Interpellation wegen dieser Frage einreiche«. ES ist
selbstverständlich, daß die Regierung um Aufklärung
angegangen werden wird und daß dabei entschieden die
Forderungen des Rechts geltend gemacht werden. TS
muß gezeigt werden, daß die bayerische Regierung
die Rückendeckung des Landtags besitzt. Dieser Auf-
klärungsdienst wird alsbald unternommen werden;
eine eigene Interpellation ist nicht nöthig, da bereits
im Finanzausschuß die Berathung des Militäretats
begann.
Deutsches Reich.
* Leipzig, 12. Okt. Verworfen wurde vom
Reichsgericht die Revision Liebknechts, der vom Ge-
richt in Breslau am 14. November 1895 wegen
Majestätsbeleidigung zu neun Monaten Gefänguiß
verurtheilt wurde.
Ausland.
* Ber«, 12. Okt. Der Nationalrath hat daS
Bundesgesetz betreffend die Einführung einer staatlichen
Krankenversicherung unter NamenSauSruf mit 101
gegen neun Stimmen angenommen. 9 Abgeordnete,
darunter Wullschleger (Basel, Sozialdemokrat), ent.
hielten sich der Abstimmung.
* Rom, 12. Okt. Die Ruhe ist wiederhergestellt.
Die Truppen hielten bis nach Mitternacht die Kampf-
plätze besetzt. Einen eigenthümlichen Eindruck wacht
das Manifest des Präfekten, daS zur Ruhe auffordert
und offenbart, der Präfekt habe die Unordnungen er-
wartet. Um so mehr eifern die Morgenblätter gegen
die Regierung, die alle Vorsichtsmaßregeln verabsäumt
hätte.
* Rom, 12. Okt. Infolge der gestrigen Ruhe-
störungen hat der Präfekt die Auflösung der römischen
sozialistischen Vereine augeordnet. Die Leiche be-
bet dem Zusammenstöße Getödteten, der anscheinend
ein Hutmachergehilse war, wurde nach dem Friedhof
von Campo Berano gebracht. Bisher sind 24 Per-
sonen verhaftet worden.
* Rom, 12. Okt. Dar Aussehen der Stadt am
heutigen Tage ist wieder dar gewöhnliche. Der gestern
getödtete Rädelsführer ist 17 Jahre alt und heißt
Lambert Chezzi. Während der letzten Nacht wurden
35 Personen festgenommen, welche verdächtig sind, an
den Ausschreitungen theilgenommen zu haben.
* Londo«, 11. Okt. Die Delegirtenkonferenz der
vereinigten Schiffballgewerke, die heute in Carlisle
zusammeutrat, um darüber zu beschließen, was zu
thu» sei, nachdem vorige Woche die Besitzer der
Londoner SchiffSreparaturwerfte ihren Kesselschmieden
angekündigt haben, daß der Achtstundentag abgeschafft
und der Neunstundentag wieder eingeführt würde,
ernannte heute eine Kommission, die sich an das
HaudelSamt wenden und diese- um Vermittlung in
dieser Sache ersuchen soll.
* London, 12. Okt. Obgleich gestern die in
Carlisle versammelten Delegirteu der Bereinigten
Schiffsbaugewerke beschlossen habe», daS Handelsamt
zu ersuchen, eine Konferenz zwischen ihnen und den
Unternehmern herbeizuführen, um über die allgemeine
industrielle Lage zu diskutiren, scheint er nicht aus-
geschlossen zu sein, daß die Londoner Kesselschmiede
doch den Kampf gegen die hiesigen Reparaturwerfte
beginnen, die ihnen wieder den Neunstundentag auf.
zwingen wollen. Die Stimmung unter den Kessel-
schmieden ist äußerst erbittert. Dagegen erscheint e»
wenig wahrscheinlich, daß die Angehörigen der Ber-
einigten Schiffbaugewerke überhaupt, im Ganze»
400 000 Mann, in den Kampf hineingezogen werden.
Die Maschinenbauer sind indessen über den gestern in
Carlisle gefaßten Beschluß arg verstimmt. Noch
gestern spät am Abend bezweifelte der Sekretär der
Vereinigten Gesellschaft der Maschinenbauer, daß ein
solcher Beschluß gefaßt sei, und nun sagen die Ma-
schinenbauer, baß die Vereinigten Schiffbaugewerke
sie im Stich ließen.
* Havanna, 12. Okt. General Weyler wird sich
am 20. d. M. nach Spanien einschiffen. General
Weyler hat eine Amnestieverfügung unterzeichnet.
Dieselbe erstreckt sich auf fast alle kubanischen Depor-
tirten, denen die Rückkehr nach der Insel gestattet
wird.
* Konstantinopel, 12. Okt. Dar den Vertretern
der Türkei bei den Mächten über die kretische Frage
übermittelte Rundschreiben der Pforte schlägt folgende
Lösung vor: Entwaffnung der Christen und Mnha-
medaner durch türkische Truppen, deren Anzahl zu
vermehren wäre, unter Mitwirkung der internationalen
Truppen, sämmtlich unter dem Kommando eine- euro-
päischen Generals in türkischen Dienste», ferner die
Ernennung eines geeignete» Gouverneur- durch den
Sultan und schließlich die Bildung einer Gendarmerie-
truppe. — In der heutigen Vereinigung der Bot-
schafter und Geschäftsträger wurde die sofortige Ab-
reise der Militärattaches beschlossen, die im Verein
mit de« griechischen und türkische« Delegirte« di« neue
thessalische Grenze absteckea sollen. Die Botschafter
unternahmen bei der Pforte auch Schritte betreffead
die Rückkehr der geflüchteten Thessalier.
AuS Baden.
Heidelberg, 13. Okt.
----- Z« de« Landtagswahle« Die konservative
Partei hat gestern beschlossen, ihre Anhänger aufzu-
fordern, bei den Landtag-Wahlen ihre Stimmen für
die nationalliberalen Wahlmänner abzugeben.
----- I« Sachen -er Kanzler-Krisis bestätigt der
Hann. Cour der Post gegenüber die Meldung der
Freis Ztg., daß Fürst Hohenlohe bereits mehrmals
um seine Entlassung eingekommen sei. DaS Dementi
der Post sei Silbenstecherei, da es gleichgültig sei,
ob der Reichskanzler mündlich oder schriftlich seinen
Wunsch, aus dem Amte zu scheiden, dem Kaiser gegen-
über geäußert habe. Der Kaiser habe denn auch
innerhalb der letzten 20 Monate mit verschiedenen hohen
Herren wegen der Uebernahme des Kanzleramtes ver-
handelt, und eS scheine, als ob die immer wieder
hinausgeschobene Veröffentlichung der definitiven Er-
nennung des Botschafters v. Bülow zum Staatssekretär
des Auswärtigen mit der Kanzlerkrisis Zusammenhänge.
Der Hann. Cour, meint im weitern, der Kanzler-
posten habe nichts verlockendes, denn einmal sei der
Kaiser sein eigener Kanzler und zweitens hätten sich
daS Civilkabiuet, das Militärkabinet und dar Ma-
rinekabinet eine Vicekanzlerschaft angeeignet. Diesen
Einfluß der drei Kabinett führt daS Blatt auf die
vielen Reisen des Kaisers und die dadurch bedingte
häufige Trennung von den Minister» zurück. Der
Hann. Cour, läßt durcyblicken, daß angesichts dieser
Umstände Minister v. Miquel von der ihm zugedachten
Vicekunzlerschaft nichts habe wissen wollen.
Aus Nah und Fern.
Nachrichten für diese Rubrik find und jederzeit willkommen. — Mwoize
»«Sen werden stet» losort ersetzt.)
* Heidelberg, 13. Okt. lMuthmaßlicheS Wetter für
Donnerstag, den 14. Oktober.) Größtentheils bewölktes
und zu mehrfachen Niederschlägen geneigtes Wetter in
Aussicht zu nehmen.
* Heidewerg, 13. Okt. Mit Entschließung Großh.
Generaldirektion der Staatseisenbahnen vom 6. Okt. d. I.
wurde Expeditionsassistent Otto Stetter in Bühl zur Ver-
setzung einer Güterexpeditorenfielle nach Mannheim versetzt.
— Mit Entschließung Großh. Generaldirektio» der Staat--
eisenbahnen vom 7. Oktober d. I. wurden die Eisenbahn-
assistenten
Otto Umminger in Stockach,
August Küchle in Leopold-Höhe und
Joses Hartmann in Basel
zu ExPrditionSassistenten ernannt.
* Heidelberg, 13. Okt. Stadttheater. Mozart-
Oper »Die Hochzeit deS Figaro" ging am Montag glücklich
über die Bretter unserer Bühne- Die Gesammtaufführuna
dieser bekanntlich nicht leicht wiederzugebenden Oper, in
welcher außer Gesang auch noch die grariösen Bewegungen
rc. eine große Rolle spielen, muß in Anbetracht der An-
fängerschaft der Darsteller eine recht gute genannt werden.
Die musikalische Leitung wurde von Herrn Kapellmeister
C. Hildebrand aufs Beste durchgeführt. Mit großem Bei-
fall wurde Frl. Amalie Reiffel als (Cherubin) u. Herr Gör-
ger (Almaviva) deren Leistungen in Gesang und Spiel
ganz vorzüglich waren, ausgezeichnet. Befriedigend in Lös-
ung ihrer Aufgaben waren ferner die Damen Held (Gräfin),
Donninger (Susanne), Neuendorff (Marcelline), die Herren
Geißler (Figaro», Rudolph (Bortolo) und Marik al-Musik-
meister (Basilio).
* Heideweeg, 13. Okt Zwei Personen wurden wegen
Bettelns verhaftet- Ein Arbeiter, der von einer auswär-
tigen Behörde zur Straferstehung ausgeschrieben war,
wurde hier verhaftet und in das AmtSgefängniß verbracht.
* Nnßloch, 8. Okt. Gestern stürzte der schon be-
jährte W. L. in der „Krone" einige Treppen herunter,
sodaß er sich am Kopse schwere Verletzungen zuzog.
* Rauenberg, 10. Okt. Heute tagte hier eine
glänzend verlaufene Wahlversammlung der CentrumS-
partei. Herr Pfarrer Meier stellte den Kandidaten
Herr Bürgermeister Mayer von Malsch vor, der selbst
in kurzen, Kernigen Worten seine Stellung zum Pra-
gramm des CentrumS darlegte. ES sprachen die Herren
Redakteur Feige, Abgeordneter Oberamtsrichter Gießler,
Mechaniker König aus Mannheim und Stadtpfarrer
Weiß von Wiesloch. ES herrscht vorzügliche Wahl-
stimmung.
* Buche», 7. Okt. Gestern wurde durch die hie-
sige GenSdarmerie der Bürgermeister, der Polizei -
diener, ein Gemeinderath und sonst noch ein Bürger
von dem nahen Hettingenbeuren wegen dringenden
Verdacht- des Meineids verhaftet und in dar AmtS-
gefängniß abgeführt.
!"I Rosenberg, 11. Okt. Gestern Abend fand
im Gasthaus zur Rose hier eine freisinnige Versamm-
lung statt. Als Redner trat zuerst der Kandidat der
freisinnigen Partei Herr Hauptlehrer Rödel aus
Mannheim auf, der in trefflicher Weise daS Sünden-
register der Nationalliberalen auSeinandersetzte, sowie
das Programm seiner Partei besprach. Die Rational-
liberalen, die schon ohnedies ganz außer sich sind, daß
eine andere Partei eS wagen will, eine der verbissen-
sten Nationalliberalm aus de« Sitz zu heben, ent-
l sandte« allerdings einige ihrer gefährlichste« Bormän-
»er. Aber o SraüS! Ihr Ende war em sch«U
cheS. Statt sich ruhig zu verhalte«, am spät" °
Wort zu ergreife», wie e» jedem anständigen Memw
und besonders den Herren Nationalliberale» MAI
schimpften sie schon während des Vortrag- deS HA
Rödel in so gemeiner Weise, daß sie vom Vorsitze»"
mehrmals zur Ruhe gerufen werden mußten und A
Ordnungsruf erst dann einigermaßen Folge leiste»'
al» man ihnen mit Ausweisen drohte. Kaum h»
der Redner gemdet, als einer derselben W A«.
Wort meldete, aber vor Aufregung und Zittern
nicht sprechen konnte und zuletzt «och auf de» "vg
ordneten Klein toastirte, wobei die Erhebung der«
wesenden so spärlich war, daß man wirklich wcy
mußte. Ein anwesender Bezirksrath und ei» bekam«
Bürgermeister der Bezirks, des jeweilige« Oreram
manuS Getreuester wärmten noch ein Parthie natw»»
liberaler Kohl auf und versuchten in ganz ft'",
Weise auf die freisinnige Partei und daS Centrum s
schimpfen. Herr Rödel wies die Angriffe wiedery"
sachlich zurück. Sodann ergriff noch Herr
anvalt Frühauf aus Karlsruhe da- Wort und
über Eisenbahntarifreform, daS Altersversicherung
gesetz usw. Auch kam er auf die Freigibigkeü "
Nationalliberalen zu sprechen bezgl. deS Karlsruy
Hafens und des Theaters, worauf ihm von den n
tionalliberalen Helden entgegnet wurde: Ach w"
kommtS auf 2 V» Millionen Mark an, wie viel "
zahlt denn da ein Bauländer Bauer davon. HA
Frühauf aber leuchtete den H »rren so gründlich
daß sie sich schließlich nicht mehr zum W"
meldeten, sondern ergrimmt abzogen. Die Stimm»"»
für Herrn Rödel ist eine derartige, daß wenn em
germaßen gearbeitet wird, derselbe als Sieger an
der Urne hervorgehen wird, trotzdem die Liberale« m
allem Hochdruck thätig sind.
* Karlsruhe, 12. Okt. Ihre Königliche
die Großherzogin traf gestern Abend 7 Uhr WA
in Baden-Baden ein. Zur Abendtafel waren mem)
Personen eingeladen. Heute Vormittag nahm SA
Königliche Hoheit der Großherzog einen mehrstündig
Vortrag des Präsidenten der General-Intendanz
Civilliste, vr. Nicolai, entgegen. Mittag» erwart»-
die Großh. H-rrschafien den Besuch der Gräfin "
Flandern.
* Karlsruhe, 12. Okt. Die Handelskammer U
in ihrer letzte» Sitzung dem Gesetzentwurf über
Besteuerung der Wauderlager im Großen u.
zugestimmt. Besonders Wünschenswerth erscheint 0
Kammer eine scharfe Besteuerung der Wanderaumom -
* Karlsruhe, 11. Okt. Die „Karlsruher M"
veröffentlicht eine Verordnung über die Vorbereitung
für den höheren öffentlichen Dienst in der JnstAAA
der inneren Verwaltung, die eine Reihe erhebUM
Aenderungen der bisher bestehenden Vorschriften bring-
Veranlaßt ist diese Verordnung durch da- 1900 .
Kraft tretende Bürgerliche Gesetzbuch. GS ha»,
sich darum, daS bürgerliche Recht in Sen MittelPNA
des privatrechtlichen Studiums, sowie der Prüfung »
stelle», so daß eS künftig die Bedeutung gewinnt, "
bisher den Pandekten und dem badischen Landrem
eingeräumt war. Es sind künftig hin zu besuchen
Vorlesungen über 1) Einführung in die Rechi-wüst .
schäft, 2) römische RechtSgeschichte und System °.
römischen Privatrecht», 3) deutsche RechtSgeschichte».
Grundzüge des deutschen PrivatrechtS, 4) demsw
bürgerlicher Recht, bürgerliches Gesetzbuch nebst
und landesrechtlichen Ergänzungen, 5) Handels- u
Wechselrecht, 6) Srundzüge deS französischen u
badischen CivilrechtS. Einige Aenderungen, ine
Verordnung hinsichtlich de» juristischen Studium» ü
bracht hat, hänge» mit der Einführung des Bürg
lichen Gesetzbuches nicht zusammen. Sie besm
darin, daß der Besuch der Vorlesungen über Rem
Philosophie und über Völkerrecht gefordert wird, eveni
der Besuch der Vorlesungen über gerichtliche Medii
Auf Grund des so geänderten StudienplaneS 1
erstmals in dem im Frühjahr 1900 stattfinden
ersten juristischen Staatsexamen geprüft werden. A
Kandidaten, die sich dieser Prüfung unterziehe» wo» '
bleiben noch fünf Semester zur Vorbereitung, in oe
sie die neu vorgeschriebenen Vorlesungen überdemim
bürgerliches Recht usw-, die sie noch nicht SA
haben, besuchen können. Wenn gleichwohl Kandidat '
die sich der erste» juristischen Staatsprüfung in §
im Jahre 1900 oder später unterziehen wollen,, ?
triftigen Gründen einem oder dem andern der ou
die neue Verordnung eingeführte» Erfordeuisse, " A
entsprechen können, so läßt sich durch daS dem Mv?
Ministerium zustehende DiSpensationSrecht »00,
schaffen. Hinsichtlich der zweiten juristischen SM"
Prüfung sei eine Aenderung der bestehenden Borschnu
nicht nothwendig, weil diese nach wie vor das
sammtgebiet des in Baden geltenden Recht» 1» . s
fassen habe. E- versteht sich aber von s^ s
wie bisher alle neuen Reichs- und LandeSgeiesr
den Rahmen der zweiten Prüfung fielen, «NM A
da» am 1. Januar 1900 in Kraft tretende BU S
liche Recht vom Jahre 1900 ab geprüft werde»
selbstverständlich, daß die Regierung um Aufklärung
angegangen werden wird und daß dabei entschieden die
Forderungen des Rechts geltend gemacht werden. TS
muß gezeigt werden, daß die bayerische Regierung
die Rückendeckung des Landtags besitzt. Dieser Auf-
klärungsdienst wird alsbald unternommen werden;
eine eigene Interpellation ist nicht nöthig, da bereits
im Finanzausschuß die Berathung des Militäretats
begann.
Deutsches Reich.
* Leipzig, 12. Okt. Verworfen wurde vom
Reichsgericht die Revision Liebknechts, der vom Ge-
richt in Breslau am 14. November 1895 wegen
Majestätsbeleidigung zu neun Monaten Gefänguiß
verurtheilt wurde.
Ausland.
* Ber«, 12. Okt. Der Nationalrath hat daS
Bundesgesetz betreffend die Einführung einer staatlichen
Krankenversicherung unter NamenSauSruf mit 101
gegen neun Stimmen angenommen. 9 Abgeordnete,
darunter Wullschleger (Basel, Sozialdemokrat), ent.
hielten sich der Abstimmung.
* Rom, 12. Okt. Die Ruhe ist wiederhergestellt.
Die Truppen hielten bis nach Mitternacht die Kampf-
plätze besetzt. Einen eigenthümlichen Eindruck wacht
das Manifest des Präfekten, daS zur Ruhe auffordert
und offenbart, der Präfekt habe die Unordnungen er-
wartet. Um so mehr eifern die Morgenblätter gegen
die Regierung, die alle Vorsichtsmaßregeln verabsäumt
hätte.
* Rom, 12. Okt. Infolge der gestrigen Ruhe-
störungen hat der Präfekt die Auflösung der römischen
sozialistischen Vereine augeordnet. Die Leiche be-
bet dem Zusammenstöße Getödteten, der anscheinend
ein Hutmachergehilse war, wurde nach dem Friedhof
von Campo Berano gebracht. Bisher sind 24 Per-
sonen verhaftet worden.
* Rom, 12. Okt. Dar Aussehen der Stadt am
heutigen Tage ist wieder dar gewöhnliche. Der gestern
getödtete Rädelsführer ist 17 Jahre alt und heißt
Lambert Chezzi. Während der letzten Nacht wurden
35 Personen festgenommen, welche verdächtig sind, an
den Ausschreitungen theilgenommen zu haben.
* Londo«, 11. Okt. Die Delegirtenkonferenz der
vereinigten Schiffballgewerke, die heute in Carlisle
zusammeutrat, um darüber zu beschließen, was zu
thu» sei, nachdem vorige Woche die Besitzer der
Londoner SchiffSreparaturwerfte ihren Kesselschmieden
angekündigt haben, daß der Achtstundentag abgeschafft
und der Neunstundentag wieder eingeführt würde,
ernannte heute eine Kommission, die sich an das
HaudelSamt wenden und diese- um Vermittlung in
dieser Sache ersuchen soll.
* London, 12. Okt. Obgleich gestern die in
Carlisle versammelten Delegirteu der Bereinigten
Schiffsbaugewerke beschlossen habe», daS Handelsamt
zu ersuchen, eine Konferenz zwischen ihnen und den
Unternehmern herbeizuführen, um über die allgemeine
industrielle Lage zu diskutiren, scheint er nicht aus-
geschlossen zu sein, daß die Londoner Kesselschmiede
doch den Kampf gegen die hiesigen Reparaturwerfte
beginnen, die ihnen wieder den Neunstundentag auf.
zwingen wollen. Die Stimmung unter den Kessel-
schmieden ist äußerst erbittert. Dagegen erscheint e»
wenig wahrscheinlich, daß die Angehörigen der Ber-
einigten Schiffbaugewerke überhaupt, im Ganze»
400 000 Mann, in den Kampf hineingezogen werden.
Die Maschinenbauer sind indessen über den gestern in
Carlisle gefaßten Beschluß arg verstimmt. Noch
gestern spät am Abend bezweifelte der Sekretär der
Vereinigten Gesellschaft der Maschinenbauer, daß ein
solcher Beschluß gefaßt sei, und nun sagen die Ma-
schinenbauer, baß die Vereinigten Schiffbaugewerke
sie im Stich ließen.
* Havanna, 12. Okt. General Weyler wird sich
am 20. d. M. nach Spanien einschiffen. General
Weyler hat eine Amnestieverfügung unterzeichnet.
Dieselbe erstreckt sich auf fast alle kubanischen Depor-
tirten, denen die Rückkehr nach der Insel gestattet
wird.
* Konstantinopel, 12. Okt. Dar den Vertretern
der Türkei bei den Mächten über die kretische Frage
übermittelte Rundschreiben der Pforte schlägt folgende
Lösung vor: Entwaffnung der Christen und Mnha-
medaner durch türkische Truppen, deren Anzahl zu
vermehren wäre, unter Mitwirkung der internationalen
Truppen, sämmtlich unter dem Kommando eine- euro-
päischen Generals in türkischen Dienste», ferner die
Ernennung eines geeignete» Gouverneur- durch den
Sultan und schließlich die Bildung einer Gendarmerie-
truppe. — In der heutigen Vereinigung der Bot-
schafter und Geschäftsträger wurde die sofortige Ab-
reise der Militärattaches beschlossen, die im Verein
mit de« griechischen und türkische« Delegirte« di« neue
thessalische Grenze absteckea sollen. Die Botschafter
unternahmen bei der Pforte auch Schritte betreffead
die Rückkehr der geflüchteten Thessalier.
AuS Baden.
Heidelberg, 13. Okt.
----- Z« de« Landtagswahle« Die konservative
Partei hat gestern beschlossen, ihre Anhänger aufzu-
fordern, bei den Landtag-Wahlen ihre Stimmen für
die nationalliberalen Wahlmänner abzugeben.
----- I« Sachen -er Kanzler-Krisis bestätigt der
Hann. Cour der Post gegenüber die Meldung der
Freis Ztg., daß Fürst Hohenlohe bereits mehrmals
um seine Entlassung eingekommen sei. DaS Dementi
der Post sei Silbenstecherei, da es gleichgültig sei,
ob der Reichskanzler mündlich oder schriftlich seinen
Wunsch, aus dem Amte zu scheiden, dem Kaiser gegen-
über geäußert habe. Der Kaiser habe denn auch
innerhalb der letzten 20 Monate mit verschiedenen hohen
Herren wegen der Uebernahme des Kanzleramtes ver-
handelt, und eS scheine, als ob die immer wieder
hinausgeschobene Veröffentlichung der definitiven Er-
nennung des Botschafters v. Bülow zum Staatssekretär
des Auswärtigen mit der Kanzlerkrisis Zusammenhänge.
Der Hann. Cour, meint im weitern, der Kanzler-
posten habe nichts verlockendes, denn einmal sei der
Kaiser sein eigener Kanzler und zweitens hätten sich
daS Civilkabiuet, das Militärkabinet und dar Ma-
rinekabinet eine Vicekanzlerschaft angeeignet. Diesen
Einfluß der drei Kabinett führt daS Blatt auf die
vielen Reisen des Kaisers und die dadurch bedingte
häufige Trennung von den Minister» zurück. Der
Hann. Cour, läßt durcyblicken, daß angesichts dieser
Umstände Minister v. Miquel von der ihm zugedachten
Vicekunzlerschaft nichts habe wissen wollen.
Aus Nah und Fern.
Nachrichten für diese Rubrik find und jederzeit willkommen. — Mwoize
»«Sen werden stet» losort ersetzt.)
* Heidelberg, 13. Okt. lMuthmaßlicheS Wetter für
Donnerstag, den 14. Oktober.) Größtentheils bewölktes
und zu mehrfachen Niederschlägen geneigtes Wetter in
Aussicht zu nehmen.
* Heidewerg, 13. Okt. Mit Entschließung Großh.
Generaldirektion der Staatseisenbahnen vom 6. Okt. d. I.
wurde Expeditionsassistent Otto Stetter in Bühl zur Ver-
setzung einer Güterexpeditorenfielle nach Mannheim versetzt.
— Mit Entschließung Großh. Generaldirektio» der Staat--
eisenbahnen vom 7. Oktober d. I. wurden die Eisenbahn-
assistenten
Otto Umminger in Stockach,
August Küchle in Leopold-Höhe und
Joses Hartmann in Basel
zu ExPrditionSassistenten ernannt.
* Heidelberg, 13. Okt. Stadttheater. Mozart-
Oper »Die Hochzeit deS Figaro" ging am Montag glücklich
über die Bretter unserer Bühne- Die Gesammtaufführuna
dieser bekanntlich nicht leicht wiederzugebenden Oper, in
welcher außer Gesang auch noch die grariösen Bewegungen
rc. eine große Rolle spielen, muß in Anbetracht der An-
fängerschaft der Darsteller eine recht gute genannt werden.
Die musikalische Leitung wurde von Herrn Kapellmeister
C. Hildebrand aufs Beste durchgeführt. Mit großem Bei-
fall wurde Frl. Amalie Reiffel als (Cherubin) u. Herr Gör-
ger (Almaviva) deren Leistungen in Gesang und Spiel
ganz vorzüglich waren, ausgezeichnet. Befriedigend in Lös-
ung ihrer Aufgaben waren ferner die Damen Held (Gräfin),
Donninger (Susanne), Neuendorff (Marcelline), die Herren
Geißler (Figaro», Rudolph (Bortolo) und Marik al-Musik-
meister (Basilio).
* Heideweeg, 13. Okt Zwei Personen wurden wegen
Bettelns verhaftet- Ein Arbeiter, der von einer auswär-
tigen Behörde zur Straferstehung ausgeschrieben war,
wurde hier verhaftet und in das AmtSgefängniß verbracht.
* Nnßloch, 8. Okt. Gestern stürzte der schon be-
jährte W. L. in der „Krone" einige Treppen herunter,
sodaß er sich am Kopse schwere Verletzungen zuzog.
* Rauenberg, 10. Okt. Heute tagte hier eine
glänzend verlaufene Wahlversammlung der CentrumS-
partei. Herr Pfarrer Meier stellte den Kandidaten
Herr Bürgermeister Mayer von Malsch vor, der selbst
in kurzen, Kernigen Worten seine Stellung zum Pra-
gramm des CentrumS darlegte. ES sprachen die Herren
Redakteur Feige, Abgeordneter Oberamtsrichter Gießler,
Mechaniker König aus Mannheim und Stadtpfarrer
Weiß von Wiesloch. ES herrscht vorzügliche Wahl-
stimmung.
* Buche», 7. Okt. Gestern wurde durch die hie-
sige GenSdarmerie der Bürgermeister, der Polizei -
diener, ein Gemeinderath und sonst noch ein Bürger
von dem nahen Hettingenbeuren wegen dringenden
Verdacht- des Meineids verhaftet und in dar AmtS-
gefängniß abgeführt.
!"I Rosenberg, 11. Okt. Gestern Abend fand
im Gasthaus zur Rose hier eine freisinnige Versamm-
lung statt. Als Redner trat zuerst der Kandidat der
freisinnigen Partei Herr Hauptlehrer Rödel aus
Mannheim auf, der in trefflicher Weise daS Sünden-
register der Nationalliberalen auSeinandersetzte, sowie
das Programm seiner Partei besprach. Die Rational-
liberalen, die schon ohnedies ganz außer sich sind, daß
eine andere Partei eS wagen will, eine der verbissen-
sten Nationalliberalm aus de« Sitz zu heben, ent-
l sandte« allerdings einige ihrer gefährlichste« Bormän-
»er. Aber o SraüS! Ihr Ende war em sch«U
cheS. Statt sich ruhig zu verhalte«, am spät" °
Wort zu ergreife», wie e» jedem anständigen Memw
und besonders den Herren Nationalliberale» MAI
schimpften sie schon während des Vortrag- deS HA
Rödel in so gemeiner Weise, daß sie vom Vorsitze»"
mehrmals zur Ruhe gerufen werden mußten und A
Ordnungsruf erst dann einigermaßen Folge leiste»'
al» man ihnen mit Ausweisen drohte. Kaum h»
der Redner gemdet, als einer derselben W A«.
Wort meldete, aber vor Aufregung und Zittern
nicht sprechen konnte und zuletzt «och auf de» "vg
ordneten Klein toastirte, wobei die Erhebung der«
wesenden so spärlich war, daß man wirklich wcy
mußte. Ein anwesender Bezirksrath und ei» bekam«
Bürgermeister der Bezirks, des jeweilige« Oreram
manuS Getreuester wärmten noch ein Parthie natw»»
liberaler Kohl auf und versuchten in ganz ft'",
Weise auf die freisinnige Partei und daS Centrum s
schimpfen. Herr Rödel wies die Angriffe wiedery"
sachlich zurück. Sodann ergriff noch Herr
anvalt Frühauf aus Karlsruhe da- Wort und
über Eisenbahntarifreform, daS Altersversicherung
gesetz usw. Auch kam er auf die Freigibigkeü "
Nationalliberalen zu sprechen bezgl. deS Karlsruy
Hafens und des Theaters, worauf ihm von den n
tionalliberalen Helden entgegnet wurde: Ach w"
kommtS auf 2 V» Millionen Mark an, wie viel "
zahlt denn da ein Bauländer Bauer davon. HA
Frühauf aber leuchtete den H »rren so gründlich
daß sie sich schließlich nicht mehr zum W"
meldeten, sondern ergrimmt abzogen. Die Stimm»"»
für Herrn Rödel ist eine derartige, daß wenn em
germaßen gearbeitet wird, derselbe als Sieger an
der Urne hervorgehen wird, trotzdem die Liberale« m
allem Hochdruck thätig sind.
* Karlsruhe, 12. Okt. Ihre Königliche
die Großherzogin traf gestern Abend 7 Uhr WA
in Baden-Baden ein. Zur Abendtafel waren mem)
Personen eingeladen. Heute Vormittag nahm SA
Königliche Hoheit der Großherzog einen mehrstündig
Vortrag des Präsidenten der General-Intendanz
Civilliste, vr. Nicolai, entgegen. Mittag» erwart»-
die Großh. H-rrschafien den Besuch der Gräfin "
Flandern.
* Karlsruhe, 12. Okt. Die Handelskammer U
in ihrer letzte» Sitzung dem Gesetzentwurf über
Besteuerung der Wauderlager im Großen u.
zugestimmt. Besonders Wünschenswerth erscheint 0
Kammer eine scharfe Besteuerung der Wanderaumom -
* Karlsruhe, 11. Okt. Die „Karlsruher M"
veröffentlicht eine Verordnung über die Vorbereitung
für den höheren öffentlichen Dienst in der JnstAAA
der inneren Verwaltung, die eine Reihe erhebUM
Aenderungen der bisher bestehenden Vorschriften bring-
Veranlaßt ist diese Verordnung durch da- 1900 .
Kraft tretende Bürgerliche Gesetzbuch. GS ha»,
sich darum, daS bürgerliche Recht in Sen MittelPNA
des privatrechtlichen Studiums, sowie der Prüfung »
stelle», so daß eS künftig die Bedeutung gewinnt, "
bisher den Pandekten und dem badischen Landrem
eingeräumt war. Es sind künftig hin zu besuchen
Vorlesungen über 1) Einführung in die Rechi-wüst .
schäft, 2) römische RechtSgeschichte und System °.
römischen Privatrecht», 3) deutsche RechtSgeschichte».
Grundzüge des deutschen PrivatrechtS, 4) demsw
bürgerlicher Recht, bürgerliches Gesetzbuch nebst
und landesrechtlichen Ergänzungen, 5) Handels- u
Wechselrecht, 6) Srundzüge deS französischen u
badischen CivilrechtS. Einige Aenderungen, ine
Verordnung hinsichtlich de» juristischen Studium» ü
bracht hat, hänge» mit der Einführung des Bürg
lichen Gesetzbuches nicht zusammen. Sie besm
darin, daß der Besuch der Vorlesungen über Rem
Philosophie und über Völkerrecht gefordert wird, eveni
der Besuch der Vorlesungen über gerichtliche Medii
Auf Grund des so geänderten StudienplaneS 1
erstmals in dem im Frühjahr 1900 stattfinden
ersten juristischen Staatsexamen geprüft werden. A
Kandidaten, die sich dieser Prüfung unterziehe» wo» '
bleiben noch fünf Semester zur Vorbereitung, in oe
sie die neu vorgeschriebenen Vorlesungen überdemim
bürgerliches Recht usw-, die sie noch nicht SA
haben, besuchen können. Wenn gleichwohl Kandidat '
die sich der erste» juristischen Staatsprüfung in §
im Jahre 1900 oder später unterziehen wollen,, ?
triftigen Gründen einem oder dem andern der ou
die neue Verordnung eingeführte» Erfordeuisse, " A
entsprechen können, so läßt sich durch daS dem Mv?
Ministerium zustehende DiSpensationSrecht »00,
schaffen. Hinsichtlich der zweiten juristischen SM"
Prüfung sei eine Aenderung der bestehenden Borschnu
nicht nothwendig, weil diese nach wie vor das
sammtgebiet des in Baden geltenden Recht» 1» . s
fassen habe. E- versteht sich aber von s^ s
wie bisher alle neuen Reichs- und LandeSgeiesr
den Rahmen der zweiten Prüfung fielen, «NM A
da» am 1. Januar 1900 in Kraft tretende BU S
liche Recht vom Jahre 1900 ab geprüft werde»