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Die Kunst-Halle — 2.1896/​1897

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Nummer 5
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Galland, Georg: Eine Lücke in unseren Preisausschreibungen
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Seidl, Arthur: Dresdner Kunstbrief
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https://doi.org/10.11588/diglit.63305#0087

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Nr. o

Die K u n st - p a l l e.

7l

amerika den angekündigten Entwurf vielleicht erst
nach Wochen mitbringt? Soll inan mithin ent-
weder den geschästlichen Zweck des Unternehmens
durch diesen vielleicht gänzlich unlohnenden Aufschub
schädigen oder wird man sich lieber von einen: offen-
baren Wortbruch dispensiren dürfen, mit dein man
freilich dem fern weilenden deutschen Landsmann für
die Anhänglichkeit, die er an: La Plata-Strome nns
und unseren Interessen treu und warn: bewahrt hat/
wahrlich schlecht dankt?! —, Also man wartet lieber
geduldig — zum Schaden des Unternehmens, zum
Aerger des großen Ureises der übrigen pünktlichen
Preisbewerber, die begierig auf den unpünktlichen
Urtheilsspruch warten. U7an wartet auf den treuen
Landsmann, der uns am Ende gar etwas sehr
Schlechtes schickt.
Und was trägt die Schuld daran?
Allein jene Lücke in unseren preisausschreibun-
gen . . . Die betreffende, durchaus unvollkommene
bisherige Bestimmung sollte vielmehr lauten: Für
auswärts wohnende Bewerber gilt als End-
termin das Datum des Poststempels vom
Orte der Absendung nur dann, wenn die
Entwürfe vor dem ersten Zusammentreten
des Preisgerichts eingelausen sind. Durch
diese Fassung wird man den: Dorwurf des Wort-
bruches sich nicht aussetzen und in der Lage sein,
ohne Rücksicht auf angekündigte Sendungen sich an
die vorher vereinbarte Geschäftsordnung zu halten.
6l.

Dresdner Kunstbrief.
war eine überaus bewegte Zeit im Dresdner Kunst-
leben, dieser letzte Monat; namentlich in seinen ersten
beiden Wochen wußte mau manchmal schon nicht mehr, wohin
nur zuerst die Schritte wenden, so viel war da plötzlich los-
gelassen worden! Zuerst die Preis- und Schüler-Ausstellunq
der Kgl. Akademie der Künste; dann die Ergebnisse
des Wettbewerbs um das Dresdner Bismarck-Denk-
mal mit seinen nicht weniger als 63 Einsendungen; hierauf
Eröffnung der S on der au s st e llu ng en Giovanni Se-
gantini und William Strang bei Arnold; wiederum
eine reichhaltige Ausstellung von Dresdner Neuerwer-
bungen im Kgl. Ku p fersti chkabinet; neuerdings
Wieder-Geffnung der Räume des „ K un st v e r ein s " mit
freilich ziemlich belanglosen Ausstellungen aus dem Nach-
lasse des Porträtmalers Fr. Kops und dem Schaffen von
Prof. Ld. Leonhardi mit seinen unvermeidlich bläulich-
grünen Motiven aus dem bayrischen Pochgebirge und dein
bayrischen Walde; zuletzt die Ma d onnen-Sensation des
Perrn Badrutt aus St. Moritz — Lukans!
Wenn übrigens das Bestehen und Gedeihen der aus
Berliner Feder an dieser Stelle jüngst mit so viel An-
erkennung begrüßten „Vierteljahrshefte" unseres „Vereins

bildender Künstler" beredt von einem wieder-Erwachei:
lebendig-opferwilligen Kunstsinnes in den Dresdner gebil-
deten Kreisen zeugen darf, so noch weit mehr mag der rege
Besuch unseres Kup f er sti ch kab in ets und die wachsende
Antheilnahme an seinen Bestrebungen ein werthvolles Baro-
meter abgcben für die ersichtlich zunehmenden volksthüm-
lichen Wirkungen gesund-moderner Kunstrichtung. Nirgends
in ganz Deutschland ist das Kupferstichkabinet populärer als
in Dresden. Man beobachte nur an einem Sonntag vor-
mittag z. B. den starken Zulauf an diesem in anderen
Städten oft so grabesstillen Orte, um sich ein für allemal
drastisch davon zu überzeugen! Zur Zeit sieht nun der
Dresdner Kunstfreund hier von heimischen Künstlern zwei
große Meisterwerke der Reproduktion der unentgeltlichen
Besichtigung ausgelegt, deren kostspielige Beschaffung auf
dein Wege des Kunsthandels seinen Vernwgensverhältnissen
nicht wohl anstehen mag, deren Bekanntschaft ihn aber
doch ungemein interessiren muß, da alle Welt am Mrte
selbst davon spricht und die gesummte presse über sie beide
doch voll des Lobes ist. Wir meinen Karl Mediz' be-
deutendes Sammelwerk „zeitgenössischer Bildnisse heimischer
Größen" und Georg Lührig's tiefernsten Eyklus vom
„armen Lazarus" und dem daneben prassenden reichen
Manne (beide be, Emil Richter, Dresden). Zumal der
Letztere hat seine zahlreichen Freunde durch dieses er-
greifende „Zeitgedicht in Blätter::" nicht ohne darüber
schwebendes soziales Fragezeichen hocherfreut, mit dem er
den ersten großen Wurf wieder seit seinem vielverheißend-
ursprünglichen „Totentanz" gethan. Er ist damals wohl
etwas überschätzt worden, wenn man ihn den „Klinger des
Steindrucks" genannt hat, dessen Technik er allerdings emi-
nent beherrscht, und er hat meines Erachtens heute noch
zu verschiedene Provinzen in seiner Künstlerseele, als daß
er sie bereits zu klar-xersönlicher Einheit eines organischen
Styles verschmolzen hätte. Aber er bleibt doch einer von
den Wenigen, auf die das Wort berechtigte Auwendung
finden darf: „pollah, Sixtus, auf den hab' Acht' ! Karl
Mediz andrerseits ist der geborene Eharakterzeichner, ein
durch und durch hervorragender und selbständiger Porträtist
von charaktervoller Eigennote, der zwar den leisen Mane-
rismus noch wird überwinden müssen, den dunkel aus-
gearbeiteten , scharf ausgeprägte:: Kopf auf dem Hellen
Untergrund einer Arbeits-Drillichjacke oder eines licht-weißen
Lawn-Tennis-Kostüms desto markanter hervortreten zu lassen,
und den eii: unbezwinglicher dunkler Dämon immer wieder
dazu treibt, gerade die charakteristische!: Züge an einer auf-
zunehmenden Persönlichkeit hervorzukehren, die selbst bei
schönen und liebenswürdigen Erscheinungen in das Gebiet
einer Aeftbetik des päßlichen leiten müssen, der aber mit
dem Rechte des vollen, selbständigen Individuums durchaus
Achtung qebietend nut entschiedener Grund-Farbe vor uns
hintritt. Die Thatsache schon, daß seiner sicheren Band
diese bis in die höchsten Kreise hinaufführenden Bildnisse
anvertraut werden konnten, spricht denn aucb — wie für
die allseitige Anerkennung, die man seinem gereiften Können
entgegenbringt — so für den steigenden Respekt, der heute
vor dem Spezistsch-Künstlerischen innerhalb der kgl. sächsi-
schen Grcnzpfähle und besonders des Dresdner Burgfriedens
Gott sei Dank, langsam aber zuverlässig, heranreift.
Wollte der Pimmel, inan könnte das Ergebniß des Wett-
bewerbes um das Dresdner Bismarck-Denkmal,
der in unseren Augen geradezu kläglich ausgefallen und,
 
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