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Die Kunst-Halle — 2.1896/​1897

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Nummer 11
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Berliner Kunstschau
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Berliner Kunstchronik
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s68

Oie A u n st - a l l e

Nr. ff

sehr in die Minorität gekommen. Freilich läßt die Aus-
stellung in andrer Einsicht viel zu wünschen übrig, sie
steht auch in diesem Jahre keineswegs aus der Höhe der
Ansprüche, mit denen sie selbst einst austrat. Max Klinger
schlt ganz, ebenso Skarbina. L. v. Hofmann schickt
drei Bildchen, die schon bei Gurlitt zu sehen, also nun
nicht einmal den Reiz der Neuheit haben; Liebermann
interessirt nur mit der „Nähterin" und einzelnen weniger:
Zeichnungen. Nun ist es ja nur richtig, daß ein erheb-
licher Künstler einfach schweigt, wenn er nichts Besonderes
zu sagen hat. Aber dann ist eben die Institution der
Klubausstellung, die gemacht werden muß, nicht haltbar.
Und am wenigsten für die XI.
Am besten vertreten sind Malter Leistikow und Friedr.
Stahl. Leistikow hat nun doch erreicht, was er wollte:
Die Verbindung intimer Beobachtung und großen Stiles.
Meine Freude an seinen Bildern wird nicht im Min-
desten dadurch getrübt, daß ich im vorigen Jahr an dieser
Stelle die Möglichkeit dieser Verbindung bezweifelt hatte.
In gewisser Beziehung hat übrigens er auch nachgegeben:
Die übertriebene Stilisirung, das saft Karrikircnde findet
sich weder in dem großen Grunewaldbild noch im „Hafen"
mehr. Das Grunewaldbild ist vielleicht das schönste Stück
gemalter Mark, das ich kenne, von dem stillen dunkeln
See steigt der dunkle Kiefernwald auf, aus dein nur ein
paar Birken mit weißen Stämmen und hellgrünem Laub
sich abheben. Die Sonne steht tief. Die Bäume werfen
lange Schatten auf den Waldboden, die Massen der Kronen
liegen in tiefem Blau. Die goldenen Sonnenstrahlen
lassen die Stämme oben roth aufleuchten, werfen seltsamen
Glanz über das Grün und färben leicht die flüchtigen
Wölkchen an: Hellen Dsthimmcl. Man umfaßt das große
Bild mit einem Blick, es ist durchaus dekorativ, und doch
ist von dem stillen Reiz, dem zarten Dust der Stimmung
nichts verloren gegangen. Stahl malt gerne Blumen,
aber seine sonst so elegante, leichte Mache bekommt ge-
rade hier, wo es am wenigstens am Platz ist, eine selt-
same Härte. Minder in dem reichfarbigen Florbeet, als
auf dein Bilde „Rosenzcit". Gegen die schweren Rosen
kontrastirt ein reizender dunkler Mädchenkopf, der ganz
zart wie hinter einem dünnen Nebelschleier erscheint, Ivie
traumverloren beugt sich die Schöne zu einer Rosenblüthe
nieder, den berauschenden Duft zu trinken. Mit diesen:
feinen Merk kann sich das Frauenporträt nicht messen: so
sicher die Zeichnung, so reich nuancirt, besonders in dein
Kleide, das Kolorit ist, so sehr leidet das Bild dadurch,
daß Figur und Landschaft nicht zusammengehn und doch
die Landschaft wieder zu weit gegeben ist, um nur als
reiner Hintergrund gelten zu können.
Hans Hermann hat in den alten mecklenburgischen
Städten glückliche Motive für seine Eigenart gefunden.
Namentlich der mattfarbige „Sonntagmorgen" ist in Em-
pfindung und Technik ausgezeichnet. Schn ars- Alq uist
giebt eine „Windstille". Blaugrauer Himmel mit seltsam
leuchtenden weißen Molken. Die glatte Wasserfläche
spiegelt das Weiß, und die Molken werden in diesem
Spiegel zu feurigen Massen Hugo Vogel hat neben
ein paar italienischen Landschaften ein Bild „Unter
Blütchen", das wie eine Karrikatur gewisser englischer
Bilder wirkt, aber wohl ernst gemeint ist. Mir scheint,
Vogel hätte eine solche Imitation nicht nöthig.
Die XI. haben den: pariser Lazin Gastfreundschaft
gewährt. Auch nach diesen Bildern kann ich die uner-

meßliche Größe dieses Künstlers nicht einsehn. Ich finde
eine fabelhafte Geschicklichkeit, rasfinirten Geschmack,
aber — — keine Spur von Empfindung. Kurz, eine
Kunst, die allen neuen Programmen widerspricht. Er singt
die weise der Fontainebleauer in einer höheren Tonart
nach, aber ohne Wärme. Entscheidend ist die „büßende
Magdalena". Ein Maler, der aus dieser heiligen Sün-
derin ein so lebloses Püppchen machen kann, wenn sie
auch nur Staffage sein soll, dem fehlt das Beste. —
Den einen der vorderen Säle füllen Studien der
beidenDachauerDill und Hölzel. Dill,derschon feine aus-
gesprochene Art hatte und darin Hervorragendes leistete,
scheint in erneuter Fühlung nut schlichter Natur sich ver-
jüngen zu wollen. Das ist selten und stellt den: künst-
lerischen Sinn des Mannes ein glänzendes Zeugniß aus.
Aber — — inan wird nicht naiv, oder es dauert wenig-
stens lange. Es sind sehr schöne Blätter unter seinen
Gouachen, aber in der Totalität wirken sie sehr ein-
förmig. Noch einförmiger sind die Arbeiten Hölzels.
Es ist in allen etwas Mattes und Freudloses, von der
Frische, die das Leben in der Natur den Karlsruhern
etwa und den Morpswedcrn gegeben hat, ist nichts zu
spüren. Ls ist auch beinahe pervers, wenn den Künstlern
wirklich diese farblosen Bauernhäuschen und das graue
Grün der Bäume als etwas ganz Besonderes, immer
wieder Darstellcnswerthes, erscheinen. F,
4k

Vcrlincr Ikunstcdromk.
Ein Miniaturwerk des Nationaldenk in a I s
Kaiser Wilhelms arbeitet Prof. R. Begas, in: Auftrag
des Kaisers, für den Großherzog von Badei:. Line ra.
I w hohe Figur, eine der Siegesgöttinnen, die an den
Eckei: des Monumentes auf Kugeln schweben, hat der
Künstler den: Monarchei: kürzlich zum Geburtstag verehrt.
* In: H o h e n z o l l e r n - M u s c u n: sind durch
Diebstahl gegei: 60 Kunstgegenstände, zumal werthvollc
Schmucksachen aus Gold, Silber und Edelsteinen, abhanden
gekommen.
* Für die Kaiser Milhelm-Gedächtniß-
kirche wurden acht überlebensgroße Sandstein-Figuren,
die Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes,
die Apostel Petrus und Paulus und die Reformatoren
Luther und Melanchthon, geschaffen. Matthäus und Markus
sind von: Prof. Ianensch, Lukas und Johannes von: Bild-
hauer Menck, Petrus und Paulus von: Bildhauer Haver-
kamp und Luther und Melanchton vom Prof. Mtto Lessing
modellirt. Die Figuren, welche ohne Pliuthe zwei Meter
hoch und in besten: schlesischen Sandstein, demselben
Material, ii: welchem die Kirche selbst erbaut ist, aus-
geführt sind, finden im Lhor der Kirche, und zwar um
den Altar herum, ihren Standort.
* Die neuen Modelle zum Helmholtz-Denkmal,
über dessen geplante Errichtung im Vorgarten der Univer-
sität wir wiederholt referirten, wurden dieser Tage in einen:
Saal des Kultusministeriums aufgestellt. Die „Voss. Ztg."
thcilt darüber Folgendes mit:
verlangt war eine st e h e n d e Figur im Talar.
Prof. D. Lessing hat die schlichteste Darstellung ge-
schaffen. Der Talar erschien ihm indlß so wenig monu-
mental und so modern, daß er ihn, einer Lieblings-
bewegung von Helmholtz eicksprechend, theilweise geöffnet
hat, mn eine malerische Wirkung zu erzielen; die linke
Seite des Talars ist zurückgeschlagen, so daß die Unter-
kleidung sichtbar ist. Die Haltung der Figur ist sehr-
ruhig; die rechte Hand ist in einer beredten, aber maß-
vollen Geste emporgehoben. Die Insckrifttafel trägt ledig-
lich einen dekorativen Blumenschmuck. Bei Prof. Ernst
Herter steht Helmholtz jetzt auf einen: schön profilirtcn,
 
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