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Die Kunst-Halle — 2.1896/​1897

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No. 15
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Wie man Oelgemälde reinigt und restaurirt
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https://doi.org/10.11588/diglit.63305#0264

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228

Die Run st-Halle z-r«

Nr. f5

Wie lysy TeIKen)äI6e
i-eiyiAt ciyö restsarirt.
dieses Kapitel nicht nur für Künstler wichtig
ist, sondern auch für alle Besitzer von Ge-
mälden älterer und neuerer Entstehung, so halten
wir es an der Zeit, einmal über die Reinigung
und Wiederherstellung von Gelgemälden zu sprechen.
Wögen diese Zeilen zu Nutz und Frommen unserer
verehrten Leser, die sich den edeln Luxus des
Bilderkaufes gestatten dürfen, geschrieben sein. Wir
schließen uns dabei einer verdienstvollen Abhandlung
an, die Prof. Büttner-Pfänner über vorliegendes
Thema auf Grund der jüngsten Forschungen verfaßt
und kürzlich veröffentlicht hat*). Auch wir möchten
von dem Satze Pettenkofers ausgehen: „Für die
Erhaltung der Kunstwerke und ihrer Originalität
erscheint es von höchstem Werthe, daß bei der
zeitlich unvermeidlichen Restauration der Gelgemälde
von fachkundiger Hand nur Methoden gebraucht
werden, welche die Anwendung von Gel,
pinsel und Palette seitens des Restaurators
entbehren und die materielle und optische Grund-
lage der Gemälde unverändert bestehen lassen."
Somit wäre eine farbige Ergänzung nur dort vor-
zunehmen, wo ein die Harmonie des Ganzen
störender Defekt unbedingt beseitigt werden muß.
Was die Reinigung der Gemälde betrifft,
so können wir zunächst gar nichts Besseres thun, als
vor den vielen putz Mitteln, die namentlich in den
„Fragekästen" unserer Familienblätter empfohlen
werden, auf das Nachdrücklichste zu warnen;
man hüte sich zur Reinigung Wasser und Seife,
Soda, Salmiak, 96 Prozent Alkohol, Potasche, jegliches
Gel oder dgl. zu nehmen! Staub auf den Bildern
entferne man nicht durch Abwischen mit Tüchern,
sondern nur mittelst eines feinen Wedels oder sehr
feinen Pinsels. Blau angelaufene Bilder reibe man
nut tagaltem Weißbrot ab, oder man nehme zum
Entfernen des Niederschlages ein mit Phöbus leicht
getränktes Läppchen, Hat sich Schmutz und Ruß
festgesetzt, so nehme man zunächst ein wollenes Läpp-
chen, das nicht fasert, tränke das mit einer Mischung
von Terpentin und Vaselinöl oder nut Phöbus und
reibe das Bild vorsichtig damit ab. Das einzige
zulässige aller empfohlenen Mittel ist Petroleum, doch
muß mau auch hierbei mit größter Vorsicht ver-
fahren, besonders bei den dunkeln und Asphalt-
farben. Man reibe höchstens zwei- bis dreimal mit
einem mäßig getränkten nicht tropfenden Läppchen
über eine Stelle. Geht der Schmutz dann noch
nicht ab, so ist der Lack verdorben und muß enfernt
werden.
Weit komplizirter nimmt sich die Antwort auf
die Frage der Wiederherstellung der Bilder aus.
An einem übel aussehenden Gemälde braucht uicht
immer die Malerei gelitten zu habeu. Oft handelt
es sich hierbei lediglich um einen mit der Zeit
trübe, theilweise undurchsichtig gewordenen Firniß,
der ja wie eine Fensterscheibe konservirend auf
der eigentlichen Malerei liegt. Rnd wie das
schönste Prunkgemach, durch eine stark geplatzte
Fensterscheibe betrachtet, unscheinbar sich ausnimmt,
weil die günstigen optischen Bedingungen gestört

*) Techn. Mitth. f. Malerei. München ^897.
Nr. ^6—^9.

sind, so auch bei der besterhaltenen Malerei, wenn
der trübe gewordene Firniß die Brechung der Licht-
strahlen verhindert. Alsdann muß der Firniß ent-
fernt werden, ehe man ihn ersetzt. Ein anderer
Grund der üblen Erscheinung eines Bildes liegt
vor, wenn die Farbkörperchen selbst den molekularen
Zusammenhang verlieren, und die Lichtstrahlen nicht
mehr gebrochen werden können, Hier muß der
fehlende Zusammenhang des bindenden Harzes
wieder ersetzt werden. Dies geschieht durch das
pettenkofersche Negeneriren.
Das Fortnehmen des Firnisses setzt Er-
fahrung und Geschicklichkeit voraus. Es ist sehr
schwer, nicht die Grenze der gefirnißten Schicht zu
überschreiten. Die Hand eines Pfuschers wird leicht
die Malerei verputzen. Statt des rein mechanischen
Entfernens der trüben Schicht, statt der bisherigen
festen oder flüssigen Putzmittel, welche stets die La-
suren in Gefahr brachten, werden seit pettenkofer
bei Harzfirnissen die Dämpfe von Spiritus in An-
wendung gebracht. Man erweiche die äußere Lack-
schicht durch Alkoholdämpfe, was bei dem Harz-
firniß sehr schnell geschieht (bis (5 Min.), während
die Gelfarhe trocken bleibt, und wische dann nur
mit Wasser so viel herunter wie nöthig ist und zwar
entweder behutsam mit einem Schwamm oder durch
Abgießen mit lauwarmem Wasser. Folgende Mani-
pulationen schlägt Herr Büttner-Pfänner vor: Man
reibe das Bild einige Tage vorher mit weißem
Vaselinöl oder besser mit einer Mischung dieses mit
Kopaivabalsam und ätherischen Gelen (Phöbus K)
ein, damit sich die Oelfarbe an Fett (nicht Gel)
sättigt und kein Wasser aufnehmen kann. Dann
befestige man das Bild an den Deckel einer flachen
Kiste, schließe die Kiste, nachdem man auf dem
Boden in ganzer Fläche ein Tuch (oder Löschpapier),
mit Alkohol getränkt, gelegt hat. Nach kurzer Zeit
wirkt der Alkoholdunst auf die oberste Schicht des
Lackes und macht sie weich, nun nehme man einen
nassen Schwanmr und wische behutsam über das
Bild an allen Stellen hinweg. Man wird sofort
die obere Lackschicht als klebrige Masse am Schwamme
haben. (Bei größeren Bildern empfiehlt es sich, die
Handhabung flächenweise vorzunehmen, mittelst einer
flachen Schale ff« voll Alkohol, die man unter die
betreffende Fläche hält.) Dann trockne man sofort
das Wasser, das noch auf dem Bilde sitzt, mit Fließ-
papier auf und lasse das Bild trocknen. Man ver-
meide dabei das Naßwerden der Leinwand hinter
dem Bilde, weil sich dieselbe dadurch mehr als dien-
lich zusammenzieht und ein Reißen der Farbschicht
verursachen kann. Nach einiger Zeit wird das Bild
ganz weiß sein, d. h. der Lack ist vollständig krepirt
und undurchsichtig. Den zu Staub zerfallenen Lack
nehme man vorsichtig mit einem weichen trockenen
Lappen ab und lege das Bild nun nochmals über
Spiritusdunst und lasse denselben wirken, bis das
Bild wieder ganz klar geworden ist. Dann nehme
man wieder Lack herunter mit dem nassen pinsel
und wiederhole alles so oft, bis entweder aller Lack her-
unter ist oder doch nur noch so wenig auf dem
Bilde, daß er nicht mehr stört. Dies kann man
nach der jedesmaligen Einwirkung der Alkoholdünste
sehen, dann läßt man die nasse Abreibung fort und
das Bild so trocknen, Hierbei kommt es nun vor,
daß die letzte Lackschicht, die noch auf dem Bilde
sitzt, wieder an einzelnen Stellen vorschlägt, was
aber beim Neulackiren oder noch besser bei dem
nun folgenden eigentlichen Regenerationsverfahren
wieder vergeht. Man hat jetzt nämlich die Gelfarb-
 
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