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Die Kunst-Halle — 2.1896/​1897

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No. 23
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Wolff, Franz: Wien: Kunstbrief
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Kunstchronik
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Nr. 23

D ie A u n st - H a l l e

363

In München und anderen Knnstzentren haben sich die
ältesten Künstler mit Begeisterung der Sezession ange-
schlossen, woraus deutlich hervorgeht, daß wahres Kunst-
streben wenig oder gar nicht an Jugend oder Alter ge-
bunden ist. Bei uns stehen die älteren Künstler — die
einzige rühmliche Ausmahme bildet der Aelteste der Alten,
unser hochverehrter Rudolf Alt — den Jungen schroff
gegenüber und gebehrden sich als die Räter mißrathener
Söhne. wenn die Jungen munter zu zwitschern beginnen,
hat aber ihre Bevormundung durch die Alten von selbst
ein Ende. Diese einfache und alte Wahrheit sollte in
keinen: Falle vergessen werden und die Lrbgesessencn dem
Nachwuchs freundlicher den Raum gönnen, den sich dieser
nöthigen Falles eben erkämpfen muß.
Franz Wolff.

Ikunstcdronik.
* Bcrli n. K ö n igl. Nationalgalleri e. Aus der
Sammlung weseudonrk ist der Gallerte ein kleines Gemälde
von A. Böcklin, eine Landschaft nut einer allegorischen
Gestalt, welche die friedliche Stimmung des Waldes aus-
drücken will, geliehen. — Angekauft wurde neuerdings
eine Kreidezeichnung von K. Fr- Schinkel, darstellend die
Töchterchen des berühmten Architekten und Walers. Ron
privater Seite ließ sich die Gallerte das Oelbildniß eines
kleinen Mädchens von Dora Pitz schenken. Ls scheint,
daß man gewisse Sachen, die inan vorn nicht hineinnehmen
will, durch eine leise geöffnete Kinterthiir als Spenden
einläßt.
* Berlin. Altes Museum. Die Gallerte erhielt
voi: eiuem ihrer uugeuanuten Freunde das Gemälde
„Nymphen und Saturn", angeblich ein Iugendwerk von
A. van Dyck, ferner ein kleines Frauenlnldniß, angeblich
von Francesco Ubertini gen. Barch iacca, aus dem
;s. Jahrhundert stammend. Die Sammlung der Renaissance-
Skulpturen erhielt ein Stuckrelief angeblich von Donatello
und das Idealporträt eines altrömischen Kaisers. Die Samm-
lung der mittelalterlichen Holzschnitzereien wurde durch das
Pochrelief einer Kreuzigung (Birnbaumholz) bereichert.
Roi: Perri: von Kühtmaun traf aus Konstantinopel ein
byzantinisches Marmorrelief für die altchristliche Samm-
lung ein. — Mit den: Standbild Andreas Schlüters,
das jetzt in der Rorhalle des Museums aufgestellt ist,
hat Prof. Max wiese, panau, der glückliche Schöpfer
dieser Idealgestalt des großen Bildhauer-Architekten, einen
scholl seit mehreren Lustren schwebenden Lieblingsplan
unserer Kunsikreise endlich verwirklicht.
* Berlin. Märkisches Provinzialmuseum.
Dein unter Oberleitung des Geh. Reg.-Rath Lrnst
Friedel stehenden, von: Kustos Buch Holtz trefflich ver-
walteten Institut ist eine überaus werthvolle Zuwendung
aus der Loewe'schen Nachlaßmasse zu Theil geworden:
eine Sammlung überwiegend massiv goldener Dosen,
Schmuckkästen u. a. Gegenstände, in: ganzen 50 Stücke,
die durch figürlichporträtistische Darstellungen in Mosaikarbeit
und Lmailmalerei, durch Filigrauverzieruugcn in sauberster
und feinster Durchführung von künstlerischer Bedeutung sind.
* Dresden. In: Sächsischen Kunstverein wurde die
früher bereits in Paris, Berlin u. s. w gezeigte Aus-
stellung voi: Bildern werestschagin's kürzlich eröffnet.
Der Verein hat übrigens jetzt seineil Rechenschaftsbericht
für das verflossene Jahr (Z896) ausgegcben. — In der
Internationalen Kunstausstellung sind auch für
die nächste Zeit verschiedene Veranstaltungen geplant.
So wird in: Laufe nächster Woche an einem Nachmittag
eii: bekannter Theologe über das Thema „Die christliche
Kunst ill der Dresdner Internationalen Kunstausstellung"
sprechen.

* Kölligs berg i. pr. Die im vorigen Jahre in:
Grdensschloß Lochstedt entdeckten gothischen Wandgemälde
sind inzwischen sammtlich vom Kal'kbewurf befreit worden.
Sie sind thcils profangeschichtlichen, theils religiösen und
legendarischen Inhalts und wohl durchweg in Tempera-
farben ausgeführt. Lrstere befinden sich, neben rein
dekorativen Bildern, in der dem Ordensmeister einst ge-
hörigen Wohnung und verherrlichen die Personen und
Einrichtungen des Ordens.
* 6 am bürg. In: Kunstverein kam die Marinor-
Transparent-Skulptur „Das Schweißtuch der pl. Rcrouika"
von Mar Kruse, Berlin, jüngst zur Ausstellung.
-'Krefeld. Dem in diesen: Kerbst vollendeten
Kaiscr-Wilhelm-Museum ist ein reiches Geschenk zuge-
flossen. perr Albert Oettler hat die hervorragende Kunst-
sammlung des perrn Konservators Kramer in Kempen
für ösooo Mk. erworben und den: neuen Museum über-
wiesen. Diese in q^jähriger Thätigkcit entstandene Samin-
lung ist in weiten Kreisen wegen ihrer Reichhaltigkeit
und der Schönheit der einzelnen Kunstgegenstände, vor
allein aber als die beste Vereinigung von Kunstwerken
des Niederrheins geschätzt. Natürlich nehmen die alten
rheinischen polzschnitzarbeiten den ersten Rang ein, be-
sonders die Kalkarer Meisterschule ist durch eine Reihe
ihrer besten Schöpfungen, Marienstatuetten und pciligen-
bilder, glänzend vertreten, wie rege der Sammeleifer
des Begründers der Sammlung war, beweist unter den
Glasmalereien ein feingemaltes Interieur aus den:
t6. Jahrhundert, perrn Kramer ist es gelungen, säunnt-
liche auf diesem Bilde gemalten Möbel genau so in der
Form: aufzutreiben und seiner Sammlung einzuverleibcu.
Alle in der Sammlung enthaltenen Möbel sind durch
Schönheit der Form und des Machwerkes, sowie Feinheit
des Lisenbeschlags ausgezeichnet. Reich geätzte Keime,
Prunkhellebarden, ganze Rüstungen, rheinische Steinzeug-
gefäße, Siegburger, Nassauer u. a. Krüge sind in
vorbildlichen Stücken vertreten. Lin Gemälde von
Jean Scorel „Die Anbetung der weisen aus den: Morgen-
lande" ist durch die geschickte Anordnung der zahl-
reichen Figuren ausgezeichnet. Im Verein mit den
Erwerbungen des seit ;2 Jahren rührig arbeitenden
Krefelder Mnseumsvereins wird diese Sammlung den:
neuen Museum die Bedeutung eines Sammelpunktes
niederrheinischen Kunstgewerbes geben.
* Ouedlinbnrg. Unsere Bürgerschaft wird sich
demnächst darüber zu entscheiden haben, ob sie die
Kosten für die öffentliche Aufstellung eines Kunstwerks zu
tragen bereit sein will. Ls handelt sich um die ältere
Gruppe von Prof. Ludwig Manzel „Friede durch
Waffen geschützt", welche der preußische Staat jetzt in
Bronze gießen lassen wird und die der gegenwärtige
Kultusminister D r. Bosse seiner Vaterstadt zugedacht hat.
* M ü n ch e u. Nachdem der bayrische Staat vor drei
Jahren den: Kgl. Pofglasmaler Larl de Bouche mit
Verstellung von 3 großen gemalten Fenstern für den
ältesten Thor des Augsburger Domes aus den Mitteln
des Fonds für Pflege und Förderung der Kunst durch den
Staat betraute, ist der genannte Künstler mit einen: neuen
großen Auftrag bedacht worden. Nach Vorschlag der
künstlerischen Sachverständigen des bayrischen Staates ist
demselben die Ausführung zweier Kolossalfenster für die
herrliche gothische St. Georgskirche der ehemaligen
freien Reichsstadt Dinkelsbühl übertragen worden.
Der gleiche Künstler hat von: deutschen Kaiser auch die
Lhorfenster der in: Bau begriffenen Gedächtnißkirche zu
Speyer zur Ausführung erhalten.
^Frankfurt a. M. Im Kunstverein ist u. a. ausge-
stellt eilie Skizze zu dem im Städel-Museun: daselbst vor-
handenen pistoricnbild voi: L. F. Lessing „puß vordem
Konzil"; dieser Entwurf soll sich durch eine kühnere Auf-
fassung der dargestellten Szenen auszeichnen als das da-
nach ausgeführte große Gemälde.
-- peidelberg. An: ;2. August fand die Enthüllung
eines Denkmals für den verstorbenen Dialektdichter
Nadler statt.
 
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