen im Alter"
14—20 Jahren angemeldet. Auch die kleine
derschule ist stark vertreten; ca. 130 Kinder von
bis 6 Jahren. Dielheim macht sehr starke
schritte, besonders wenn die Eisenbahn noch fertig n
Roth, 1. Dez. Heute verließ uns Herr
Verweser Schmitt. Am Vorabend warde ihm b«
den hiesigen Gesangverein ein Ständchen dargebra^
Heute Vormittag wurde er durch den Militär- ".
kath. Arbeiterverein vom Pfarrhaus an bis Ausga«»
des OrteS begleitet, wo die Katholiken Roths v"
hochw. Herrn Abschied nahmen. — Um halb H Ä
wurde der neue Herr Pfarrer Winterhalter, w«w
von Ettlingenweier kam, durch den OrtSvorstalw ,
Gemeinderath, sowie von beiden Vereinen abgeholt
in die Kirche geleitet. Voran schritt eine weißgA"
dete Kinderschaar. Am Donnerstag früh findet die M
stellung statt.
* Pforzheim, 30. Nov. Der verheirathete b
rer Längle von Lurlach stürzte von einem NeE
der östlichen Karl-Friedrichstraße so unglücklich '
daß er nach einigen Stunden starb.
* Karlsruhe, 1. Dez. Der Botschafter FE
v. Marschall wird im Laufe dieser Woche mit stw
Familie nach Konstantinopel übersiedeln. OberstkaMs»
Herr v. Gemmingen, sein Schwiegervater, hat em
zweimonatigen Urlaub genommen, um seinen Schloß
gersohn zu begleiten.
* Karlsruhe, 1. Dez. In seiner Woh-wM
Wilhelmstraße 7, erhängte sich der Schreinern»
Möbelhändler Ludwig Schmitt.
* Ottersweier, 1. Dez. Dadurch, daß A
einziger Sohn Hand an sich legte, ist die F»AÄ
Steidel dahier in eine leicht begreifliche Erregung
sten Grades gekommen. Namentlich Frau Ster
kann sich ob des über sie heren.gebrochenen Unglu»
gar nicht fassen. Seit zwei Tagen hatte sie sich Ä
zuhause entfernt, als man sie nach langem S«m
gestern Mittag in der Lindenkirche dahier unter em
Treppe zusammengekauert, halberstarrt vorfand.
lebhafteste Theilnahme an dem herben Schickis
schlage wird der unglücklichen Familie entgegengebra«'
Die Sektion der Leiche ihres Sohnes, der stsb
voriger Woche erhängte, ergab eine unregelmaW
Bildung des Gehirns. -
* Kehl, 1. Dez. Der Bürgerausschuß von DA
Kehl lehnte in seiner gestrigen Sitzung mit 49
4 Stimmen die Bereinigung mit Stadt Kehl ab.
* Freiburg, 1. Dez. Der Erbgroßherzog «-
Erbgroßherzogin haben nach dem am 23. d. M- ,,
gehaltenen Trachtenfeste dem VolkstrachtenvereM *
Spende von 300 M. zukommen lassen.
* Freiburg, 1. Dez. Dar nun fertig gesAÄ
Berzeichniß der Universität giebt ein erfreuliche»
der Frequenz für das Wintersemester 1897 98.
ganzen nehmen 1154 Personen, darunter 1073 »
 
Annotationen