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Die Kunst-Halle — 2.1896/​1897

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Nummer 2
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Bierbaum, Otto Julius: Die Münchener Ausstellungen, [2] (Schluss)
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Imhof, Franz: Ein neues Berliner Theater und sein Bauherr
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https://doi.org/10.11588/diglit.63305#0032

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22

-->-4 Die Run st-Halle. -

Nr. 2

nut einem Beben eigenen Entzückens wiedergegeben.
Einen feineren Rünstler giebt's gar nicht. Diese
Zartheit rührt ans Aetherische. wenn es möglich
wäre, mit Schmetterlingsflügelstaub zu malen, Ludwig
von Hofmann thäte es. Da es uns an Robustem in
der Runst nicht fehlt, wollen wir uns dieses Zart-
meisters freuen und auch dann nicht schelten, wenn
er uns allzu seraphisch anmuthet. Es ist vielleicht
unsere Schuld und unser Mangel, und ganz sicher
wäre es ebenso lächerlich wie unsinnig, von einer
Lilie zu verlangen, daß sie auch noch Birnen trage.
s2. Rarl Haider.
Ein Mann, der jährlich nur em Bild mäßigen
Umfanges malt, ein Mann, der abseits lebt und
schafft, ein Mann, der so unzeitgemäß ist, daß ihn
die Zeit nicht kennen mag. Er ist aus der Reihe
Trübner, Viktor Müller, Leibl, aber schlichter, inniger,
poetischer als diese. Doch die Rrast hat er mit ihnen
gemein. Er malt naiv mit Runst. Er schielt durch-
aus nicht nach irgend einer Art, ob sie im Schwange
ist oder nicht, er kümmert sich einfach nicht um die
Augen und die Hände der Anderen. Er möchte, da
er doch ein Mensch ist, wohl auch Erfolg und Geld
haben, aber, wenn er malt, denkt er nicht daran.
Unglaublich bornirt ist er. Sitzt da und möchte ein
Stück schöne Welt, mit allem Großen und Meinen,
noch einmal Herstellen und obendrein sich selber dazu
geben und all seine Liebe, seinen Fleiß, seine Runst.
Das giebt dann Bilder wie aus einer anderen Zeit
und doch Bilder, die uns ganz heimlich vertraut sind.
Erst ist man erstaunt. Dann ist man ergriffen. Und
schließlich möchte inan zu dem Meister fahren und
ihm dankbarlich die Hände drücken. Aus einem Stück
Wald, über dein die Rette der Berge liegt, gewinnt
man den lieb, der das gemalt hat. Und ist doch
gar nichts Persönliches daran, gar kein Eric, gar
keine „Note." Aber der ganze Mensch ist darin.
Das fühlt man. Es ist die restlose Hingabe an die
Natur, die da ergreift. Hart grenzt es ans Dilet-
tantische, aber darin liegt gerade die Größe dieses
Rünstlers, daß er wie der richtige mühselige Liebhaber
schwitzt und doch schließlich überwindet, wie es nur
ein ganzer Rünstler kann.
Mit ihn: will ich meine Betrachtungen schließen.
Der Umstand, daß er, der ewig Altmodische, gerade
in dieser Zeit, die sich mit dem Wort modern brüstet,
erst anerkannt wird, beweist, daß wir ein Recht haben,
uns demnächst auf ein besseres Wort zu besinnen, um
uuser Wesen auszudrücken.


Ern neues Berliner Theater und sein
Bauherr.
Von Franz Imhof.

n Theatern leidet die Reichsmetropole nicht
mehr Mangel. Nur die erfolgreichen Dichter
fehlen, und auch das Publikum leider fehlt.
Aber das hindert die Bauspekulation heutigen Tages
nicht, ihre Träume gelegentlich mit der „zu pflegen-
den szenischen Runst" zu verbinden. So entstand
abermals ans dem Rauch einer Million (oder mehr)
ein neues Bühnengebäude, unsern der Grenze von
Berlin und Tharlottenburg*): kumo luesm cinre
mtiimmff lautet eine Inschrift am Seitengiebel des
vielgenannten „Theaters des Westens." Es
präsentirt sich an einer schönen großstädtischen Straße,
voir Bäumcn eingefaßt, in einem vorn sehr vornehmen,
imposanten Exterieur, einein architektonischen Pracht-
gewand, das man, wie mir scheint, etwas über Ge-
bühr gerühmt hat. Aber auch ohne daß ich mit in
dieses superlative Lob einstimmen kann, will ich doch
gern anerkennen, daß diese Bauschöpfung mancherlei
Vorzüge aufzuweisen hat. Schon die Zweckmäßigteit
im Innern, wo es für jeden der Ränge gesonderte
Aufgänge, bequeme Garderoben, Verbindungen nach
Wunsch, ausreichende Erholungsräume giebt, muß
bedingungslos anerkannt werden.
Man hat es bei dem Baumeister Herrn Sehring
wahrlich nicht blos mit einem Finanzgenie, das Ra-
pitalien aus der flachen Hand zaubern konnte, zu
thun, sondern nebenbei auch nut einem klugen Prak-
tikus, der die auf Behaglichkeit und Luxus gerichteten
Wünsche eines verwöhnten, modernen Publikums sehr
wohl kennt und zu erfüllen weiß. Mit einem Manne,
der es trefflich verstand, eine Anzahl brauchbarer
Rünstler als Mitarbeiter zusammenzutrommeln und
etwa ein Dutzend Skulpturen und Bilder so geschickt
anzuordnen, daß ein Jeder sie gleich sieht und daß
der Schein erweckt wird, als berge dies Theater in
seinen Mauern ein ganzes Museum von Runstschätzen.
Alles ist sorgsam ausgeklügelt, einein prahlerischen
Schein zu Liebe — Alles bis herab zu den höchst
vornehnr galonirten Logenschließern.
Herr Bernhard Sehring, der bauende Bauherr
aus der Fasanenstraße, ist aber auch wirklich ein
Mann, der das Studium des Psychologen lohnt. Er
verdrängt in uns die Erinnerung an jenen alten
deutschen Bauhütten - Meister, der mit verstaubtem
Rittel in unserem Geiste lebte. Man muß ihn ge-
sehen haben: die hohe elegante Erscheinung, die den
Offizier der Reserve verräth, im tadellosen Frack, den
Schnurrbart hochgewirbelt, das kurze, blonde Haar
in die niedrige Stirn gekämmt, diese eher slavisch als
H Der verf. folgt in diesem Aufsatz im Großen und
Ganzen seinem in der Bresl. Ztg. gleichzeitig erschienenen
Bericht.
 
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