Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst-Halle — 2.1896/​1897

DOI Heft:
Nummer 10
DOI Artikel:
Rundschreiben des Bayer. Kunstgewerbe-Vereins
DOI Artikel:
Rust, Agnes: Ein Münchener Portraitmaler
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.63305#0172

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
^6

-DieAunft-l^alle

Nr. s0

ländischen, welche die Ligenart nothwendig noch
gründlicher zerstört.
Doch regen sich auch bei uns selbstständig die
Kräfte. Diese zu fördern, neue zu gewinueu uud
ihnen ein weites, fruchtbares Gebiet für eiue schaffens-
sreudige Thätigkeit zu eröffnen, die vereinzelten Be-
strebungen zusanunenzufassen und nutzbar zu machen,
das ist das Ziel, das uns vor Augen liegt. Diesen:
Zweck soll auch das vorliegende Rundschreiben
dienen.
Der Bayerische Kunstgewerbe-Verein, ermuthigt
durch erfreuliche Erfolge eines früheren Rundschreibens,
wendet sich erneut mit der Bitte um Entwürfe zu
kunstgewerblichen Arbeiten an Deutschlands Künstler.
Als berufene Träger des nationalen Kunstempfindens
werden sie ihre kräftige Mithilfe sicherlich nicht ver-
sagen. Betrifft es doch einen Zweig des Kunst-
schaffens, dessen schönster Vorzug ist, daß er die Liebe
zur Schönheit in die weitesten Kreise, in jedes chaus,
ins tägliche Leben trägt.
Vor allem werden Entwürfe zu Gebrauchs-
gegeuftänden aller Art erwünscht sein. Unser Verzeichnis;
(vgl. Znseratentheil) nennt eine Anzahl solcher Gegen-
stände, von welchen wir hoffe:: dürfen, daß sie bald zur
Ausführung kommen werden, da sie einen: von Seite
der Kunstgewerbetreibenden geäußerten Bedürfnisse
entgegenkommen.
' Die Erzeugnisse der Bandarbeit haben vor denen
der Mafsenindustrie den unbestreitbaren Vorzug,
daß sie allein eine künstlerische Eigenart rein zum
Ausdruck bringen können. Trotzdem sprechen wir
ausdrücklich das Ersuchen auch um solche Entwürfe
aus, die sich zu billiger und massenhafter Ausführung
eignen. Denn nur diese Gegeustände tragen den
Sinn der Formenschönheit in alle Kreise, während
die theuere bfandarbeit meist nur in den Besitz der
Mohlhabenden kommt.
Mir möchten noch besonders betonen, daß wir
keinen Merth legen auf Entwürfe,
d:e kein weiteres Verdienst, als das einer ge-
schickten, auch vollendeten Nachahmung
historischer Stilarten oder ausländischer Er-
zeugnisse aufweisen,
bei denen künstlerische Rücksichten zurücktreten
mußten vor der Rücksicht auf den gedanken-
losen, künstlerisch ungebildeten Theil des
Publikums,
bei welchen die Eigenart des Materials
nicht nut Verständniß berücksichtigt ist, und
sich die Formen nicht aus dieser Eigenart
des Materials herausentwickelt haben,
bei welchen die Aeberladung nut Zierformen
die Zweckmäßigkeit beeinträchtigt.
Die Zustellung der Entwürfe erbitten wir uns
unter der Adresse: „Sekretariat des Bayerischen
Kunstgewerbe-Vereins, München, sdfandhaus-
straße 7/II.

Mir hoffen, daß es bis spätestens in einen: Zahre
möglich sein wird, eine Ausstellung zu veranstalten,
welche die nach den besten Entwürfen ausgeführten
Gegenstände der weitesten Geffentlichkeit zugänglich
machen soll.
Als eine bleibende Aufgabe wird es unsere
challenkommission betracbten, den Erwerb der ein-
gehenden Skizzen seitens der Gewerbetreibenden zu
vermitteln — (wir bitten, auf den Entwürfen die
Preise anzugeben) — und in der Folge eine möglichst
rege Berührung der erfindenden und ausführenden
Kreise herbeizuführen.
München, im Januar ;8Y7.
Die Vorstandschaft
des Bayer. Knnstgewerbe-Vereins.
X
Lin Münchener Dortrattmaler.
Von Agnes Rust-Aschaffenburg.

letzte:: Strahlen der Mintersonne reflektiren
in einen: Glase, das eine Photographie be-
schützt. Dies Bild unter Glas und Rahmen ist die
wohlgelungene Reproduktion eines Originals von
s)aul Nauen. Es ist eines der vielen Genrebilder,
welche der Künstler, damals noch ein sehr junger
Meister, gemalt hat: . . . Eine alte Frau, über
ihren: Buche eingeschlafeu ... Es mag eine Bibel
sein oder ein Lrbauungsbuch,- in den: sie gelesen.
Neber den: Ganzen lagert sonntäglich feierliche Stille.
Volles L:cht fluchet durchs breite Feuster, steht als
Streiflicht auf den: gesenkten chrofil, spielt in den:
weißen, noch dichten lfiaar.
Die Oualitäten dieses Bildes erwägend, nimmt
es mich nicht Münder, daß ein Künstler, der über
ein solches Können so früh schon verfügte — noth-
wendig zu den Resultaten von heute kommen mußte.
Fest in sich ruhend, unbeirrt von Zeitströmungen,
autokratisch in seinen: Mesen, gestützt auf ein großes
künstlerisches Vermögen schien ihn: die jDorträt-
n: al er ei großen Styles ein erstrebenswerthes Ziel.
And nennt man heute in München die besten Namen,
so wird auch der von stMul Nauen genannt.
Line absolute Vornehmheit zeichnet alle Bild-
nisse des Künstlers aus. Lme Vornehmheit, d:e so
frappant ist, daß Mancher sie nut „Eleganz" zu um-
schreiben meint. — Zch liebe dies Mort nicht sonder-
lich, immerhin halte ich es noch für berechtigt, in:
Kunftlerikon zu figuriren . . . Auch darf ich nicht ver-
schweigen, daß eine Eigenschaft die Bilder des Künst-
lers noch besonders werthvoll macht — das fit die
wunderbare Behandlung der bs änd e, das intime Ein-
gehen in ihre individuelle Form und Tharakteristik.
Dem großen van Dyck wird nachgejagt, er
habe für alle seine Porträts zwei bestimmte Modelle,
 
Annotationen