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Die Kunst-Halle — 2.1896/​1897

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No. 24
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Hansen, Fritz: Kopenhagen: Die Intern. Kunstausstellung "Ny Carlsberg Glyptothek", [2]
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Schelden, P. van: Brüssel: IV. Internat. Kongress für Baukunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.63305#0430

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376

Die Kun st-Halle Mch

Nr. 2H

„Lelia" zeigt uns ein Hirtenmädchen, das prächtig
gezeichnet ist. Die slavischen Abteilungen sind nur-
klein und unbedeutend; auch unter den Arbeiten
der russischen Künstler bemerken wir keine Meister-
werke. Immerhin darf ein Gruppenbild von
Mjasojedosf („Die Vorlesung") Anspruch auf Be-
achtung machen, denn die Hauptperson, der Vor-
leser, ist trefflich charakterisirt. Recht brav gemalte
portraits zeigt noch kV. Makowsky. Unter den
2s) Schweizer Malern ragt nur Arnold Böcklin
mit seinen drei Arbeiten hervor.
Menden wir uns schließlich den Gesterreichern
zu, so finden wir auch hier uur gauz vereinzelt einige
Bilder, die mehr sind, als die landläufige Markt-
waare. Zu diesen wenigen Kunstwerken gehört das
große Gemälde von Fr. Lisenhut, „Blumentrunken-
heit" und „Der Verlassene" von Irme Knopp. —
Von Aquarellen, Zeichnungen, Lithographien ro. rc.
ist natürlich viel da, aber die wichtigsten Arbeiten
dieser Art wurden schon von uns genannt und die
in zweiter Linie kommenden Blätter hier aufzuzählen,
liegt kein Anlaß vor. —
So gut wie Deutschland auch iu der Malerei
auf dieser Ausstellung vertreten ist, an Skulpturen
bietet es nur zwei Arbeiten, die „Schwerttänzerin"
von Ad. Brütt und die gleichfalls bekannte Gruppe
von Ludwig Dettmann, „bfeimkehr des ver-
lorenen Sohnes". — Line glänzende Betheiligung
hat die moderne französische und belgische Skulptur
aufzuweisen. Lrnest Barrias zeigt fünf gute
Griginalmodelle seiner bekannten Arbeiten. Auch
der berühmte Auguste Rodin, Antonin Mercie,
Lugöne Guilleaume, Delon und andere sind
erschienen. Von den Belgiern, deren Plastik in der
letzten Zeit gewaltige Fortschritte aufweisen konnte,
hat Gonstatin Meunier seine Bronzestatue, „Der
Arbeiter" ausgestellt und in seiner Gefolgschaft be-
finden sich Ld. Jul. Lagae uud v au der Stappen,
mit fe einer Bronzebüste, einen: bsochrelief und einem
Gypsabguß. Obgleich diese Merke nicht die ganze
Kraft der bedeutenden Künstler zum Ausdruck bringen,
zeigen sie doch eine Größe der Auffassung, eine Fein-
heit der Lmpfindung und eine Mahrheit in der
Miedergabe derselben, wie wir sie heute nur selten
in der plastischen Kunst antreffen. Die moderne
englische Skulptur sinNck nur in L. Onslow-Ford
ihren Vertreter. Die übrigen vereinzelten Arbeiten
von italienischen, spanischen und russischen Bildhauern
bieten nichts vor: besonderem Interesse. Die Ab-
teilung für Architektur ist ganz ausschließlich vou
französischen Künstlern beschickt worden; unter den
22 Ausstellern sind 2f pariser Architekten.
bsaben wir in dieser gedrängten Uebersicht auch
vieles Beachtenswerthe unerwähnt lassen müssen,
so geht doch schon aus dem Gesagten hervor, daß
es sich hier um eine internationale Ausstellung
handelt, die mit den sonstigen derartigen Veran-
staltungen nicht verglichen werden kann. Für die
Leitung der internationalen Kopenhagener Kunst-
ausstellung handelte es sich nicht darum, eine Revue
der neuesten Merke der bildenden Kunst zu veran-
stalten; — es sollte vielmehr nur dem großen
Publikum der dänischen Hauptstadt in dem neuer-
bauten Museum ein möglichst vollkommenes Gesammt-
bild des modernen internationalen Kunstschaffens in
einer Reihe guter Kunstwerke vorgeführt werden.
Dieser erste Versuch einer internationalen Kunstaus-
stellung in dieser Stadt muß als wohlgelungeu be-
zeichnet werden. Ohne eigentlich sensationelle Merke

zu besitzen, übt die Ausstellung doch eine große An-
ziehungskraft auf das Publikum aus. Ls ist deshalb
nur zu wünschen, daß die Ny Larlsberg Glyptothek
noch oft solche Ausstellungen beherbergt. Für die
Künstler wäre das gewiß kein Schaden, denn diese
können sich kein dankbareres Publikum wünschen, als
es die lebens- und genußfreudige dänische Lsaupt-
stadt besitzt.

kZrüssel:
lv. Internat. Kongress kür
Kaukunst.

Unter den großen Kongressen dieses Jahres hat kürz-
lich derjenige für Baukunst iu den weitesten Fachkreisen
Interesse erweckt, nicht nur wegen des bevorzugten Grtes
uud wegen der Gedenktage, welche die Brüsseler Locckck
centrale ct'arcbitectnrs cie LetZi^us bei Gelegenheit ihres
sojährigen Bestehens feierte, sondern auch wegen der Zahl
berühmter Architekten, die von Nah und Fern herbeigeeilt
waren, um an den anregenden, für das Bauleben uuserer
Gegenwart wichtigen Berathungen als Mitglieder des
Kongresses lebhaft theilzunehmen. An der Spitze des
Komites machten die perren Dumortier und Maukels,
die beiden Vorsitzenden, die ponneurs und begrüßten die
fremden Gäste, unter denen die Delegirten der Architekten-
schaft der meisten europäischen Staaten und einzelner Re-
gierungen gleichsam eine achtunggebietende Korporation
von Größen der Baukunst bildeten. Im Ganzen hatten
sich 3ZH Kongreßmitglieder, darunter belgische, einge-
zeichnet: I. Stübben-Köln, der Abgesandte der deutschen
Architekten, Dubuisson - Nordfrankreich, Thanul - Paris,
A. Salm von der Gesellschaft zur Förderung der Baukunst
in Amsterdam, Graf Paul de Luzow-Rußland, Pedro
d'Avila-Portugal, dazu Poupinel als Deckgüter der fran-
zösischen Republik, Totten, Kelley und Kelsey aus den
Vereinigten Staaten von Amerika, Betocchi-Italien, Tuypers-
polland, Tlopen-Schweden und Aitchison-Lngland.
Lingeleitet wurde diese stolze Zusammenkunft am
Sonntag d. 29. August durch die Lrösfnung einer retro-
spektiven Ausstellung für Architektur aus dem Terrain
der Brüsseler Weltausstellung. Daraus begannen die Be-
rathungen im großen Saal des Akademiepalastes in Gegen-
wart des Königs von Belgien und auch in Anwesenheit
der Damen vieler Theilnehmer des Kongreßes. Ferner
waren der belgische Minister de Bruyn nnd der kunst-
sinnige Bürgermeister der gastfreien Pauptstadt, der als
Verfasser des Buches: »Va Voustrocckon äes vilcks« nicht
unbekannte perr Buls, zugegen. Nach den üblichen Be-
grüßungssörmlichkeiten nahm als erster Redner perr Pros,
de Waele von der Kunstakademie zu Gent das Wort zu
eiuem Vortrage über „Restauration der Gebäude".
Sein Standpunkt ist der streng wissenschaftliche und ver-
langt, mn es ganz kurz anzudeuten, daß man eine unvoll-
endete alte Bauschöpsung nur dann vollenden dürfe, wenn
sich aus dem Vorhaudenen ein zweifelloses Bild der ur-
sprünglichen Bauart gewiuneu laße; jonst verzichte man
lieber aus die Wiederherstellung. Der greise holländische
 
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