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Die Kunst-Halle — 2.1896/​1897

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Nummer 3
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Res Monachienses
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Fischbach, Friedrich: Finnische Ornamente
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36

Die K u n ft - k) a l l e.

Nr. 3

dazu bedarf es eines allerhöchsten Herrin Und doch
hatte der Lserr nichts anderes als Aequivalent zu
bieten, als seinen Einfluß innerhalb der Sezession.
Er räsonnirte nun sehr logisch: „In Berlin will man
uns gern haben ^cl mmorem UornMias Klorimn, in
München wird man es lieber sehen, wir bleiben weg.
Mollen sehen, ob in Berlin für das Kommen ein
Orden zu kriegen ist. Menn nicht, wird er in Mün-
chen fürs bsierbleiben wohl zu haben sein". Anno
(8^5 versuchte besagter bserr es in Berlin: er war
als Delegirter von ungeheurer Betriebsamkeit, ver-
schwieg übrigens seine Ansprüche durchaus nicht, son-
dern forderte sehr kühn. Aber es half nichts, und
so versuchte er es anno s8s)6 in München. Er war
gegen die Betheiligung trotz alles Entgegenkommens,
das die Berliner bewiesen. Da man aber nicht
wissen kann, ob die lieben Freunde, die zu khofe
gehen, von diesen Bemühungen auch ausführlich
genug berichten, so ließ er sich der Sicherheit halber
noch interviewen und lanoirte so seine Verdienste um
die große That in die Mesfentlichkeit. Und stehe da,
der Stern fiel. Im Jahre des sA'inz-Ludwig-Bum-
mels konnte diese echt basuvarische Gesinnung eines
noch dazu nichtbasuvarischen Künstlers unmöglich ohne
Lohn bleiben. So hat der Maler die politische Kon-
junktur vortrefflich ausgenutzt. Mas liegt ihm daran,
ob es der ganzen Kunst der Jungen, ob es der Se-
zession schadet, daß man fern blieb?! Ihm hat es
geholfen.
Leider ist es bei den bekannten Münchener Ver-
hältnissen unmöglich, in einein Fachblatt oder nur in
einer gelesesenen Zeitung diese Mahrheiten auszu-
sprechen. So muß man von Berlin aus an die
Münchener Sezesfionisten den Mahnruf richten, sich
solchen Unsug nicht wieder gefallen zu lassen, die
Sache nicht persönlichen Prätentionen eines Führers
unterzuordnen. Die Mohlmeinenden und Ernsthaften
unter den Leitern können es auch nicht anders sagen:
„Mir wollen hier arbeiten, aber die entscheidenden
Schlachten müssen wir in Berlin schlagen. Nicht da-
durch, daß wir fern bleiben, sondern dadurch, daß
wir siegen, helfen wir zum Ruhme Münchens, zum
bseil der Kunst." Und wenn sie auf diese hören und
nicht auf solche, denen vielleicht nun auch ein Ge-
lüste nach einem Orden gekommen ist, dann werden
sie in Zukunft ohne viele Forderungen und ohne auf
Bitten zu warten, die doch nun nicht mehr erfolgen
dürften, wie alle anderen als willkommene Gäste in
Berlin ausstellen. Den besten Trumpf haben sie, da
man nun weiß, es geht ohne sie, schon aus Lsänden
gegeben. Dafür können sie sich bei dem besternten
kherrn bedanken. Sie mögen jetzt zusehen, daß sie sich
nicht das ganze Spiel verderben!!
lM

Flmnsche Ornamente.
Besprochen vom Kunstqewerbeschuldlrektor a. D. Friedrick
Fischbach, Wiesbaden.

Theodor Schvindt in Lselsingfors hat im
Auftrage der „Finnischen Litteratur-Gesellschaft"
O-' einen stattlichen interessanten Band Stickorna -
mente veröffentlicht, welchen Lserr jdaul Schimmel-
witz in Leipzig im Verlag für Deutschland hat. würde
dieses Merk lediglich die große Zahl farbiger Stick-
muster (ss)2) uns bieten, so wäre das allein schon ein
großes Verdienst; wir finden aber auf den ersten
83 Seiten auch eine überaus werthvolle Erläuterung
der einfachsten und komplizirtesten Motive und Technik.
Diese Arbeit ist eine sehr mühsame und für weitere
Kreise sehr wichtige. Der Verfasser hat — man
staune — si68 technische und artistische Grundmotive
abgebildet und diejenigen Bezeichnungen beigefügt, die
in Finnland populär sind, wahrscheinlich waren
ähnliche Morte in ältester Zeit auch in Deutschland
üblich, um gewisse Grundformen zu bezeichnen. Nur
in abgelegenen Distrikten, wo Uraltes traditionell ohne
Modewechsel sich erhielt, finden wir solche Bezeich-
nungen. (87 s schrieb ich den Tert zu dem nut Felix
Lay herausgegebenen Merke Südslavische Ornamente
und hob Seite 22 (Kultur der Südslaven) die von
Lav empfangenen Notizen hervor, daß z. B. Mäander-
formen „diplomatische Arbeit" und besonders schwie-
rige Ornamente „Faust vor den Kopf", d. h. ich kann
es unternehmen, heißen.
würde man in allen Ländern, wo noch eine ur-
alte k)ausiudustrie blüht, dergleichen Bezeichnungen
sammeln, so hätten die Ornament-Erklärer ein höchst
werthvolles Material. In meinem im Druck befind-
lichen Merke über Ornament-Symbole beweise ich,
daß wir heute mit der alten Schablone nicht mehr
ausreichen, denn die Symbolik hat wohl Technik und
Aesthetik beachtet, ist aber älter. Ein Abwehr- oder
ein Segenszeichen entsteht aus einer religiösen Idee.
Diese muß man erfaßt haben, um die Deutung zu
finden.
wird ein alter Glaube gestürzt, so bleiben die
Ornamente, die er im Kultus hatte, falls der neue
Glaube nichts Feindseliges in ihnen sieht. Gewisse
geometrische Ur-Formen ließen sich nicht durch andere
ersetzen. Die christlichen Missionare und Priester be-
gnügten sich damit, daß die heidnischen oder anti-
christlichen Bezeichnungen durch harmlose ersetzt
wurden.
Da Finnland ungefähr ein Jahrtausend verchrist-
licht ist, so ist es begreiflich, daß die älteste Symbolik
nur noch da und dort in Worten durchklingt, jedoch
überrascht die Fülle der Segenszeichen aus dein Feuer-
Kultus. Ich greife nur einige dieser Bezeichnungen her-
aus, die an Feuergeräthe, an den Feuervogel und
andere heilige Thiere und an den Lebensbaum er-
 
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