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Die Kunst-Halle — 2.1896/​1897

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No. 22
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Gensel, Otto Walther: Paris: Kunstbrief
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Wolff, Franz: Pressburg: Das Maria Theresia-Denkmal
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https://doi.org/10.11588/diglit.63305#0393

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Nr. 22

-8-^ Nie A u n st - L) a l l e

3^3

Puvis einmal gesagt hat — wenn auch mehr als
einen bloßen Entwurf, so doch noch nicht das voll-
endete Kunstwerk darstellt. —
Wie seit langem so haben auch dies.Jahr die
„Unabhängigen Künstler" eine freie Ausstellung
in dem gegenüberliegenden Palaste des Marsfeldes
veranstaltet. Das Ergebniß lohnte nicht der aufge-
wendeten Mühe. Wenig übermüthige und eigenartige
Talente; Manches, was ebenso gut in einem der
anderen Salons hätte hängen können, Vieles was
dort nicht seiner Extravaganz sondern seiner Stümper-
haftigkeit wegen zurückgewiesen worden wäre. Da-
zwischen einige Märtyrer der Kunst. Zu diesen
rechne ich auch Edvard Munch. Ich habe in dem
ihn: zugleich als Atelier dieueuden potelstübchen
wunderbar eindrucksvolle Lithographien des stillen
Künstlers gesehen. Aber seine Oelbilder wirket: wie
wüste Halluzinationen. Diese merkwürdigen SchlangeN-
linien sollen Menschen vorstellen? Und dabei welch'
eigenthümliche Mystik! „Der Kuß": zwei Gesichte,
die iu eins verschmelzen. Um den besseren der
Indöpendants zu ihrem Rechte zu verhelfen, seien
die Landschaften von Bouillette, Ehapelon, pelis,
Ramus, Sonnier und besonders Roussel, die Baum-
studien von Maglin, die Marinen von Eon, ein eine
Nadel einfädelndes Mädchen von Mangin, endlich
die Lithographien von Toulouse-Lautrec genannt.
Die mit großer Reklame angekündigte Keramik-
Ausstellung hat eine gelinde Enttäuschung bereitet.
Eine Bereinigung von Fllialgeschäften der betreffenden
Industriellen in den sechs oder acht Räumen eines
öffentlichen Gebäudes eine Ausstellung zu nennen,
ist überhaupt etwas gewagt. Mr die Fremden, die sich
ihre englische oder belgische Zimmereinrichtung durch
französische poterien vervollständigen wollen, ist das
Unternehmen ja ganz dankenswerth. Wer über die
neuere Keramik einigermaßen auf dem Laufenden ist,
erfährt hier kaum etwas Neues. Element Massier
hat einige sehr schöne Stücke gebracht und seine Aus-
stellung mit vielen: Geschmack arrangirt; ebenso
Dalpayzat, La Menal und einige andere. Delphin
Massier vergröbert die feinen Farbeneffekte seines
Bruders erheblich; iu noch unangenehmerer Weise
thut dies Bock. Bigot muthet uns noch immer zu,
unser:: Kaffee aus schmutziggrauen Thontassen zu
trinken; außerdem komponirt er jetzt höchst geschmack-
lose Kamine aus glasierten: Thon. Noch geringer
ist die Ausbeute in der Porzellanindustrie. Bon den
Gläsern seien die Löveillös rühmend heroorgehoben.
Weitaus das Interessanteste an der Ausstellung ist
die retrospektive Abtheilung. In den beiden kleinen
Sälen ist mit das Beste vereinigt, was auf diesen:
Gebiete in: Pariser Privatbefitz vorhanden ist. Wunder-
volle Faiencen aus den Sammlungen der perren
Papillon und Ealvet und Anderer, Meißener Porzellan
aus den: Besitze der bserrn Gerard, Thonkrüge aus
dem der Herren Berger, Guörin, Gasnault, um nur
Einiges zu uennen. Für die japanische Abtheilung
haben die berühmten Sammler Gonse, Bing u. s. w.
ihre besten Stücke geliehen. Wenn, wie man in
einigen Blättern lesen konnte, die retrospektive Aus-
stellung wirklich veranstaltet worden ist um zu be-
weisen, daß die heutigen Erzeugnisse den: früheren
in nichts nachstehen, so ist dieser Beweis gründlich
mißglückt. Gleichzeitig nut der Keramik-Ausstellung
hat der Amerikaner Tiffany bei Bing eine große
Anzahl seiner Gläser ausgestellt. Neben einer Menge
kleinerer Stücke, die seinen besten früheren Sachen
an Schönheit der Farbenwirkung und Zartheit der

Ausführung nicht nachstehen, finden wir da emige
höchst plumpe Lampen.
Die Zahl der kleinen Sonder ausste llungen hat
sich nut dem Eintritt der heißen Jahreszeit wesent-
lich vermindert. Bei Eubat haben wir in Anquetin
ein kräftiges noch nicht ganz von freunden Einflüssen
freies Talent für Landschaften und Porträts, bei
Boutteville in Seynaud eine begabten Anfänger gr-
ünden, bei Bing unter den Arbeiten Rippl-Ronais
einige nicht uninteressante Porträts entdeckt. Eine
freudige Ueberraschung hat Rosa Bonheur, die fünf-
undsiebzigjährige immer noch rüstige Künstlerin nut
den: männlichen Geist, ihren Freunden und Berehrern
durch vier Pastelle gemacht, die bei Georges Petit zu
sehe:: siud. Seit zwanzig Jahren hatte sie hier nichts
ausgestellt. — Reber die Ausstellung der männlichen
und besonders weiblichen malenden Sänger und
Schauspieler schweige:: wir aus Galanterie.
Den reichsten und nachhaltigsten Kunstgenuß der
letzten Wochen hat uns die Ausstellung von Frauen-
und Kinder-Porträts aus Privatbesitz bereitet
Wir begrüßten sie um so freudiger, als solche Ver-
anstaltungen anders als in London, hier höchst selten
Find. Bon Ghirlandajo und der Schule der Elouet
an bis zur Madame Toulmouche von Delaunay und
den Bildnissen Bastien-Lepages waren so ziemlich
sämmtliche Schulen vertreten. Das Hauptgewicht
ruhte auf der frauzösischen uud englischen Schule des
achtzehnten Jahrhunderts: Largilliere, die van Loo,
Nattier, Latour, Grenze und Madame Lebrun, David
und Gerard boten in ihren lichten grauen, grau-
blauen und rosa Farben einen wundervollen Kontrast
zu den warmen Goldtönen der Reynolds und Romney,
der Poppner und Lawrence. Ban Dyck war neben
Anderen durch das Porträt der Marquise Spinola
mit ihrer Tochter, Franz pals durch lachende Kinder-
köpfe, Belasquez durch eine seiner Infantinnen,
Goya durch zwei Frauenbilduisse — darunter die
schwarzäugige Lota Zimenes — und die berühmten
Manolas vertreten. Die Krone der Ausstellung aber
bildeten die vier Bilder Rembrants, vor Allen: die
Bibelleserin aus der Sammluug Porges. Dieses
herrliche alte Mütterchen kann inan getrost neben
die berühmte Mutter des Künstlers in Wien und die
alten Frauen der Eremitage stellen.

kressburg:
Was
Maria Pberesia-Venhrysl.
von Franz lvolff, Wien.

tMchn begeisterungsvoller Zug war es, als in:
Jahre s89? die ungarische Krönungsstadt den
plan faßte, zur Feier des Königs-Jubiläums, an
Stelle des verschwundenen Krönungshügels, ein
würdiges Denkmal zu errichten, und ein glücklicher
Zug war es, der sie die jugendschöne Gestalt Maria-
Theresia's wählen ließ. Die junge Königin, von
allen Seiten mit Noth nnd Kampf bedroht, fand
Lsilfe bei den Ungarn, die Blut uud Leben für ihre
 
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