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Die Kunst-Halle — 2.1896/​1897

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No. 20
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Stahl, Fritz: Grosse Berliner Kunstausstellung, [2]
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Berger, Rud.: Audiatur et altera pars: in Sachen Radirung und Heliographie
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https://doi.org/10.11588/diglit.63305#0357

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Nr. 20

Die R u n st - H a l l e


Zug der Arbeit stellen ihn dahin. Das Werk ist
einmal eines, das gleich sür ein bestimmtes Material,
in diesem Lalle Bronze, gedacht ist. Neben den
Kopf Fricdrich's gehört eine Büste „Maria" von
Arthur Schultz, die ähnliche Borzüge zeigt. Auch
im Porträt gehen eine Anzahl jüngerer Künstler nach
derselben Richtung. Weibliche Bildnisse von Günther-
Gera, der auch ein anmuthiges Grabdenkmal ge-
schaffen hat, von W. Wandschneider, von dein
außerdem eure vortreffliche Bronze „Nömischer Jüng-
ling" da ist, von Neumann-Torborg gehören
dahin. Auch ein Bronzekopf von püttig, der nur-
unter einer etwas gewollten Packung leidet, und den
ausdrucksvollen, ganz eigenartigen Idealkopf von
Otto Nie sch möchte ich an dieser Stelle erwähnen,
und zum Schluß Tonst. Starck's „Träumerei",
einen Mädchenkopf, der sich durch tiefe Empfindung
und schöne Arbeit auszeichnet.
Ich habe, wenige Ausnahmen abgerechnet, die
sich durch den Zusammenhang ergaben, den jungen
aufstrebeirden Talenten nach meiner Gewohnheit den
Bortritt gelassen. Diesmal auch insofern mit Necht,
als die bekannten Meister sich sehr zurückgehalten
haben.
Tb er le in ist mit einer Kollektivausstellung ver-
treten, deren bestes Stück, ein Grabmonument, unsere
Leser durch ein Kunstblatt kennen gelernt haben.
Peter Breuer hat eure große Gruppe gesandt:
„lasset die Kindlein zu mir kommen!" Sie ist nicht
so packend, wie Breuers Meisterwerk „Adam und
Eva." Das liegt schon im Gegenstand. Man darf
sogar zweifeln, ob die Idee sich in einer Gruppe,
der zu Liebe der Künstler auf das eigentlich noth-
wendige Gegeneinanderstellen des peilands und der
Kinder verzichten muß, so recht erschöpfen läßt.
Innerhalb dieser Beschränkung aber hat das Werk
sehr bedeutende Borzüge. Namentlich die Kinder-
figuren sind schön erfunden und durchgeführt. Es
ist einmal wieder ein hübscher Beitrag zur Tharak-
teristik des Medaillenwesens, daß Breuer für die
frühere Gruppe die kleine, für diese die große Me-
daille erhalten hat, was dem künstlerischen Werthe
beider nach sicher verkehrt ist. Bon Ioh. Götz sehen
wir eine verkleinerte Nachbildung seiner ausgezeich-
neten (Quadriga vom Nationaldenkmal und ein Grab-
monument „Der Pilger." Ein verhärmter Greis
in Pilgertracht ist am Fuße eines Kreuzes zusammen-
gebrochen, von dem in goldenen Lettern das Wort
„Friede" leuchtet. Die Inschrift lautet: „Des Lebens
mühevolle Reise ist hier zu Ende. Schlaf wohl!"
Der Gedanke ist gut und sichert dem Werke eine
gewisse Wirkung, trotzdem das Modell nicht über-
wunden und dadurch die Absicht nicht voll erreicht
ist. Tarl Piper hat den griechischen Athleten
„Milon" dargestellt, der im Stande war, einen aus-
gewachsenen Stier zu tragen. Er hat da eine kraft-
volle und interessante Arbeit zu Stande gebracht;
ich muß freilich persönlich dazu bemerken, daß ich
mich von: Geschmacksstandpunkt aus nicht mit ihr
befreunden kann. Walter Schott's „Kugel-
spielerin" ist in zwei Barianten da, einmal kleiner
und nackt (s. Abbdg.), das andere Mal in Lebens-
größe und bekleidet. Die Figuren sind anmuthig im
Motiv, aber weichlicher als man bei des Künstlers
kräftiger Begabung erwarten sollte.
Berhältnißmäßig groß ist die Anzahl guter
Werke kleineren Umfangs. Da ist von Arthur-
Lewin, dessen Talent ich schon früher hervorge-
hoben habe, eine liegende weibliche Figur „Ver-

zweiflung". Sie zeigt bei klarem Motiv eine wunder-
volle Reinheit der Formen, die Arbeit ist namentlich
im Rücken glänzend. Die Stimmung wäre vielleicht
in größeren Formen packender herausgekommen.
Lederers polzstatuette einer Geigerin ist sehr schön
in ihrer Schlichtheit. Mehr genrehaft wirkt der
balanzirende Knabe, ein Bronze von Meyer-P vritz,
eine famose Porträtstatuette eines Knaben von
Klose und eine drollige Kinderfigur von Kraus.
Unter den Porträts fällt eine herrliche Bronzebüste
von Ad. PUdebrandt auf.
Gauls lebensvolle Thierstudien verdienen Er-
wähnung. —
Die Gäste sind hier noch geringer an Zahl als
in der Abtheilung der Gemälde. Aber wir machen
doch ein paar sehr interessante Bekanntschaften. Da
ist der Wiener Grüber. Er hat eine Gruppe
„Trost im Leid" gesandt, etwa in Drittel Lebens-
größe. Eine junge Mutter ist, ihr Kind im Arm,
verzweiflungsvoll unter einem Kreuz zusammenge-
brochen. Das Werk ist liebenswürdig und anmuthig
in den Formen, ohne daß der Ernst des Vorgangs
darunter leidet. Wir Norddeutschen sind freilich an
stärkere Accente in solchen Darstellungen gewöhnt.
Als Arbeit ist es jedenfalls vorzüglich. In hohem
Grade fesselt auch der Münchener Dittler, trotz-
dem er nur kleine und anspruchslose Werke gesandt
hat. Prächtig ist der Kopf eines kleinen Mädchens.
Wenige vermögen so unverfälscht das Kindliche zu
geben, und doch liegt gerade darin der Reiz. Der
Vergleich mit dem in der Einleitung erwähnten
Köpfchen liegt nahe, drängt sich auf. Schade, daß
man sie nicht nebeneinandergestellt hat, so etwas
würde erzieherisch wirken. Ein Reliefkopf in roth
getöntem Gips ist auch sehr fein. Bon Ausländern
sind nur der Schwede Aker man und die Hol-
länderin Minca Bosch-Reitz erschienen. Diese
Künstlerin, die im vorigen Jahre für ihren gefallenen
Engel die kleine Medaille erhalten bat, ist wohl
die bedeutendste Bildhauerin. Mit besonderer Vor-
liebe und feinster Empfindung schildert sie den Körper
des gerade erblühenden Mädchens: Das giebt ihren
Werken etwas Sprödes und perbes. Auch die „Im-
ploration" zeigt ein solches Mädchen, das knieend
Kopf und pände mit dem Ausdruck inbrünstigsten
Flehens erhebt. Der Akt ist meisterhaft gegeben.
Das Relief „Vater Unser" ist bei allen Vorzügen
doch nicht ebenbürtig. Unter den Arbeiten Aker-
mans stelle ich am höchsten das Madonnenrelief.
Es ist garnicht kirchlich gedacht, aber doch durch
eine weihevolle Stimmung über das Reinmenschliche
hinausgehoben. So ist auch in der Arbeit die
realistische Treue durch feines Kunstgefühl geläutert.


^ucliatur et altera pars.
In Sachen Radirung und pclio graphi e.

perr Prof. Dr. And. Biedermann, Berlin, sandte
nns bereits vor dem Abdruck des jüngsten Schreibens Brnno
Meters die folgenden bemerkenswerthen Auslassungen,
die wir zur Klärung der hier zur Sprache gebrachten
künstlerisch-technischen Verhältnisse noch nachträglich gern
wiedergeben:
 
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