Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst-Halle — 2.1896/​1897

DOI Heft:
No. 19
DOI Artikel:
Schmidkunz, Hans: Der Eisenstil, [2] (Schluss)
DOI Artikel:
Gensel, Otto Walther; Français, François Louis [Gefeierte Pers.]: François-Louis Français: Gest. den 28. Mai 1897
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.63305#0338

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
294

Oie N u n st - p a l l e

Nr. (9

Wep Hiseystil.
von Pans Schrnidkunz, Pasing b. München.
(Schluß.)

(-AMoviel über das, was der Sache des Lisenstils
eine begründete Gegnerschaft und zugleich un-
gesuchte Freundschaften außerhalb des eigentlichen
künstlerischen Gebiets nützen können. Den schlimmsten
Schaden hingegen vermögen ihr die neubegründeten
Freundschaften auf dem eigenen Runstgebiet anzuthun.
Mar: möchte in der Praxis dem Eisen gern huldigen,
huldigt ihm aber doch nicht, sondern spannt es um-
gekehrt in fremde Dienste. Das Eisen wird, wo man
mit ihm künstlerisch verfahren will, gerade so be-
handelt, als wäre es irgend ein anderer Stoff; hält
man doch auch die übrigen Stoffe in unserer Zeit
nicht für werth, daß man sie nach ihrer besonderen
Sprache fragte. Wer Abbildungen kunstgewerblicher
Arbeiten durchmustert, findet schwerlich spezifische
Unterschiede zwischen den Formen aus Bronze, aus
Rupfer, aus Schmiedeeisen, aus Gußeisen heraus;
selbst Werke aus polz verschwimmen in dem ein-
förmigen Gewoge der kunstgewerblichen Typen, und
manchem Ofen sieht man es im Bilde schwer an, ob
er steinern oder eisern ist. Ueberall die gleichen
geometrischen Figuren einerseits und organischen
Schemen andererseits. Dazu dann der ganze Unrath
phantastischer Einzelheiten ohne zusammenhängende
Bilder eines Ganzen, wie wir ihn schon lange kennen.
Pier erscheinen zierliche Blattformen als Träger-
größerer Lasten; dort marschirt ein Peer von Mo-
tiven auf, die längst ihre Verdienste für die Runst-
entwickelung hinter sich haben und für uns in seelen-
loser Ferne liegen: Rartouchei:, Löwentatzen, mytho-
logische Gestalten u. s. w. Auch der einst so glücklich
gewählte Akanthus (Bärenklau) könnte endlich nach-
gerade in Gegenden, in denen er botanisch nicht zu
Pause ist, auch künstlerisch fernbleiben und durch ver-
trautere heimische Pflanzenmuster ersetzt werden.
Und all das, samt einen: vollständigen Muster-
buch aller historischen Rapitäle, muß das Eisen auf
sich nehmen. Mit Pomp werden uns Gaskaminöfen
oder neue Patenttreppen eines Eisenwerks empfohlen
und bildlich vorgeführt; zur Auswahl erhalten wir
theils einfache Muster, theils gothische, theils solche
in irgend einer Art Renaissance, theils speziell solche
in Rokokostil — derartige Treppen natürlich mit der
Gesammtanlage eines steinernen Stiegenhauses, aber
zum Glück doch mit den Abweichungen, die das Eisen
nun einmal erzwingt. Zn: Uebrigen ranken sich die
altbekannten Ornamentforrnen so gemüthlich durch-
einander, „als ob nichts geschehen wäre."
Daß gerade das Eisen eine besonders vorsichtige
Beschränkung alles Dekorativen und eine möglichst
enge Ableitung dieses aus der Ronstruktion verlangt,

wird leicht in Folge der einen erwähnten Grund -
eigenschaft des Eisens, seiner leichten Zugänglichkeit
gegen künstliche Veränderung übersehen. Das Eisen
läßt sich in diesem Sinn „charakterlos" machen. Zunr
Glück hat es aber doch noch mehr Lharakter als
etwa der Gips; und in der That bieten denn auch
Architektur, Runstgewerbe und Technik bereits heute
Beispiele von einer selbständigen Sprache des Eisens.
Manche Rapitäle vor: Lisensäulen in Bahnhofs-
anlagen (etwa irr Form von Federungen an Wagen-
rädern), manche Formen von Lisenbetten (zumal bei
Uebereinstimmung zwischen hygienischen und stofflichen
Anforderungen) und manche ästhetische Elemente an
technischen Werken (beispielsweise der mächtige Ein-
druck gewaltiger Maschinenräder, der hoffentlich auch
fernerhin die „Verschönerung" durch Ornamentik sich
sernhalten wird) — all das sind Beispiele dafür, daß
Werke voir Eisen ebensogut wie solche von polz auch
eine Muttersprache haben und sprechen können, und
daß es nun gilt, diese Sprache ebenso zu üben und
zu pflegen wie andere künstlerische Ausdrucksweisen.


Frunqois-Louis Francms.
Gest, den 28. Mai ;8st7.
von lvalther Gen seh Paris.

-W^it Fran^ais rst der letzte der Fontainebleauer
dahingegangen. Er selbst hat sich nie zur großen
Plejade der Rousseau, Torot und Millet, der Diaz,
Dupre, Daubigny und Troyon gerechnet, er-
nannte sich stets nur bescheiden den ältesten und
treuesten Schüler Torots. Aber man betrachtete den
freundlichen, zuletzt fast erblindeten Greis doch ehr-
fürchtig als den würdigen Repräsentanten der ruhm-
reichen Schule von (830. Als Torot im Zahre (873
gestorben war, ging die vertrauliche Bezeichnung
Psre, die dieser so gern sich von den Jüngeren hatte
geben lassen, auf ihn über. Zhm auch wurde die
Aufgabe zu Theil, bei der Enthüllung des Lorot-
denkmals am lieblichen Teiche von Ville d'Avray die
Rede zum Gedächtnisse des Verewigten zu halten.
„Stellen Sie sich einen kräftiger: und fröhlichen Riese::
mit weißen: Barte und wundervoller: Rinderaugen
vor; so schreibt Toppee über diese Feier. Um dem
guten Weihnachtsmanne auf der: Bilderbogen zu
gleichen, fehlte ihm nichts als der Pelzmantel und
die bereifte Pelzmütze und der Sack nut den: Spiel-
zeug."
Francois-Louis Fran^ais war arr: (7. November
(8(4 in: Vogesen-Badeorte Plombieres geboren.
Seine Jugend verlief ziemlich freudlos irr: parste
 
Annotationen