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Die Kunst-Halle — 2.1896/​1897

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Nummer 3
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Berger, Rud.: Aus dem Münchener Kunstverein
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Stahl, Fritz: Berliner Kunstschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.63305#0052

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qo

Die Kunst-Palle.

Nr. 3

ihn zu neuen Phantasmen angeregt. Der wissenschaftlichen
Forschung zum Trotze stellt er „des Meeres Leuchten" als
ein munteres Spiel neckischer Meeresnymphen dar. Man
muß beim Anblicke des hübschen Bildes gestehen, daß das
Austanchen dieser phosphoreszirenden Körper und das
Sprühen derselben an der Mberfläche des Meeres ebenso
reizend symbolisirt, als malerisch gut beobachtet ist. Pro-
grammatisch für diese Richtung ist seine „blaue Blume"
(eine Meernymphe vor der sich ihr zeigenden blauen Blume).
Andere hierher gehörige Bilder sind u. a. „der Nöck", „See-
märchen", „der Nirensxiegel", „Nix und Nibelung", „Mär-
chen". Sie sind nach Zeichnung und Farbe nicht alle gleich-
werthig.
Reine Landschaften bringt er nur selteu zur Ausstellung.
Durch die jüngste Kollektion im Münchener Kunstverein
sind einige davon dem Publikum bekannt geworden. Sie
zeigen, daß Menglein in pendrich einen talentvollen Schüler
gefunden hat. Tinen überraschenden Verzicht auf Farben-
feuerwerk zu Gunsten massiger Lichtwirkung bedeutet seine
„Sommeridylle am Meere", die man, würde sie nicht pen-
drich's Handzeichen im unteren, einen Böcklin'schen Pimmel-
fleck im oberen rechten Eck zeigen, kaum dein Schöpfer der
„nordischen Landschaft" zuschreiben möchte.
Norübergehend ist der Berliner Meister auch der reli-
giösen Malerei ergeben gewesen. Die Ausstellung im
Münchener Kunstverein hat nichts Einschlägiges gezeigt.
Ts würden etwa „peilige Nacht" und „Christus auf dem
Meere" hierher gehören.
Rud. Berger.
L
VerUner Kunstfchau.
<3>m Salon Schulte sind mit stattlichen Sammlungen
zwei Landschafter vertreten, p. kV. Jansen, ein
Polländer, und Eugene Zettel, der ehedem ein Mester-
reicher aus Wien war und jetzt selbst kaum wissen wird,
was für eiu Landsmann er ist. Jette! zählt zu den Lieb-
lingen der modernen Kritiker, mindestens in Berlin. Er
gehört mit zu denen, die uns für die neue Kunst, für Lust
und Licht gewonnen haben. Er war keiner ihrer Pfad-
finder, aber er verstand es vortrefflich, in seinen zarten
Stimmungsbildern ihre Errungenschaften zu vertreten. Er
war modern und doch nicht gewaltsam, das rechneten wir
ihm hoch an. Ich las auch über diese Aquarelle und
Gouachen überall Lob, mir scheinen sie Anlaß zu geben,
unser Urtheil über den Künstler zu revidiren. In einer
mattgrauen parmonic malt er dürftige Motive und läßt ihr
zu Liebe noch das geringe Stoffliche zurücktretcn. Ich ver-
misse zunächst die Fühlung mit der Natur, aber will mau
heute wieder dem Maler die Freiheit der Natur gegenüber
gönnen, dann muß er doch wohl durch andere künstlerische
Reize entschädigen. Menn Sand kein Sand, wenn Master
kein Master, wenn Lust keiue Lust, wenu Licht kein Licht
ist, dann sollen es wenigstens doch interessante Farbenflecke
sein und keine langweiligen. Keller-Reutlingen hat uns in
seiner ersten Zeit solche grauen Bilder gemalt, der Schwede
Lilis Petersen diese Mondabende: Iettels Bilder halten den
Vergleich nicht aus. Da lob ich mir den Jansen. Er ist
uns zwar wie viele Polländer etwas fremd durch den

dunklen, schweren Ton, den selbst seine Tagebilder noch
haben. Aber trotzdem er so unsere ausgesprochene Vorliebe
für Licht nicht befriedigt, das Auge befremdet, fühlen wir
etwas verwandtes in seiner Naturbetrachtung. Und für
den, der durch die Schale hindurch nicht zu diesem Kern
gelangt, ist immer die schöne dekorative Wirkung und das
meisterliche Können bewundernswert^ Am unmittelbarsten
wirkt sein „Regentag an der Werst" mit der großen,
leuchtenden Molke und das Kircheninterieur, Bilder, in
denen das Trennende zurücktritt. Von heimischen Kräften
tritt eine Malerin aus, die, scheint es, ein großer Künstler
werden will: Elisabeth von Licken. Die Dame hat
von dem Beispiel der Morpsweder Nutzen gezogen, vielleicht
ist sie auch vou selbst aus die gleiche Idee gekommen und
hat sich iil Ahrenshoop niedergelassen, was sie da gelernt
hat, ist sehr überraschend. Mder auch nicht, da jedem Künstler
das Leben in der Natur diese starke Empfinduug und da-
mit auch diese Kraft des Ausdrucks verleihen muß. Die
Frage wird immer dringender, wie lange noch unsere Ber-
liner Landschafter — — nicht alle meine ich damit - —
ihre Freilichtlandschasten in den Ateliers von Berlin ^V.
zu malen gedenken. Frl. von Eicken hat neben Studien,
die unter anderen Vorzügen auch ein seines Gefühl für die
Individualität der Bäume zeigen, ein Bild „perbstgold"
ausgestellt. Liu Bachraud: üppiges Krautwerk am Lodeu
iu einem wundervollen Meinroth, Strauchwerk mit braunem
und gelbem Gold in den letzten Blättern, das alles wieder-
gespiegelt vom Master. Das Ganze ist mehr eine Sym-
phonie des perbstes, als ein wirklicher Natureindruck, aller-
es hat doch alle Wahrheit eiues solchen. Es ist meines
Missens das erste Kunstwerk, das der gemeinen Meinung
zum Trotz den perbst nicht als melancholisch schildert, son-
dern die jauchzende Schönheit seiner Farben unbefangen,
vorurtheilslos zu ihren: vollen Recht kommen läßt. Perm,
pendrichs, dessen Bilder in seiner bekannten Art dies-
mal wenig glücklich ausgefallen sind, giebt in den anspruchs-
losen Studien vom Strande so Eigenartiges, daß man nur
wünschen kann, ihn ans den Pfaden versonnenen Träumens
anzutreffen. Es ist beinahe merkwürdig, daß hier in der
einsachen Wiedergabe eines Stückes Natur ost uugesucht
die Märchenstimmung webt, die seine gewollten Märchen-
bilder ebenso ost vermissen lassen. Dort will er sich von
der Natur entfernen, geht zu weit und verliert zugleich die
Einfachheit und die Wahrheit, hier will er die Natur geben,
und seine Stimmung entfernt das Bild von dem Eindruck
Jedermanns. Die Blätter sehen sehr anders aus als die
Studien unserer Landschafter von Berus, die seine Beob-
achtung im Detail geht ihnen ab, dafür haben sie eine Ein-
heitlichkeit in Farbe und Empfindung, die jenen zu fehlen
pflegt: man könnte sie an: besten Impressionen nennen,
wenn man den Ausdruck nur nicht im Modesinne ver-
steht. —
Bildnisse, die man hier findet, pflegen eine Besprechung
nicht zu verlangen. Diesmal finden wir einen Lenbach,
es ist zwar ein sehr „schneller", aber im Einzelnen ist
manches wundervoll, z. B. die kühnen blau-grauen Schatten
in den Aermelsalten. Unter den Berlinern fällt Rudolf
Bereny aus, der nach langer Pause wieder hervortritt.
Seine drei großen Bildnisse zeigen ein solides und ein un-
solides Element. Er hat offenbar aus früheren Urtheilen
den Schluß gezogen, daß er noch viel zu lernen hatte, und
hat mit großem Eifer und Erfolg studirt. Daß ex in diesen:
 
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