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Die Kunst-Halle — 2.1896/​1897

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Nummer 4
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Stahl, Fritz: Melchior Lechter-Ausstellung: bei Gurlitt
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Stahl, Fritz: Aus dem Salon Schulte
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Kunstchronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.63305#0073

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Nr.

^-<8 Die Kunst-Palle.

zweite Lenster, dem ein Zarathustramort als Motiv dient,
singt von schwermüthiger, unsagbarer Sehnsucht. In dem
oberen Theil ist aus ciuen Gruud von tiefblauen Blüthen
in gelben Lettern der Spruch hiugesetzt: welche wunderbare
Lulle vou Tönen ist in diesem blauen Lelde. Die beiden
Lenster zeigen uns Lechter als den, der uns vou Englands
drückendem Einfluß erlösen kann. Daß Lechter von direkten:
Eingreifen in das Kunsthandwerk nicht zurückschreckt, zeigen
uns seine Buchdeckel und sein Deckel für einen Masche-
katalog.
Ein paar Bilder. (Drpheus wandelt in träumendem
Singen durch den Wald. Er ist bleich, bleiche kranke Linger
schlagen die Laute. Schwarze Blumen blühen unter ihm,
durch die silbernen Stämme leuchtet violett der Pimmel.
Zu einem Präludium vou Ehopin: Eiu Weib sieht mit
schmerzlichem Sehnen ins weite; ihre Seele ist traurig bis
zum Tode, pell lila Blumeu blühen weithin auf der Ebene,
hell spannt sich der Pimmel darüber hin. Weiße Wolken:
Am Waldesrand sitzt ein junges Weib und schaut in sehn-
süchtigem Traum auf die weißen Wölkchen, die oben am
tiefblauen Sommerhimmel schnell und lockend dahinziehen.
wie alle diese und die ähnlichen Bilder ihre starke
Stimmung bei aller „Unnatur" erhalten haben, darüber
geben die zehn „ Lrühlings - Eindrücke" am besten Aus-
kunft. —
Lritz Stahl.
Aus dem Salon Schulte.
Bei Schulte beginnt der November-Klub die Reihe der
üblich gewordenen Gruppenausstellungen. Er hat es mit
seinen neuen Mitgliedern gut getroffen: Ludwig Dett-
mann und Max Uth haben das Beste zum Erfolg bei-
getragen. Line besondere Lreude hatte ich an den Bildern
Dths, der nun endgiltig mit seiner grün-blauen Manier ge-
brochen hat. Das Gewaltsame, das seine früheren Arbeiten
hatten, ist gewichen, statt willkürlich seine interessanten
Larben in die Natur hineinzulügen, lauscht er ihr ihre
interessanteren ab. Es ist erstaunlich, wie farbig und frisch
er lieht, wie er gerade in unscheinbaren Winkeln, in schein-
bar trockenen Objekten eine überraschende Lülle von Tönen,
eine eigene Schönheit entdeckt. Der „Inselspeicher Alt-
Berlin", die Arbeitsräume einer Putfabrik geben ihm Mo-
tive zu Aquarellen, wie sie so meisterlich und geistreich ihn:
bald keiner nachmacht. In den Bildchen von Usedonst zeigt
er eine große Mannigfaltigkeit von Stimmungen. Das
Birkenwäldchen mit den üppigen Larren, eins der wenigen
Gelbilder, iff als Naturausschnitt so hübsch wie als tief-
dringende Larbenftudie. Ludwig Dettmanu geht auf
dem Wege weiter, den er mit seinem sonnendurchleuchteten
Wald, den wir in der Internationalen sahen, so glücklich
beschritten; jein Motto ist: mehr Licht und mehr Larbe!
Das „herbstliche Gelände", wo über dem gelben Wald auf
der pöhe am klarblauen Bimmel eine weiße Wolke steht,
der „Abendspaziergang am Strand" strahlen in blendender
Belle, auch im „belagerten Maler" lacht freundlicher
Sonnenschein. Mir ist das erste Bild in seiner Barmonie
das liebste. Philipp Lranck, der dritte Landschafter des
Klubs, wirkt auch diesmal glücklicher. Eine gewisse Tüchtig-
keit verleugnete sich ja auch in den früheren trockenen Bil-
dern nicht, und das, was ihm fehlt, die poetische Seele, läßt
stch nicht erringen. Aber glückliche Motive, dies Stück
Beeke mit der rothen Brücke, ein anderes Wasserbild mit
den: tiefen Blau des siegelnden Pimmels, geben seinen
Bildern doch ein größeres Interesse. Er muß so etwas
suchen, sonst hat er nur eiueu Ton. — Dora Pitz hat
etwas von ihrer eigenartigen Zartheit der Larbe eingebüßt.
Die ältere Dame, die sie gemalt hat, bot der feinen Seelen-
malerin nicht viel mit ihren: konventionellen Lächeln, das

kleine Mädchen mußte wahrscheinlich auch in diesem Kleid-
chen von trivialem Mattblau gemalt werden. Der immer
wiederholten Zumuthung Eurt perrmanns, seine flüchtig
hingestrichenen Einfälle als ausstellungsfähige Werke anzu-
nehmen, muß ich immer von neuen: scharf entgegentreten.
Dm so mehr, da in ihm der Kunst ein starkes Talent ver-
loren geht — oder verloren ist? Sein Tollstes ist der ein-
beinige Baron B. Wilhelm Trübner kann unmöglich
nut Bildern von 73 bis ins zwanzigste Jahrhundert alljähr-
lich die Geffentlichkeit beschäftigen wollen. — Die Bild-
hauerin Penny Geiger-Spiegel stellt ihre früher schon
gezeigte „Magdalena", ein groß gedachtes Werk, nun in
Marmor aus. Die palbfigur hat auch als Arbeit schöne
(Dualitäten. —
In den anderen Sälen drängt sich eine bunte Menge.
Earl Böcklin, der „Vater und ich" und eine Landschaft
ausstellt, zeigt keine Spur von seines Raters Geist, trotz-
dem er handwerklich viel von ihm gelernt hat. Lin hübscher
Piglhein, ein schöufarbiger Eh. L. Ulrich und Pari;er
Studien von pö niger seien kurz erwähut. Ernsthafte
Lortschritte hat die Bildhauerin Lilli Linzelberg ge-
macht. Sie zeigt besonders in ihrem Eruziffxus echt künst-
lerisches wollen. Aber sie wird immer daran denken mühen,
ihr Können zu vertiefen.
Ist 8t.
rsr

Kunstchronik.
* Berlin. In: Säulengang der Kgl. National-
gallerie kommt ein Werk von Lerd. Lepcke - Berlin „Der
Bildhauer", der sich mit seiner den pannner haltenden pand
auf ein Zeusbild stützt, zur Aufstellung. — Die Kgl. Meß-
bildanstalt, unter Leitung des Geh. Bauraths Meydeu-
bauer, hat es jetzt zu einer Sammlung von 5000 großen
photographischen Aufnahmen, nach 320 Baudenkmälern
Preußens, gebracht. Jährlich werden für die vom Landtag
bewilligten (8 ooo M. vierhundert neue Meßbildaufnahmeu
gefertigt. — Auf der ersten Sitzung der Archäologischen
Gesellschaft wurde ueuerdiugs durch R. Schöne das An-
denken Ernst Eurtius' gefeiert. — Eine Mitglieder-Gruppe
der Kunsthistorischen Gesellschaft hat sich vor einein Jahre
zu einen: „Kaiser Lriedrich-Muse ums-Verein" zu-
fammengethan, der jetzt seine:: von Geheimrath Bode ver-
faßten ersten Jahresbericht versendet. Die Erwerbungen
des Vereins sollen den beiden Abteilungen für mittelalter-
liche und Renaissanoe-Kunst entweder geschenkt oder bis zur
Rückzahlung des Kaufgeldes geliehen werden; sie gelangen
von Zeit zu Zeit als „Neuerwerbungen des Museums" im
Vorraum der Bildergallerie zur Ausstellung. Sollten aus
dei: edelmüthigen Geldgebern, wie es leicht geschehen kann,
sich heimliche Machthaber entpuppen, so hätte es die Museums -
leitung mit einer für gewisse Lälle recht unerwünschten
Nebenregierung zu thun. Jedes noch so vorteilhafte Ding
hat ebei: zwei Seiten: eine gute und eine üble! — Am
Kgl. Opernhaus, das erst kürzlich neu ausgebaut wurde,
wird abermals ein vollständiger Umbau des Bühnenhauses
durch Baurath peim beabsichtigt. — Es hat sich hier ein
Lokalverein des Verbandes deutscher Kunstgewerbe-
zeichner gebildet.
* Weimar. Das Liszt-Museum erhielt zum Gescheuk
eine von dem Bildhauer Ezechiel-Ron: modellirte halblebens-
große Büste Liszt's, gegossen bei Gladenbeck in Lriedrichs-
Hagen-Berlin.
* Dresden. Prof. Gotth. Kuehl hat die großen
Meister des Auslands persönlich zur Theilnahme an der
Internationalen Ausstellung t8st7 eingeladen. — Der Kunst-
gewerbeverein unter Leitung des Pofraths Prof. L. Graff
entfaltet eine rührige Thätigkeit, durch seine Betheiligung
hatte er der Ausstellung des sächsischen pandwerks und
Kunstgewerbes (1.896) einen werthvollen Dienst erwiesen,
Seine Vortragsabende wirken anregend auf Mitglieder uud
Gäste. Nachdem Or. Th. Volbehr-Magdeburg neulich über
„die Geschichte und Technik der Gläser" gesprochen, hielt er
dieser Tage einen Vortrag über „die Kunst in: Dienste des
modernen Kunstgewerbes". — Kürzlich wies Pofrath Erb-
 
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