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Die Kunst-Halle — 2.1896/​1897

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No. 21
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Galland, Georg: Zur jüngsten Rede A. von Werners
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Gugitz, Gustav: Wien: Interieurs: ein Nachruf zur Auktion Hoyos
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https://doi.org/10.11588/diglit.63305#0371

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Nr. 2s

- »rß D i e A u n st - L) a l l e

323

höchstens sorgsam schonen, falls die Natur ihnen eine
solche verliehen hat. Besser werden Sie das aber
selbst thun und das Lesen- und Schreibenlernen wird
Sie daran nicht hindern." Ebenso zutreffend er-
scheinen mir die Stellen, wo von der Ueberlegenheit
der früheren dekorativen Utalerei, von der Entartung
der heutigen Illustrationskunft, von der widerwärtigen
Neklame- und Agitationssucht gewisser sezessionistischer
Künstlergruppen und einzelner ganz und halbunfähiger
jllinselführer, von „dem lächerlichen Subjektivismus",
der mit seinen: „Ich" protzt und von dergl. mehr
die Nede ist. Da ist der Boden, auf dem sich mit
Lserrn von Werner ausgezeichnet parlamentiren läßt.
G. G.

^!en:
Zykeriears.
Lin Nachruf zur Auktion bsoxos.
von Gustav Gugitz, Wien.
^^or kurzer Zeit wurde der Nachlaß der Brüder
Goncourt versteigert, jene bedeutenden Sanun-
lungen der zwei Kenner der japanischen Kunst und
der des Nokokos, die- der eine selbst einmal in dem
Buch »Ka mai8on et uu artigte« beschrieben hat. Die
Ansichten über die (Qualitäten der Sammlung scheinen
jetzt getheilte zu sein, manche weisen ihr einen niederen
Werth zu, da auch unser verhältniß zur japauischen
Kunst z. B. ein ruhigeres geworden ist und wieder
für die reizvoll obscönen Sachen eines Baudouin oder
Detrox jedem mit dein nöthigen Kleingeld der Ukuth
zur Kennerschaft kommt. Ls sei dem, wie es will,
man wird nicht bestreiten können, daß diese Samm-
lungen aus eiuer bestimmten Absicht, aus einer Kritik
hervorgegangen sind, zu der sie das Lxempel, die
Illustration, waren. Den Goncourts mit dem apporter
du neuk war es auch um die praktische Seite ihres
Doktrinarismus zu thun.
Anders ist dies mit der Rente des Grafen Ru-
dolf Ls oyos, der als der letzte aus der Freundestrias
Lsoyos, Villars, warsberg im vorigen Jahre schied.
In jungen Jahren Ulanenoffizier und jegliche Un-
ruhe des Lebens genießend, aber immer gern auf
der Sonnenseite weilend, hat kfoxos sich bei Jahren
ein festes bfeim im adeligen Kasino errichtet, sich drei
Zimmer bauen lassen. Freilich, das Wort „Zimmer"
reicht da nicht, aber es ist ja auch eine Wohnung
für sich, niemand hat sie früher bewohnt, ein Nach-
folger würde sich vielleicht nicht in dieser Welt zu-
recht finden, die nur für einen war und aus einer-
fortgesetzten Stimmung geschaffen wurde. Uban fühlte
sofort nur eines: daß diese Wohnung nur mit bfoyos
bestehen konnte, mit ihm war sie ein Ausdruck, ein
zweites Gesicht, ohne ihn ist sie ein ermüdendes
Rluseum.
während Goncourt die Kunst zum Leben dok-
triniren wollte, wandelte khovos im Gegentheil das
Leben zur Kunst. Das ist der Unterschied zwischen
Beiden. Für den einen war das Objekt der Beleg
seiner Kritik, für den anderen der seines einzigen

Lebens und daraus geht auch vielleicht hervor, daß
für die Gattuug nichts übrig bleiben konnte, daß sie
jeden Konnex verliert, sobald einmal nicht mehr das
Individuum für ein solches subjektives Werk lebt,
taub und leer bleibt es für die Gattung. Der
kritischere der beiden Sammler erkannte dies in seinem
Testament, wo er wünschte, cgw w68 de88in8, me8
e8tam^e8, me8 bibelot8, mc.8 livi'68, cnün Ie8 cbo808
cl'art gni out tuit le bonbeuc dc ma vie n'aieut xm8
la froicle tombe dun mu8ee et le i-eZarcle bete
du pa88ant indifferent et je clenrande cgi'elle8 8oient
toute8 epar^illeeZ 8on.8 Ie8 coups de martern: du com-
missaire iui8eur et cgie la joui.88ance gue in'a pro-
curee, bacguiÄtion de cbacune d'elle8 8oit redonnee
pour cbacune d'elle8 ä un beritier de ines Zoüts.«
bsovos aber scheint vor der Kläglichkeit eines »kroide
tonrbe d'un nru8ee« nicht gezittert zu haben.
Und so muß man auch die Interieurs Lsoyos
aus der Individualität bsoxos heraus zu defiuiren
suchen, als Fremder ihr gegenüber würde man diesen
nicht gerecht werden.
bsovos war vielleicht zu wenig der kritische
Kenner, den man brauchen würde, um ihu mit seinen
Interieurs objektiv beurtheilen zu können, ihm war
alle Kunst ein Lrlebniß, ein nothgedrungener Be-
ftandtheil seines Lebens, etwas, das zu den: Adel
seines Wesens gehörte, zu den Vielheiten der Bildung,
die ihm dieses gestalten halfen. Und darin war er
ein vollkommener moderner Stimmungsmensch, wie
den: Andrea des Dsofmannsthal blieben ihn: die Dinge
„Lebendig nur durch unsrer Laune Leben,
Des Lebens werth, so lang sie uns es geben,
5ie sind im Grunde tote, leere Dinge!"
Lr wollte auch nichts mit diesen drei Interieurs
beweisen, ebenso wenig wie mit einem schönen Lsund
oder dem Studium der Chemie. Alles lief bei ihm
auf das Leben hinaus, zu dem er die augeublicklichen
Wittel suchte. Und so waren ihm auch diese In-
terieurs Wittel, nut deuen er sei:: Leben ergänzte
und noch hatte er dabei ein Gutes, da sie ihn: keine
Aufgabe, sondern allein Bedürfniß waren, daraus
auch allen: das ihn Bestimmende zu ziehe::. Lr
brauchte nicht so exakt vorzugehen wie ein Kritischerer,
den: nicht jeder zweite Ring aus der Kette der Er-
scheinungen fehlen darf. Ihm ersetzte das Leben die
Zwischenglieder. Und auch in diesen Interieurs
gleicht dieser Umstaud manches Unzusammenhängende
aus. —
wie bei den vollkommenen der Renaissance
wünschte man eine Devise über der Thür zu den
Interieurs zu sehen wie jene schöne, die ganz für
diese Wohnung gepaßt hätte:
„wer Kunst und Waffen liebt,
Ist willkumb hier zu bsaus,
Das sinnenarme G'siud
Bleibt nur viel lieber draus."
Ls ist also nicht eine Wohnung für die jeder
gerecht wäre, aber je ferner sie einen: Fremden lag,
je unfaßlicher sie ihn: ward, desto mehr mag ihn:
hinter allen ihren Theilen ein geheimer Sinn gelegen
haben, nach dem nur der Ligenthümer laugen konnte.
Etwas „Sinnenarmes" war hier nicht vorhanden,
von breiten Akkorden begleitet war hier der Grund-
ton der Renaissance, der Ausfluß eines starken un-
gebrochenen Fühlens, das Garborgs „Wüde Seelen"
nicht verstehen konnte, weil der b^eld den gefährlichen
Knacks im Rückgrat hatte. „Alle Schwächlichkeit
war ihm in den Tod zuwider", schrieb Warie kferz-
feld über k^oxos. Also kein wuseun: war diese
 
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