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Die Kunst-Halle — 2.1896/​1897

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Nummer 10
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Seidl, Arthur: Dresdner Kunstbrief
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Berger, Rud.: Münchener Kunstbrief
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Wiener Kunstbrief
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https://doi.org/10.11588/diglit.63305#0178

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—Die A u u st -Halle

Ur. st»

längst gewöhnt, einen der markantesten Lharakterköpfe
ans dem Gebiete der graphischen Dekoration (Blumen,
Ornamentik) anzuerkennen, dein schon jetzt siir sein be-
sonderes, rastlos bebautes Arbeitsfeld die Palme der
Meisterschaft gebührt. Das Ehepaar Rentsch folgt in
der untermalten Stickerei zwar japanisch-realistischen An-
regungen, die unter seinen Händen aber eine durch Ge-
schmack wie Plastik der ästhetischen Wirkung gleich sehr-
ausgezeichnete deutsche Ausbildung erfahren. Richard
Müller gar hat sich als scharfsichtiger Thiercharakteristiker
in der Technik des Steindruckes und der Radirnadel
neuerdings so auffallend vervollkommnet, daß er jetzt unter
den Schilderen: des uutermenschlichen Lebens mindestens
neben M. v. Geyger mit Ehren genannt werden muß;
und endlich von den wenigen Plastikern unter den Mit-
gliedern des Vereins: Hösel, Hartmann, Schreit-
müller, Poeppelmann und Schönau, lenken immer
von Neuem wieder die drei Erstgenannten durch lebens-
volle Modellirung und ungezwungenen Vortrag die Auf-
merksamkeit ganz besonders angelegentlich auf sich. Da
hier lediglich geringere Gelegenheitsarbeiten, kleinere
Studien und Versuche, die auf der „Großen Internatio-
nalen Ausstellung" doch nicht anzubringen wären, sich der
Besichtigung darbieten, darf man auf die größeren
Leistungen dieser Gruppe im kommenden Sommer nun-
mehr nicht wenig gespannt sein!
l)r. Arthur Seidl.
Münckener Ikunstbrick.
In aller Stille hat am Schlüsse des vorigen Monats
in München eine Delegirtenversammlung der „Allge-
meinen Deutschen Kunstgenossenschaft" getagt
Man scheint also auch diesmal auf die offizielle Mit-
wirkung der Presse, wie dies bei Künstlerversammlungen
üblich ist, verzichtet zu haben. Erft mehrere Tage, nach-
dem sich bereits die Versammlung wieder aufgelöst hatte,
wurden Details über dieselbe bekannt. Freilich wurden
zumeist nur Interna zur Diskussion gestellt, hingegen
weiter interessirende Fragen, wie das moderne Kunstaus-
stellungswesen, die Kunstvereinsfrage, die Beziehungen
deutscher und ausländischer Kunst nur gestreift, die Er-
richtung einer deutschen Kunstabtheilung in Brüssel negativ
entschieden. Allein in einer Kunststadt wie München wäre
es sicherlich unschwer gewesen, größeres Interesse für den
nationalen Kunstgedanken selbst bei diesem Programm zu
erzielen.
Vielleicht hatte hierzu eine entsprechende Stellung-
nahme der Versammlung zu der gerade in diesen Tagen
hierorts wieder akut gewordenen Frage der Zulassung der
Kleinkunst zu den „Internationalen" Gelegenheit ge-
boten. Für die Münchener „Internationale Kunstaus-
stellung ;8st7" dürfte diese Frage bald ihre endgiltige
Lösung finden. Denn dem Zentralkomite derselben ist
bereits ein Antrag zur Entscheidung vorgelegt worden,
der auf Keberlafsung einiger zusammenhängender Säle
für eine internationale Ausstellung der Kleinkünste ab-
zielt. Was diese Bestrebung nach Parität der beiden ver-
wandten Zweige gerade jetzt, in: Augenblicke der auf-
strebenden Entwickelung unseres nationalen Kunstgewerbes
und der bevorstehenden Pariser Weltausstellung, für
Deutschland bedeutet, darf nicht unterschätzt werden. Wenn

auch die Raumverhältnisse des Glaspalastes keine epoche-
machende Sammlungen zulassen, so bürgt doch das Pro-
gramm des vorbereitenden Komites, zu dem Maler (H. E.
v. Berlepsch, R. Riemerschmied), Bildhauer und Archi-
tekten (H. Obrist, Dülfer, Theodor Fischer) wie um das
Kunstgewerbe verdiente Männer (Professor Gmelin, Pro-
fessor Vi-. Krell) zählen, dafür, daß kein allzu großer
Platz beansprucht wird. Nach diesem Programm nämlich
soll alles ausgeschlossen bleiben, was sich als gedanken-
lose Nachbildung vergangener Stilarten darstellt, was
technisch nicht vollendet ist oder Spuren von Künstelei und
Verirrung zeigt.
Km schließlich auch ein wenig von der „Saison" zu
sprechen, wie dies nun einmal von einem gewissenhaften
Referenten gefordert wird, möchte ich nicht unterlassen,
auf eine kleine Ausstellung hinzuweisen, deren Inhalt
bestimmt ist, als Lotteriegewinnste das Defizit der vor-
jährigen Künstlerkneipe (Akademiker) Münchens zu decken.
Die hübschen Beiträge, von Professoren- und Schülerhand
gestiftet, werden sicher nicht verfehlen, den Bestand der
Loose, von denen noch überdies jedes zweite gewinnt,
rasch zu vermindern.
Rud. Berger.

Miener Ikunswriek.
Im Künstlerhaus wurde anläßlich des ;oc>. Ge-
burtstages Franz Schuberts eine reichhaltige Schubert-Aus-
stellung veranstaltet. Dieselbe entbehrt nicht des histo-
rischen Interesses und wird namentlich den: Wiener Lokal-
patriotismus überaus wohlthun. Aber es scheint uns,
als ob sie eher ins Museum der Stadt Wien oder sonst-
wohin gehörte, als ins Künstlerhaus. Immerhin muß
man das überaus bereite Entgegenkommen, das die Wiener
bildenden Künstler der Schwefterkunft Musik entgegen-
bringen, mit einiger Anerkennung erwähnen. Leider hat
die Ausstellung denselben Fehler, den noch fast jede Wiene-
rische Exposition aufzuweisen hatte: Sie ist überzählig
nach der einen und mangelhaft nach der anderen Richtung
hin. So fehlt manches interessante Objekt, das sich im
Besitz von Familienmitgliedern des Tondichters befindet.
Hingegen sind die Ausstellungen der Bilder von Schwind,
Kupelwieser und Danhauser, den Zeitgenossen Schuberts,
überaus zahlreich. Und sie sind auch interessant. Das
aroße Können Schwinds wird aus dieser Kollektion
seiner Bilder, Zeichnungen und Skizzen ebenso ersichtlich,
wie der nicht immer großzügige Gebrauch, den er davon
machte. Da zersplittert vieles, das bei subjektiverer Ver-
tiefung zu außerordentlicher Größe gebracht werden konnte.
Seine Technik, für unsere Zeit veraltet, in schweren satten
Oelfarben, ist für seine Zeit eine mehr als bedeutende.
Seine Farben leuchten und sind edel gestimmt. Seine
Konzeption trägt tiefe Züge, neben der ganzen schwärme-
rischen Verlogenheit seiner romantischen Zeit. Kupel-
wieser und Danhauser sind gleichfalls reichlich vertreten,
und es ist nicht uninteressant, ihre Werke einmal in ge-
schlossener Menge zu überprüfen. Beide waren bedeutende
Künstler, die beinahe zu viel an Popularität verloren
haben. Was die Schubert-Ausstellung sonst enthält, ist
für den Kunstfreund von geringerem Interesse. Einige
Büsten von mäßiger Güte zieren verschiedene Ecken, unter
anderen: auch die pilz'sche Schubertstatue vom Musik-
vereinsgebäude, die im Modell etwas weniger kläglich
aussieht, aber noch immer herzlich schlecht ist.
—m.
*
 
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