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Pfälzer Volksblatt: Organ für Wahrheit, Freiheit & Recht — 1.1897

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September 1897
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Nr. 204
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https://doi.org/10.11588/diglit.42846#0834

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Hund wo Ansprachen des GeneralpräseS des Cäcilien-
vereins, Herrn Domkapellmeisters Schmidt, sowie des
^errn Direktors Dr. Haberl, II. Generalpräses, und
er Herrn DiöcesanpräseS, Hochw. Hrn. Geistl. Raths
Huhn, die Unterhaltung in regen Fluß brachten.
* Laudshnt, 1. Sept. Von den Veranstaltungen
im Anschluß an den Katholikentag war die heutige
Festversammlung der katholischen Arbeitervereine eine
der glänzendsten und bedeutungsvollsten. Dieselbe
fand unter dem Vorsitze des D'öcffanpräseS der kath.
Arbeitervereine der Diöcese Regensburg, Frhrn. v.
Ow, in der großen Liederhalle statt. Anwesend waren,
außer zahlreichen katholischen Arbeitern und Hunderten
von Theilnehmern der Katholikentages, Commissar
Fürst Löwenstein, Präsident Dr. Bachem, Dr. Lieber,
Fabrikbesitzer Brandts, Bürgermeister Marschall, Rechts-
anwalt Trimborn und mit ihm eine Anzahl anderer
Abgeordneten, Präsides katholischer Arbeitervereine von
nah und fern. Wie der Capuziner-Quardian P.
Benno Auracher gegen Schluß der Versammlung mit
Recht sagen konnte, wurden in den längern und kür-
zern Ansprachen der Herren Conrector Nickel (Regens-
burg), Dr. Bachem, Dr. Lieber, Fabrikbesitzer Brandts,
der Präsides bzw. Generalsekretäre aus Berlin, Mün-
chen, Köln, und Steiermark große Frage», begeisterte
Gedanken in vollendeter Form und sachgemäßer Weise
besprochen. Wie ein rolher Faden zog sich durch die
Ausführungen aller Redner die Hochachtung vor un-
fern katholischen Arbeitern, dem Werth u. der Roth-
Wendigkeit der bei den katholischen Arbeitern zur That-
sache gewordenen Organisation der Berufsstände. Die
Gestaltung unserer socialen Verhältnisse, die Zukunft
unseres Vaterlandes liege nicht zum geringsten Theile
in den katholischen Arbeitervereinen. Treffend wurden
die Einwürfe widerlegt, die Organisation der kathol.
Arbeiter könae zur Socialdemokratie führen, es gelte
vielmehr der socialdemotratischen Organisation unsere
festgegliederten Arbeiterscbaaren gegenüber zu stellen
und ersteren nicht das Feld zu räumen, sondern ihnen
mehr Terrain zu entreißen. Die Berechtigung der
Verfechtung der religiösen und sozialen Interessen auf
internationalem Wege mit einer durch Charakter und
Ziele der Arbeitervereine von selbst gegebenen Be-
schränkung wurde anerkannt. Sehr beachtenSwerth
war auch der Gedanke, daß Glaube und Uebung der
heil. Religion das erste Mittel seien, den katholischen
Arbeiter für alle Zeit von der Sozialdemokratie fern-
zuhalten.

Camstusfeste in Freiburg.
So lange Freiburg besteht, hat die Stadt noch
nie solche Feste gesehen, auch hat dieselbe noch nie
ein so schöner Festgewand angelegt wie dieseSmal.
Seit 14 Tagen sind über 30 000 Pilger zum Grabe
deS sel. CanisiuS gewallt. Vom 16. bis 20. August
tagte mit über 700 Theilnehmern aus allen Ländern
der wissenschaftliche Congreß kath. Gelehrten, zu
gleicher Zeit waren die Bischöfe der Schweiz in
Conferenz versammelt. k. Blötzer hielt während
der CongresseS eine herrliche Rede über den sel. P.
CanisiuS, welche in besonderer Broschüre erscheinen
wird.
Am 21. August war der Freiburgertag; von
allen Seiten strömten die Pilger aur dem Kanton
herbei, eS waren wohl über 20 000; Bischof Turinaz
aus Nancy predigte den französischen Pilgern; die
deutschen hatten die Freude, das kräftige Wort Sr.
Gnaden Dr. Schmitz, Weihbischof in Köln, zu hören.
Nachmittag- fand unter dem Donner der Kanonen
und dem Geläute aller Glocken eine großartige
Prozession mit den Reliquen des sel. CanisiuS statt.
Alle StaatSräthe, Oberamtmänner und die übrigen
Behörden waren zugegen, über 100 Fahnen mit ihren
Vereinen nahmen theil. Abends war herrliche Be-
leuchtung der Stadt und Hunderte von Freudenfeuern
schimmerten auf den Freiburger Bergen.
Vom 23.-25. kamen in 5 Ertrozügen die Pilger,
3500 an der Zahl, aus allen Kantonen der deutschen
Schweiz. Gottesdienst mit Predigten und Fest-
versammlungen wechselten ab mit Reden; Dienstag
abends war eine nie dagewesene Reliquienprozession
mit Lichtern, welche über die zwei großen Hänge-
brücken und über den Lorettoberg zurück in die
Stadt führte und drei Stunden dauerte; während der
ganzen Dauer ertönte der Donner der Kanonen und
glänzten die alten Thürme der Stadt in bengalischem
Lichte. Vom 25.-27. August kamen die Pilgerzüge
aus den Kantonen Tessin, Berner Jura, Neuenburg,
Waadt u. Genf, ungefähr 2000 an der Zahl; auch diese
Pilger hielten durch die Straßen der Stadt eine
Lichterprozession mit den Reliquen deS Seligen. Das
schönste Wetter begünstigte die Feierlichkeiten und alle
Pilger kehrten ganz begeistert vom Grabe deS Apostels
Deutschlands wieder in ihre Heimath zurück. Am 31.
August tagt der Tertiariercongreß und am 4.-6.
September finden die Wallfahrten aus Deutschland
statt. Wegen der großen Ueberschwemmungen in
Oesterreich wurde die österreichische Wallfahrt auf
nächstes Jahr verschoben. Im Jahre 1898 werden

auch Wallfahrten von England, Italien und vielleicht
von Polen erwartet. AuS Frankreich kommt dieses
Jahr auf das Fest Mariä Geburt eine Pilgerfahrt
an und die holländische auf den 14. September. Der
hl. Vater erkundigt sich eingehend über die CanisiuS-
feier und über das, was in jedem Lande zu Ehren
des Seligen geschieht, besonders nachdem Se. Heilig-
keit selbst die Stimme an die deutschen Völker durch
eine Encyklika erlassen hat, hofft er, daß dieselbe
ihre Früchte hervorbringe; die erste Frucht, die sie
zeitigen sollte, wäre die allgemeine Verbreitung des
CanisinSvereinS zum Schutze der in Glaube und
Sitte so gefährdeten Jugend.

Deutsches Reich.
* Berlin, 4. Sept. Oberst v. Hülsen-Häseler,
kommandirt bei der Botschaft in Wien, ist zum
Kommandeur des Garde-FüssilierregimentS ernannt,
und der O berstlieutenannt und dienstthuende Flügel-
adjudant Graf v. Moltke, zur Botschaft in Wien
kommandirt worden.
* Aschaffenburg, 3. Sept. Der Kaiser ordnete
die Ausarbeitung eines Projektes für die Mainkanali-
sation von Frankfurt bis zur bayerischen Grenze durch
dar preußische Ministerium an.

Zur Manarchen-Begegnnng.
* Hombnrg, 4. Sept. Das Wetter war anfäng-
lich trübe und regendrohend, hellte sich jedoch später
auf. Auf dem Paradefelde bei Obereschbach stand
daS 11. Armeekorps unter General v. Wittich in 2
Treffen. Um 10 Uhr trafen die Herrschaften ein. Der
Kaiser trug Generalsuniform mit den Abzeichen seine-
hessischen Regiments. Der König von Italien hatte
die Uniform seines 13. Husaren-Regiments angelegt.
Ferner waren erschienen die Könige von Sachsen und
Württemberg und ver Großherzog von Hissm, Prinz
Albrecht von Preußen, der Herzog von Cambridge
und die übrigen anwesenden Fürstlichkeiten zu Pferde.
Ebenso zu Pferde die Kaiserin in der Uniform der
Bayreuther Dragoner mit Dreispitz; die Großherzogin
von Hessen in der Uniform ihres hessischen Regiments
mit Helm und Haarbusch; die Königin von Italien
und die Kaiserin Friedrich in sechsspännigem Gala-
wagen. Es fand ein zweimaliger Vorbeimarsch statt;
die Infanterie in Compagniefront, die Kavallerie im
Trab, nur dar Husaren-Regiment im Schritt, der
zweite Vorbeimarsch in RegimentSkolonnen, die Ka-
vallerie im Galopp. Der Kaiser und der König von
Italien, der Großherzog und die Großherzogin von
Hessen führten ihre Regimenter vor. Vom Publikum
wurde der Kaiser und der König von Italien beson-
ders lebhaft begrüßt. Letzterer zumal, als er zum
zweiten Male im Galopp heransprengte. Nach Schluß
der Parade um 1 Uhr bildeten auf dem Rückwege
zur Stadt Kriegervereiue Spalier. Vom Paradefelde
fuhr die Kaiserin Friedrich und die Königin von Jta-
lien, ebenso die Kaiserin und die Großherzogin von
Hessen zu Wagen nach der Stadt. Der Kaiser mit
dem Könige von Italien setzte sich an die Spitze der
Fahnenkompagnie, welche gestellt war vom 80. Füsi-
lier-Regiment und der Standarten-ESkadron, gestellt
von den 13er Husaren und führte sie zum Schlosse,
wo er um 3 Uhr anlangte.
* Homburg v. d. H., 4. Sept. Abends halb 8
Uhr fand im Kurhause Paradetafel statt. Der Kaiser
und der König von Italien brachten Trinksprüche
aus. Nach der Tafel war große- Konzert und im
Kurgarten Feuerwerk. Die Stadt erglänzte in pracht-
voller Illumination.
* Homburg, 4. Sept. Das Paradediner hatte
ca. 170 Gedecke. Die Kaiserin saß in der Mitte,
rechts die Königin von Italien, der Kaiser die Groß-
herzogin von Hessen, der König von Württemberg,
der Herzog von Cambridge, links die Kaiserin Fried-
rich, der König von Italien, der König von Sachsen
und der Großherzog von Hessen. Gegenüber saß
Vülow, Visconti-Venosta und der Botschafter Lanza.
Die Tafel war gegen 10 Uhr beendet.
* Homburg o. d. H., 4. Sept. Reichskanzler
Fürst Hohenlohe ist soeben hier eingetroffen. — Der
italienische Botschafter Graf Lanza erhielt den Schwar-
zen Adlerorden. — Dem Regiment der 13. Husaren,
sowie dem Infanterie-Regiment Nr. 117 wurden die
Namenszügr ihrer Ches», Königs von Italien und der
Großherzogin von Hessen, verliehen. — DaS Garten-
fest verlief glänzend.

Ausland.
* Budapest, 4. Sept. Heute erschien das offizielle
Programm für die Anwesenheit deS deutschen Kaisers
am 20. September. ES enthält: Bei der Ankunft
großer Empfang durch den Kaiser, die Erzherzoge
und Minister, Vormittags und Nachmittags Besich-
tigung der Hauptstadt, ein Galadiner, Festvorstellung
in der Oper, Besichtigung der Illumination «. Nacht-
Abreise.

* Mailand. 3. Sept. In dem heute geschloE
Katholiken-Congreß wurde die Absicht «"tgetye '
1900 in Paris eine internationale Ausstellung w'»!
kicher Kunst durch Privat-Initiative zu veransta»»'
13 Cardinäle und 300 Bischöfe unterstützen den P»" '
Es sollen bereits Ausschüsse gebildet werde«.
* Barcelona, 4. Sept. Ein Arnachist, gAN-,
Mitternacht auf der Plaza di Cataluna zwei Schm!
auf den Polizeichef Por as ab. Portas wurde M
an der Brust verwundet. Der Attentäter wurde °e
hastet.
* Barcelona, 4. Sept. Der Mörder deS
zeikommissarS Portas heißt Ramon Semvan Bal
und ist im Jahre 1869 in Barcelona geboren-
hielt sich in der letzten Zeit in Paris auf, von wo ,
vorgestern hierher zurückgekehrt ist. Die Me«sE
menge, die infolge der Schüsse auf der Plaza de
taluna zusammenströmte, wollte den Mörder lynchew
den die Gensdarmerie nur mit Mühe in eine« WE,
schaffen u. auf die Polizeipräfektur bringen konnte. Naw
dem der Verbrecher die beiden Schüsse auf Porw
abgegeben hatte, versuchte er zu entfliehen, wstl"
jedoch von Plantada, dem obersten Polizeichef, verfolg'
auf den der Flüchtling mehrere Schüsse abgab. A
tada wurde nicht verwundet, dagegen erhielt r>
Kellner einer Bierwirthschaft, in der der MA
Zuflucht suchte, einen Schuß ia den Schenkel. L
Polizeichef feuerte nun seinerseits auf den Möro»
und verhaftete ihn schließlich in der Bierwirths^!''

Aus Baden.
Heidelberg, 6. September-
— Ueber kaiserliche Rede« schreibt die
Zeitung-: Wiederholt ist in neuerer Zeit au- dew
Leserkreise die Anfrage an un» gerichtet worden, o»
denn so viele Berichte über Festlichkeiten an Gedenk'
tagen, bei Denkmalsenthüllungen und ähnlichen
läfsen gebracht werden müßten. Wir verstehen
thetlen die Empfindung, daß die Häufigkeit derartige»
Feierlichkeiten ein Hinderniß des erhebenden Eindruck»
ist, den sie früher, al» sie selten waren, hervorbrachten,
und wir pflegen deshalb die Schilderungen uam
Möglichkeit einzuschränken. Aber die Erwähnung ww"
durch die Pflicht der Berichterstattung über die Tage»'
ereignisse geboten, und vollend- versteht sie sich
der Teilnahme de- Kaiser- an derartigen Festen von
selbst. Aber darin, daß die häufige Wiederholung
vom Nebel ist, stimmen wir den erwähnten Kritikern
durchaus zu, liegt doch die Gefahr nicht fern, da?
wir Deutsche der übrigen Welt allmählich als ein Von
erscheinen, welches sich in beständigen Festreden gefall'-
Allerdings spricht die Arbeit, welche dar deutsche Von
auf allen Gebieten leistet, und die nichts weniger al-
festliche Stimmung, welche unser politisches Leben
schon seit längerer Zeit beherrscht, deutlich genug ge-
gen eine so falsche Vorstellung; aber zu verhindern,
daß sie sich etwa festsetzt, und in Deutschland selb!»
einem Ueberdruß an Festlichkeiten der erwähnten M
vorzubeugen, scheint un- trotzdem gerathen Da
Provinz, jede größere Stadt ei« Denkmal Karst»
Wilhelm I. besitzen Will, ist natürlich; doch «achS^
rade drängt sich auch die Frage auf, ob eS nicht dem
schlichten Sinne deS unvergeßlichen Herrscher» beste»
entsprechen würde, wenn die Commune« die Enthüllung
und Entweihung, eben weil derartige Vorgänge I»
häufig werden, prunklo- vor sich gehen ließen.

Aus Nah und Fern.
Rachricht«» für diese Rnirik st«d un» jederzeit willkommen. —
»oste« «erde« stet« s»s»rt ersetzt.!
* Heidelber«, 6. Sept. (Muthmaßliches Wetter für
Dienstag, den 7. September.) Trübes und unbeständige»
Wetter mit Niederschlägen in Aussicht zu nehmen.
* Heidelberg, k. Sept. Am Samstag Abend fand
im großen Saale deS Kaulen Pelt die Wahl des l- Vor
standeS des hiesigen Militärverein» statt. ES hatte" stA
zu derselben die Mitglieder des Vereins sehr rahlreich em
gesunden und schon lange vor der festgesetzten Zeit w»»
der große, geräumige Saal bis auf den letzten Platz «s,
setzt. Nach dem Vortrage eines Liede» ergriff der zweu°
Vorstand, Herr Ritter, das Wort, um einen Rückblick U
die Thätigkeit des verstorbenen Vorstandes, Herrn von
mann zu werfen, und dessen Verdienste um den Verein;«
würdigen. Zum Zeichen der Ehrung des verstorben,
Vorstandes erhoben sich die Mitglieder von ihren Sitze«'
Herr Ritter bemerkte, daß -eS den Bemühungen des W
waltungsrathes gelungen sei, Herrn Oberamtsrichter U
Reichardt als Kandidat für die Stelle des I. Vorstände»
zu gewinnen und sind dem Verein zu der getroffenen W««
schon zahlreiche Glückwünsche zugegangen. Bei der SilMN>rn
abgade wurde Herr Dr. Reichardt mit 326 Stimmen cu»
I. Vorstand gewählt. Drei BerwaltungsrathSmitglreo»!
theilten das Ergebniß Herrn Oberamtsrichter Dr. Rettbar
mitund geleiteten denselben in den Saal, woselbst» »
mit stürmischem Applaus begrüßt wurde. Herr U,
Reichardt dankte in bescheidener Weise für die freund»«.
Begrüßung, die ihm zu theil geworden und erwäbnte.o»'
es ihm nicht leicht geworden fei. diese Aufgabe zu würdMs«
Es ser nicht leicht, einen Mann, wie Herrn HoffmA
zu ersetzen; sein Amt, seine Familie nähmen feine s
schäfte m Anspruch; doch er konnte dem Rus nc«
wiederstehn, d» es ja keinen schöner» Beruf gäbe,»'
firne Dienste für Kaiser und Vaterland zu widme
Nach dem Absingen de» Kaisermarsches ergriff Herr Bürge
meister Dr. Walz da» Wort und betonte, daß die Are»
 
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