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Die Kunst-Halle — 2.1896/​1897

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Nummer 13
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Berger, Rud.: Münchener Kunstbrief
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D., A.: Danziger Kunstbrief
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https://doi.org/10.11588/diglit.63305#0232

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200

Die R u n st - H a l l e

Nr. s3

endnng entgegen: das ist der künstlerische Situationsplan
der bayerischen Hauptstadt in diesen Tagen.
In diesen beiden Fragen, Internationaler Ausstellung
und Künstlerhaus, gipselt auch zur Zeit das künstlerische
Interesse Münchens. Zu diesen beiden hat man in den
den letzten Tagen noch eine dritte zu gesellen versucht,
die Frage nach der definitiven Bestimmung des perma-
nenten AusstellungsgebLudes am Königsplatze; allein inan
bat dieselbe bald wieder fallen lassen in der richtigen
Lrkenntniß, daß zu ihrer Austragung der Zeitpunkt vor-
erst noch nicht gekommen sei. Das Interesse am Künstler-
haus - Neubau, der von den Bewohnern der Isarstadt
bisher wenig beachtet, seiner Entwickelung still entgegen-
ging, hat eine luftige Persiflage beim diesjährigen großen
Maskenzuge hervorgerusen. Seit jenem Tage hat gar
mancher biedere Bürger sein Haupt am Dultplatze ge-
schüttelt über den verzwickten Baustyl des Künstlerhanses
aus diesen: neuentstehenden Palastviertel. Freilich ist nicht
zu verkennen, daß der Schöpfer des Münchener Künstler-
hauses nicht nur deswegen so „viele Meister hat, weil
er an: Wege baut"; allein seine Doppelaufgabe, inmitten
dieses imposanten Viertels einen den Dimensionen des
Platzes und seiner Hingebung angepaßten Bau herzustellen
nnd doch die Aussicht auf die unmittelbar dahiuterftehende
neue Synagoge nicht zu verdecken, erscheint so paradox,
daß an sein Werk wohl kaum mit Recht ein absoluter
Maaßstab angelegt werden darf, und schließlich wird man
dock nicht umhin können, ein definitives Urtheil darüber,
ob ihn: diese Doppelaufgabe gelungen ist, so lange zu
vertagen, bis der Bau in seiner Vollendung dasteht.
Wohl um dei: vermuthungen des Publikums über
die künftige Ausgestaltung der internationalen Kunst-
ausstellung eine positivere Grundlage zu geben, hat Herr
von Lenbach ein wenig hinter die Kulissen sehen lassen,
indem er in diesen Tagen einen „Lenbach-Saal" im
Kunstverein mit eigenen Werken schuf. Er hat damit
gleichzeitig der steigeuden Bedeutung dieses das gesammte
kunstsinnige Publikum Münchens veibindenden Vereins
Rechnung getragen und für die Ehrungen zu seiuen:
so. Geburtsfeste seinen künstlerischen Dank abgetragen.
Die vermuthung, Lenbachs reformirende Thätigkeit in:
Ausstellungswesen nähere sich dem, was auch die „K.-H."
anstrebt, der „Ausstellung in: Atelier", findet hier eine
gewisse Bestätigung. Um den Beschauer auf die „ge-
schlossene" Sammlung vorzubereiten, läßt der gewandte
Arrangeur erst einen schmalen, in: Dämmerlicht gehaltenen
leeren Raun: passiren. Tritt inan dann in den Gemälde-
saal, so fällt der Blick zunächst auf die „büßende
Magdalena". In der Auswahl der Werke hat Lenbach
cii:e Art Prototyp der bevorstehenden „Internationalen"
geschaffen. Mit strenger Selbstkritik hat er sowohl zeich-
nerisch als in der Farbengebung nur völlig einwandfreie
Bilder ans seinem Atelier zugelassen, so daß die harmonisch
gegliederte Sammlung sich zu einer kleinen Ausstellung
von Meisterwerken gestaltete. Die energischen Züge eines
Björnson, der sich kürzlich zur Premiere von Rosiners
„Königskindern" in der bayerischen Residenz eingefunden
hatte, das edle Gesicht eines Hermann Lingg, die
interessante Häßlichkeit eines Hermann Allmers, Reichs-
bankdirektor Koch, General von Hartmann u. A., sind
mit charakteristischer Schärfe wiedergegeben. Dazwischen
sind Porträts anmuthiger Frauei: und reizender Kinder
eingeschaltet. Als „Llou" der diesmaligen Lenbach-Aus-

stellung wird vielfach eine Wiederholung seiner „Herodias"
bezeichnet, die allerdings in der Modellirung und im
Arrangement virtuos behandelt ist.
wie ganz anders wirkt dieses Gemälde gegenüber
den theatralische,: Effekten der Sensationsbilder eines
anderen Künstlers, Josef Weiser, der seine reiche Be-
gabung neuerdings in den Dienst der Novellenmalerri
nut seinen: Bilde „Die Scheidung" gestellt, das aber trotz
des pikanten Stoffes und der porträtähnlichkeit einiger
Personen nicht mehr die Sensation seiner „unterbrochenen
Trauung" erreichen kann: äitkcils est satlrow uou serldero.—
Rud. Berger.
*
Danziger Ikunswrick.
Eine Stadt, aus deren Bauwerken eine tausendjährige
Geschichte spricht; eine Stadt, die wie wenige getreulich
den Stempel höchster mittelalterlicher Blüthe bewabrt hat;
eine Stadt, in der man bei jedem Schritt aufs neue
staunt über die mannigfachen architektonischen Schönheiten;
eine Stadt, die inmitten einer Sandschaft von herrlichsten
Reizen liegt, an künstlerischen und an Naturschönheiten
in gleicher weise überreich — ja, muß das nicht eine
Kunststadt sein? Müsse,: die Künstler nicht dort hinströmen
und sich von all diesen Schönheiten erfüllen und begeistern
lassen? Ist Danzig nicht berufen, in Kunstsachen die
Führerin von ganz Nordostdeutschland zu sein? Geweihter
Boden ist's, auf den: eine Reihe herrlicher Meister gewirkt
hat, von Anton Moeller bis Daniel Ehodowiecky — um
nur zwei der charakteristischsten zu nennen.
Und heute? was hat heute Danzig nut einer Kunst-
stadt gemein? In der Architektur giebt man sich redliche
Mühe, das alte Bild zn erhalten und paßt die großen
öffentlichen Neubauten nothdürftig und äußerlich einen:
Styl an, mit den: man sie innerlich doch nicht in Einklang
zu bringen vermag. Und die Malerei in dieser so über-
aus malerischen Stadt? Von Zeit zu Zeit giebt's einen
Ueberblick auf diesen: Gebiete. Am März ist wieder
eine bis Ende April währende Kunstausstellung
eröffnet, die mit etwa 350 Gemälden beschickt ist. Der
Danziger K u n st v e r e i n hat sich um ihr Gelingen
redlich bemüht, wie er denn überhaupt um die Hebung
des Kunstinteresses und -Verständnisses recht verdient ist;
besonders die in letzter Zeit von ihn: veranstalteten
kleineren Plakat-, Kx llbrm- und andere Ausstellungen
waren äußerst gelungen und recht werthvoll; sie gingen
z. B. der Plakatausstellung in: Berliner Kunstgewerbe-
museum um Monate voraus und waren in einzelnen
Theilen jener durchaus ebenbürtig. Anders die jetzige
größere Kunstausstellung; sie bietet im Großen und
Ganzen dasselbe Bild wie die früheren, und darf auf selbst-
ständige Bedeutung keinen Anspruch erheben. Gleichwohl
darf sie nicht übersehen werden; für Danzig selbst ist sie
zunächst von Interesse durch die G u r l i t t-Abtheilung
in welcher Liebermann, Uhde, Dettmann, L. v. Hofmann,
ferner Menzel, Lenbach, Thoma, Knaus, Leibl, Dumont
und Lrler vortheilhaft vertreten sind. Unter den heimischen
Künstlern, die den wichtigsten Theil der Ausstellung
bilden müßten, ist freilich noch nicht viel Beachtenswerthes,
theils Altbekanntes, theils Nachgeahmtes, wenig Selbst-
ständiges. Trotz alledem ist ein gewisser Fortschritt gegen-
 
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