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Die Kunst-Halle — 2.1896/​1897

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No. 21
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Meyer, Bruno: Noch einmal: Radirung und Heliographie
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Grünewald: Künstlerische und mechanische Nachbildung photographischer Werke, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.63305#0378

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330

Die Aun st-Halle

Nr. 2(

zu gefährden. Von kaum minder bedeutenden Stechern
sind namentlich im Auslande, vorab in Frankreich, das uns
in der Ausbildung der photomechanischen Verfahren für
Kupferdruck erheblich voraufgeschritten war, solche hand-
liche und billige, daher den breitesten kunstliebenden
Schichten zugängliche Ausgaben ihrer berühmtesten Meister-
werke längst erschienen; und vielleicht erwirbt sich gerade
Rudolph Stang das Verdienst, uns auch an Gri-
g i n a l-Platten zu zeigen, wie man a u f der Höhe
bereit ist, mit vorurtheilen aufzuräumen und sich dem g e -
sunden Fortschritte der Zeit anzubequemen, besser:
ihn sich und der Welt d i e n st b a r z u m a ch e n. Leider-
ist ja doch der verehrte Meister bereits in den Jahren, in
denen anders kaum noch eine neue Großthat, ähnlich den
vorangegangenen, von ihm mit einiger Sicherheit zu
erwarten wäre. Und darin wird — glaube ich — auch
Herr Professor Biedermann mit mir vollkommen einig
sein: Lieber innerhalb von fünf bis sechs Jahren nach
der mir vorschwcbenden Methode noch ein gutes halbes
Dutzend Stang'scher Linienstiche, als in zehnjähriger
Eigenhändigkeit — vielleicht keinen einzigen mehr!
Berlin, den ;6. Juli (897.
Bruno Meyer.
Künstlerische und mechanische
Oachhildung
photographischer Merke.
vom Geheimen Iustizrath Grünewald, Metz.
(Schluß)

Außer diesen rein künstlerischen Nachbildungen sind
noch andere denkbar, die ebensowenig mechanischer Natur
sind. Hierzu gehört die freie Benutzung des vom
Photographen hergestellten Werkes zur Hervorbringung
eines neuen Werkes (tz 2 p. Sch. G.). Diesen Begriff
haben wir bereits in dieser Zeitschrift (Iahrg. I. S.
näher dargelegt und fassen wir ihn deßhalb, als hier
unentbehrlich, nur in Kürze dahin zusammen, daß ein
solcher nur insoweit angenommen werden kann, als die
Photographie für das neu geschaffene Bild lediglich
die Grundlage, die äußere geistige An-
regung, den Gedanken gegeben hat, so daß sie
nach ihrem wesentlichen Theile darin nicht mehr er-
kennbar ist und sich das neue Bild als selbständig erfundene,
eigentümlich neue Arbeit darstellt.
Eine weitere Art der Nachbildung photographischer
Erzeugnisse, die weder als mechanische noch als
k ü n st l e r i s ch e angesehen wird, unterscheidet das Reichs-
gericht*), nämlich die mittels einer technischen,
nicht künstlerischen Handzeichnung, Malerei oder Plastik,
welche zu dein Zwecke erfolgt, diese letzteren selbst me-
chanisch zu vervielfältigen. „Eine solche Nachbildung ist
*) U. v. 2q> Mai t8st2 Lntsch. in Strafsachen, Band
XXIII, t29-

erlaubt, gewährt aber kein Urheberrecht im Sinne des
K t des K. Sch. G. Eine weitere nach ihr statt-
sindende Nachbildung in Verbreitungsabsicht ist nach
KA t und 3 PH. Sch. G. von der Genehmigung des Ver-
fertigers der photographischen Aufnahme abhängig, weil
sich der Nachbildner auf die Ausnahmevorschrift des H 8
nicht berufen kann."
Außerdem sind noch als nicht mechanische, demnach
erlaubte Nachbildungen photographischer Werke, die mittelst
lebender Bilder oder im Wege der Kunst -
gärtnerei denkbar. Die ersteren haben wir gleichfalls
bereits im Iahrg. I S. 3;o dieser Zeitschrift beleuchtet,
und bezüglich der letzteren bedarf es wohl keiner näheren
Begründung, daß und warum eine solche Nachbildungsart
weder zu den Darstellungsmitteln der bildenden Künste,
noch zu denen der mechanischen oder technischen zu
zählen ist.
In allen bisher entwickelten Fällen ist die Nach-
bildung der photographischen Erzeugnisse, wie oben her-
vorgehoben wurde, frei g e st a t t e t.
verboten ist diese Nächbildung nur, weun sie mit
der Absicht der Verbreitung im mechanischen Wege
erfolgt. Bei der Fassung der Eingangs erwähnten t
und z PH. Sch. G. wnrde von der Auffassung ausgegangen,
daß der Photograph nur dadurch eme Schädigung erfährt,
daß sein Werk, das — abgesehen davon, daß es auch
eine Kunst im Photographieren giebt — an sich doch nur
als mechanisches und nichtals künstlerisches gilt, hinwiederum
auf eine ihrer Grundlage nach mechanische Ver-
fahrungsweise nachgebildet wird. Darunter wird aber
„nicht die unselbständige, geistliche Wiedergabe des (Ori-
ginals, etwa im Gegensatz zur freien Benutzung" (All-
feld s. zzz Z. l), sondern vielmehr eine solche verstanden,
die ohne eigentliche freihand-zeichnende Tätig-
keit ausgeführt ist. Das Reichsgericht**) hat deu Begriff
der mechanischen erschöpfend dahin erläutert: „Die Nach-
bildung ist eine mechanische, wenn es wesentlich
die dein menschlichen Willen und der Technik dienstbar
gemachten elementaren Kräfte der Natur sind, welche
die Reproduktion erwirken, ohne daß die individuell
geistige Menschenkraft zu der Leitung mehr beiträgt, als
es die Lenkung und Leitung der Naturkräfte mit sich
bringt. Solange nur diese elementaren Faktoren der Be-
wegungskraft, der Wärme, des Lichtes, der chemischen
Agentien rc. in dem Verfahren überwiegen, wird
das letztere die Eigenschaft eines mechanischen bewahren,
auch wenn, sei es technisch, fei es künstlerisch, eine ge-
wisse sekundäre Mitwirkung freischaffender Menschenkraft
unverkennbar hervortritt. Da wo die Photographie nur
als Grundlage frei benutzt worden ist, um darauf-
hiu ein neues Werk hervorzubringen, hört der Begriff
der mechanischen Nachbildung auf. von diesen Gesichts-
punkten aus fällt unter die mechanische Nachbildung vor
Allem das photographische Verfahren im eigent-
licheu Sinne selbst, da mittelst desselben das Bild unter
chemischer Einwirkung des Lichtes mechanisch
entsteht. Hierzu gehören Silber-, Pigment- und Platin-
druck. Aber auch alle diesem Verfahren ähnliche, für
die auch das PH. Sch. G. nach tz desselben anwendbar
ist, zählen hierzu, insbesondere die sog. photo-
**) U. v. 20. Sept. ;882 in Blums Annalen VI, 320.
 
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