WkldkU WMg, Len 27. FMir 1897
17)
Sie die Thür fest za und lassen Sie sie nicht
einkommen. Sie sieht aus wie Jesste's Groh
nicht leiden wollte, daß ich Jesste von meiner Li
Verantwortlicher Redakteur:
Joseph Huber in Heidelberg.
sängen durch die Vermittlung des Gewerbegerichts
beigelegt wurde.
Die sozial-demokratische Presse zieht auS dem
Ausstande zwei Lehren: 1. habe die Haltung der
Hrn. v. Bötticher im Reichstage bei den Ausstands«
Debatten bewiesen, daß die Arbeiter von der Regierung
nichts mehr zu erwarten hätten; 2. dürsten große
Ausstände ohne starke Organisation und hinreichende
Geldmittel nicht unternommen werden. ES wäre
noch hinzuzufügen, daß die „internationale Solidari-
tät" beim Hamburger Ausstand sich schlecht bewährt
hat. Die deutschen Arbeiter werden gut thun, wenn
sie sich namentlich auf englische Unterstützung nicht
zu sehr verlassen.
Druck, Berlägu. Expedition
Gebr. Huber in Heidelberg,
Lwingerftraße 7.
Deutsches Reich.
* Berlin, 25. Febr. Der Kaiser fährt mor-
gen von Hubertusstsck hierher zurück und nimmt
Abends an einem Diner Theil, welches Oberprästdent
von Achenbach für die Mitglieder deS Prooinzial-
landtageS veranstaltet.
* Berlin, 25. Febr. Die Budzetkommission des
Reichstages nahm den Antrag L eber an, den Reichs-
kanzler aufzufordern, einen Nachtragsetat vorzulrzen
mit dem Betrage von 300,000 M. für den Grund-
erwerb und die Projektbeurtheilung (erste Rate) für
den Bau eines Reichspräsioialgebäudes.
* Berlin, °25. Febr. Staatssekretär Dr. von
Stephan litt seit Ende Januar an einer Entzün-
dung am rechten Fuße. Gegen den Rath des Arztes
betheiligte er sich an den Reichstagsverhandlungen
über den Postetat. Die Entzündung wurde hierauf
so bedenklich, daß vorgestern von Professor Bergmann
die vierte Zehe amputirt werden mußte. Der Patient
befindet sich den Umständen nach wohl, muß sich
aber noch längere Zeit schonen. Die Oberleitung
der Verwaltungsgeschäfts hat keine Unterbrechung er-
litten.
* Wilhelmshaven, 25. Febr. Der Vernehmen
nach wird nach den bisherigen Bestimmungen der
Kaiser am 4. März hier der Rekrutenvereidigung
beiwohnen.
* Koblenz, 25. Febr. Der Erbgroßher-
zog von Baden kommt am 4. März zur lieber-
nähme des Kommandos hierher. AbendS wird ein
Fackelzug und eine Serenade der Gesangvereine ver-
anstaltet. General Vogel von Falkenstein ist heute
abgereist.
Auf das
»Pfälzer Bottsblatt"
schon für den Monat
.. . März
»oriuirt werden. Bestellungen nimmt jede Postanstalt
'"die unsere Expedition in Heidelberg, Zwingerstraße 7,
^grgen.
Probenummer« werden auf Wunsch gerne porto-
tdi Jedermann zugesandt.
ihm hervor, und mitleidig betrachtete er den Leidenden
der eben so schwach wie hülfloS war.
„Armer Junge," flüsterte er, .er träumt von der fer-
nen Heimath und von seinen Lieben, die nichts davon
wissen, wie sehr er ihrer Pflege bedarf." Behutsam trat er
zum Bette, rückte die Kiffen zurecht, glättete die Decke und
strich das wirre Haar von der glühenden Stirne zurück.
Darüber erwachte Walter; er heftete sein Auge auf den
Fremden und sagte mit schwacher Stimme: »Nicht fort-
gehen !"
Bereitwillig erfüllte der Kapitän die Bitte und setzte
sich bei dem Bette nieder, während die alte Wärterin
plötzlich erschreckt auffuhr und rief: »Mein Gott, Kapitän!
Sind Sie es? Fürchten Sie sich nicht vor dem Fieber? er
phantasirt fortwährend und spricht fast immer von Jesste,
ich denke, es ist sein Bruder oder sanft ein Bekannter von
ihm"
Bei der Erwähnung Jessies richtete Walter seinen
Blick wieder auf den Kapitän und sagte: »Jesste ist ver-
heirathet. Wissen Sie es?"
»Jo, ich weiß es," antwortete der Kapitän, der denken
mochte, ihn so am leichtesten zu beruhigen. »Wen hat sie
geheirathet?"
.William," lautete die Antwort; »und ich habe sie so
geliebt."
Die nicht allzubesorgte Wärterin benutzte den Augen-
blick, um sich zu entfernen und draußen Luft zu schöpfen.
Walter blickte ihr unruhig nach und sagte: „Schließen
Sie die Thür fest zu und lassen Sie sie nicht wieder Her-
einkommen. Sie sieht aus wie Jesste's Großmutter, die
nicht leiden wollte, daß ich Jesste von meiner Liebe spräche,
— bis, aber das ist gleichgültig. Kennen Sie meinen
Vater?"
.Nein," und der Kapitän schüttelte traurig den Kopf,
während Walter fortfuhr: »Haben Sie keine Kinder?"
»Ich weiß nicht," lautete die Antwort.
(Fortsetzung folgt.)
wegen Sammelns, 23 wegen Druckschriften Berthei-
lung und 94 wegen „Nichtbefolgung polizeilicher Vor-
schriften".
Inzwischen hat die niedergesetzte Senats Commission
zur Prüfung der ArbeitSverhältvisse im Hafen unter
Zuziehung von Arbeitervertretern ihre Untersuchungen
begonnen. Wa» bis jetzt über die betreffenden Sitz-
ungen verlautet, klingt wenig hoffnungsvoll. Nach-
träglich sind auch einige beachtenkwerthe Aufsätze über
Hafenarbeiter und Seeleute in Hamburg veröffentlicht
worden. So brachte jüngst Braun'S Archiv für so-
ciale Gesetzgebung und Statistik eine umfang'eiche
Studie über die Erwerbs und sonstigen Verhältnisse
der genannten Arbeiterschichten aus der Feder deS in
Hamburg ansässigen Prof. Tönnies, der auch den viel-
besprochenen Professoren Aufruf für die Unterstützung
der Ausständigen unterschrieben hat. Herr Tönnies
führt aus, daß der Ausstand von elementaren Kräf-
ten getragen gewesen sei. „Ein aufgesammelter Un-
wille, lange verhaltener Unmuth kam in der Nieder-
legung der Arbeit am 21. November 1896 zum end-
lichen gerechten Ausbruch". Ziffernmäßig legt er au-
ßerdem dar, daß die Löhne theilweise auS dem An-
fang der 70er Jahre stammten, daß inzwischen in
Hamburg die Lebensbedürfnisse wesentlich theuerer ge
worden seien, daß die Arbeit immer ungewisser, ha-
stiger, intensiver und durch die Tendenz, Arbeitskräfte
zu sparen, immer schwerer geworden sei. Dazu komme
der Druck der Zwischenunternehmer (Srauer, Ewer-
sührer-Baase usw.), ein verlottertes ArdeitSvermittel-
ungSwesen, der Mangel einer Hafen Inspektion und
vor allem die ganz ungeregelte Arbeitszeit.
In der Zeitschrift Sociale Praxis brachte Dr.
Jastrow einen Rüblick auf den Ausstand, in dem
besonders den EinigungS-Aemtern und Schiedsgerichten
das Wort geredet wird. Der Zustand müsse auf-
hören, daß eine ganz Deutschland in Mitleidenschaft
ziehende Streitigkeit sich fast durch ein Vierteljahr
hinziehen könne, bloß weil der kine Theil sich weigere,
auch nur Rede und Antwort zu stehen. „ES ist doch
wirklich ein sonderbarer Zustand, daß ein Staat, der
bei der geringfügigsten Streitigkeit um wenige Mark
das Recht für sich in Ausspruch nimmt, beide Theile
vor sein Gericht zu laden, ein solches Recht nicht
besitzen soll, wo Tausende von Personen gegen ein-
ander streiten und ungezählte Millionen an Capitaiien
auf dem Spiele stehen." Nicht mit Unrecht verwe st
Jastrow auf Bremen, woselbst der ebenfalls auSge-
brochene Hafenarbeiter-Ausstand in seinen ersten An-
tnffen war, wo es galt, die Noth und das Elend des
Nächsten zu lindern.
»Gut, Kapitän, daß Sie wieder da find I" sagte einer
der Gäste. »Es war schrecklich einsam, so lange Sie uns
fehlten. Sie fanden Wohl Ihr Zimmer besetzt? Jst's
nicht so?"
.Doch," antwortete der als Kapitän Angeredete. »Der
Wirth sagte, er habe den jungen Mann nur für eine
Nacht darin unterbringen wollen, weil das Haus zu voll
gewesen sei. Er konnte natürlich nicht wissen, daß er am
nächsten Morgen todtkrank war und nicht weaaebracht
werden durfte. Je nun, was liegt daran? Ich habe so oft
auf der bloßen Erde geschlafen, daß es mir nichts thut,
hin und wieder mch einmal auf dem Fußboden zu kam-
piren."
Sogleich erboten sich ein Dutzend der Gäste, ihr Zim-
mer mit ihm theilen zu wollen; aber der gutmüihige Kapi-
tän lehnte alle Anerbietungen ab. Er meinte, er werde
schon zurechtkommen, und vielleicht dauere die Krankheit
des jungen Mannes auch nicht lange.
Aus die Frage des Kapitäns, ob es bekannt sei, woher
der junge Mann gekommen, wurde ibm die Antwort, er sei
ein Fremder, der gleich nach seiner Ankunft von New Dark
vor etwa zwei Wochen krank geworden sei, — anders w sie
man nichts über ihn.
Nach beendigtem Mittagessen begab sich Kapitän Mur
dock auf sein Zimmer, nicht sowohl, um den Kranken zu
sehen, als vielmehr, um einige Gegenstände, deren er be-
durfte. daraus wegzunehmen.
Walter, — denn er war cs, — lag schlafend im Bette,
während in dem Armsessel am Fenster die alte Wärterin
schlummerte, die der Wirth zu seiner Pflege gedungen
hatte. Ein einziger Blick überzeugte den Kapitän, wie
schlecht für den Kranken gesorgt war; aber vielleicht würde
er sich nicht weiter darum gekümmert haben, wenn nicht
der junge Mann, der fortwährend schmerzlich stöhnte, einige
Male das Wort »Vater" gemurmelt hätte.
Kapitän Murdock war niemals so angeredet worden,
kein Kind hatte ihn jemals umarmt oder Vater genannt,
und doch rief das eine Wort eine heftige Bewegung in
Stolz und Lieöe.
Dem Amerikanischen nacherzählt.
14- Kapitel.
Der unbekannte Krankenpfleger.
_,,»Die Table d'hote des .Ozean-Hotels" in San-Fran-
Uko war mit Gästen dicht besitzt, welche dem Diner
Du einer Haft und Unruhe zusprachen, die den geschäs-
«gen Amerikaner kennzeichnen. An dem ober« Ende
U langen Tischreihe hatten sich die Stammgäste des Ho-
L s vereinigr, welche durch häufige oder vielleicht tägliche
«mkehr sich gegenseitig kennen gelernt und enger anein-
^°er geschloffen batten. Man erkannte dies hauptsächlich
U.dkr lebhaften Konversation, welche an diesem Ende ge-
UW wurde, während in den übrigen langen Reihen die
AM meist schweigend nebeneinander oder gegenüber saßen.
M Mahl neigte dem Ende zu, die Kellner reichten die
Uen Schöffeln umher, als sich die Augen aus der Ecke
«tommgäste dem Eingänge zu richteten, durch welchen
Mven ein Mann getreten war, der, anscheinend in dem
l» r n Mannesaltcr stehend, durch seine wettcrgebräunten
Ml markirten, aber harmonisch,n Züge und durch seine
"fwuige, ober sickere Haltung wohl geeignet war, die Auf-
LMsamkeit auf sich zu lenken. Es war keines von jenen
UMdgcfichtern, an denen man gleichgültig vorübergeht,
M.vern eines derjenigen, an denen oft wider Willen der
Mm hasten bleibt. Sein Benehmen und die Art, wie die
Mner den Eintretenden begrüßten, bewiesen, daß derselbe
Milcht fremd war. Und in der That, er hatte erst vor
Minen Wochen längere Zeit in dem Hotel gewohnt und
M inricgkhabte Zimmer für sich r.ferviren lassen- Bei den
ingästen war er wohlbekannt und die Herzlichkeit,
"^welcher dieselben jetzt den Kapitän Mur dock begrüßten
W bewillkommneten, zeigte deutlich, wie beliebt er bei
'""en Freunden war. Und daß er es verdiente, geachtet
S,"Werden, wußte Niemand besser, als die Hunderte von
und Verlassenen, denen er so oft und gern mit
NWü Hand und freundlichem Herzen geholfen hatte,
mpitan Murdock war ein Mann, der überall da anzu-
»Hchrim täglich mit Ausnahme der Sonn- u. :_-
Orqan für FMeii L KM. K-LLMiW..
L monatlich KV Mit Tragerlohn, durch r» ' ' Rabattbewilligung.
>.—v'e Post bezogen veerteli. 1.60 sranco. Expedition: Zwingerftraße 7.
Air Nachwrhen des Hamburger Hafer:-
slbeiter-Ausstandes.
.. Nur ein Theil der ausständigen Arbeiter, aller-
MgS der größte, hat bisher wieder Arbeit erhalten.
, n Theil ist gemaßregelt worden, ein anderer Theil
z. Z. wegen der winterlichen Verhältnisse im
xasen keine Arbeit finden, trotzdem die Mehrzahl der
^ftatzarbeiter Hamburg wieder verlassen hat. Nach
E'drr Statistik des Vorwärts sind von den Kohlenar-
^"ern etwa 120 Mann gemaßregelt, während etwa
1000 Mann wieder eingestellt und 80 Mann noch
°uf Arbeit warten. Bon den Ewerführern sind etwa
o0 Mann gemaßregelt, während 1200 Mann noch
Ave Arbeit haben und 700 wieder eingestellt sind,
^vu den 1560 Speicherarbeitern, die am Ausstand
ottheiligt waren, sind nur 1200 Mann wieder ringe-
M, 300 Mann gemaßregelt. Bon den Staatsquai-
Arbeitern, die während deS Ausstandes zumeist durch
sidhei>mfche Arbeitskräfte ersetzt wurden, haben bis
M nur wenige wieder Beschäftigung erhalten. Bon
"fu srühern Krahnführern beim Staatsquai sei noch
HM rin einziger eingestellt. Mehrfach erhalten die
Arbeiter niedrigere Löhne als vor dem Ausstand.
. Die Noth in den betroffenen Arbeiterkreisen ist
^oher groß. DaS socialdemokratische Hamb. Echo
okröffentlicht einen Aufruf an die Bevölkerung von
Hamburg-Altona und Umgebung um Fortsetzung der
"Vierstützungen. ES seien allein gegen 1200 Gemäß-
seite zu unterstützen, auch seien gegen 250 AuSstaudS-
Prvcrsse aus Z 153 der G. O. (Röthigung) ange-
sZtvgt worden, von denen erst 65 erledigt seien. Zehn
Ähre Gesängnisse seien bei dieser Gelegenheit ver-
yavgt worden. Außerdem schwebten 128 Anklagen
PMzer Volksblatt.
Inserate die 1-spaltige Petitzeile oder d^en Raum
10H, Reklame 25 H. Für hiesige Geschäfts- und
Privatanzeigen, sowie sür Jahres-Anzeigen bedeutende
17)
Sie die Thür fest za und lassen Sie sie nicht
einkommen. Sie sieht aus wie Jesste's Groh
nicht leiden wollte, daß ich Jesste von meiner Li
Verantwortlicher Redakteur:
Joseph Huber in Heidelberg.
sängen durch die Vermittlung des Gewerbegerichts
beigelegt wurde.
Die sozial-demokratische Presse zieht auS dem
Ausstande zwei Lehren: 1. habe die Haltung der
Hrn. v. Bötticher im Reichstage bei den Ausstands«
Debatten bewiesen, daß die Arbeiter von der Regierung
nichts mehr zu erwarten hätten; 2. dürsten große
Ausstände ohne starke Organisation und hinreichende
Geldmittel nicht unternommen werden. ES wäre
noch hinzuzufügen, daß die „internationale Solidari-
tät" beim Hamburger Ausstand sich schlecht bewährt
hat. Die deutschen Arbeiter werden gut thun, wenn
sie sich namentlich auf englische Unterstützung nicht
zu sehr verlassen.
Druck, Berlägu. Expedition
Gebr. Huber in Heidelberg,
Lwingerftraße 7.
Deutsches Reich.
* Berlin, 25. Febr. Der Kaiser fährt mor-
gen von Hubertusstsck hierher zurück und nimmt
Abends an einem Diner Theil, welches Oberprästdent
von Achenbach für die Mitglieder deS Prooinzial-
landtageS veranstaltet.
* Berlin, 25. Febr. Die Budzetkommission des
Reichstages nahm den Antrag L eber an, den Reichs-
kanzler aufzufordern, einen Nachtragsetat vorzulrzen
mit dem Betrage von 300,000 M. für den Grund-
erwerb und die Projektbeurtheilung (erste Rate) für
den Bau eines Reichspräsioialgebäudes.
* Berlin, °25. Febr. Staatssekretär Dr. von
Stephan litt seit Ende Januar an einer Entzün-
dung am rechten Fuße. Gegen den Rath des Arztes
betheiligte er sich an den Reichstagsverhandlungen
über den Postetat. Die Entzündung wurde hierauf
so bedenklich, daß vorgestern von Professor Bergmann
die vierte Zehe amputirt werden mußte. Der Patient
befindet sich den Umständen nach wohl, muß sich
aber noch längere Zeit schonen. Die Oberleitung
der Verwaltungsgeschäfts hat keine Unterbrechung er-
litten.
* Wilhelmshaven, 25. Febr. Der Vernehmen
nach wird nach den bisherigen Bestimmungen der
Kaiser am 4. März hier der Rekrutenvereidigung
beiwohnen.
* Koblenz, 25. Febr. Der Erbgroßher-
zog von Baden kommt am 4. März zur lieber-
nähme des Kommandos hierher. AbendS wird ein
Fackelzug und eine Serenade der Gesangvereine ver-
anstaltet. General Vogel von Falkenstein ist heute
abgereist.
Auf das
»Pfälzer Bottsblatt"
schon für den Monat
.. . März
»oriuirt werden. Bestellungen nimmt jede Postanstalt
'"die unsere Expedition in Heidelberg, Zwingerstraße 7,
^grgen.
Probenummer« werden auf Wunsch gerne porto-
tdi Jedermann zugesandt.
ihm hervor, und mitleidig betrachtete er den Leidenden
der eben so schwach wie hülfloS war.
„Armer Junge," flüsterte er, .er träumt von der fer-
nen Heimath und von seinen Lieben, die nichts davon
wissen, wie sehr er ihrer Pflege bedarf." Behutsam trat er
zum Bette, rückte die Kiffen zurecht, glättete die Decke und
strich das wirre Haar von der glühenden Stirne zurück.
Darüber erwachte Walter; er heftete sein Auge auf den
Fremden und sagte mit schwacher Stimme: »Nicht fort-
gehen !"
Bereitwillig erfüllte der Kapitän die Bitte und setzte
sich bei dem Bette nieder, während die alte Wärterin
plötzlich erschreckt auffuhr und rief: »Mein Gott, Kapitän!
Sind Sie es? Fürchten Sie sich nicht vor dem Fieber? er
phantasirt fortwährend und spricht fast immer von Jesste,
ich denke, es ist sein Bruder oder sanft ein Bekannter von
ihm"
Bei der Erwähnung Jessies richtete Walter seinen
Blick wieder auf den Kapitän und sagte: »Jesste ist ver-
heirathet. Wissen Sie es?"
»Jo, ich weiß es," antwortete der Kapitän, der denken
mochte, ihn so am leichtesten zu beruhigen. »Wen hat sie
geheirathet?"
.William," lautete die Antwort; »und ich habe sie so
geliebt."
Die nicht allzubesorgte Wärterin benutzte den Augen-
blick, um sich zu entfernen und draußen Luft zu schöpfen.
Walter blickte ihr unruhig nach und sagte: „Schließen
Sie die Thür fest zu und lassen Sie sie nicht wieder Her-
einkommen. Sie sieht aus wie Jesste's Großmutter, die
nicht leiden wollte, daß ich Jesste von meiner Liebe spräche,
— bis, aber das ist gleichgültig. Kennen Sie meinen
Vater?"
.Nein," und der Kapitän schüttelte traurig den Kopf,
während Walter fortfuhr: »Haben Sie keine Kinder?"
»Ich weiß nicht," lautete die Antwort.
(Fortsetzung folgt.)
wegen Sammelns, 23 wegen Druckschriften Berthei-
lung und 94 wegen „Nichtbefolgung polizeilicher Vor-
schriften".
Inzwischen hat die niedergesetzte Senats Commission
zur Prüfung der ArbeitSverhältvisse im Hafen unter
Zuziehung von Arbeitervertretern ihre Untersuchungen
begonnen. Wa» bis jetzt über die betreffenden Sitz-
ungen verlautet, klingt wenig hoffnungsvoll. Nach-
träglich sind auch einige beachtenkwerthe Aufsätze über
Hafenarbeiter und Seeleute in Hamburg veröffentlicht
worden. So brachte jüngst Braun'S Archiv für so-
ciale Gesetzgebung und Statistik eine umfang'eiche
Studie über die Erwerbs und sonstigen Verhältnisse
der genannten Arbeiterschichten aus der Feder deS in
Hamburg ansässigen Prof. Tönnies, der auch den viel-
besprochenen Professoren Aufruf für die Unterstützung
der Ausständigen unterschrieben hat. Herr Tönnies
führt aus, daß der Ausstand von elementaren Kräf-
ten getragen gewesen sei. „Ein aufgesammelter Un-
wille, lange verhaltener Unmuth kam in der Nieder-
legung der Arbeit am 21. November 1896 zum end-
lichen gerechten Ausbruch". Ziffernmäßig legt er au-
ßerdem dar, daß die Löhne theilweise auS dem An-
fang der 70er Jahre stammten, daß inzwischen in
Hamburg die Lebensbedürfnisse wesentlich theuerer ge
worden seien, daß die Arbeit immer ungewisser, ha-
stiger, intensiver und durch die Tendenz, Arbeitskräfte
zu sparen, immer schwerer geworden sei. Dazu komme
der Druck der Zwischenunternehmer (Srauer, Ewer-
sührer-Baase usw.), ein verlottertes ArdeitSvermittel-
ungSwesen, der Mangel einer Hafen Inspektion und
vor allem die ganz ungeregelte Arbeitszeit.
In der Zeitschrift Sociale Praxis brachte Dr.
Jastrow einen Rüblick auf den Ausstand, in dem
besonders den EinigungS-Aemtern und Schiedsgerichten
das Wort geredet wird. Der Zustand müsse auf-
hören, daß eine ganz Deutschland in Mitleidenschaft
ziehende Streitigkeit sich fast durch ein Vierteljahr
hinziehen könne, bloß weil der kine Theil sich weigere,
auch nur Rede und Antwort zu stehen. „ES ist doch
wirklich ein sonderbarer Zustand, daß ein Staat, der
bei der geringfügigsten Streitigkeit um wenige Mark
das Recht für sich in Ausspruch nimmt, beide Theile
vor sein Gericht zu laden, ein solches Recht nicht
besitzen soll, wo Tausende von Personen gegen ein-
ander streiten und ungezählte Millionen an Capitaiien
auf dem Spiele stehen." Nicht mit Unrecht verwe st
Jastrow auf Bremen, woselbst der ebenfalls auSge-
brochene Hafenarbeiter-Ausstand in seinen ersten An-
tnffen war, wo es galt, die Noth und das Elend des
Nächsten zu lindern.
»Gut, Kapitän, daß Sie wieder da find I" sagte einer
der Gäste. »Es war schrecklich einsam, so lange Sie uns
fehlten. Sie fanden Wohl Ihr Zimmer besetzt? Jst's
nicht so?"
.Doch," antwortete der als Kapitän Angeredete. »Der
Wirth sagte, er habe den jungen Mann nur für eine
Nacht darin unterbringen wollen, weil das Haus zu voll
gewesen sei. Er konnte natürlich nicht wissen, daß er am
nächsten Morgen todtkrank war und nicht weaaebracht
werden durfte. Je nun, was liegt daran? Ich habe so oft
auf der bloßen Erde geschlafen, daß es mir nichts thut,
hin und wieder mch einmal auf dem Fußboden zu kam-
piren."
Sogleich erboten sich ein Dutzend der Gäste, ihr Zim-
mer mit ihm theilen zu wollen; aber der gutmüihige Kapi-
tän lehnte alle Anerbietungen ab. Er meinte, er werde
schon zurechtkommen, und vielleicht dauere die Krankheit
des jungen Mannes auch nicht lange.
Aus die Frage des Kapitäns, ob es bekannt sei, woher
der junge Mann gekommen, wurde ibm die Antwort, er sei
ein Fremder, der gleich nach seiner Ankunft von New Dark
vor etwa zwei Wochen krank geworden sei, — anders w sie
man nichts über ihn.
Nach beendigtem Mittagessen begab sich Kapitän Mur
dock auf sein Zimmer, nicht sowohl, um den Kranken zu
sehen, als vielmehr, um einige Gegenstände, deren er be-
durfte. daraus wegzunehmen.
Walter, — denn er war cs, — lag schlafend im Bette,
während in dem Armsessel am Fenster die alte Wärterin
schlummerte, die der Wirth zu seiner Pflege gedungen
hatte. Ein einziger Blick überzeugte den Kapitän, wie
schlecht für den Kranken gesorgt war; aber vielleicht würde
er sich nicht weiter darum gekümmert haben, wenn nicht
der junge Mann, der fortwährend schmerzlich stöhnte, einige
Male das Wort »Vater" gemurmelt hätte.
Kapitän Murdock war niemals so angeredet worden,
kein Kind hatte ihn jemals umarmt oder Vater genannt,
und doch rief das eine Wort eine heftige Bewegung in
Stolz und Lieöe.
Dem Amerikanischen nacherzählt.
14- Kapitel.
Der unbekannte Krankenpfleger.
_,,»Die Table d'hote des .Ozean-Hotels" in San-Fran-
Uko war mit Gästen dicht besitzt, welche dem Diner
Du einer Haft und Unruhe zusprachen, die den geschäs-
«gen Amerikaner kennzeichnen. An dem ober« Ende
U langen Tischreihe hatten sich die Stammgäste des Ho-
L s vereinigr, welche durch häufige oder vielleicht tägliche
«mkehr sich gegenseitig kennen gelernt und enger anein-
^°er geschloffen batten. Man erkannte dies hauptsächlich
U.dkr lebhaften Konversation, welche an diesem Ende ge-
UW wurde, während in den übrigen langen Reihen die
AM meist schweigend nebeneinander oder gegenüber saßen.
M Mahl neigte dem Ende zu, die Kellner reichten die
Uen Schöffeln umher, als sich die Augen aus der Ecke
«tommgäste dem Eingänge zu richteten, durch welchen
Mven ein Mann getreten war, der, anscheinend in dem
l» r n Mannesaltcr stehend, durch seine wettcrgebräunten
Ml markirten, aber harmonisch,n Züge und durch seine
"fwuige, ober sickere Haltung wohl geeignet war, die Auf-
LMsamkeit auf sich zu lenken. Es war keines von jenen
UMdgcfichtern, an denen man gleichgültig vorübergeht,
M.vern eines derjenigen, an denen oft wider Willen der
Mm hasten bleibt. Sein Benehmen und die Art, wie die
Mner den Eintretenden begrüßten, bewiesen, daß derselbe
Milcht fremd war. Und in der That, er hatte erst vor
Minen Wochen längere Zeit in dem Hotel gewohnt und
M inricgkhabte Zimmer für sich r.ferviren lassen- Bei den
ingästen war er wohlbekannt und die Herzlichkeit,
"^welcher dieselben jetzt den Kapitän Mur dock begrüßten
W bewillkommneten, zeigte deutlich, wie beliebt er bei
'""en Freunden war. Und daß er es verdiente, geachtet
S,"Werden, wußte Niemand besser, als die Hunderte von
und Verlassenen, denen er so oft und gern mit
NWü Hand und freundlichem Herzen geholfen hatte,
mpitan Murdock war ein Mann, der überall da anzu-
»Hchrim täglich mit Ausnahme der Sonn- u. :_-
Orqan für FMeii L KM. K-LLMiW..
L monatlich KV Mit Tragerlohn, durch r» ' ' Rabattbewilligung.
>.—v'e Post bezogen veerteli. 1.60 sranco. Expedition: Zwingerftraße 7.
Air Nachwrhen des Hamburger Hafer:-
slbeiter-Ausstandes.
.. Nur ein Theil der ausständigen Arbeiter, aller-
MgS der größte, hat bisher wieder Arbeit erhalten.
, n Theil ist gemaßregelt worden, ein anderer Theil
z. Z. wegen der winterlichen Verhältnisse im
xasen keine Arbeit finden, trotzdem die Mehrzahl der
^ftatzarbeiter Hamburg wieder verlassen hat. Nach
E'drr Statistik des Vorwärts sind von den Kohlenar-
^"ern etwa 120 Mann gemaßregelt, während etwa
1000 Mann wieder eingestellt und 80 Mann noch
°uf Arbeit warten. Bon den Ewerführern sind etwa
o0 Mann gemaßregelt, während 1200 Mann noch
Ave Arbeit haben und 700 wieder eingestellt sind,
^vu den 1560 Speicherarbeitern, die am Ausstand
ottheiligt waren, sind nur 1200 Mann wieder ringe-
M, 300 Mann gemaßregelt. Bon den Staatsquai-
Arbeitern, die während deS Ausstandes zumeist durch
sidhei>mfche Arbeitskräfte ersetzt wurden, haben bis
M nur wenige wieder Beschäftigung erhalten. Bon
"fu srühern Krahnführern beim Staatsquai sei noch
HM rin einziger eingestellt. Mehrfach erhalten die
Arbeiter niedrigere Löhne als vor dem Ausstand.
. Die Noth in den betroffenen Arbeiterkreisen ist
^oher groß. DaS socialdemokratische Hamb. Echo
okröffentlicht einen Aufruf an die Bevölkerung von
Hamburg-Altona und Umgebung um Fortsetzung der
"Vierstützungen. ES seien allein gegen 1200 Gemäß-
seite zu unterstützen, auch seien gegen 250 AuSstaudS-
Prvcrsse aus Z 153 der G. O. (Röthigung) ange-
sZtvgt worden, von denen erst 65 erledigt seien. Zehn
Ähre Gesängnisse seien bei dieser Gelegenheit ver-
yavgt worden. Außerdem schwebten 128 Anklagen
PMzer Volksblatt.
Inserate die 1-spaltige Petitzeile oder d^en Raum
10H, Reklame 25 H. Für hiesige Geschäfts- und
Privatanzeigen, sowie sür Jahres-Anzeigen bedeutende