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Die Kunst-Halle — 2.1896/​1897

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Nummer 5
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Imhof, Franz: Ludwig Manzel
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Stahl, Fritz: Eine Berliner Sezession
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https://doi.org/10.11588/diglit.63305#0084

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68

Die Kunst-Halle.

Nr. 5

Ludwig Mangel.
er Meister des Stettiner Monumcntalbrunnens
soll inr Senat der Akademie der Künste in
Berlin den ehrenvollen Platz einnehmen, der
durch Prof. Erdmann Tncke's Tod noch verwaist ist-
Die Bestätigung durch die höchste Instanz steht noch
aus, wird aber zweifellos erfolgen. Ludwig Manzel
wurde am 3. Juni s838 zu Kagendorf in kleinen
Verhältnissen geboren. Diesen Anfang hat er fa mit
nicht wenigen Künstlern gemein, aus denen Großes
geworden ist, wie aus Torstens und Millet. Seit
f873 hat er auf der Berliner Akademie seine
ersten künstlerischen Studien gemacht, ist er schrittweise
unter Kampf und Arbeit gewachsen. Der Grundzug
seines Wesens ist Bescheidenheit. Tinen einfacheren
Mann hat die jetzt mit dem rothen seidenen Talar ver-
brämte würde des Senators der Akademie wohl nie-
mals geschmückt. Tr wird diese Würde würdig zu
tragen wissen, ohne sich selber untreu zu werden.
Niemals wird es ihm Freude bereiten, die Art an
den knorrigen Stamm seiner eigenen Natur zu legen.
Denn Manzells plastische Tmpfindungsrveise wurzelt
in dieser Natur, die norddeutsch und preußisch ge-
nannt werden muß, weil sie nichts beschönigen kann
und sich schlicht, kernig groß, kraftbewußt giebt. Tine
eigentlich persönliche Note beherrscht den Tharakter
seiner Werke nicht. Zu dem großen Subjektivikern
wird man ihn schwerlich zählen. Dagegen wird man
ihn als einen Meister schätzen dürfen, der mit klarem
Auge uud glücklicher Phantasie die Formenideale
unseres engeren Vaterlandes mitgeschaffen. Alle seine
Kunstgebilde — wie das „Abendlied", die Allegorie
des Friedens unter Waffen, die Stettiner Brunnen-
gruppe u. m. a. — bekundeu eine überaus frische
Trfindungskraft, zeigen dabei etwas rassig nord-
deutsches, vollblütiges, eine für die Umgebung des
Bildhauers so unmittelbar verständliche edle Formen-
sprache.
Aber bedauerlich, daß ihm in Berlin noch keine
seiner würdige, eigentlich monumentale Aufgabe zu
theil wurde. Tr dürfte ihr in anderer Weise gerecht
werden wie die Mehrzahl jener Bildhauer, welche
innere Größe mit theatralischer Hose verwechseln.
Tin „Wildenbruchstvl" hat sich bei uns der statuarischen
Plastik beinächtigt. Dieser, streng beurtheilt, unkünst-
lerische Lffektstpl der an der Siegesallee wahre Orgien zu
feiern berufen ist, findet freilich in einer ehrlichen
Künstlernatur, wie derjenigen Manzells, gar keinen
Wiederhall. Mag darin, auch in seiner geringen
Konkurrenzlust und m der Abneigung, sich mit Tllen-
bogenstößen da vorzudrängen, wo statuarische Auf-
gaben heutzutage wie Theaterrollen vertheilt werden,
der tiefere Grund dafür liegen, daß unser Bild-
hauer allen öffentlichen Monumentalangelegenheiten
fern steht. Um so erfreulicher, daß das stille, aber

beträchtliche Talent des anspruchslosen Mannes sich
anderer Trfolge rühmen darf, z. B. der kleinen
und großen Medaille, die er auf Berliner Ausstellungen
empfing, und einer ehrenvollen Laufbahn, die ihn jetzt,
im Alter von erst 38 Zähren, auf den kurulischen
Sessel der Kgl. Akademie geführt hat.
Franz Imhof.

Eine Berliner Sezession.
Von Fritz Stabt.
ie Frage einer Sezession innerhalb der Berliner Künstler-
schaft, die feit Jahren im kleinen Kreis erörtert wurde,
ist in diesen Tagen brennend geworden. Zwar sind die
Vorverhandlungen streng geheim geführt worden, aber-
gerade das Geheimnißvolle der Sache hat manchen der auf-
geforderten Künstler stutzig gemacht, dieser und jener fing
an zu fragen und verrietst durch feine Fragen, was vorge-
gangen ist. Bun bin ich der Letzte, der einer guten Sache
dadurch schaden würde, daß er sie vorzeitig in die Geffent-
lichkeit zerrt. Aber diese Sache mag von den betreffenden
Persönlichkeiten, die ich nicht kenne und nicht beurtsteilen
kann, noch so gut gemeint sein, sie ist in sich nicht gut und
kann den betheiligten Künstlern und der Kunststadt Berlin
nur Schaden bringen.
Ts ist an dieser Stelle bei verschiedenen Gelegenheiten
darauf stingewiesen worden, mit welcher bewunderungs-
würdigen Umsicht und mit welchen: Verständniß für gesunde
geschäftliche Grundlagen die Münchener Sezession ins Leben
gerufen ist. Sie allein kann zum Vergleich heraugezogen
werden, die Karlsruher und die Dresdener konnten leichten
Herzens bloßen Sentiments folgen, da zunächst wenigstens
große Aufgaben nicht an sie herantraten: sie stellen eben in
Berlin und München aus. Hätte man den Eindruck, daß
bei den Persönlichkeiten, die hier die Anregung gegeben
haben, ähnliche Einsicht zu finden ist, wie sie die Münchener-
Gründung lebensfähig gemacht hat, so würde man den
Plan vielleicht nut Freuden begrüßen können; da das nicht
der Fall ist, muß inan warnen und mahnen, so lange es
noch Zeit ist. Und deshalb ist es geradezu Pflicht, die Sache
öffentlich zu beleuchten.
Zwei Fragen drängen sich zunächst auf: Sind die künst-
lerischen Kräfte vorhanden, um einer Sezession die nöthige
Anziehungskraft ihrer Ausstellungen zu verbürgen? Sind
die Mittel da, um eine solche Ausstellung überhaupt zu er-
möglichen?
Zn der Beurtheilung der ersten Frage werden (Opti-
misten und Pessimisten unter den Künstlern selbst, werden
unter Umständen Künstler und N:chtkiinstler weit von ein-
ander abweichen. Mir haben ja in Berlin eine hübsche
Anzahl junger Talente, die Eigenartiges zu leisten ver-
sprechen, und vielleicht würde noch dieser oder jener, der
schon zur Fabrikation leicht verkäuflicher Maare über-
gegangen ist, wieder zu einem freieren Schaffen gelangen,
wenn die Sezession Schaustellung oder gar Verwerthung
mehr künstlerischer Erzeugnisse verheißt. Man wird viel-
leicht einwenden: unter den Münchener Sezesfionifien waren
ja auch mehr unreife Verbeißer als reife Erfüller. trebr
 
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