Wtzer Volksblatt
Inserate die 1-spaltige Petitzeile oder deren' Raum
'l Organ für Wltürltkit, FMeü L KeM.
Expedition: Zwingerftratze 7.
chrint täglich mit Ausnahme der Sonn- u.
erlöge. MbonvemeniSprei» mit dem wöchent-
:n Unterhaltungsblatt »Der Sonntagsbote" sür
selberg monatlich S0 L, mit Trägerlohn, durch
die Post bezogen Viertels, IM sranco.
K. 117.
ver»»tni.
Verantwortlicher Redakteur :
Joseph Hubert» Heidelberg.
äußerlich!
h T'. ... »...
Mdtag war so gewiß wie die Marinevorlage beim
Mky-tag auf de« W llm des preußische« Königs,
putsche« Kaiser- zurückzuführen. In beiden Fragen
V demnach der Wille der obersten Instanz von der
Volksvertretung refüfirt worden, beideSmal
Wsirt worden gegen die Stimmen zweier Parteien,
sich zur Zeit zu völlig willfährigen Werkzeugen
die Hand ihre» Herrn gegeben haben, der konser-
Mven, u. frrikonservativen, im eigentlichen Sinne
"wßischrn Parteien.
z, Bride Vorlagen, die Marine« wie die preußische
Meinsvorlage, sind aber keine minder wichtigen Er«
Meinungen, beide charakterisier, vielmehr eine ganze
Aeite pol itische Richtung. Ist die eine der
Erdrück des kaiserlichen Willens nach Begründung
Sk>
Ich danke Ihnen, liebe» Fräulein . .. Gott I wie blaß Sie
auSsehcn! Gehen Sie, baden Sie sich die Schläfen mit
Gau de Eolsgne . . . Komm, Martha! Geh Du mit mir,
Für den Monat
Juni
^Hweu jetzt schon alle Postämter Bestellungen auf die
Hglich erscheinende Zeitung
„Pfälzer Bottsblatt"
(rnit der wöchentlichen Gratisbeilage „Der EouutagH-
Me",) sowie unsere Expedition Heidelberg
«wiftgerstraße 7 entgegen.
Expedition -es „PMer Volksdlstt".
Heidelberg, Zwingerstraße 7.
Welberg, WMg, dm 28. W1897.
einer Welt-Großmacht, so ist die Vereinsgesetzvorlage
ein Kennzeichen für eine vollkommeneSchwenk-
ung auf dem Gebiete der inneren Politik, in erster
Linie der Socialpolitik. Nach diesen beiden Richt-
ungen geht in der nunmehr ausgesprochensten Weise
der Wille des Kaisers, nach beiden Richtungen hat
daS zu dem modernen Zeitgeist völlig im Segen-
satz und Widerstreit gerathene altpreußische Junker«
thum sich dem kaiserlichen bezw. königlichen Willen
zur Verfügung gestellt; gerade aber nach diesen bei-
den Richtungen hat die Majorität der
Volksvertretung, in größerer Ueberzahl im
Reiche als in Preußen, zum Willen de» Kai-
sers sich in Gegensatz gestellt. In Preußen
demnach sowohl al» im Reich hat sich der Conflikt
bereits in schroffer Weise zugespitzt, und mag
äußerlich, wie gesagt, durch die Abstimmungen der
Parlamente der Conflikt für den Augenblick beseitigt
sein: das kann jedes Kind sich sagen, da» dersebe
hiedurch nicht verschwunden ist, sondern nur im Ge-
heimen um so mächtiger weiterglimmt.
Wer in den letzten Jahren die Entwickelung deS
Kaisers verfolgt hat, — und man hat in der Öffent-
lichkeit wahrlich genug Beobachtungen anzustellen
Gelegenheit gehabt, — der weiß, daß die jetzt beim
Kaiser heraustretenden Richtungen seiner Politik die
persönlichsten Anschauungen und Bestrebungen gewor«
den sind, daß insbesondere der Widerstand der
Volksvertretungen nur Eine» vermag, den hohen
Herrn in seinen Ansichten und Bestrebungen noch
mehr zu festigen. ES ist das Bewußtsein der monarchi-
schen Autorität gegen den demokratischen Geist der Zeit,
welcher sich hiebei geltend macht und der, zu einem
starken Bewußtsein ausgewachsen, erst recht glaubt,
den Kampf mit den Volksvertretungen aufnehmen zu
müssen.
„Wo will eS hinaus?" so dürfen wir wahr-
lich mit Recht fragen. Ein Ausweg au» den sich immer
dichter aufthürmenden Schwierigkeiten ist kaum abzu-
stehen, mit Gewalt treibt Alles dem inneren Conflikt
entgegen.
Die Fragen, welche hierbei vorliegen, sind noch
dazu derart, daß ein Nachgrben der Volksvertretung
eine direkte Unmöglichkeit ist. ES hieße, die auf der
gesunden genauen Beobachtung des Volkes, seiner
Entwickelung, seiner Bedürfnisse gründende Erkenntniß
verleugnen, hieße de» Beruf deS Volksvertreters miß-
brauchen und schänden, dürften etwa andere Einflüsse
irgend welcher Art in solchen wichtigen Angelegenhei«
.Da steht ja ein Etui, da» wie dasjenige eines Perlen-
halsbänder ausfieht," meinte Anna.
„Ach ja l das Etui ist da — die Perlen aber fehlen.
Ich hielt sie in der Hand, al» Ida nach mir schickte. Wo-
hin ich sie gebracht habe, weiß ich absolut nicht. Sucht,
sucht sorgfältig! Dte Perlen find meine» Manne- Hochzeits-
geschenk." Mit grobem Eifer gingen Alle an da» Suchen;
leder Winkel wurde durchstöbert; c» fanden sich keine Per-
len. Die Gräfin fing an, ihren Gleichmuth zu verlieren.
.Marianne!" wandte sie sich an die Kammeriungser, und
ihre Stimme klang ungeduldig: „Hatten Sie die Thüre
denn auch abgeschlossen?"
„Natürlich, Frau Gräfin, und den Schlüssel trug ich in
der Tasche. Auch da» Schlafzimmer hatte ich abgesperrt;
nur durch das Schulzimmer konnte man herein."
„Marie!" rief draußen ungeduldiger denn je der Graf,
der auf dem Sange stand.
„Ach, laßt nur jetzt das Suchen," sagte höchst ärger-
lich die Gräfin. Sie eilte an das Schränkchen, in welchem
sie ihre« Schmuck aufbewahrte, und schloß es auf. „Ich
muß etwas Anderes nehmen," fuhr Ke fort. „Die Perlen
habe ich in der Hand gehabt, die find also jedenfalls hier.
Im jetzigen Augenblick find wir Alle mit einander unruhig,
da» taugt nicht »um Suchen; wir wollen das Zimmer ad-
schließen und morgen methodisch alle Winkel vifitiren . - .
Ich danke Ihnen, liebe'
aussehen! Gehen Sie,
. .... ....
Marianne, wenn Sie gehen, schließen Sie die Gangthüre
ab " Die Kammerjungfer streifte die Erzieherin mit einem
Seitenblick.
Die Gräfin eilte davon, Martha an der Hand haltend.
Anna kehrte in ihr Zimmer zurück, während Marianne
nebenan da» Zimmer in Ordnung brachte. Anna hörte,
wie da» Mädibe» die Thüre, die auf den Bang mündete,
abschloß, wie sie an diejenige kam, die in das Schulzimmer
führte, und auch diese abschl-ß. Die Kammerjungfer drehte
dabei den Schlüssel sehr geräuschvoll um.
Anna, die bis dahin arglo» an ernem Fenster gestanden
Wo will es hinaus?
. Der neueste Conflikt in Preußen und im Reiche,
«er äußerlich wohl sehr rasch seinen Abschluß finden
«>ird, ist wiederum durch die Art seine- Abschlusses
«ur dazu angrthan, die schleichende Krisi» nicht
lösen, sondern im Geheimen zu verschärfen.
. Die beiden Vorlagen bezw. Anträge, die Vorlage
Ar preußischen Regierung bei ihrem Landtag betreff
Atrinsgesetz, wie der Antrag des Reichstags beim
"undeSrath werden voraussichtlich beide Ablehn-
ung erfahren. Die allerdings geringe nichtkonserva-
«ative Majorität wird den Antrag der Regierung
Und der BundeSrath wird den ditto Antrag de» ReichS-
'«SS ablehnen. Damit scheint dann die ganze Ange-
Mnheit wieder beim Alten zu sein. Aber doch nur
«ußerlich!
Die Vorlage der preußischen Regierung bei ihrem
Mdtag war so gewiß wie die Marinevorlage beim
?leicystag auf de« W lleu des preußische« König»,
putschen Kaiser- zurückzuführen. In beiden Fragen
V demnach der Wille der obersten Instanz von der
Volksvertretung refüfirt worden, beideSmal
Mfirt worden gegen die Stimmen zweier Parteien,
Ak sich zur Zeit zu völlig willfährigen Wer?
«utiven, u. frrikonservativen, im eigentlichen Sinne
^kußischrn Parteien.
Beide Vorlagen, die Marine« wie die preußische
Vereinsvorlage, sind aber keine minder wichtigen Er-
zwungen, beide charakterisiren vielmehr eine ganze
° ' " ' tung. Ist die eine der
kaiserlichen Willens nach Begründung
WeidvoU un- freudvoll.
Novelle von L- v. Neid egg.
»». Die Erzieherin beugte sich über die Hand der Gräfin,
M sie zu küssen: „Wie gut Sie doch immer für mich find,
^«Gräfin!"
Sanft berührte diese die Wange de» Mädchen». „Jst'S
Uu wirklich etwa» Große-, Mitleid zu haben mit den
"wenden?" lächelte sie.
t.» «Mane! Marie I" rief eS draußen, zugleich wurde von
^„Grasen Zimmer au» an der geschloßenen Thüre de»
^Midezimmer» gerüttelt. „So eile doch l" mahnte der un-
NMige Eheherr. „Bist Du denn noch nicht fertig mit
^wer Toilette? Er ist die höchste Zeit!"
Die Gräfin verschwand. Man hörte in ihrem Zimmer
k».,Miges Hin- und Hergehen: dann wurde daS wichtige
Uitzäft der Toilette in feierlicher Stille besorgt. So ver-
zU. geraume Zeit, bi» aus einmal die laute Stimme de»
da» Schweigen unterbrach.
-Ihr Weiber könnt niemals fertig »erden — fitzt ihr
vor dem Spiegel!" schalt er. „In der Entfernung sieht
schon einige Wagen kommen, und noch ist keine Haus-
»ur Stelle, die Gäste zu empfangen."
-Ich komme sogleich, Alfred!" besänftigte die Gräfin,
einer Minute bin ich bei Dir."
»..Die Stimme deS Grafe« verstummte, und wieder hörte
^«nebenan eilige Schritte. Die Gräfin sprach eifrig mit
^Kammerjungfer. Endlich öffnete sie die Thüre zum
dMzimmer und rief: „O, bitte, Fräulein Grashoff, kom-
«^ie rasch herein!"
Anna beeilte sich, de« Rufe zu folgen; neugierig lief
Mtha hinterher. Sehr erhitzt trat die Gräfin ihnen ent-
N/. .Liebe» Fräulein," sagte sie zu Anna, „wenn Ihr
dj^eh nicht gar zu arg ist, möchte ich Sie wohl bitten,
W Suchen behülflich zu sein; ich bi« so ungeschickt
i»ki»° « meine Perlen nicht. Ich war gerade beschäftigt,
Schmuck herauszulegen, als die Fra« Baronin mich
tz m : da mutz ich, in gewohnter Zerstreutheit, meine
verlegt haben."
Druck, Verlag u. Expedition .
Gebr. Huber in Heidelberg, 1 IMg,
ten de« Volksvertreter zu anderer Stellungnahme be-
stimmen.
Derjenige, welcher die heftige schleichende Krisi»
am meisten bemerkt, ist nach unserer Ueberzeugung
der Reichskanzler Fürst Hohenlohe. Ihm
wird eS viel verdacht, daß er unter den jetzigen Um«
ständen bleibt, daß er zu solchen Vorlagen seinen
Namen gibt, statt daß er einfach seinen Rücktritt
nimmt.
Aber Fürst Hohenlohe steht mitten inne in de«
LonfliktSkreisen. Wen« er zurücktritt, war wird
werden? Welche Verantwortung nimmt er eventuell
durch seinen Rücktritt auf sich ? Er kennt den Kaiser
und diese Kenntniß dürfte am meisten dazu beitragen,
ihn zu halten. Er kennt gewiß da» Treiben der
Covfliktsdrängler, und die Folgen, welche er für da»
Deutsche Reich befürchtet, werden e» wohl sei«, die
ihn in seinem Amte halten. Wir haben da gar keine
Ursache, über ihn unS.irgend zu°moquiren. Ec hat nach
der Ablehnung der Marinevorlage eingelenkt; er
wird auch diesmal wieder seinen Einfluß zur Geltung
bringen; freilich auf wie lange? Wir finden deß-
wegen auch die Au-drücke Richter's im Reichstage
„avancirte Bureaukraten", „Höflinge", „Handlanger,"
so schmetternd sie in die Ocffentlichkeit klangen,
deplacirt. Eugen Richter würde wohl auch nicht mehr
erreichen, als Fürst Hohenlohe, wenn er Reichskanzler
wäre.
Wir dürfen ganz ernstlich unseren Blick in die Zu-
kunst richten und fragen: Wo will eS hinaus? Aut-
wort wird uns Niemand zu geben im Stande
sein, und da» ist dar schlimmste Zeichen für die
jetzige politische Lage.
Deutscher Reichstag.
Berlin, 22. Mai.
Am BundeSrathStische: Handelsminister Brefeld.
Fortsetzung der 2. Berathung deS Gesetzentwürfe»
betr. Abänderung der Gewerbeordnung. (Handwerker-
vorlage.)
Die Abgg. Osann und Richter befürworten den
Antrag. Eine persönliche Aufforderung zur Ab-
stimmung sei dar Mindeste, wa» mau bei der Wich-
tigkeit der Sache verlangen könnte.
Nach weiteren Bemerkungen de» Abg. Hitze (Ctr.)
beantragt Abg. Richter (fr. Vpt.), daß die Benach-
richtigung durch ortsübliche Bekanntmachung und
besondere Mittheilung zu erfolgen hätte.
Der Antrag Kopsch wird zurückgezogen.
hatte, den brennenden Kopf an die kühlen Scheibe« ge-
drückt, fahr bei de« Tone förmlich in die Höhe, — durch
Mark und Bein war er ihr gegangen.
„Heiliger Goit!" schrie sie auf und schlug sich beide
Hände vor das Gesicht. Auf einmal hatte sie sich deS sonder-
baren Blickes des Kammermädchens erinnert, und wie ein
Blitzstrahl durchzuckte es sie. Nun wußte sie eS: indem
Bücke hatte der entsetzliche Verdacht gelauert, daß sie —
sie, Anna von Reudinge» — es sei, die den werthvollen
Schmuck entwendet habe. Zugleich sah sie aber vor sich die
Gestalt de» Vaters, wie er, sichtlich aufgeregt, aus dem
Ankleidezimmer der Gräfin getreten war! Sie erinnerte sich,
wie er auf einmal so große Eile gezeigt, fortzukommen; wie
er, der zuerst das ihm dargebotene Geldgeschenk al» er-
bärmlich bezeichnet, fich plötzlich mit einem Thcile desselben
zufrieden gegeben hatte. Er hatte ihre Begleitung ver-
schmäht — allem und unbemerkt hatte er also verschwinde»
wollen. Da» stürmte Alle» auf sie ein. Es wurde ihr
schwarz vor den Augen. „O Gott! Barmherziger Gott!"
rief sie in verzweiflungsvoller Klage aus; „schicke mir doch
den Tod, befreie mich von der unauslöschlichen Schmach!"
Eie schleppte fich zum Betschemel. An dessen Fuße hin-
aesunkcn, den Kopf in beide Hände gestützt, lag sie lange
Zeit — keine Gebete stiegen aus ihrem gemarterten Herzen
empor — nur quälende Gedanken, traurige Visionen durch-
kreuzten ihr Hirn. Im Geiste sah sie sich als eine Diebin
beargwöhnt, angeklagt. Die freundlichen, blauen Augen der
Gräfin sah sie mit traurigem Ausdruck auf sich ruhen . ..
von den mißtrauischen, höhnenden Blicken der Dienerschaft
fühlte sie fich durchbohrt. Wie» sie die Anklage zurück, so
mußte dieselbe mit doppelter Schwere auf das Haupt de»
Vaters zurückfallen. Konnte, durfte sie feine Anklägerin
sein? So gab es als» für sie keine Rettung, kein Entrinnen ?
O ja! — sie schloß die Augen, und vor ihr stieg das Bild
eine» stillen, dunklen Weiher» auf, ganz drunten im Parke,
in besten Master uralte Erle» ihre Zweige tauchten. Wer
auf besten Grunde lag, dec war allem Erdenwch entrückt,
dem konnten die gehässigen Blicke der Menschen nichts mehr
anhabe«. Aber de« Blicke Gotte», konnte sie de« entgehen ?
Inserate die 1-spaltige Petitzeile oder deren' Raum
'l Organ für Wltürltkit, FMeü L KeM.
Expedition: Zwingerftratze 7.
chrint täglich mit Ausnahme der Sonn- u.
erlöge. MbonvemeniSprei» mit dem wöchent-
:n Unterhaltungsblatt »Der Sonntagsbote" sür
selberg monatlich S0 L, mit Trägerlohn, durch
die Post bezogen Viertels, IM sranco.
K. 117.
ver»»tni.
Verantwortlicher Redakteur :
Joseph Hubert» Heidelberg.
äußerlich!
h T'. ... »...
Mdtag war so gewiß wie die Marinevorlage beim
Mky-tag auf de« W llm des preußische« Königs,
putsche« Kaiser- zurückzuführen. In beiden Fragen
V demnach der Wille der obersten Instanz von der
Volksvertretung refüfirt worden, beideSmal
Wsirt worden gegen die Stimmen zweier Parteien,
sich zur Zeit zu völlig willfährigen Werkzeugen
die Hand ihre» Herrn gegeben haben, der konser-
Mven, u. frrikonservativen, im eigentlichen Sinne
"wßischrn Parteien.
z, Bride Vorlagen, die Marine« wie die preußische
Meinsvorlage, sind aber keine minder wichtigen Er«
Meinungen, beide charakterisier, vielmehr eine ganze
Aeite pol itische Richtung. Ist die eine der
Erdrück des kaiserlichen Willens nach Begründung
Sk>
Ich danke Ihnen, liebe» Fräulein . .. Gott I wie blaß Sie
auSsehcn! Gehen Sie, baden Sie sich die Schläfen mit
Gau de Eolsgne . . . Komm, Martha! Geh Du mit mir,
Für den Monat
Juni
^Hweu jetzt schon alle Postämter Bestellungen auf die
Hglich erscheinende Zeitung
„Pfälzer Bottsblatt"
(rnit der wöchentlichen Gratisbeilage „Der EouutagH-
Me",) sowie unsere Expedition Heidelberg
«wiftgerstraße 7 entgegen.
Expedition -es „PMer Volksdlstt".
Heidelberg, Zwingerstraße 7.
Welberg, WMg, dm 28. W1897.
einer Welt-Großmacht, so ist die Vereinsgesetzvorlage
ein Kennzeichen für eine vollkommeneSchwenk-
ung auf dem Gebiete der inneren Politik, in erster
Linie der Socialpolitik. Nach diesen beiden Richt-
ungen geht in der nunmehr ausgesprochensten Weise
der Wille des Kaisers, nach beiden Richtungen hat
daS zu dem modernen Zeitgeist völlig im Segen-
satz und Widerstreit gerathene altpreußische Junker«
thum sich dem kaiserlichen bezw. königlichen Willen
zur Verfügung gestellt; gerade aber nach diesen bei-
den Richtungen hat die Majorität der
Volksvertretung, in größerer Ueberzahl im
Reiche als in Preußen, zum Willen de» Kai-
sers sich in Gegensatz gestellt. In Preußen
demnach sowohl al» im Reich hat sich der Conflikt
bereits in schroffer Weise zugespitzt, und mag
äußerlich, wie gesagt, durch die Abstimmungen der
Parlamente der Conflikt für den Augenblick beseitigt
sein: das kann jedes Kind sich sagen, da» dersebe
hiedurch nicht verschwunden ist, sondern nur im Ge-
heimen um so mächtiger weiterglimmt.
Wer in den letzten Jahren die Entwickelung deS
Kaisers verfolgt hat, — und man hat in der Öffent-
lichkeit wahrlich genug Beobachtungen anzustellen
Gelegenheit gehabt, — der weiß, daß die jetzt beim
Kaiser heraustretenden Richtungen seiner Politik die
persönlichsten Anschauungen und Bestrebungen gewor«
den sind, daß insbesondere der Widerstand der
Volksvertretungen nur Eine» vermag, den hohen
Herrn in seinen Ansichten und Bestrebungen noch
mehr zu festigen. ES ist das Bewußtsein der monarchi-
schen Autorität gegen den demokratischen Geist der Zeit,
welcher sich hiebei geltend macht und der, zu einem
starken Bewußtsein ausgewachsen, erst recht glaubt,
den Kampf mit den Volksvertretungen aufnehmen zu
müssen.
„Wo will eS hinaus?" so dürfen wir wahr-
lich mit Recht fragen. Ein Ausweg au» den sich immer
dichter aufthürmenden Schwierigkeiten ist kaum abzu-
stehen, mit Gewalt treibt Alles dem inneren Conflikt
entgegen.
Die Fragen, welche hierbei vorliegen, sind noch
dazu derart, daß ein Nachgrben der Volksvertretung
eine direkte Unmöglichkeit ist. ES hieße, die auf der
gesunden genauen Beobachtung des Volkes, seiner
Entwickelung, seiner Bedürfnisse gründende Erkenntniß
verleugnen, hieße de» Beruf deS Volksvertreters miß-
brauchen und schänden, dürften etwa andere Einflüsse
irgend welcher Art in solchen wichtigen Angelegenhei«
.Da steht ja ein Etui, da» wie dasjenige eines Perlen-
halsbänder ausfieht," meinte Anna.
„Ach ja l das Etui ist da — die Perlen aber fehlen.
Ich hielt sie in der Hand, al» Ida nach mir schickte. Wo-
hin ich sie gebracht habe, weiß ich absolut nicht. Sucht,
sucht sorgfältig! Dte Perlen find meine» Manne- Hochzeits-
geschenk." Mit grobem Eifer gingen Alle an da» Suchen;
leder Winkel wurde durchstöbert; c» fanden sich keine Per-
len. Die Gräfin fing an, ihren Gleichmuth zu verlieren.
.Marianne!" wandte sie sich an die Kammeriungser, und
ihre Stimme klang ungeduldig: „Hatten Sie die Thüre
denn auch abgeschlossen?"
„Natürlich, Frau Gräfin, und den Schlüssel trug ich in
der Tasche. Auch da» Schlafzimmer hatte ich abgesperrt;
nur durch das Schulzimmer konnte man herein."
„Marie!" rief draußen ungeduldiger denn je der Graf,
der auf dem Sange stand.
„Ach, laßt nur jetzt das Suchen," sagte höchst ärger-
lich die Gräfin. Sie eilte an das Schränkchen, in welchem
sie ihre« Schmuck aufbewahrte, und schloß es auf. „Ich
muß etwas Anderes nehmen," fuhr Ke fort. „Die Perlen
habe ich in der Hand gehabt, die find also jedenfalls hier.
Im jetzigen Augenblick find wir Alle mit einander unruhig,
da» taugt nicht »um Suchen; wir wollen das Zimmer ad-
schließen und morgen methodisch alle Winkel vifitiren . - .
Ich danke Ihnen, liebe'
aussehen! Gehen Sie,
. .... ....
Marianne, wenn Sie gehen, schließen Sie die Gangthüre
ab " Die Kammerjungfer streifte die Erzieherin mit einem
Seitenblick.
Die Gräfin eilte davon, Martha an der Hand haltend.
Anna kehrte in ihr Zimmer zurück, während Marianne
nebenan da» Zimmer in Ordnung brachte. Anna hörte,
wie da» Mädibe» die Thüre, die auf den Bang mündete,
abschloß, wie sie an diejenige kam, die in das Schulzimmer
führte, und auch diese abschl-ß. Die Kammerjungfer drehte
dabei den Schlüssel sehr geräuschvoll um.
Anna, die bis dahin arglo» an ernem Fenster gestanden
Wo will es hinaus?
. Der neueste Conflikt in Preußen und im Reiche,
«er äußerlich wohl sehr rasch seinen Abschluß finden
«>ird, ist wiederum durch die Art seine- Abschlusses
«ur dazu angrthan, die schleichende Krisi» nicht
lösen, sondern im Geheimen zu verschärfen.
. Die beiden Vorlagen bezw. Anträge, die Vorlage
Ar preußischen Regierung bei ihrem Landtag betreff
Atrinsgesetz, wie der Antrag des Reichstags beim
"undeSrath werden voraussichtlich beide Ablehn-
ung erfahren. Die allerdings geringe nichtkonserva-
«ative Majorität wird den Antrag der Regierung
Und der BundeSrath wird den ditto Antrag de» ReichS-
'«SS ablehnen. Damit scheint dann die ganze Ange-
Mnheit wieder beim Alten zu sein. Aber doch nur
«ußerlich!
Die Vorlage der preußischen Regierung bei ihrem
Mdtag war so gewiß wie die Marinevorlage beim
?leicystag auf de« W lleu des preußische« König»,
putschen Kaiser- zurückzuführen. In beiden Fragen
V demnach der Wille der obersten Instanz von der
Volksvertretung refüfirt worden, beideSmal
Mfirt worden gegen die Stimmen zweier Parteien,
Ak sich zur Zeit zu völlig willfährigen Wer?
«utiven, u. frrikonservativen, im eigentlichen Sinne
^kußischrn Parteien.
Beide Vorlagen, die Marine« wie die preußische
Vereinsvorlage, sind aber keine minder wichtigen Er-
zwungen, beide charakterisiren vielmehr eine ganze
° ' " ' tung. Ist die eine der
kaiserlichen Willens nach Begründung
WeidvoU un- freudvoll.
Novelle von L- v. Neid egg.
»». Die Erzieherin beugte sich über die Hand der Gräfin,
M sie zu küssen: „Wie gut Sie doch immer für mich find,
^«Gräfin!"
Sanft berührte diese die Wange de» Mädchen». „Jst'S
Uu wirklich etwa» Große-, Mitleid zu haben mit den
"wenden?" lächelte sie.
t.» «Mane! Marie I" rief eS draußen, zugleich wurde von
^„Grasen Zimmer au» an der geschloßenen Thüre de»
^Midezimmer» gerüttelt. „So eile doch l" mahnte der un-
NMige Eheherr. „Bist Du denn noch nicht fertig mit
^wer Toilette? Er ist die höchste Zeit!"
Die Gräfin verschwand. Man hörte in ihrem Zimmer
k».,Miges Hin- und Hergehen: dann wurde daS wichtige
Uitzäft der Toilette in feierlicher Stille besorgt. So ver-
zU. geraume Zeit, bi» aus einmal die laute Stimme de»
da» Schweigen unterbrach.
-Ihr Weiber könnt niemals fertig »erden — fitzt ihr
vor dem Spiegel!" schalt er. „In der Entfernung sieht
schon einige Wagen kommen, und noch ist keine Haus-
»ur Stelle, die Gäste zu empfangen."
-Ich komme sogleich, Alfred!" besänftigte die Gräfin,
einer Minute bin ich bei Dir."
»..Die Stimme deS Grafe« verstummte, und wieder hörte
^«nebenan eilige Schritte. Die Gräfin sprach eifrig mit
^Kammerjungfer. Endlich öffnete sie die Thüre zum
dMzimmer und rief: „O, bitte, Fräulein Grashoff, kom-
«^ie rasch herein!"
Anna beeilte sich, de« Rufe zu folgen; neugierig lief
Mtha hinterher. Sehr erhitzt trat die Gräfin ihnen ent-
N/. .Liebe» Fräulein," sagte sie zu Anna, „wenn Ihr
dj^eh nicht gar zu arg ist, möchte ich Sie wohl bitten,
W Suchen behülflich zu sein; ich bi« so ungeschickt
i»ki»° « meine Perlen nicht. Ich war gerade beschäftigt,
Schmuck herauszulegen, als die Fra« Baronin mich
tz m : da mutz ich, in gewohnter Zerstreutheit, meine
verlegt haben."
Druck, Verlag u. Expedition .
Gebr. Huber in Heidelberg, 1 IMg,
ten de« Volksvertreter zu anderer Stellungnahme be-
stimmen.
Derjenige, welcher die heftige schleichende Krisi»
am meisten bemerkt, ist nach unserer Ueberzeugung
der Reichskanzler Fürst Hohenlohe. Ihm
wird eS viel verdacht, daß er unter den jetzigen Um«
ständen bleibt, daß er zu solchen Vorlagen seinen
Namen gibt, statt daß er einfach seinen Rücktritt
nimmt.
Aber Fürst Hohenlohe steht mitten inne in de«
LonfliktSkreisen. Wen« er zurücktritt, war wird
werden? Welche Verantwortung nimmt er eventuell
durch seinen Rücktritt auf sich ? Er kennt den Kaiser
und diese Kenntniß dürfte am meisten dazu beitragen,
ihn zu halten. Er kennt gewiß da» Treiben der
Covfliktsdrängler, und die Folgen, welche er für da»
Deutsche Reich befürchtet, werden e» wohl sei«, die
ihn in seinem Amte halten. Wir haben da gar keine
Ursache, über ihn unS.irgend zu°moquiren. Ec hat nach
der Ablehnung der Marinevorlage eingelenkt; er
wird auch diesmal wieder seinen Einfluß zur Geltung
bringen; freilich auf wie lange? Wir finden deß-
wegen auch die Au-drücke Richter's im Reichstage
„avancirte Bureaukraten", „Höflinge", „Handlanger,"
so schmetternd sie in die Ocffentlichkeit klangen,
deplacirt. Eugen Richter würde wohl auch nicht mehr
erreichen, als Fürst Hohenlohe, wenn er Reichskanzler
wäre.
Wir dürfen ganz ernstlich unseren Blick in die Zu-
kunst richten und fragen: Wo will eS hinaus? Aut-
wort wird uns Niemand zu geben im Stande
sein, und da» ist dar schlimmste Zeichen für die
jetzige politische Lage.
Deutscher Reichstag.
Berlin, 22. Mai.
Am BundeSrathStische: Handelsminister Brefeld.
Fortsetzung der 2. Berathung deS Gesetzentwürfe»
betr. Abänderung der Gewerbeordnung. (Handwerker-
vorlage.)
Die Abgg. Osann und Richter befürworten den
Antrag. Eine persönliche Aufforderung zur Ab-
stimmung sei dar Mindeste, wa» mau bei der Wich-
tigkeit der Sache verlangen könnte.
Nach weiteren Bemerkungen de» Abg. Hitze (Ctr.)
beantragt Abg. Richter (fr. Vpt.), daß die Benach-
richtigung durch ortsübliche Bekanntmachung und
besondere Mittheilung zu erfolgen hätte.
Der Antrag Kopsch wird zurückgezogen.
hatte, den brennenden Kopf an die kühlen Scheibe« ge-
drückt, fahr bei de« Tone förmlich in die Höhe, — durch
Mark und Bein war er ihr gegangen.
„Heiliger Goit!" schrie sie auf und schlug sich beide
Hände vor das Gesicht. Auf einmal hatte sie sich deS sonder-
baren Blickes des Kammermädchens erinnert, und wie ein
Blitzstrahl durchzuckte es sie. Nun wußte sie eS: indem
Bücke hatte der entsetzliche Verdacht gelauert, daß sie —
sie, Anna von Reudinge» — es sei, die den werthvollen
Schmuck entwendet habe. Zugleich sah sie aber vor sich die
Gestalt de» Vaters, wie er, sichtlich aufgeregt, aus dem
Ankleidezimmer der Gräfin getreten war! Sie erinnerte sich,
wie er auf einmal so große Eile gezeigt, fortzukommen; wie
er, der zuerst das ihm dargebotene Geldgeschenk al» er-
bärmlich bezeichnet, fich plötzlich mit einem Thcile desselben
zufrieden gegeben hatte. Er hatte ihre Begleitung ver-
schmäht — allem und unbemerkt hatte er also verschwinde»
wollen. Da» stürmte Alle» auf sie ein. Es wurde ihr
schwarz vor den Augen. „O Gott! Barmherziger Gott!"
rief sie in verzweiflungsvoller Klage aus; „schicke mir doch
den Tod, befreie mich von der unauslöschlichen Schmach!"
Eie schleppte fich zum Betschemel. An dessen Fuße hin-
aesunkcn, den Kopf in beide Hände gestützt, lag sie lange
Zeit — keine Gebete stiegen aus ihrem gemarterten Herzen
empor — nur quälende Gedanken, traurige Visionen durch-
kreuzten ihr Hirn. Im Geiste sah sie sich als eine Diebin
beargwöhnt, angeklagt. Die freundlichen, blauen Augen der
Gräfin sah sie mit traurigem Ausdruck auf sich ruhen . ..
von den mißtrauischen, höhnenden Blicken der Dienerschaft
fühlte sie fich durchbohrt. Wie» sie die Anklage zurück, so
mußte dieselbe mit doppelter Schwere auf das Haupt de»
Vaters zurückfallen. Konnte, durfte sie feine Anklägerin
sein? So gab es als» für sie keine Rettung, kein Entrinnen ?
O ja! — sie schloß die Augen, und vor ihr stieg das Bild
eine» stillen, dunklen Weiher» auf, ganz drunten im Parke,
in besten Master uralte Erle» ihre Zweige tauchten. Wer
auf besten Grunde lag, dec war allem Erdenwch entrückt,
dem konnten die gehässigen Blicke der Menschen nichts mehr
anhabe«. Aber de« Blicke Gotte», konnte sie de« entgehen ?