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Die Kunst-Halle — 2.1896/​1897

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No. 15
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Stahl, Fritz: Berliner Kunstschau
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Kunstchronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.63305#0270

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25H

- Die Run st-knalle.

Nr. s5

mit freundlichen Worten zurechtweisen muß. Lin solcher
Katalog mordet jede Stimmung. — prüft man die Ideen
der einzelnen Blätter, denn eine Grundidee, die etwa die
cyklische Form als nothwendig erwiese, ist nicht erwiesen,
so findet man sie ziemlich trivial, sehr, aber auch sehr
jugendlich. .Für den Ausdruck auch ganz herkömmlicher
ist ein übertriebener Apparat aufgeboten. Lin Beispiel!
— „VII. Christus. Der düstere König des Schreckens, der
Beherrscher der Schatten, schwebt über dem stummen
Strom der ihm verfallenen. Da „leuchtet das Licht in
der Finsterniß". vor dem Ueberwinder am Kreuz muß
das allmächtige Schwert des Zerstörers sich senken/' Ja,
aber wozu denn die Phantasie zu solchen Visionen erhitzen!
Der oft gemalte „Christus in der Vorhölle" giebt ja die-
selbe Empfindung viel klarer wieder. Das Springen von
solchen phantastischen zu historischen oder gar zu modernen
Bildern trägt dazu bei, den Mangel an Einheit in dem
Werke hervorzuheben. Die Durchführung ist sehr ungleich.
Ain besten ist die Vertreibung aus dem Paradiese und der
Tod Abels. Die wenigen Figuren sind ausdrucksvoll, der
Vorgang klar, die Körper in Aufbau und Bewegung ver-
standen. An diese Blätter knüpfen sich meine Hoffnungen
und etwa noch an „Mammon", das den Tod auf goldenem
Thron in goldenem Kleide zeigt, und Menschen, die zu
seinen Füßen von einer Schlange erwürgt werden. Hier
zeigt sich eine dekorative Begabung, die auch in einzelnen
vx libris erkennbar ist. — Staffen will gern groß sein
und geht deshalb auf Stelzen. Da man die Stelzen nun
sieht, ist man vielleicht geneigt, ihn gar noch für kleiner
zu halten als er ist. Ls ist schon besser für ihn, er stellt
sich auf seine eigenen Füße, wenn er das Zeug hat,
wächst er am Ende wirklich zu der Höhe empor, die er
jetzt erheuchelt.
Ernst Hausmann hat eine große Anzahl von
Pastellstudien gesandt. Er will offenbar ganz von vorn
beginnen und fürchtet, wenn er etwas fertig machen
würde, in das „Gelernte" zurückzufallen. Nur so ist es
zu erklären, daß er im Ungefährsten bleibt, jede Be-
stimmtheit flieht. Hie und da nur zeigt eine Figur, daß
er zeichnen kann, wenn er will. Aber doch sind diese
Impressionen nicht nur psychologisch interessant, sondern
oft sogar sehr reizvoll als Naturausschnitt und als
Farbenfleck. Weiche Harmonien erinnern an alte Arbeiten
des Meisters, die im Kolorit immer „etwas hatten".
Namentlich ein kleines Bildchen ist mir ausgefallen: ein
Waldrand im Dämmerlicht, ein Haus daran und davor
ein wagen. Das rothe Dach und die rote Pferdedecke
sind die einzigen lebhafteren Töne darin und meisterhaft
hineingesetzt. Am frischsten hingeschrieben sind die Wellen-
studien. Man darf begierig sein, zu welchen Resultaten
diese Studien den Künstler führen werden. — Der pariser
Landschafter Fritz Wucherer ist doch nichts anderes als
ein Duodez-Cazin. Er ist matt anstatt zart und farblos
anstatt delikat.
Der Salon Schulte ist diesmal in feinen Vorder-
räumen von Damen okkupirt. Die Bilder entziehen sich
im Ganzen der öffentlichen Besprechung. Ein sorgfältig
und richtig gezeichnetes Bild wie das Damenporträt von
Franz Nathan erscheint hier schon als That. Von
Frau Helene Mühlthaler erinnere ich mich bessere
Arbeiten gesehen zu haben. Merkwürdig nimmt sich ein

Bismarck von Lenbach in dieser Nachbarschaft aus. Er
ist im vorigen Jahre gemalt und zeigt den Fürsten sehr
verändert. Das ist nicht mehr der gewaltige Regierer
und nicht mehr der grollende Frondeur, das ist ein müder
alter Mann, der verzichtet hat. Zurückgelehnt, das Auge
still nach oben gerichtet, sitzt er da. Schade, daß das Bild
in der Farbe nicht ein Lenbach ersten Ranges ist, als
Charakteristik ist es prächtig. — vom Oberlichtsaal hat
der Düsseldorfer Theodor Rocholl Besitz ergriffen. Auch
wer seine Spezialität, das Schlachtfeld, nicht liebt, wird
dem Maler die Anerkennung nicht versagen, daß er sie
beherrscht. Seine Auffassung vom Krieg ist freilich die
bei uns herkömmliche. Zu dein laschen mechanischen
Betrieb der meisten Konkurrenten steht immerhin seine
forsche Art im scharfen Kontrast. Er kann etwas und hat
Temperament, aber die Schönheit koloristischer Stimmung
fehlt ihm. Sein „Viktoria" ein Reiterfähnlein in der Tracht
des dreißigjährigen Krieges, das siegreich aus blutiger
Schlacht heimkehrt, hat wohl historische Stimmung und
kräftiges Leben. In den schweren Rossen dieser Gepanzerten
wie in den modernen Thieren auf seinen Gffizierporträts
und in schönen Studien zeigt er sich als famoser Pferde-
maler. F
5

Ikunstcdronik.
* Berlin. Am 29. d. N. Mittags ^2 Uhr wurden die
Räume der Großen Berliner Kunstausstellung zur
Vorbesichtigung geöffnet.
* Berlin. Unmittelbar nach dem Tode des General-
postmeisters tauchte in postalischen Kreisen der plan eines
Stephan-Denkmals auf. — Die ersten Vorbereitungen
für die Aufstellung des Helmholtz-Denkmals wurden
kürzlich mit einer ^lebensgroßen" Kulisse des Monumentes
im Vorgarten der Universität gemacht. Ls soll das Stand-
bild vor dein runden Fliedergebüsch, links vom Portal,
errichtet werden, so daß die Humboldt-Denkmäler mit den
beiden neuen Denkmälern einen nach der Straße geöffneten
Halbkreis bilden werden. Der schlichte Sockel des neuen
Denkmals, der nur öen Namen „Hermann von Helmholtz"
trägt und jedes bildnerischen Schmuckes entbehrt, erhebt
sich'auf drei Stufen. — Bildhauer Martin Wolff führt
im Auftrage der Stadt eine Büste pestalozzi's für die
gleichnamige Schule am Gesundbrunnen, als Nischen-
schmuck an der Fassade, aus.
* Kobürg. Die Grundsteinlegung des Herzog Ernst-
Denkmals wird im Mai erfolgen. Beim Wettbewerb
waren elf Entwürfe eingegangen, wovon Prof. Eber le in,
Berlin, den ersten Preis und die Ausführung erhielt.
Donndorf, Stuttgart, wurde mit dem zweiten Preis be-
dacht, Sommer, Rom, mit dem dritten. Hundrieser,
Berlin, der außer Konkurrenz getreten, und Lipke,
Berlin, erhielten lobende Anerkennung.
* Breslau. Die Ausstellung von Werken moderner
Meister, veranstaltet vom Schlesischen Museum der Bilden-
den Künste, umfaßt mehr als iso Nummern, von A.
Böcklin sieht man 7 Gemälde: „Venus Genetrix"
(Triptychon), ^Nymphen und Najaden im Spiel mit Pan",
„veritas", „BrückenkamxfI „Lautenspielerin", „Wald-
studie", „Frühlingsstimmung."
* Primkenau Historienmaler Rud. Eichstädt
erhielt den Auftrag für einen Saal auf Schloß Primkenau,
dem Besitz des Herzogs Ernst Günther von Schleswig-
Holstein, einen Lyklus von sechs Gemälden aus der
Geschichte Schleswig-Holsteins auszuführen.
* Kiel. Die Ausführnng des großen Bismarckdenk-
mals, das an hervorragender Stelle auf einer bewaldeten
Höhe am Kieler Kriegshafen errichtet wird, ist dem Bild-
hauer Harro Magnussen, Berlin, übertragen worden.
 
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