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Pfälzer Volksblatt: Organ für Wahrheit, Freiheit & Recht — 1.1897

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Dezember 1897
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Nr. 298
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https://doi.org/10.11588/diglit.42846#1242

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Haupte seiner Kirche bestellt hat, damit er nach dem
Auftrage des Hrrra seine ganze Heerde, Lämmer und
Schafe, weiden soll. Er wird am Altäre in die
innigste Vereinigung mit seinem Herrn und Meister
treten; da wird er „Jrsum Christum anziehen", wird
sich bestreben, die Liebe Jesu Christi zu seinen Scha-
fen in sich aufzunehmen und seinen Eifer für deren
Rettung nachzsahmen.
Wie eng und innig aber, geliebte Diözesanen, der
hl. Vater in Folge seines Amtes mit Christus ver-
bunden ist, das lehrt uns mit herrlichen Worten der
hl. Augustinus: „ÄlS der Herr sprach: „Ich bin der
gute Hirt," und andere Hirten nicht erwähnte, so ge-
schah dies nicht deshalb, wül er keine andern gefunden
hätte, denen er seine Schafe anvertrauen konnte, dem
Petrus wurden sie ja an vertraut: aber er wollte ge-
rade in PetruS die Einheit empfehlen. Es gab viele
Apostel, aber nur einem wird gesagt: Weide meine
Schafe. Alle guten Hirten sind in einem vereinigt,
alle sind eins: sie weiden, aber Christus weidet in
ihnen. Darum spricht er: „Ich weide," denn in
ihnen ist seine Stimme, in ihnen seine Liebe. Darum
wollte er den PetruS, dem er seine Schafe anvertraute,
zu einem zw fiten Christus und so mit sich eins ma-
chen. Was sagt er ihm deshalb, bevor er ihm die
Schafe anvertraute, um sie nicht andern anzuvertrauen?
„Petrus, liebst du mich?" Und Petrus antwortete:
Ja, ich liebe, und so abermals und zum dritten
Male; Christus bestätigt die Liebe und befestigt die
Einheit."
Wie JssuS Christas durch eigene Macht der ein-
zige Hirte ist, und alle andere Hirten nur aus ihm
ihre Gewalt empfangen und in ihm ihr Amt recht-
mäßig verwalten, so will er, daß auch in seiner Kirche
ein Oberhirt alle andern zur Einheit zusammensüze
und in der Einheit erhalte. In der Stimme dieses
Oberhirten sollen wir die Stimme Christi, in seiner
Sorgfalt für das Heil der Heerde die Liebe Christi
erkennen.
Durch alle Jahrhunderte hindurch waren die
Nachfolger Petri sich des Auftrages unseres Heilandes
bewußt; durch alle Jahrhunderte hindurch haben sie
sich bemüht, die Pflichten eines guten, treuen Hirten
zu erfüllen. Ihren unermüdlichen Arbeiten und Opfern
haben wir eS nächst dem Schutze und der Hülfe Gottes
zu verdanken, daß die Einheit der katholischen Kirche
unversehrt bewahrt worden ist, und daß der Glaube
an die Gottheit Jesu Christi, in welchem allein Heil
und Seligk-it zu finden ist, trotz aller Anfechtungen
der Irrlehre und der falschen Weisheit sich rein und
ungetrübt erhalten hat.
Wer möchte es nun, geliebte Diöcesanen, unserer
kindlichen Liebe verargen, wenn wir uns von ganzem
Herzen freuen, in Leo XIU. einen würdigen Nachfolger
der edelsten und verdienstvollsten Oberhirten der Kirche
verehren zu können ? Seine Stimme verkündet uns
die Wahrheiten deS ewigen Heiles, sie erhebt sich un-
ermüdlich und unerschrocken inmitten unserer sturm -
bewegten Zeit, um die drohenden Gefahren abzuwen-
den und den Völkern den Weg der Wahrheit zu
weisen. Seine Liebe ist die Liebe Christi; mit dem
Völkerapostel darf er in Wahrheit sprechen: „Die
Liebe Christi treibt mich an," und deshalb verlangt
er rastlos, alle Christen in die Hände des guten
Hirten zu führen, alle, die durch Vorurtheil oder
Unkenntniß von der katholischen Kirche getrennt sind,
in ihre Mutterarme und an ihr Mutterherz zurück-
zuführen. Mögen nun auch diese liebevollen Bemüh-
ungen von den Widersachern als herrschsüchtiges Stre-
ben ausgelegt werden, mag auch sein edler Opfersinn
von den Gegnern als schlaue Berechnung verdächtigt
werden: sein Eifer wird dadurch nicht gehemmt, sein
Liebesdrang nicht gelähmt. Er weiß, daß er der
Stellvertreter des Gekreuzigten ist, und daß der Schüler
nicht über dem Meister steht; er betet für seine Ver-
folger, für die armen Verirrten, welche seine Groß-
muth verkennen und seinen Friedensruf schmähen.
Er weiß, daß er Stellvertreter des göttlichen Hirten
ist; seine unermüdlichen Bemühungen, alle christlichen
Nationen zur Einheit des Glaubens zurückzuführen,
sind der leuchtenste Beweis dafür. Könnte er ruhig
zusehe», wie so viele Seelen zu Grunde gehen? Ließen
ihn die Leiden der armen Irrenden kalt und theil-
namlos, so wäre er nicht mehr der gute Hirt, welcher
dem verlorenen Schäflein in die Wüste nacheilt; so
könnte er auf die Frage des Herrn: „Liebst du mich ?"
nicht mehr mit Petrus erwidern: „Ja, Herr, du
weißt, daß ich dich liebe."
Je mehr indeß, geliebte Diöcesanen, unser gemein-
samer Vater in Christo in der Ausübung seiner
Hirtenpflicht verkannt wird, je mehr arme Bethörte
seinen Lsidenskelch mit Bitterkeit anfüllen, um so in-
niger wollen wir uns um ihn schaaren. Seit der
ersten Verfolgung, welche in Jerusalem über Petrus
hereinbrach, ist eS zu allen Zeiten Sitte in der Kirche
gewesen, heiße Gebete für das Oberhaupt der Kirche
zum Himmel zu senden. Dies verlangt i die Liebe,
welche uns mit dem Stellvertreter Christi vereinigt,
sowie die Dankbarkeit für alle seine Mühen und
Hirtensorgen. Seit Jahren führt der h. Vater uns

im Monat Oktober zu den Füßen der allerseligste»
Jungfrau, damit ihre mächtige Fürsprache der Kirche
und unser« Seelen Gnade und Schutz von oben er-
flehe. Häufig mahnt er uns bei solchem Anlaß, daß
wir auch seiner gedenken. „DrS christliche Volk,"
so schrieb er vor einigen Jahren, „das um die Altäre
der erhabenen Gottesmutter niederkuiet, bitten wir um
sein Gebet sowohl für die vom Sturme der Zeit be-
drohte Kirche, als auch für Uns selbst, die Wir in
bereits vorgerücktem Atter, von Mühen erschöpft, von
den größten Schwierigkeiten bedrängt, von menschlicher
Hülfe entblößt, das Steuer der Kirche führen."
Dieser Aufforderung des h. Vaters werden wir ge-
wiß treu nachkommen. Eingedenk seiner bedrängten
Lage und der großen Opfer, welche die Regierung
der ganzen Kirche, die immer sich steigernden Bedürf-
nisse der Missionen von ihm erheischen, wollen wir
auch die Gaben unserer kindlichen Liebe in höherm
Maße als sonst ihm freudig bieten und uns bestreben,
wie die Christen der ersten Zeiten, „Wohlzuthun, indem
wir an seiner Trübsal Anryeil nehmen". Den größ-
ten Trost werden swir aber dem Vaterherzeu unseres
obersten Hirten bereiten durch einen wahrhaft christ-
lichen Wandel. Mit den Gesinnungen des h. Joh.
spricht er: „Eine größere Freude habe ich nicht, als
die, daß ich höre: meine Kinder wandeln in der
Wahrheit." Dann dürfen wir hoffen, daß Gott un-
sere Gebete für ihn erhöre und seine Tage verlängern
werde: „Denn, wenn die Menschen klug sind, sagt
die h. Schrift, und die ihnen mitgetheilte Wrisheit
verstehen, wird des Fürsten Leben verlängert."
Möge denn der Herr den Jubelgreis mit den
süßesten Tröstungen erquicken, damit er, in der Freude
seines Herzens verjüngt, mit ungebrochener Kraft seines
hohen Amtes weiter walte und täglich von neuem die
Wahrheit der Worte erfahre, die er vor sechszig
Jahren zum ersten Male am Altäre sprach: „Sende,
o Gott, dein Licht und deine Wahrheit. Sie leiten
mich und führen mich hinan zu deinem heiligen Berge."
Euch alle aber, geliebte Diöcesanen, segnen wir
im Namen des Vaters und des Sohnes und des
heiligen Geistes. Amen.
Im Anschluß an den vorstehenden Hirtenbrief
verordnen Wir was folgt:
1. Der Hirtenbrief soll am Feste des h. Stepha-
nus, den 26. d. M-, in allen Kirchen unserer Diöce-
sen von der Kanzel verkündet werden.
2. An dem NeujrhrStage findet die kirchliche Frier
des Jubelfestes des heiligen Vaters und zwar in
folgender Weise statt: a. bei der Predigt des Fest-
tages soll auf die Jubelfeier des heiligen Vaters hin-
gewiesen werden; b. im Anschluß an das Hochamt
wird ein feierliches Tedeum gesungen; o. es soll an
diesem Tage eine Kirchen-Colleete abgehalten werden,
deren Ertrag als besonderer PeterSpfennig von Uns
an den heiligen Vater eingesandt werden wird.
Gegeben am Octavtage deS Festes Mariä-Em-
pfängniß, 15. Dezember 1897.
Philippus Cardinal Krementz, Erzbischof von Köln.
Georg Cardinal Kopp, Fürstbischof von Breslau.
Florian, Erzbischof von Gnesen und Posen.
Wilhelm, Bischof von Hildesheim.
Michael Felix, Bischof von Trier.
Bernard, Bischof von Osnabrück.
Andreas, Bischof von Ermland.
Paulus Lropoldus, Bischof von Mainz.
Karl, Bischof von Limburg.
Leo, Bischof von Culm.
Johann Baptist, Titularbischof von Philadelphia
und katholischer Feldpropst der preußischen Armee.
Hermann, Bischof von Münster.
Hubertus, Bischof von Paderborn.
GeorgiuS Ignatius, Bischof von Fulda.
Friedrich Justus Knecht, Titularbischof von Nebo
und Capitular-Bicar von Freiburg.

Deutsches Reich.
* Werlm, 28. Dez. In der trauergeschmückten
dicht gefüllten Hedwigskirche celebrirte heute Probst
Neuber für die verstorbene Gemahlin des Reichskanz-
lers ein feierliches Requiem, welchem in Vertretung
des Kaisers Prinz und Prinzessin Friedrich Leopold,
ferner höhere Beamten des Auswärtigen Amtes, Mit-
glieder des Bundesraths, deS Staatsministeriums, deS
diplomatischen Corps, Admiral Knorr usw. anwohnte.
DaS Prinzenpaar Friedrich Leopold drückte dem Prin-
zen und der Prinzessin zu Hohenlohe-SchillingSfürst
sein warmes Beileid aus. Der Reichskanzler war
abwesend; er kehrt erst Abends nach Berlin zurück.

Ausland.
* London, 28. Dez. Die Maschinenbauerhaben,
wie bereits kurz gemeldet wurde, die Vorschläge der
Unternehmer und den Kompromißvorschlag wegen der
51 stündigen Arbeitswoche mit überwältigender Mehr-
heit abgelehnt. Für die Vorschläge der Unternehmer
stimmten 758, dagegen 23,752, für die 51stündige
Arbeitswoche 1892 und dagegen 20,098 Mann. Die
Konferenz tritt heute gar nicht wieder zusammen, son-

dern das Resultat der Abstimmung wird dem Verbände
der Unternehmer mitgetheilt. Er wird als selbstver-
ständlich betrachtet, baß damit der Waffenstillstand) zu
Ende ist und weitere Aussperrungen sofort vorge-
nommen werden.
* Gibraltar, 27. Dez. Prinz Heinrich ist heute
Nachmittag hier gelandet und von einer Ehrenwache
der Gardegrenadiere empfangen worden. Er stattete
dem Gouverneur Sir R. Bibdulph einen Besuch ab
und dieser wird heute Abend zu Ehren des Prinzen
ein Diner geben.

Aus Nah und Fern.
Nachri chtr» für diese Rubrik sind unr jederzeit willkommen.; — Tt««i-e
Koken werden stets sofort ersetzt.»
* Heidelberg, 28. Dez. (Muthmaßlichss Wetter für
Donnerstag SO Dezember.) Fortgesetzt trockenes und auch
mehrfach heiteres Frostwetter in Aussicht zu nehmen.
R Hetdelbeeg, 27. Dez. (Heidelberger Stadt
theater.) „Der Hütteavesitzer," das französische Schau-
spiel von Georges Ohnet ging am Montag Abend auf
unserer Bühne in Scene. Es wäre jedoch vor Allem
wünschenswecth, wenn die Darsteller sich den wohlgemein-
ten Rath beherzigen würden, möglichst deutlich, nicht zu
Haiti!, u. etwas mehr mi! der Sprache hervorginqen. denn
der Anfang des ersten Aktes war kaum zu verstehen, erst
nachher gelang es etwas mehr in das ^richtige Fahrwasser
zu kommen. Abermals hat Fräulein Valerie schröder
mit ihrer Rolle als „Claire" sich großen Beifall zu er-
ringen verstanden. Die Marquise der Frau Frenzel war
eine gute Leistung; recht wacker als Sohn hielt sich Herr
Gröbel. Das Ehepaar „von Pcsfont" Fcl. Sander und
Herr Dankmar gefielen sehr gut; Herr M-Hnert stellte
den „Philipps Derblay" aufs vorzüglichste dar, ebenso
war Fcl. Haardt wie immer die liebliche „Suzane." Die
Maske des blasirten „Herzogs von Bligny" Herr Frank
mißfiel im höchsten Grabe, als Ersatz galt sein gutes
Spiel- Höchst lobend sei noch Herrn Stettner und Frl.
Timony als „Moulinet" und Tochter, nebst Herrn Heil
(„Bachelin") gedacht.
* Heidelberg, 29. Dez. Die Reithalle in Schwetzin-
gen wurde von der Firma I. Schweb jc. in Heidelberg um
die Summe von 1220 M- ersteigert.
* Heidelberg. 29. Dez. Herr Dyk verkaufte sei»
Haus Karlsstraße Nc. 9 an Herrn Kohlenhändler Pfisterer
um den Preis von 32,000 M. Die Vermittelung erfolgte
durch die Liegenschaftsagentur der Herrn Pfenninger.
* Heidelberg, 29. Dez. Gestern Abend entstand in
einem Hause in Neuenheim ein Kaminbrand. Durch
das rasche Eingreifen des Feuerwehr-Hauptmannes wurde
derselbe gelöscht, ohne Schaden zu verursachen.
* Kirchheim, 27. Dez. Dem Vernehmen nach
beabsichtigt die Elektricitätszesellschaft Lahmeier u. Cv.
die Orte Kirchheim, Eppelheim und Wieblingen mit
elektrischem Licht zu versehen und sind diesbezügliche
Verhandlungen im Mang.
? Dossenheim, 29. Dez. Herr Bierbrauereibe-
sitzer Merkel ist im Besitze eines NatureiSerzmgniß-
apparateS. Derselbe ist seit einigen Tagen in Thätig-
keit und liefert ein sehr dauerhaftes, krystallhelleS Eis.
Dasselbe ist bis jetzt 2V- Meter lang und 30 biL",40
Centimeter dick. Wer noch nie einen solchen Apparat
gesehen, sollte es nicht versäume», denselben bei Hrn.
Merkel zu besichtigen.
* Mannheim, 27. Dez. Zur Erweiterung des
hiesigen Hauptpostgebäudes hat sich die Rfichspost
das anstoßende Haus der Gebr. Schneider (Juwelier
Gustav und Cigarrenhändler Adolf Schneioer) zum
Preise von 180,000 M. an die Hand geben lassen.
Die Gebr. Schneider sind bis 1. April 1900 ge-
bunden. — Für die Errichtung eines Börsengebäudes
sind bereits gegen 440,000 M. gezeichnet. Haupt-
zeichner sind Rheinische Creditbank und Jakob Hirsch
Söhne mit je 30,000 M.
* Schriesheim, 27. Dez. Der N. B. L. wird von
hier geschrieben: Die Tabakverwiegung ist für diese-
Jahr beendet und sehen wir auf ganz geringe Ein-
nahmen zurück. Die Preise bewegten sich 'zwischen
10 und 14 Mark pro Zentner Tabak und lohnt sich
um diesen Preis unser Tabakbau nicht mehr. Ent-
weder müssen wir zum Anbau von Cigarrengut über-
gehen, oder den Tabakbau einschränken, jedoch was
sollen wir bei unserem theuren Grund und Boden für
Handelsgewächse bauen, die sich rentiren? Bei dieser
Gelegenheit hätten wir auch an die Großh. Zollbehörde
eine Bitte zu richten, uns nämlich in Zukunft von
den Schreibgebühren zu befreien, die wir beim Ver-
wiegen von Tabak und Sandblatt an den Acciser zu
bezahlen haben. In unserer Nachbargemeinve
Dossenheim sowie im Heidelberger Amt
kennt man diese Einrichtung nicht. Wen» der Beamte
eine Vergütung für das Verwiegen verdient, dann soll
sie ihm aus der Staatskasse, und nicht aus der
Tasche der einzelnen Tabakspflanzer zu Theil werden.
Man kann den Leuten die nöthige Anleitung gratis
geben, ohne dabei in einen abschnauzenden Feldwebel-
ton zu verfallen, denn so beschränkt sind unsere Land-
wirthe hier denn doch nicht, daß sie das Ausfällen
einer Jmpresse, was sie beim Anpflanzen ja auch thun
müssen, nicht lernen sollten.
* Schalthause», 24. Dez. Gestern wurden hier
9800 M. Tabaksgelder ausgezahlt für 384 Ctr.
abgelieferte Waare. Sämmtliche Tabake wurden an
die Firma GernSheimer i» Heidelberg ver-
kauft.
 
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