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Die Kunst-Halle — 4.1898/​1899

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Nummer 13
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Galland, Georg: Neues von alter Kunst
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Rust, Agnes: Die Cornicelius-Ausstellung in Hanau
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https://doi.org/10.11588/diglit.63302#0227

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>——2- Die A u n st - p a l l e

Nr. p

GZ

heiliathun: gewordenen Grab-Moschee des Schech
Sefi in Ardebil, unweit des Südrandes des Kas-
pischen Meeres, mehrere Ausnahmen und Grundriß-
zeichnungen, dazu ausführliche Details, gewidmet.
Im s6. Jahrhundert begonnen, wurde diese nut
ihren Vorhöfen, Gallen, Bassins und Portalen sehr
opulent entfaltete Anlage erst unter Abbas II., laut
Inschrift im Jahre vollendet. In der Aus-
bildung der Pauptportale als tiefe Nischen mit
spitzen: Kielbogenschluß, außen eine Flankirung der
Gingänge von runden Minarehs — darin erblickt
man eine auf die alte Sassanidenzeit und deren
Palastbauten zurückreichende Tradition. Auch by-
zantinische Einflüsse kann man, zumal bei manchen
Detailformen, dieser islamitischen Bauten, durch die
Jahrhunderte ohne Schwierigkeiten verfolgen. . .
Bei feder Moschee, die das geheiligte Grabmal des
Schecks Sefi umschließt, fällt als das prächtigste der
Fronten wieder die Fliesenmosaik auf, die nach
mitgebrachten Skizzen und Ausmessungen naturgetreu
in Originalgröße farbig reproduzirt wurde, so daß
man hier die blau uud weiß leuchtenden IVand-
flächen mit dem Gitterwerk der Lichtöffnungen vor
Augen hat. Auch andere Vorführungen in der natür-
lichen Ausdehnung der Originale z. B. von der
Blauen Moschee in Taebris, geben beachtenswerthe
Proben dieser Fliesenmosaiken, die scheinbar im
Gccident, im kleinen Goll and, seit der Mitte des
f6. Jahrhunderts bis ins lp. Jahrhundert tief hinein
wieder auflebten, hier aber, im Nahmen einer kon-
struktiv strengeren Architektur, auf Friese und Bogen-
felder in: allgemeinen beschränkt wurden.
In: lch. Jahrhundert beginnt in: neupersischen
Reiche der mongolische, d. h. der chinesische Gin-
fluß bei der keramischen Ausschmückung sich bemerkbar
zu macheu. Nicht uur in: Stilcharakter der orna-
mental-figürlichen Bemalungen der Fliesen, sondern
auch iu den: eigenthümlichen technischen Verfahren der
Bemalung über der farbigen Glasur. Die ver-
zweigte Anlage jener Moschee in Ardebil umfaßt
sogar ein zu den: neuen Zweck besonders eingerich-
tetes gewölbtes Porzellanhaus, das, dicht neben
der Grabstätte des Ahnherrn der safidischen Sultane
gelegen, wohl beweist, wie hoch inan schon damals
die exquisitesten Erzeugnisse chinesischer Keramik
schätzte: wie übrigens ein Jahrhundert später in ganz
Guropa desseu Nokoko- uud Zopfstyle in der That
den gleichen Ginfluß der greisenhaften ostasiatischen
Kultur verrathen. Und daß die geschichtliche Nolle
dieser Kultur in: Abendlande noch keineswegs be-
endigt ist, beweist ja u. a. die Entwickelung der
Malerei und des modernen Kunftgewerbes in unseren
Tagen. Sie ist der Grisapfel, den das arge Schicksal
in unsere wankelmüthigen Neihen schleudert, und der
moderne Künstler läßt die Pallas und die Juno ver-
ächtlich bei Seite und bevorzugt gar die chinesisch-ja-
panische Schönheit. . . Kein IVunder, daß ehemals

auch in Persien immer mehr der Geschmack an der
nationalen Dekorationsweise schwand und an die
Stelle der farbig kräftig wirkenden Fliesenmosaiken
die gleichmäßige Fliesenverkleidung nut zarten Male-
reien von ostasiatischen: Gepräge tritt. Man siebt
jetzt hier u. a. schlitzäugige Frauengestalten von
überzierlichem IVuchs aus blumiger Miese gelagert
und goldene Gefäße in den pänden haltend. Die
ostislamitische Kunst hat ihr Nokoko gezeitigt. . .
Mit dieser Uebersicht hoffen wir das Bild der
Pauptgruppen dieser inhaltreichen Sonderausftellung
in Umrissen gekennzeichnet zu haben. In einigen
Nebengruppen erhält der Beschauer, nut Zuhilfe-
nahme der vorhandenen Bestände des Kunstgewerbe-
museums, noch belehrenden Aufschluß z. B. über die
ältere persische Gefäßbildnerei in Thon und Glas.
Unter den Thongefäßen fesseln wohl an: meisten die
Lüfterfayencen durch ihre Leuchtkraft; unter den
jüngern Stücken zum Teil Schüsseln nut Blaumalerei
und grotesken Darstellungen ist natürlich der Einfluß
des chinesischen Porzellans augenfällig. An: ältesten
sind hier die bescheidenen Glasgefäße, deren früheste
Objekte aus arabischen Gräbern stammen und wohl
noch von: Ende des ersten christlichen Jahrtausends
datirbar sind. Die künstlerisch sehr befriedigenden
grünlichen Vasen, Moscheelampen, Pokale u. dergl.
gehören den spätere,: Epochen des so. bis s5. Jahr-
hunderts an. Sie entzücken nicht nur durch ihre
schwungvollen Gesamtformen, sondern auch durch den
Neiz ihrer Vergoldung und farbigen Gmaillirungen.
Ferner schließen sich in der Sammlung einige Metall-
arbeiten Persiens auch zeitlich hier an, sog. Mossul-
Bronzen, die durch Tauschirung nut düunen Silber-
plättchen und Gravirung geschmückt sind. Schließlich
fehlen auch nicht Probe,: der in: s6. und s7. Jahr-
hundert zur feinste,: Blüthe gelangten berühmter per-
sischer Teppichknüpfkunst und Kunstweberei, sowie
von jenen köstlichen Brokat-, Seiden- und Sammet-
stoffen, ohne die inan sich das raffinirte Luxus-
bedürfnis in den Parems der fürstlichen Residenzen
des muhammedanischen Orients wohl schwerlich vor-
stellen kann. G. G.

Hie Sornicelius-Ausstellung
in Hanau.
Von Agnes Rust, Aschaffenburg.

ist gewiß berechtigt, wenn den: Gedächtnis
eines nicht gewöhnlichen deutschen Künstlers,
dessen in: Leben wenig beachtete Begabung
und Schaffensfrüchte erst nachträglich überraschen, an
dieser Stelle noch einmal Aufmerksamkeit gewidmet wird.
Gestorben an: 9. Dezember vorigen Jahres hat Georg
Tornicelius dreißig Jahre seines Lebens in panau,
 
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