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Pfälzer Volksblatt: Organ für Wahrheit, Freiheit & Recht — 1.1897

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Juni 1897
DOI Artikel:
Nr. 126
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https://doi.org/10.11588/diglit.42846#0521

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Pfcher Volksblatt

Sl. 126.

Verantwortlicher Redakteur:
Joseph Huber in Heidelberg.

wunderbaren Leben der neuen Heiligen in Bildern
darstellen. Eine Anzahl Baraabiten, die im heiligen
Zaccaria ihren Ordensgründer verehren, begleiteten
die Standarten, ebenso der frühere Gesandte beim apo-
stolischen Stuhl, Graf Fourier von Baucourt, ein
Verwandter des hl. Pttrus Fourier. Nach den 222
Bischöfen (unter ihnen die hochw. HH. Erzbischof
gardetti und Bischof Egger) und den dreißig Cardi-
nälen im Pluviale uad weißer Mitra, welche von
Schweizergardisten begleitet wurden, kam endlich der
hl. Vater, vom ganzen päpstlichen Hof umgeben, auf
dem Tragsrssel. Er sah außerordentlich gesund und
heiter auS, trug in der linken Hand, wie alle Theil-
nehmer an der Prozession, auch das Heft mit des
vorgeschriebeuen Gesängen und Gebeten und ertheilte
mit der rechten unaufhörlich nach beiden Seiten den
Segen, während er mit väterlich freundlichen Blicken
dre knieendeu Schaaren grüßte.
Beim Eintritte in die PtterSkirch- spielten die sil-
bernen Trompeten von der Peters kupp ,-l herab den
üblichen Papstmarsch, worauf die sixtinische Kapelle
den HymnuS „RöAillu eosli" anstimmie.
Nachdem die Teilnehmer an der Prozession theilS
im Schiffe, theilS auf den Tribünen ihre Plätze ein-
genommen hatten und der Papst im Choralabschluß
auf seinen Thron gestiegen war, begann nun dec ei-
gentliche Akt der Heiligsprechung oder Canonisation.
Mit der dreimaligen Bitte, die Heiligsprechung der
beiden Seligen zu verkünden, d. h. ihre öffentliche
Verehrung für die ganze Kirche vorzuschreiben, wandte
sich der Vorsitzende der Congregation der Riten, Car-
dinal Aloisi Masella, an den Papst. Dieser aber
forderte in üblicher Weise die Anwesenden zum Gebete
auf, und es wurden die Litaneien von allen Heiligen
und der Hymnus vom hl. Geist gebetet u. gesungen.
Jetzt erst erhob sich der Papst von seinem Throne u.
verkündete „im Namen der hl. Dreifaltigkeit, in der
Vollmacht Jesu Christi und der Apostel PetruS und
Paulus und in eigener Vollmacht, daß die Namen der
beiden Seligen, Zaccaria und Fourier, in dar Buch
der Heiligen (in den Canon, daher der Name Cano-
nisation) eingetragen u. sie selbst in der ganzen Kirche
öffentlich verehrt werden sollen." Nach diesem feier-
lichen Akte stimmte der hl. Vater dar „Tedeum" an,
das wechselweise vom Volke einstimmig und von der
päpstlichen Capelle sechsstimmrg gesungen wurde (150
Knaben sangen auf der Kuppelgalerie), während die
«locken von St. Peter das festliche Ereigmß urdi st
orbi, der Stadt und dem Weltkreis, verkündeten. ES
war ein überwältigender Augenblick!

Druck, Verlag u. Expedition
G eb r. Huber in Heidelberg,
Lwingrrstraße 7.

„Daß er mich als eine Tobte betrachten und jede Nach-
forschung nach mir anfgeben solle. Unübel steigltche Hinder-
nisse trennten mich von ihm."
„Glauben Sre denn, daß ihm, der Sie liebt, diese Ant-
wort genügen wird?"
.Sie muß cs, sie wird eS; ich verheimliche ihm meinen
künftigen Aufenthaltsort. Ich werde weit weg sein, wenn
er den Brief erhält. Heute Abend, wenn ich zur Bahn
fahre, schicke ich denselben ab." "
„Und gesetzt, ich fragte Sie, wohin Sie sich begeben
und vernethe es ihm?" sagte die Gräfin und blickte ihr
forschend in's Gesicht.
„Liebe Frau Gräfin!" und Anna umschlang die Grä-
fin mit beiden Armen, „das werden — das können Sie
mcht tbun! Selbst Ihnen verweigere ich jede Auskunft über
meine Pläne. Sollten Sie etwa eine Ahnung haben, wohin
ich mich begebe — o, so flehe ich Sie darum an, bewahren
Sie mein Gebeimniß. Ersparen Sie de« Grafen und nur
schwere Kämpfe, bitteretzSeelenpein! Ich liebe ihn zu sehr,
um ihm nicht jedes Opfer zu bringen, aber ich ertrüge es
nicht, ihm eine Schande zu sein!"
„O Anna I Sie eine Schande!"
Anna erhob den Kopf, und ein jammervoller Blick aus
ihren Augen verrieth der Gräfin, was in ihrem Innern
vorging. „Armes, armes Kind! Warum sollen Sie aber
für Andere leiden? Offenbaren wir Allen die Wahrheit."
„Um Gottes willen, Frau Gräfin!" rief Anna halb
verzweifelnd aus. „Dringen Sie nicht weiter in mich, lassen
Sre mich ziehen. Mein Entschluß ist gefaßt, uad meine ein-
zige Bitte ist, daß Gott mir die Kraft gebe, ihm treu zu
bleiben. Die Pflicht erfüllen, das muß allem Vorgehen ...
auch meiner Liebe. Was auch ferner geschehen möge, nicht
wahr. Sie edele, theuere Wohlthäterin, Sie werden meiner
freundlich gedenken?" bat sie und drückte die Hände der
Gräfin an ihre Lippen.
(Fortsetzung folgt.)

hie Heiligsprechungen am Himmelfahrt-feste.
Das Luzerner „Vaterland" erhält von seinem
Mischen Correspondenten eine anschauliche Schilderung
kirchlichen Feierlichkeiten in Rom, die wir
Ergänzung unseres Berichtes in Nr. 121 deS
'Pfälzer VolkSblatteS" hier wiedergeben.
Das Fest der Himmelfahrt Christi, an welchem
M Papste die Heiligsprechung der seligen Anton
7>üria Zaccaria und PetruS Fourier verkündet
Mrde, gestaltete sich zu einer grandiosen kirchlichen
Der, an welcher Geistlichkeit und Volk zahlreich u.
Mdig theilnahmen. Obgleich der Beginn des Gottes-
Mstes erst um 8 Uhr angesagt war, belagerten
Mn um 5 Uhr Schaaren von Fremden und Ein-
^mischen die noch geschlossenen fünf Thorgitter
Peterikirche, um gleich bei der Eröffnung der
^ben sich in derselben eineu günstigen Platz zu er-
Mn. Um 7 Uhr waren die Hunderte vonKrystak-
"uchtern mit ihren Tausenden von Wachskerzen an
Kündet, indem die Sanpetriner (die Kirchendiener)
.'Meder guf langen Leitern mit erstaunlicher Ge-
Divindigkeit zu denselben emporkletterten oder vom
Gesimse herab in schwindelnder Höhe an Seilen zu
Mselben herabschwebten.
k Als daS Werk glücklich vollendet war und die
Mrrskirche durch ihre weiten hohen Räume bis in
Riesenkuppel in blendendem Lichterglanze prangte,
Mden die Thore geöffnet. AlSbald strömte unauf-
Msam und doch, dank der polizeilichen Vorsicht».
«z

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Juni
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östlich erscheinende Zeitung
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f*it der wöchentlichen Gratisbeilage „Der Sonntag--
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Expedition des „Pfalzer Volksblatt".
Heidelberg, Zwingerstraßc 7.

Keidvoll und freudvoll.
Novelle von L- v. N e idie g g.
6» Ae Gräfin erschrack furchtbar, al» einige Stunden spä-
Anna sich bei ihr melden ließ und sie bat, ihr noch am
Abend die Abreise gestatten z» wollen. Die Vorher-
ig de» Polizei-Beamten fiel ihr ein; forschend ruhten
"k Blicke auf dem Mädchen, da» todtenbleich vor ihr stand.
Tiefe schwarze Schatten lagen unter Anna'» Angen;
^.Gesicht trug den Ausdruck heftiger Seclenkämpfe, die
ächr vorgegangen sein mußte». Sollten es Gewissentbisse
M dir sie martern? fragte sich die Gräfin.
» Wieder blickte sie in Anna'» Augen, in jene ehrlichen
Men, die von Anfang an einen so eigenartigen Zauber
Ne ausgeübt hatten, und so schnell wie er gekommen,
Ma«d der Verdacht. Der Polizei Lommifsar hat «ich
KÜeckt mit seine« Mißtranen; ich werde doch nicht so
! Mlcht sei», mich von ihm beeinflussen zu lassen! sagte sie
Z- In Spitzbubenseelen mag er zu lesen wissen — ehr-
Gefichtszüge vermag ich aber bcsier zu erkennen, als er.
Unter diese« Eindrücke sprach sie Anna sehr liebreich
»icht abzureisen. „Sie handel» sehr unklug, wenn Sie
M, mein Kind. Sehen Sie denn nicht ein, wie sehr Sie
Denjenigen in die Hände arbeiten, die Ihnen übel
.Ich kann — ich kann nicht hier bleiben!" sta««elte
Aa. .Was Sie «ir da Vörstetten, Fran Gräfin, Habe ich
^..selbst gesagt. Ich kann es aber nicht aushalten, die
Ubcheibe aller Blicke zu sein, zu sehen, wie Jeaermann
^ berechtigt glaubt, jede Linie «eine» Gesichte» z» stn-
Sie allein, Frau Gräfin, begegnen mir noch mit
gleiche» Güte und Freundlichkeit; da» Kind aber» da»
sehr liebe, sängt sogar an, mich zweifelnden Blickes
s,iMchen. Ueberall, wohin ich schaue, entdecke ich nur seind-
oder mißtrauische Gesichter. Ich ertrage das nicht
Fr«» Gräfin!"
hätte sie nur heraussagen können, wa» sie sonst
peinigte: die lödtlrche Angst, de» Vaters Namen al«
ern,- abgefaßten Verbrechers in der Zeitung zu lesen.

Dlchnint tSglich mit Ausnahme der Sonn- u. _ Inserate dre 1-spaltige Petitzeile oder deren Raum
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WMerg,MwtU de» 5. Im! 1897.
maßregeln, ohne Unfall das Volk hinein. Unter den
Anwesenden wurden auch mehrere italienische Minister
und Abgeordnete bemerkt, dir um Eintrittsbillett gebeten
und solche erhalten hatten. Einem Garibaldianer,
welcher in rothem Hemde erschienen war, wurde der
Eintritt verwehrt, weil sein Anzug offenbar eine
kirchenfeindliche Demonstration war. In Bezug auf
strenoe Aufrechterhaltung der Ordnung gegen Ein-
heimische und zugleich freundliche Zuvorkommenheit
gegen Fremde verdienen die italienischen Soldaten u.
Polizisten bei diesem Anlaß alle Anerkennung.
Bon 7 Uhr an sammelten sich die Cardinäle,
Bischöfe und Prälaten in der sixiinischen Kapelle, die
OrdenSleute, männlichen Bruderschaften, Säuger und
Seminaristen, welche an der Proc ssion theilnehmen
konnten, in verschiedenen Sälen und Loggien deS
vatikanischen Palastes. Punkt 8 Uhr erschien Leo XIII.
in der sixtintschen Kapelle, stimmte am Altäre den
HymnuS ,^.v6 waris stslla" an und gab damit das
Zeichen zum Beginn der Pcocession. Dieselbe bewegte
sich langiam über die Scala Reggia u. durch daS Atrium
in die PeterSkirche. Alle Theilnehmer trugen in der einen
Hand eine weiße Wachskerze, in der andern ein
gedrucktes Heft mit den vorgeschriebenen Gebeten
und Gesän en, welches sie als Festandenken behalten
konnten. An der Spitze jeder Abtheilung wurde ein
Kreuz und eine Fahne mit zwei Leuchtern getragen.
Voran schritten je 12 Repräsentanten der verschiedenen
in Rom wohnenden Ordensgenossenschaften: Franzis-
kaner, Minorilen, Kapuziner, Karmeliten, Augustiner,
Dominikaner, die verschiedenen Congregationen de»
Benediktiner Ordens, nämlich die Svlvestriner, Olive-
lauer, Cistercienser, Camalvolenser und zum Schluffe
per altehrwürdige, noch immer kräftig gedeihende Stamm,
von dem all diese Zweige auSgingen, die sogenannten
„schwarzen B nediktrner". Der Regularcleru», der be-
tend einherschritt, während auS weiter Ferne der Ge-
sang des nahenden Weltklerus durch die weiten Hallen
«rtönte, diese ernsten MönchSgestalten in ihren braunen,
weißen und schwarzen Ordenskleidern, ließen in Äug'
und Herz ein Bild zurück, das nicht so bald und so
leicht verwischt wird.
Dann folgten die Angehörigen deS WeltkleruS,
im Chorhemd, nämlich: die Zöglinge deS päpst-
lichen ScminarS, die 25 Pfarrherrrn der Stadt, die
Domherren von St. Peter, von St. Johann im La-
teran und von Maria Maggiore mit ihren Sänger-
kapellen. Im Zuge wurde» auch zwei Standarten
getragen, welche Begebenheiten au» dem heiligen und
und dann Robert!: Nein; es stand fest bei ihr, sie «ußte
fliehen, sie mußte sich verbergen; in tiefster Zurückgezogen-
heit mrßte sie die unvermeidliche Katastrophe abwarten.
„Um Ihrer selbst willen sollten Sie das Alle» zu er-
tragen suchen," mahnte die Gräfin freundlich, „Sie sollten
es über fick gewinn-n, den gekränkten Stolz mederzukämpfe».
Was soll aus Ihnen werden, wenn Sie so urplötzlich au»
meinem Haufe gehen? Wie soll es Ihnen möglich werden,
wieder eine Anstellung zu finden? Bürden Sie hier, mein
Kind, ich will Sie schützen."
Anna ließ sich aus die Kniee niedergleiten und erfaßte
die Lände ihrer wohlwollenden Beschützerin. „O. Frau
Gräfin, machen Sie mir das Herz nicht schwer," flüsterte
sie. „Ich muß gehen, ich muß verschwinden; ich bin es
Robert Tiefeudach schuldig!"
Das Gesicht der Gräfin verfinsterte sich; sie zog ihre
Hände aus denen Anna's.
„In wie fern trägt Graf Tiefenbach die Verantwor-
tung für Ihre« Entschluß ?" fragte d.e Gräfin ernst.
„Er hat mir geschrieben, daß er mich zur Frau haben
wolle," antwortete Anna kaum hörbar.
Die Gräfin legte beide Hände auf Anna'» Schultern,
ihr runde» Gesicht verklärte sich vor Freude. „So sagen
Sie doch ja und machen Sie damit aller Noth ein Ende!"
„DaS kann — das darf Nichtsein!" antwortete Anna,
und feste Entschlossenheit lag auf ihren Zügen. „DaS ver-
armte Edelsräulein hätte er zu seiner Frau machen können,
«eine heiße Liebe hätte seinen Edelsinn gelohnt; die -. ."
sie hielt das Wort zurück, das auf ihren Lippen schwebte,
„die Tochter eines Diebes, die des Diebstahls Verdächtigte,
darf ihr Geschick nicht mit dem seinen verbinden. Mein
Entschluß fällt mir schwer — sehr schwer!" fuhr sie schmerz-
lich fort. „Aber wenigstens trage ich mein Leid allein."
Die Gräfin sing an, den Zusam«enhang zu errathen;
sie war keine begabte Frau, aber in gar manchen Fällen
sieh t da» Herz weiter al- der Verstand. „WaS haben Sie
dem Grasen geantwortet?" fragte sie und zog den Kopf
de» Mädchens zärtlich an sich.
 
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