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Die Run st-Halle.
Nr. f
Mr. Sargent, der in seinen Bildnissen Ori-
ginalität mit technischer Meisterschaft verbindet, hat
ein lebensgroßes Porträt der Gräfin Clary Aldringen
ausgestellt. Das Antlitz ist belebt durch ein flüchtiges
Lächeln. Gin säst wie ein Wunder erscheinendes
Virtuosenstück! Den Gindruck des Stereotypen, Ge-
zwungenen zu vermeiden und das Wesen des Flüch-
tigen vollkommen zu wahren, ist dem Künstler in er-
staunlicher weise gelungen. Ginsacher, ausgesaßt im
Moment der Ruhe, doch gerade in diesem höchst
kraftvoll ist Mr. Lhamberlain von demselben Künstler
gemalt, der in noch zwei anderen Porträts — beides
Damenbildnisse — Gelegenheit hatte, nicht nur seine
Gabe der Charakteristik, sondern auch seine glänzende
Fähigkeit zu zeigen, die verschiedenen Stoffe — Mus-
lin, Atlas und Sammt — anders als durch bloße
minutiöse Wiedergabe, in einer ihrer Eigenart ent-
sprechenden weise zur Geltung zu bringen.
Der über einen hohen Grad von Feingefühl für
die Farbe gebietende phantasievolle Künstler Mr. Sw an
hat eine Strandgegend in jenen zarten silbergrauen
und mattblauen Tönen gemalt, die leichten Nebel an-
deuten, und das selsige Gestade ist durch rings am Meer
erscheinende weibliche Wesen von holder Schönheit
belebt. „Sirenen" nennt der Maler sein Bild, das
den geheimnißvollen Zauber der Natur, aus welchem
derlei Mythen entstanden sind, sinnreich veranschau-
licht. Gin anderes ebenfalls koloristisch zart wirkendes
Gemälde ist Mr. Stott's „Idlers". Zwei junge
Mädchen in durchsichtigen Gewändern ausruhend am
Strande, — vielleicht nach dem Baden —- lässig hin-
gestreckt; ein selten einfaches Motiv, doch von eigen-
artiger Wirkung. Man fragt nicht, welchem Ort
oder Zeitraum diese „Müßiggängerinnen" angehören,
wir sind zufrieden im Anschauen des stimmungsvollen
Idylls mit dem blauen Meer und dem Iunisonnen-
schein, dazu den weißen Blumen und den aus dem
warmen Sande lagernden anmuthigen Mädchen. Gine
unvergleichliche malerische Wirkung ist hier mit den
denkbar einfachsten Mitteln erreicht worden, und bei
naturalistischer Behandlung. Als hervorragend sind
auch La Thangue's realistisch gemalte Dorfszenen
zu erwähnen; besonders eine, mit dem Lichteffekt des
stellenweise auf die verschiedensten Flächen und Farben
fallenden Sonnenscheins. Interestant ist Mr. Gotch' s
„Hallelujah", eine in doppelter Reihe geordnete Schaar
halberwachsener singender Mädchen. Das lebhafte,
sorgfältige Kolorit erinnert an die alte vlämische
Malerei; der bleiche Fleischton an die ältere florentini-
sche Schule; die Trachten, zum Theil byzantinisch,
weisen strahlende Farben auf, während in den von
einem goldener: Hintergrund sich abhebenden jugend-
lichen Köpfen mit vielem Geschick die Gleichförmig-
keit vermieden ist und Haltung wie Ausdruck durch-
weg verschieden sind. Gine seltsame Stilvermischung
herrscht in dem Bilde, das für ein modernes Altar-
bild vortrefflich geeignet wäre.
Obgleich die Landschaftsmalerei in diesem Jahr
nicht ganz so im Vordergründe steht, wie sonst, haben
sich doch mehrere ausgezeichnete Künstler dieses Faches
mit werthvollen Leistungen an den Ausstellungen be-
theiligt; besonders mit solchen von echt englischem
Charakter. Da sehen wir z. B. die Herren Gast,
Aumonier, parsons u. A. vertreten. Unter den
Künstlern des Auslandes, die zur Anerkennung ge-
langt sind, ist Herr De lug aus München zu nennen,
dessen „Im Frühling" — eine Frau, Zeug zum
Trocknen aufhängend — durch harmonische Behand-
lung der gedämpften Farbentöne und Breite der
malerischen Darstellung fesselt.
Photographie und Kunst.
Zur Internationalen Ausstellung für Amateur-
Photographie.
von Fritz Stahl.
enn die im höchsten Grade sehenswerthe Aus-
stellung nicht den äußeren und vor allem
nicht den inneren Grfolg haben sollte, den
sie verdient, so hätte man den Grund in zwei Dingen
zu suchen: sie ist viel zu groß und entbehrt des ein-
heitlichen Charakters. s700 Pu Photographie, das
ist schlechterdings unerträglich, und die sorgfältige,
ernste Arbeit eines Mannes, der, zu welchem Zwecke
auch immer, eiu Stück Wirklichkeit festhalten will, hat
mit der Fexerei des „Amateurs", der wahllos und
nur aus die Zahl hin, höchstens noch dem „Witz" zu
Liebe, seinen Apparat arbeiten läßt, nichts zu thun.
Die ernsten Männer empfinden das denn auch sehr
deutlich, und der Geh. Medizinalrath Prof. Vr. Gust.
Fritsch sagt in dem Vorwort zum Katalog den ande-
ren die Gemeinschaft für die Zukunft ziemlich ver-
ständlich auf. Den Namen hat die Ausstellung nun
leider gerade von diesen anderen erhalten, er giebt
auch nicht annähernd eine Vorstellung von dem, was
sie enthält.
Die bei weitem interessantesten Abteilungen sind
die, welche die Photographie im Dienste der Wissen-
schaften zeigen. Und das ist kein Zufall. Das, was
sie hier zu leisten hat und Dank der geradezu wunder-
bar vervollkommneten Technik in vollkommener weise
leistet, ist: ein exaktes Protokoll zu geben, das jede
Beeinflussung durch die Subjektivität oder die Unge-
schicklichkeit des Schilderers ausschließt. Die Gefühl-
losigkeit des Apparats ist feine Stärke, diese Leistung
entspricht seinem Wesen. Keine beschreibende Wissen-
schaft kann diesen Apparat mehr entbehren und für
ihre Vertreter ist es eine Nothwendigkeit, ihn selbst
zu handhaben. Im letzten Jahrzehnt hat man das
Die Run st-Halle.
Nr. f
Mr. Sargent, der in seinen Bildnissen Ori-
ginalität mit technischer Meisterschaft verbindet, hat
ein lebensgroßes Porträt der Gräfin Clary Aldringen
ausgestellt. Das Antlitz ist belebt durch ein flüchtiges
Lächeln. Gin säst wie ein Wunder erscheinendes
Virtuosenstück! Den Gindruck des Stereotypen, Ge-
zwungenen zu vermeiden und das Wesen des Flüch-
tigen vollkommen zu wahren, ist dem Künstler in er-
staunlicher weise gelungen. Ginsacher, ausgesaßt im
Moment der Ruhe, doch gerade in diesem höchst
kraftvoll ist Mr. Lhamberlain von demselben Künstler
gemalt, der in noch zwei anderen Porträts — beides
Damenbildnisse — Gelegenheit hatte, nicht nur seine
Gabe der Charakteristik, sondern auch seine glänzende
Fähigkeit zu zeigen, die verschiedenen Stoffe — Mus-
lin, Atlas und Sammt — anders als durch bloße
minutiöse Wiedergabe, in einer ihrer Eigenart ent-
sprechenden weise zur Geltung zu bringen.
Der über einen hohen Grad von Feingefühl für
die Farbe gebietende phantasievolle Künstler Mr. Sw an
hat eine Strandgegend in jenen zarten silbergrauen
und mattblauen Tönen gemalt, die leichten Nebel an-
deuten, und das selsige Gestade ist durch rings am Meer
erscheinende weibliche Wesen von holder Schönheit
belebt. „Sirenen" nennt der Maler sein Bild, das
den geheimnißvollen Zauber der Natur, aus welchem
derlei Mythen entstanden sind, sinnreich veranschau-
licht. Gin anderes ebenfalls koloristisch zart wirkendes
Gemälde ist Mr. Stott's „Idlers". Zwei junge
Mädchen in durchsichtigen Gewändern ausruhend am
Strande, — vielleicht nach dem Baden —- lässig hin-
gestreckt; ein selten einfaches Motiv, doch von eigen-
artiger Wirkung. Man fragt nicht, welchem Ort
oder Zeitraum diese „Müßiggängerinnen" angehören,
wir sind zufrieden im Anschauen des stimmungsvollen
Idylls mit dem blauen Meer und dem Iunisonnen-
schein, dazu den weißen Blumen und den aus dem
warmen Sande lagernden anmuthigen Mädchen. Gine
unvergleichliche malerische Wirkung ist hier mit den
denkbar einfachsten Mitteln erreicht worden, und bei
naturalistischer Behandlung. Als hervorragend sind
auch La Thangue's realistisch gemalte Dorfszenen
zu erwähnen; besonders eine, mit dem Lichteffekt des
stellenweise auf die verschiedensten Flächen und Farben
fallenden Sonnenscheins. Interestant ist Mr. Gotch' s
„Hallelujah", eine in doppelter Reihe geordnete Schaar
halberwachsener singender Mädchen. Das lebhafte,
sorgfältige Kolorit erinnert an die alte vlämische
Malerei; der bleiche Fleischton an die ältere florentini-
sche Schule; die Trachten, zum Theil byzantinisch,
weisen strahlende Farben auf, während in den von
einem goldener: Hintergrund sich abhebenden jugend-
lichen Köpfen mit vielem Geschick die Gleichförmig-
keit vermieden ist und Haltung wie Ausdruck durch-
weg verschieden sind. Gine seltsame Stilvermischung
herrscht in dem Bilde, das für ein modernes Altar-
bild vortrefflich geeignet wäre.
Obgleich die Landschaftsmalerei in diesem Jahr
nicht ganz so im Vordergründe steht, wie sonst, haben
sich doch mehrere ausgezeichnete Künstler dieses Faches
mit werthvollen Leistungen an den Ausstellungen be-
theiligt; besonders mit solchen von echt englischem
Charakter. Da sehen wir z. B. die Herren Gast,
Aumonier, parsons u. A. vertreten. Unter den
Künstlern des Auslandes, die zur Anerkennung ge-
langt sind, ist Herr De lug aus München zu nennen,
dessen „Im Frühling" — eine Frau, Zeug zum
Trocknen aufhängend — durch harmonische Behand-
lung der gedämpften Farbentöne und Breite der
malerischen Darstellung fesselt.
Photographie und Kunst.
Zur Internationalen Ausstellung für Amateur-
Photographie.
von Fritz Stahl.
enn die im höchsten Grade sehenswerthe Aus-
stellung nicht den äußeren und vor allem
nicht den inneren Grfolg haben sollte, den
sie verdient, so hätte man den Grund in zwei Dingen
zu suchen: sie ist viel zu groß und entbehrt des ein-
heitlichen Charakters. s700 Pu Photographie, das
ist schlechterdings unerträglich, und die sorgfältige,
ernste Arbeit eines Mannes, der, zu welchem Zwecke
auch immer, eiu Stück Wirklichkeit festhalten will, hat
mit der Fexerei des „Amateurs", der wahllos und
nur aus die Zahl hin, höchstens noch dem „Witz" zu
Liebe, seinen Apparat arbeiten läßt, nichts zu thun.
Die ernsten Männer empfinden das denn auch sehr
deutlich, und der Geh. Medizinalrath Prof. Vr. Gust.
Fritsch sagt in dem Vorwort zum Katalog den ande-
ren die Gemeinschaft für die Zukunft ziemlich ver-
ständlich auf. Den Namen hat die Ausstellung nun
leider gerade von diesen anderen erhalten, er giebt
auch nicht annähernd eine Vorstellung von dem, was
sie enthält.
Die bei weitem interessantesten Abteilungen sind
die, welche die Photographie im Dienste der Wissen-
schaften zeigen. Und das ist kein Zufall. Das, was
sie hier zu leisten hat und Dank der geradezu wunder-
bar vervollkommneten Technik in vollkommener weise
leistet, ist: ein exaktes Protokoll zu geben, das jede
Beeinflussung durch die Subjektivität oder die Unge-
schicklichkeit des Schilderers ausschließt. Die Gefühl-
losigkeit des Apparats ist feine Stärke, diese Leistung
entspricht seinem Wesen. Keine beschreibende Wissen-
schaft kann diesen Apparat mehr entbehren und für
ihre Vertreter ist es eine Nothwendigkeit, ihn selbst
zu handhaben. Im letzten Jahrzehnt hat man das