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Die Kunst-Halle — 2.1896/​1897

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Nummer 9
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Berliner Kunstschau
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Kunstchronik
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Die A u n st - L) a l l e

Nr. 9

„Mit Freuden begrüßen wir wieder" mit rechter Ueber-
zeugung anwenden. Mun kann sie gewissermaaßen als
stimmungzeichnendes Motto der Besprechung voranstellen.
Line Anzahl der Mitglieder ist schon im Lause des winters
mit größeren Werken oder ganzen Kollektionen vor die
Geffeutlichkeit getreten wie 6 e r m. H e n d r i ch. Ich will
mich nur mit den Anderen beschäftigen. Lin sehr ein-
drucksvolles Bild hat diesmal der Nordlandsmaler Nor-
mann gesandt, mir das liebste von allem, was ich von
seinen Werken kenne. Das Innerste eines Fjords.
Schroff und steil wachsen die Berge aus dem Wasser auf.
Das Wasser liegt ganz still und tief schwarz da, unheim-
lich in seiner geahnten Tiefe. Auf seinem Spiegel
schwimmt ein hellblaues Boot, dessen Gegenbild das klare
Wasser ungebrochen in Form und Farbe zeigt. Die Größe
und Poesie des Bildes würde noch gewinnen, wenn die
Staffagefigur des Malers an der Staffelei fehlte: sie bringt
nach meinem Gefükl einen falschen Ton hinein. Sehr
glücklich ist auch Viktor Freudemann mit seinem
,,Dezembertag". Frohmachende sonnige Fleckchen weiß
dieser frische Künstler wundervoll zu geben. Dabei haben
seine Bilder immer durch die interessanten Farbenakkorde
eine ganz persönliche Note. Lin von hellgrünen Fleckchen
überzogener Bretterzaun geht quer durch das Bild. Ent-
laubtes Buschwerk zieht sich von ihm entlang, entlaubte
Bäume ragen in den mattblauen Hellen Himmel, da-
zwischen ein paar Nadelbäume und stehengebliebene Herbst-
blätter. Ihnen tritt mit seinen von den Schotten beein-
flußten, aber schließlich doch aus tiefem Naturempfinden
heraus entstandenen „Sonnenspiel" Hans völcker zur
Seite. Ls ist in seiner Mischung von Intimem und De-
korativem den Bildern der Karlsruher verwandt. L r n st
Hausmann, der früher auf ganz anderem Gebiete
wirkte, hat stille Winkel aus der Mark gemalt. Liu-
dringend und vornehm, aber ein wenig dunkel. Mskar
Frenz el zeigt außer zwei Thierbildern, von denen das
Helle besonders schön ist, eine große Landschaft „Hasto-
rale", auf der die Viehherde uur als Staffage wirkt.
Feierliche Laumgruppen auf grüner wiese uni einen spie-
gelnden Tümpel: alles an einem schönen warmen Sommer-
tag. Ls ist starkes Können und ein großer Zug in dem
Bilde, daß nur in der Farbe nicht auf der Höhe seiner
besten steht. Line Tropenlandschaft von w. Kuhnert,
die Llephanten am Flusse bei eigenartigem Licht schildert,
ragt über das Redliche der Grientmalerei heraus Sie
hat tieferen Reiz als den äußerlichen der fremdartigen
Natur. Hanns Fechner hat ein Bild des verstorbenen
Geheimrath Lurtius gemalt, das sehr gut getroffen und
charakterisirt ist Ls ist seinem letzten Fontaneporträt nur
deshalb nicht ebenbürtig, weil hier die Hose des Modells
ganz überwunden war. Auf die interessanten Lithogra-
phien Fechners, (von denen unsere Kunstbei lage eineHrobe
giebt) kommen wir zurück, wenn die Sammlung im Buch-
handel erscheint. Hönigers Horträt eines jungen
Schriftstellers in seinem sehr englischen Arbeitszimmer ist
als Interieur und Bildnis eine feine Leistung. Der Bild-
hauer Fritz Heinemann ist mit einem charaktervollen
Horträt des Malers Normann, dessen Bronzeanstrich es
wohl etwas vergröbert, und einem hübschen Kopf eines
kleines Mädchens vertreten. —
In der bunten Menge der Bilder, die in den übrigen
Räumen hängen, ist ein „Christus am Kreuz" von
Ld. v. Gebhardt merkwürdig. Unheimlich fahles Licht

liegt über der wiese am Waldesrand, auf der das
Kreuz sich erhebt, von folternden «Dualen verzerrt hängt
der blutige Leichnam des Schmerzensmannes am Kreuz.
Das Volk hat sich verlaufen. Mit der jammernden Mutter
ist nur der treue Johannes als Tröster zurückgeblieben,
Magdalena ist zusammengebrochen. Der unerbittliche
Realismus der alten nordischen Meister spricht aus diesem
Bilde, mit dem sich der Künstler irr der Form gerade am
weitesten von ihnen entfernt. Lr spricht mit unwider-
stehlicher Wirkung. Der Münchener H a u l Höcker schildert
in einem idealistischen Bilde den ausklingenden Tag.
Zwei Frauen, im 'chwarzen Gewand mit gelber Schärpe
die eine, die andere im rothen Gewand mit schwarzer
Schärpe, siud die Trägerinnen der träumerischen Sonnen-
untergaugsstimmung. Die Wehmut und die Hoffnung,
aus denen sie sich mischt, sind auf die beiden Gestalten
vertheilt. Das Bild ist in Ausdruck und Farben weich-
licher als man von Höcker erwarten sollte. Ls zeigt trotz
tüchtiger Eigenschaften doch wohl, daß diese Motive dem
Künstler nicht liegen, es ist mehr Gedachtes als Em-
pfundenes darin. Koppays Bildnis der jungen Zarewna
ist ein Repräsentationsbild, sorgfältig und vornehm gemalt,
lebendig, namentlich in den Augen, aber nicht tief im
Charakter und nicht tief im Kolorit. Der holländische
Aquarellistenklub Sint-Lukas sendet eine ganze Anzahl
meist ausgezeichneter Blätter. ?. 8r.

Ikunstcdronik.

* Berlin. Die Ravenä'scbe Gemäldegallerie
hat ihr Heim neuerdings gewechselt. Sie befindet sich
jetzt in dem von Lude A Böckmann ausgeführten statt-
lichen Neubau der Handelsfirma Ravens, Wallstr. 5 — 8.
Die Voss.-Ztg. schreibt über die Räume dieser vor der
Mitte des Jahrhunderts begründeten, aus etwa Zoo Ge-
mälden und Aquarellen neuerer Meister bestehenden, sehr
sehenswerthen Sammlung: Sie bestehen aus einer Reihe
größerer Säle, von denen einige «Oberlicht besitzen, und
aus einer Anzahl recht behaglicher Kabinette. Als Hinter-
gründ für die Gemälde ist in den meisten Räumen eine
dunkelrothe, in einigen anderen eine grün getönte Ta-
pete gewählt worden. Holzpaneele von tiefrother Farbe
bilden die untere Bekleidung der wände Rundsophas
und Stühle, sämmtlich mit braunem Leder überzogen,
laden in den großen Sälen zu behaglichem Ruhen ein.
Die Kabinette sind als Gesellschaftsräume eingerichtet. In
angemessenen Zwischenräumen sind die Bilder aufgehängt,
so daß jedes von ihnen zur besten Wirkung gelangt. Mit
feinem verstäudniß ist in dieser Beziehung verfahren und
ein wohlthueuder Eindruck erzielt worden. Die Besich-
tigung für das Hublikum ist Dienstags und Freitags von
to bis 2 Uhr gestattet.
* Potsdam. Ls liegt die Absicht vor, das für
Kaiser Wilhelm I. bestimmte Denkmal der Provinz Bran-
burg in Potsdam zu errichten.
* Dresden. Im Kunstgewerbe-Verein, der
seinen Mitgliedern fortgesetzt lehrreiche Fachausstellungen
bietet, hielt am 25. Januar Herr M. Scheffers-Dessau
einen Vortrag über: Der Zeichenunterricht an den höheren
Schulen mit Rücksicht auf das Kunstgewerbe.
" Breslau. Für das Schlesische Museum der bil-
denden Künste wurden 2 Belgemälde erworben: R von
Lschwege „Graf Schmettow in der Schlacht bei Mars la
Tour" und Morgenstern „Winterlandschaft". — Der künst-
lerische Nachlaß des verstorbenen Architektur- und Landschafs-
malers Wölfl ist in zwei Sälen des Museums ausge-
stellt Besonders unter den Skizzen und Handzeichnungen
findet sich manches kultur- und kunstgeschichtlich werth-
volle z. B. Ansichten aus Alt Breslau, auch von
Studiengenossen wölflls, die zum Theil der Nazarener-
Schule angehörten, einige interessante Blätter. Haupt-
sächlich ist ein reiches Material für die Künstlergeschichte
Breslaus um die Mitte unseres Jahrhunderts vorhanden.
 
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