Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst-Halle — 2.1896/​1897

DOI Heft:
Nummer 11
DOI Artikel:
Ausstellungen
DOI Artikel:
Ueber Kunst und Künstler
DOI Artikel:
Persönliches
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.63305#0198

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
s70

-A»rH D i e A u n st- a l l e I-!^

Nr. H

der französichen Kunstabtheilung auf der Welt-
ausstellung zu Brüssel. Die Wahl des Preisgerichts steht
der Regierung zu, und um eine Majorität zu ihren Gunsten
zu erzielen, sucht sowohl die Marsfeldgrupxe, wie auch
die Llysees-Gruxpe die Regierung zu beeinflussen.

Neber Ikunst und Ikünstler.
* Pros, Hugo Vogel ist von der Landes-Kunst-
koiumissiou mit der Ausmalung des großen Sitzungs-
saales im neuen Ständehause zu Merseburg betraut
worden. Mit der Ausführung, die mehrere Jahre in
Anspruch nehmen wird, soll der Künstler nach der passen-
den Umgestaltung der Innenarchitektur des Saales sofort
beginnen. Auf der Hauptwand des Saales gelangen in
drei zusammenhängenden, durch Pilaster getrennten Bildern
Motive aus der sächsischen Kaisergeschichte in reicher,
figuraler und passender landschaftlicher Komposition zur
Darstellung. Die Bilder für die gegenüberliegende wand
behandeln Motive allegorischen Inhalts bis zur modernen
Zeit, ebenso jene für die dritte wand. Die Entwürfe
lassen darauf schließen, daß die Ausmalung ein hervor-
ragendes Werk monumentaler Kunst wird.
* Bildhauer Prof. Johannes Schilling hielt
im einem Dresdner Verein unlängst einen gehaltvollen
Vortrag „U eber das Sehe u". Die „D. wcht." bringt
darüber einen Bericht, dem wir einzelne Sätze entlehnen:
„Die Kenntniß von Größe und Wesen der gesehenen
Dinge ist das Lrgebniß der Zusammenwirkung unserer
Sinne, denn sür den Erwachsenen giebt es kaum noch
Dinge, über deren Beschaffenheit er keine Kenntniß hat.
Mit der Schätzung des Wesens, der Größe und der Ent-
fernung der Gegenstände gewinnt auch unser Raumver-
ständniß, und je größer die Uebung ist, die Erscheinung
der Dinge räumlich auszugestalteu mit Hülfe unserer Ein-
bildungskraft, desto eher begnügen wir uns mit einem
flüchtigen Sehen, welches dann eigentlich nur der Be-
stätigung des Vorhandenseins eines Gegenstandes gleicht.
Daher kommt es auch, daß wir von vielen Dingen, die
wir vielleicht schon tausendmal gesehen haben, doch nur
eine unklare Vorstellung haben. Die Einbildungskraft
verringert aber nicht nur den Eindruck des Sehens, sondern
ergänzt es zuweilen auch; stellt sich z. B. eine Person auf
eine Fußbank und verhüllt die Füße mit einem Tuche, so
ergänzt unsere Einbildungskraft die Größe der Person
bis auf den Fußboden. Jeder Gegenstand bietet nun in
anderer Ansicht und anderer Beleuchtung eine andere Er-
scheinung, deshalb istdas, waswir vom Körper wahrnehmen,
nur ein kleiner Theil desselben. Dieser wahrgenommene
Theil ist aber auch wieder nur ein Theil von dein, was
wir mit dem Auge sehen, da unsere Phantasie auch das,
was wir nicht sehen, in unsere Wahrnehmung mit ein-
schließt. Denn da jede Vorstellung von einem Körper für
uns ein abgeschlossenes Ganzes ist, so kann sich auch
unsere Einbildungskraft von dem gesehenen Gegenstände
nur eine geistig ausgestaltete Vorstellung machen, die frei-
lich eben durch die Ergänzungen der Einbildungskraft
nicht immer mit der Wirklichkeit übereinstimmt. Mensch-
liche Karrikaturen, Zerrbilder mit großen Köpfen auf
kleinem Unterbau stoßen lange nicht so ab als Zerrbilder
mit kleinen Köpfen auf großem Unterbau, weil wir an
dis Vergrößerung des menschlichen Kopfes durch den täg-
lichen nahen Verkehr mit Menschen gewöhnt sind, die wir
also in naher Betrachtung immer mit zu großen: Kopfe
unbewußt karrikirt zu sehen gewöhnt sind. In einer uns
bekannten Landschaft sehen wir alles größer und höher,
weil unsere genaue Kenntniß von den Dingen die Ein-
bildungskraft vom Wesen und von der Größe der Dinge
heraufschraubt. Unbekannte Landschaften dagegen kommen
uns immer kleiner, unbekannte Berge niedriger, Flüsse
schmäler vor, als sie in Wirklichkeit sind, weil unsere Un-
bekanntheit mit den Gegenständen der Einbildungskraft
nicht zu. Hülfe kommt. So werden die Alpen und der
Rhein z. B. immer beim ersten Anblick enttäuschen, inan
hat sie sich größer vorgestellt, und erst wiederholtes Be-

trachten wird den thatsächlichen Größenverhältnissen gerecht,
wichtig für unser Sehen ist die Führung des Blickes,
die von der Kulturstufe eures Volkes und vom Zeitgeist
bestimmt wird. So sahen die Griechen im Ebenmaß der
Glieder die Schönheit, während das Schönheitsbild im
Mittelalter sich vom Körper abgelenkt hatte und nur den
seelischen Ausdruck als solches verehrte. Sogar der Geist
eines anderen Menschen kann unser Sehen führen, denn
wir erhalten von demselben Gegenstand ein ganz anderes
Bild, wenn wir nach eines anderen Menschen Geist ihn
betrachten."
* InDresden wurde in voriger Woche die K r e u z.
Kirche ein Raub der Flammen. Für die Geschichte der
sächsischen Barockarchitektur ist das zwischen ^76-^ uud ^792
entstandene Gotteshaus nicht ohne Belang. Nach der
Zerstörung des ältern Gebäudes bis auf den Thurm er-
hielt der Baumeister I. G. Schmidt den Auftrag zum
Bau der jetzigen Kirche, während der Arbeit aber wurde
ihm das Werk entzogen und ein gewisser Exner zu
seinem Nachfolger bestimmt. Von diesem rührt die archi-
tektonische Ausgestaltung des Werkes, insbesondere eine
Durchbildung der Fassaden und der Thurm her, von
Schmidt der Entwurf der Anlage. Als Saalkirche mit
starker Hinneigung zum Eentralbau machte das Innere
der Kirche einen mächtigen Eindruck. Der Mittelraum,
in der Grundform eines durch zwei Halbkreise verlängerten
(Puadrats, wurde überspannt von einem Spiegelgewölbe,
das von zehn mächtigen, durch Halbkreisbögen verbundene
Pfeiler getragen wurde. Der barock gestaltete Thurm besaß
eine Höhe von 95 na und zeigte in seinem Aufbau manche
Uebereinstimmung mit dem schönen Thurm der Sophien-
kirche in Berlin.

persönliches.
* Berufungen. Kunstmaler E. G. 't Hoofd zu
Amsterdam ist zum Unter-Direktor der Gallerte des
R^ksmuseums, PH. van der Kellen, bisher Volontär
daselbst, zum Direktorialassistenten am Kupferstichkabinet
ernannt worden. Zum Unterdirektor an der Kgl. Gallerte
im Haag wurde F. G. Waller aus Amsterdam berufen.
* Herr Vr. Abr. Bredius, bisher Direktor der
Bildergallerie im Haag, hat ein Lntlassungsgesuch einge-
reicht. Voraussichtlich steht seinem Wunsche nichts im
Wege. Das Hauptverdienst des „großen" Mannes besteht
darin, daß er über Preise auf Bilderauktionen fleißig Buch
führte und darüber in Kunstblättern berichtete. Nebenbei
beschäftigte er sich auch mit der Auffindung neuer „alter
Meister" zumal neuer Rembrandts. Nit derselben Regel-
mäßigkeit, mit der die Störche in's Land kommen, gingen
fortgesetzt die Nachrichten von seinen „Entdeckungen" durch
die'presse Halb - Europas. Und so gewöhnte der Herr
diese Presse, die jetzt natürlich seinen Rücktritt lebhaft
bedauert, an seinen Namen, an seinen Ruf. In Holland
selbst kommt dazu noch ein Stück nationaler Eitelkeit, die
sich an dem „Ruf" des Herrn Direktors ergötzt. Diesem
selbst schwoll längst der Kamm, und er war der Meinung,
daß Niemand als Kunsthistoriker in Holland oder über
Holland, ohne seine Approbation, thätig sein dürfe. Also
empörte ihn auch die Berufung eines Mannes zum Unter-
direktor der Haager Gemäldegallerie, den nicht er legitimirt
hatte.
* In Brüssel starb kaum so Jahre alt der auch
als Archäolog geschätzte Landschaftsmaler Gustave Den
Duyts. von Lorot ausgehend, wurde er bald eiu echter
vläme in seinen Naturschilderungen. Die „Voß. Ztg."
läßt sich über ihn schreiben: Alle seine Landschaften sind
von einem feinen, poetischen und melancholischen Hauche
durchflossen, in Luft und Licht meisterhaft ausgeführt. Er
war ein Meister in der Darstellung des Schnees und seine
in allen Arten der Beleuchtung gefertigten Schneelandschaften
sind so prächtige und eigenartig gemalte Werke, daß sie
ihm einen bleibenden Platz in der vlämischen Malerschule
sichern. Aber nicht nur als Maler des winters hat Den
 
Annotationen