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Die Kunst-Halle — 2.1896/​1897

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Nummer 8
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Zimmern, Helen: Die "Internationale" in Florenz
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Düsseldrofer Brief
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https://doi.org/10.11588/diglit.63305#0140

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Die Kun st-Halle

U8

Nr. 8

Trivialität des Motivs sein Aeußerstes getban bat
mit einein nackten Weibe nebst einem sauber ge-
striegelten, sich schmiegsam duckenden Löwen. Das
Bild führt den Titel: ,,pm8 kortior?" Und so wären
noch Manche zu nennen, deren Namen für den Phi-
lister und den Händler einen vertrauten Mang haben.
Ls ist eine Freude, von diesen „mesterikmti" zu dem
Veteranen Stefano Ussi überzugehen, der uns eine
Beibe wundervoller Grientstudien, Zeichnungen und
Skizzen aus Aegypten und Marokko, gebracht hat.
Lin Orangen-Verkäufer ist besonders trefflich wieder-
gegeben mit der ölig schimmernden chokoladenbraunen
Haut, den rothen Lippen und großen, glänzenden
Augen des Afrikaners. Ussi's arabische Pferde sind
das Lntzücken aller Nenner, und seine Studienköpfe
orientalischer Männer und Frauen haben sprechen-
des Leben. Lin kühnes, aber gelungenes Lrperi-
ment sind einige nächtliche vcnetianische Ansichten von
Marius Piotor, in tief grünlichen Tönen gemalt
und durch merkwürdige, nur in Venedig gesehene
Lichteffekte des Wassers nnd Himmels fesselnd. Vi-
tel loscht, ein junger römischer Pastellmaler, hat
drei weibliche Bildnisse ausgestellt. Seine feine Be-
handlung des Fleischtons und seine Wiedergabe von
Juwelen, besonders Perlen, sind durchaus neu, das
Ganze erscheint aber in deut Malgrund von grobem
Papier etwas dünn.
Zn der Skulptur gebührt' Leonardo Bistolfi
der erste Platz für seine „Wiedervereinigung nach
den: Tode", ein Basrelief für ein Grabmal. Das
Motiv ist edel und originell. Bistolfi gehört zu den
wenigen italienischen Bildhauern, die von der prä-
raphaelitischen und symbolistischen Schule beeinflußt
sind. Zn der langen Linie und dem Faltenwurf
excellirt er. Obgleich sein Belief sehr flach ist, nach
Donatello's Art, büßen die Figuren nichts dadurch
an Mast ein, sie gewinnen im Gegentheil, indem
jede Linie ihren bestimmten Werth hat. Filippo
Tifariello ist zunächst hervorzuheben mit seinem in
Berlin s8s)6 prämiirten „Fakir", in Bronze, diesem
nicht ganz zwölf Zoll hohen Figürchen in prächtiger
Modellirung.
Hildebrand, der Deutsch-Florentiner, hat sich
mit »einem „Marsyas" seines Bubmes würdig gezeigt.
Außerdem sind am bemerkenswertesten Binaldo
Tarnielo's „Tenar Vitae", ein mächtiges Werk
von kühner Erfindung, und eine „Ophelia" von
Domenico Trentacosta, außerordentlich zart und
schön modellirt. Line ruhende Figur des Donatello
von Boman elli, entworfen für die Kirche San
Lorenzo in Florenz, ist wegen der tüchtigen Technik
zu erwähnen; ebenso eine flotte kleine Statuette Don
Ouirotes zu Pferde von Elemente Grigo. . .
Zst die Ausstellung auch nicht so bedeutend, wie
die venetianische vom vorigen Jahre, wo bei der
Annahme eine noch schärfere Tensur waltete und es

auch nicht vorkam, daß von einzelnen Künstlern an
sechs Bilder aufgehängt und Andere dadurch ver-
drängt werden, so hat sie doch vollen Anspruch auf
Beachtung, und mit ihrer Vorgängerin in Venedig
das gemein, durch Vorführung des ausländischen
Elements dem Publikum und den Künstlern gezeigt zu
haben, wie es zur Zeit um die italienische Kunst steht.
Und da ist nicht zu leugnen, daß dieselbe, obwohl sie
in technischer Beziehung den Vergleich nicht zu scheuen
braucht, doch im Großen und Ganzen hinsichtlich
des Ausdrucks, der Erfindung und Inspiration
zurücksteht.
1k
Düsseldorfer Brief.
Düsseldorf, Januar i8y7.
Das Ende des Jahres brachte, wie gewöhnlich, die
beiden Ausstellungen des akademischen Vereins „Laetitia"
und des Künstlerklubs „St. Lukas". Erstere, in der Kunst'
Halle, vermochte, ebenso wie ihre Vorgängerin vom letzten
Jahre, die Nothwendigkeit einer alljährlichen Wiederkehr
nicht als eine zwingende zu erweisen. Das Gebotene
war nicht hervorragend und gab auch kein Bild der in
jenem Verein thatsächlich vorhandenen Kräfte. Einige
der hervorragenderen Mitglieder der Laetitia sind Mit-
glieder des Lukasklubs und stellen ihre Bilder in dessen
Ausstellung bei.. Schulte . aus. Die besseren. Stücke der
Laetitia-Ausstellung stammen zudem noch von auswärtigen
Mitgliedern, so die landschaftlichen Studien von Paul
Lach und die geistreichen Zeichnungen vou Ren 6
Reinecke für die Fliegenden Blätter, die ja zum Besten
gehören, was die moderne Illustration aufzuweisen hat.
H. Neuhaus' (München ?) „Der lVirthin Töchterlein"
hat gute Eigenschaften, ist aber in seiner Bildtheilung zu
gesucht originell, während R. Tilinans in seinen hol-
ländischen Studien ruhig etwas origineller sein könnte.
Auch die Plastik ist am besten durch H. Pidding
(Berlin) vertreten. Besonders die beiden Marmorreliefs
„Die Braut" und „Der Frühling" sind von ungewöhnlicher
zarter Schönheit.
Anter den Düsseldorfer Laetitianern gebührt die erste
Stelle diesmal Hugo Zieger, der eine ganze Kollektion
von Bildern, portraits, landschaftlichen Studien u. s. w.
ausstellt, von denen namentlich die letzteren viel Be-
achtenswerthes haben. Ueberhaupt ist die Landschaft am
reichsten und verhältnißmäßig besten vertreten. E. Becker
und A. Schlüter brachten gute Sachen, und bürgen hier
schon die Namen. Noch Anfänger, aber mit guter Natur-
beobachtung ausgerüstet, scheint kV. Fritzel, der zehn
bildartige Studien ausstellt. Einige Portraits, die sich
nicht sonderlich über das Mittelmaß erheben, sandten
Ed m. Schwarzer und Th. Funk. Letzterer außerdem
noch ein gut gemaltes und hübsch empfundenes Genrebild.
Bei weitem werthvoller ist die Ausstellung des Lukas-
klnbs bei Schulte, die fast in demselben Maaße wie die
Märzausstellung der freien Vereinigung das Beste und
künstlerisch interessanteste bringt, was von Seiten der
jüngeren Maler in der letzten Zeit in Düsseldorf entstanden
 
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